Altenglisch
Altenglisch/Angelsächsisch Englisc | ||
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Zeitraum | ca. 450 n. Chr.–1150 n. Chr. | |
Ehemals gesprochen in |
Teile des heutigen England und Südschottland | |
Linguistische Klassifikation |
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Sprachcodes | ||
ISO 639-1 |
keiner | |
ISO 639-2 |
ang |
Die angelsächsische bzw. altenglische Sprache (angelsächs. Eigenbezeichnung: Englisc) ist eine Vorstufe der englischen Sprache, die entstand, als die Angeln, Sachsen und Jüten sich ab ca. 450 in England ansiedelten, und die bis Mitte des 12. Jahrhunderts geschrieben und gesprochen wurde. Für Sprecher des modernen Englisch ist diese Sprache ohne gezieltes Erlernen nicht mehr verständlich. Sie ist eine eng mit dem Friesischen verwandte westgermanische Sprache und gehört der Gruppe der germanischen Sprachen an, einem Hauptzweig der indogermanischen Sprachfamilie.
Allgemein
Die angelsächsische Sprache spaltete sich ab dem 5. Jahrhundert vom kontinentalen Westgermanisch ab, als die Angeln, Sachsen und Jüten sich in England ansiedelten. Vom 8. Jahrhundert an ist sie schriftlich belegt und erreicht um 1000 ein hohes Maß an Standardisierung (Spätwestsächsisch der "Schule von Winchester"). Aus den vorher auf der Insel gesprochenen keltischen Sprachen übernahm das Angelsächsische nur sehr wenige Lehnwörter. Allerdings wird teilweise die Meinung vertreten, das diese Sprachen einen gewissen Einfluss auf die Syntax des späten Angelsächsischen gehabt hätten.[1] Durch die dänische und norwegische Einwanderung ab dem 8. Jahrhundert hat die englische Sprache gegenüber der altsächsischen Sprache auch zahlreiche skandinavische Elemente integriert, die allerdings erst in den mittelenglischen Texten in größerer Zahl auftauchen, darunter neben einigen hundert anderen Wörtern so zentrale Begriffe wie sky, leg und das moderne Pronomen they. Stärker noch als in der niedersächsischen Sprache wurden auch Elemente der lateinischen Sprache aufgenommen, insbesondere im Bereich des religiösen Wortschatzes.
Mit der Eroberung Englands durch die französischen Normannen 1066 wurde die Sprache durch den französischen Einfluss aus der Normandie so sehr verändert, dass man sie ab diesem Zeitpunkt als mittelenglische Sprache bezeichnet.
Zur Zeit des Altenglischen bildete das Englische ein Dialektkontinuum mit den westgermanischen Sprachen auf dem Festland. Die Dialektsprecher auf dem Festland und der Insel konnten sich miteinander verständigen, aber seitdem haben sich die Sprachen auf beiden Seiten des Ärmelkanals, gefördert auch durch die geographische Trennung und den normannischen Einfluss, so weit auseinander entwickelt, dass heute kein Dialektkontinuum mehr existiert.
Die vier Hauptdialekte der angelsächsischen Sprache waren: Nordhumbrisch, Merzisch (Südhumbrisch), Kentisch und Westsächsisch. Jeder dieser Dialekte lässt sich ursprünglich jeweils einem unabhängigen Königreich auf der Insel zuordnen. Im 9. Jahrhundert wurden jedoch Northumbria und der größte Teil von Mercia von den Wikingern überrannt, und die anderen Teile von Mercia und ganz Kent wurden in das Königreich Wessex integriert.
Nach der Vereinigung mehrerer Angelsächsischer Königtümer durch Alfred den Großen im Jahre 878 nahm die Bedeutung der regionalen Dialekte stark ab, da man den Dialekt von Wessex zur Verwaltungssprache erhob, um die Verwaltung des Landes zu vereinfachen. Aus diesem Grund ist die Überlieferung größtenteils westsächsisch geprägt.
