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Politische Ökonomie

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Der Ausdruck Politische Ökonomie (von den griechischen Wörtern "politeia" = gesellschaftliche Ordnung, (oikos" = Haus, Hauswirtschaft und "nomos" = Gesetz) wurde von Antoine de Montchrétien, einem Vertreter des Merkantilismus , geprägt und bezeichnete die Wirtschaftslehre des (absolutistischen) Staates, während Ökonomie vorher nur die Hauswirtschaft bezeichnete. Lange Zeit war der Ausdruck gleichbedeutend mit der Klassischen Nationalökonomie, als deren Hauptvertreter Adam Smith und David Ricardo gelten. Karl Marx griff die Ergebnisse der klassischen Nationalökonomie kritisch auf und nannte seine Untersuchungsergebnisse „Kritik der politischen Ökonomie“.

Seit dem späten 19. Jahrhundert setzte sich der Begriff Volkswirtschaftslehre durch für dasjenige Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, das die gesamte Wirtschaft einer Gesellschaft zum Gegenstand hat. In der universitären Wissenschaft hingegen wurde der Ausdruck "Politische Ökonomie" weitgehend ungebräuchlich, seit der neoklassischen Ökonom Alfred Marshall sein Werk Principles of Economics betitelte und sich vom herkömmlichen "Political Economy" distanzierte. Die Neoklassiker verstehen die Ökonomik als unpolitische Wissenschaft und orientieren sich an naturwissenschaftlich-mathematischen Methoden. Von marxistischen Autoren hingegen wurde der Ausdruck "Politische Ökonomie" bewusst beibehalten. [1]

Die Neue politische Ökonomie, die politische Strukturen und Prozesse auf Basis der neoklassischen Wirtschaftstheorie zu erklären versucht, wird oft auch als Politische Ökonomie bezeichnet, was zu Verwechslungen führen kann.

Klassische Nationalökonomie

Hauptartikel: Klassische Nationalökonomie

Das Erkenntnisprogramm der klassischen Ökonomie lässt sich nach Hans Albert wie folgt charakterisieren: [2]

  1. durch die Annahme sozialer Gesetzmäßigkeiten
  2. soziale Tatsachen können durch das Zusammenwirken von individuellen Handlungen und deren Situationsbedingungen erklärt werden
  3. wesentliche Handlungsbedingung ist die Knappheit der Mittel zur Befriedigung menschlicher Bedürfnisse
  4. das Selbstinteresse ist wichtige Orientierungsbasis für rationales Handeln
  5. das Handeln wird mitbestimmt durch das institutionelle Umfeld

Die Kritik der Politischen Ökonomie von Karl Marx

Hauptartikel: Marxistische Wirtschaftstheorie

Marxens Politische Ökonomie ist das Kernstück seiner materialistischen Geschichtsauffassung (Historischer Materialismus), mit welcher er, u.a. angestoßen durch Ludwig Feuerbach, die Geschichtsphilosophie Hegels "umstülpte", d.h. "vom Kopf auf die Füße stellte".

Die Produktion materieller Güter ist die naturnotwendige Grundlage des Lebens der Menschen in ihrer jeweiligen Gesellschaft. Arbeit ist die zweckmäßige Tätigkeit des Menschen, in deren Prozess er Naturstoffe zur Befriedigung seiner Bedürfnisse verändert.

Neben den wenigen allgemeinen Gesetzen, die für jegliches Produzieren in allen Gesellschaftsformen gelten (vgl. systemabhängigen Einflussgrößen nach Erich Gutenberg), gibt es besondere Gesetze, die nur innerhalb einer bestimmten Produktionsweise gelten.

Produktionsweisen unterscheiden sich durch den Entwicklungsstand der Produktivkräfte (Arbeitsgegenstand, Arbeitsmitteln, Produktionsinstrumente, Produktionsverfahren) und der Produktionsverhältnisse, das sind die gesellschaftlichen Beziehungen und Verhältnisse, unter denen die Produktion und Verteilung der Wirtschaftsgüter jeweils stattfindet. Die Produktionsverhältnisse sind im Wesentlichen durch die spezifische Eigentumsform und rechtliche Ausgestaltung der Verfügungsgewalt über die Produktionsmittel geprägt.

Die Produktionsverhältnisse bestimmen über die Art und Form der Verteilung (Distribution) der produzierten Güter.

Die Produktionsweisen entwickeln sich und werden umgewälzt, indem die Produktionsverhältnisse an die Entwicklung der Produktivkräfte angepasst werden müssen.

Die Analyse setzt an der konkreten Wirklichkeit an (bzw. beginnt damit, die Vorarbeiten vorangegangener Theoretiker mit den jeweiligen historischen und gegenwärtigen Tatsachen zu konfrontieren und somit zu kritisieren!), um ökonomische Kategorien wie Ware, Geld, Kapital usw. zu abstrahieren. Die begrifflichen Ergebnisse dieses Abstraktionsprozesses müssen sodann wieder zu einer konkreten Totalität zusammengefügt werden, wobei die Strukturkategorien in ihren wechselseitigen widersprüchlichen Beziehungen den theoretischen und historischen Werdegang und die im Entwicklungsprozess wirksamen dynamischen Mechanismen widerspiegeln sollen. Karl Marx bedient sich dabei der Idee des Wirtschaftskreislaufes.

Amerikanisches System der Politischen Ökonomie

Das „Amerikanische System der Politischen Ökonomie“ findet erstmals 1791 durch Alexander Hamilton (Finanzminister der damals gerade gegründeten USA) Erwähnung. Er nutzt diese Bezeichnung in einem Dokument an den Kongress Namens: "A Report on the Subject of Manufactures". Sie geht von einer Gemeinwohlverpflichtung für alle Beteiligten der Volkswirtschaft aus, wie sie in der amerikanischen Verfassung (für Deutschland im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland) aufgestellt wird. In diesem System schafft der Staat Bedingungen, unter denen Produktionsbetriebe sich – zum Wohl der Unternehmen, der Beschäftigten und des Gemeinwesens – weiterentwickeln können.

Seine Ursprünge findet das Amerikanische System in der so genannten Kameralistik. Gottfried Wilhelm Leibniz hat sich im 17. Jahrhundert mit diesem Bereich in seiner Abhandlung "Society and Economy" auseinandergesetzt. Noch im frühen 19. Jahrhundert gab es Lehrveranstaltungen deutscher Universitäten über Kameralistik, in deren Curriculum Erkenntnisse und Vorstellungen von Leibniz über Ökonomie unter der Bezeichnung Physische Ökonomie geführt wurden.

Die Hauptvertreter des Amerikanischen Systems der Politischen Ökonomie sind Alexander Hamilton, Henry Charles Carey und Friedrich List.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Everhard Holtmann: Politik-Lexikon, ISBN 3-486-24906-1, S. 516f
  2. Hans Albert: Die Idee rationaler Praxis und die ökonomische Tradition

Literatur

  • Lars Hennings, Marx, Engels und die Teilung der Arbeit - Ein einführendes Lesebuch in Gesellschaftstheorie und Geschichte, ISBN 978-1-84799-058-7, Berlin 2007, [[1]]