Altenglische Literatur

Hauptartikel: Altenglische Literatur
Das Beowulf-Epos, niedergeschrieben um 1000, aber vermutlich älter, ein germanisches Heldenepos in stabreimenden Langzeilen, ist eines der bekanntesten Stücke angelsächsischer Dichtung. Ferner wurden die christlich-religiösen Gedichte des Cynewulf in altenglischer Sprache geschrieben.
Die Caedmon-Handschrift mit religiösen Dichtungen zu alttestamentlichen Themen, das Exeter-Buch (siehe auch: Exeter) mit Dichtungen zu religiösen und weltlichen Themen, der Codex Vercellensis mit Predigten und kleinere Dichtungen, sowie in der Prosa diverse Rechtstexte seit dem 7. Jahrhundert und Urkunden, die seit dem 8. Jahrhundert in altenglischer Sprache verfasst wurden, sind weitere Quellen, aus denen das Angelsächsische als Literatursprache bekannt ist.
Phonetik und Phonologie
Hauptartikel: Altenglische Phonetik
Vokale
Monophthonge | Kurz | Lang | ||
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Vorne | Hinten | Vorne | Hinten | |
Geschlossen | ||||
Mitte | ||||
Offen |
Die Vokale Spätwestsächsischen Dialekt.
treten in einigen altenglischen Dialekten auf, nicht jedoch im am besten dokumentiertenDiphthonge | Kurz | Lang |
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Erstes Element ist geschlossen | [2] | |
Beide Elemente sind mittel | ||
Beide Elemente sind offen |
Konsonanten
Bilabial | Labiodental | Dental | Alveolar | Postalveolar | Palatal | Velar | Glottal | |
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Plosive | ||||||||
Affrikaten | ||||||||
Nasale | ||||||||
Frikative | ||||||||
Approximanten | [3] | |||||||
Laterale |
Die eingeklammerten Laute sind Allophone:
- Gemination auftritt. ist ein Allophon von , das nach und bei
- ist ein Allophon von , das vor und auftritt.
- Vokalen und/oder stimmhaften Konsonanten auftreten. sind Allophone von , die zwischen
- Vorderzungenvokal und nach Hinterzungenvokal. sind Allophone von , die im Silbenauslaut auftreten, nach
- Vokalen und/oder stimmhaften Konsonanten auftritt. ist ein Allophon von , das zwischen
Orthographie
Altenglisch wurde ursprünglichmit mit Runen geschrieben (Futhork), übernahm nach der Bekehrung zum Christentum jedoch das lateinische Alphabet, dem man einige Zeichen hinzufügte. Der Buchstabe Yogh bspw. wurde aus dem Irischen übernommen; der Buchstabe Eth war eine Abwandlung des lateinischen d, und die Runen-Zeichen Thorn und Wynn stammen aus dem Futhork. Alle Lautbeschreibungen in der folgenden Aufstellung verwenden IPA-Zeichen.
Das Alphabet
- a: Allophons vor in einigen Fällen nahe) (Schreibvarianten wie land/lond "Land" legen die Existenz eines gerundeten
- ā:
- æ:
- Vorlage:Unicode:
- b:
- c (außer in den Digraphen sc und cg): entweder oder . Die Aussprache als wird von heute meistens durch ein diakritisches Zeichen kenntlich gemacht: meistens ċ, manchmal č oder ç. Vor einem Konsonsant wird der Buchstabe immer als ausgesprochen; am Wortende nach i immer als . In anderen Fällen muss man die etymologischen Ursprünge eines Wortes kennen, um es richtig aussprechen zu können.
- cg: ; gelegentlich auch für
- d:
- e:
- ē:
- ea: ; nach ċ und ġ manchmal oder
- ēa: ; nach ċ und ġ manchmal
- eo: ; after ċ and ġ manchmal oder
- ēo:
- f: und sein Allophon
- g: und sein Allophon ; und sein Allophon (nach n). Die Aussprache als oder wird heute oft als ġ geschrieben. Vor einem Konsonant wird es immer als (Wortanfang) oder (nach einem Vokal) ausgesprochen. Am Wortende nach i ist es immer . In anderen Fällen muss man die etymologischen Ursprünge eines Wortes kennen, um es richtig aussprechen zu können.
- h: und seine Allophone . In den Kombinationen hl, hr, hn und hw war der zweite Konsonant immer stimmlos.
- i:
- ī:
- ie: ; nach ċ und ġ manchmal
- īe: ; nach ċ und ġ manchmal
- k: (selten gebraucht)
- l: ; möglicherweise im Silbenauslaut wie im modernen Englischen velarisiert
- m:
- n: und sein Allophon
- o:
- ō:
- oe: (nur in einigen Dialekten)
- ōe: (nur in einigen Dialekten)
- p:
- q: Vorlage:Unicode oder, in moderner Schreibweise, cw. – vor einem den Konsonant repräsentierenden u gebraucht, aber selten. Altenglisch bevorzugte
- r: alveolarer Approximant gewesen sein, wie in den meisten moderenen englischen Dialekten, ein alveolarer Tap , oder ein alveolarer Vibrant . In diesem Artikel verwenden wir das Symbol für diesen Laut, ohne damit eine Aussage über seine Natur treffen zu wollen. . Die genaue Natur des altenglischen r ist unbekannt. Es könnte ein
- s: und sein Allophon
- sc: oder gelegentlich
- t:
- ð/þ: ð nicht am Wortanfang zu verwenden, was jedoch auch nicht immer der Fall war). Viele moderne Ausgaben behalten behalten die Zeichen so bei, wie sie in den alten Manuskripten verwendet werden, aber manche versuchen ihn in irgendeiner Art und Weise nach bestimmten Regeln auszurichten, bspw. indem sie nur þ verwenden. und sein Allophon . Beide Zeichen waren mehr oder weniger austauschbar (auch wenn man dazu neigte,
- u:
- ū:
- Vorlage:Unicode (Wynn): , in der modernen Schreibweise durch w ersetzt, um Verwechslung mit p zu vermeiden.
- x: (aber nach einigen Autoren )
- y:
- Vorlage:Unicode:
- z: . Selten gebraucht, stattdessen verwendete man normalerweise ts, zum Beispiel bezt vs betst "das Beste", ausgesprochen .
Doppelkonsonanten werden gelängt ausgesprochen; die gelängten Frikative ðð/þþ, ff und ss sind immer stimmlos.
Grammatik
- Hauptartikel: Altenglische Grammatik
Wie auch andere Westgermanische Sprachen dieser Zeit war Altenglisch eine flektierende Sprache mit fünf Kasus (Nominativ, Genitiv, Dativ, Akkusativ und Instrumental, der allerdings meist mit dem Dativ zusammengefallen ist), einem in den Personalpronomen der 1. und 2. Person noch erhaltenem Dual zusätzlich zu Singular und Plural und einem grammatischen Geschlecht bei allen Nomen, bspw. sēo sunne (die Sonne) und se mōna (der Mond) (die Geschlechter entsprechen den deutschen).
Einfluss auf englische Schriftsteller der Moderne
Heutzutage begeistern sich immer mehr Briten und auch andere Englisch Sprechende für diese Sprache und Literatur ihrer Vorfahren. Besonders gefördert wurde dies durch die Publikationen J. R. R. Tolkiens, der Professor für Alt- und Mittelenglisch war. Durch seinen Essay Beowulf: The Monsters and the Critics stellte er die Forschung an den altenglischen Texten in den 1930er Jahren auf eine neue Grundlage; man begann neben der Sprache stärker auch die Inhalte zu betrachten, die vorher in ihrer Denkweise als hoffnungslos veraltet gegolten hatten (Lit.: Tolkien). Auch in Tolkiens fiktiven Werken spielt das Angelsächsische eine nicht ganz unwesentliche Rolle. Eines seiner fiktiven Völker (nämlich das von Rohan) ähnelt in Sprache und Kultur den Angelsachsen des 5. Jahrhunderts, vor allen denen in der Provinz Mercia, in der Tolkien den Großteil seines Lebens verbrachte. (siehe: deutsche FAQ zu Tolkien)
In neuerer Zeit hat die neuenglische Versübersetzung des Beowulf durch Seamus Heaney, einen populären irischen Dichter und Literaturnobelpreisträger, in den Feuilletons aller englischsprachigen Länder einiges Aufsehen erregt (Lit.: Heaney).
Textprobe
Das Vater Unser auf Altenglisch (westsächsisch):
- Fæder ure þu þe eart on heofonum | Vater unser, der du bist im Himmel
- si þin nama gehalgod | sei dein Name geheiligt
- tobecume þin rice | komme dein Reich
- gewurþe þin willa | geschehe dein Wille
- on eorðan swa swa on heofonum | auf Erden wie im Himmel
- urne gedæghwamlican hlaf syle us to dæg | Unser tägliches Brot gib uns heute
- and forgyf us ure gyltas | Und vergib uns unsere Schulden
- swa swa we forgyfað urum gyltendum | wie auch wir vergeben unsern Schuldigern
- and ne gelæd þu us on costnunge | Und nicht führe du uns in Versuchung
- ac alys us of yfele soþlice. | sondern erlöse uns von dem Bösen. Amen
Literatur
Einführungen
- Mitchell, Bruce und Robinson, Fred: A Guide to Old English. Seventh Edition. Oxford: Blackwell Publishing, 2006. ISBN 1405146907
- Obst, Wolfgang und Schleburg, Florian: Lehrbuch des Altenglischen. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2004. ISBN 3-8253-1594-0
Grammatiken
- Brunner, Karl: Altenglische Grammatik. Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 1965
- Campbell, Alistair: Old English Grammar. Oxford: Oxford University Press, 1959. ISBN 0-19-811943-7
Wörterbücher
- Bosworth, Joseph und Toller, Thomas Northcote (Hrsg.): An Anglo-Saxon Dictionary. Based on the manuscript collections of the late Joseph Bosworth. Oxford: Oxford University Press, 1954 (Reprint). 2 Bände, davon ist der zweite ein Supplement zum ersten.
- Hall, Clark J. R.: A Concise Anglo-Saxon Dictionary. With a Supplement by Herbert D. Meritt. Cambridge: Cambridge Universitiy Press, 1960, 4th Edition.
Literatur
- Heaney, Seamus (Übers.): Beowulf. Faber & Faber, London 1999, 2000; Norten, New York 2002. ISBN 0-393-97580-0
- Tolkien, John R. R.: Beowulf, the monsters and the critics. Sir Israel Gollancz memorial lecture 1936. Oxford Univ. Press, London 1936, Oxford 1971, Arden Libr, Darby 1978 (Nachdruck der 1936er Ausgabe).
Fußnoten
- ↑ http://www.rotary-munich.de/2005-2006/theo-vennemann.pdf%7C441 KiB
- ↑ Es ist umstritten, ob die ie/īe geschriebenen Laute als Monophtong handelt. Die Tatsache, dass dieser Laut später in Vielen Dialekten durch ersetzt wurde, legt ersteres nahe. oder als ausgesprochen wurden, einige Wissenschaftler vertreten sogar die Meinung, dass es sich hierbei um den
- ↑ Die genaue Natur des altenglischen r ist unbekannt. Es könnte ein alveolarer Approximant gewesen sein, wie in den meisten moderenen englischen Dialekten, ein alveolarer Tap , oder ein alveolarer Vibrant . In diesem Artikel verwenden wir das Symbol für diesen Laut, ohne damit eine Aussage über seine Natur treffen zu wollen.