Kelten
Als Kelten (lat. celtae, galli, griech. keltoi, galatai – die Tapferen, die Edlen) bezeichnete man seit der Antike Kulturgruppen der Eisenzeit in Europa, die durch materielle Gemeinsamkeiten oder verwandte Sprachen gekennzeichnet sind. Je nach Fachgebiet oder Sichtweise werden mit dem Begriff Kelten entweder Siedlungsgemeinschaften mit einer ähnlichen materiellen Kultur (archäologische Definition) oder eine mittel- und westeuropäische Sprachengemeinschaft (sprachwissenschaftliche Definition) bezeichnet. Es ist dabei überaus strittig ob die heute so genannten "keltischen Sprachen" tatsächlich auf die archäologischen Kultur der Kelten zurückgehen. In der Forschungspraxis werden die beiden Definitionen häufig nicht deutlich genug geschieden. Als gesichert kann dagegen gelten, dass die "Kelten" nie eine geschlossene Ethnie, d. h., bzw. ein geschlossenes Volk bildeten (s. a. Volk, Ethnie, Ethnogenese), allenfalls kann von zahlreichen unterschiedlichen ethnischen Gruppen mit ähnlicher Kultur gesprochen werden.
Die heutige Sprachwissenschaft sieht in den keltischen Sprachen eine eigene indoeuropäische Sprachgruppe, während die Archäologie in den keltischen Stämmen in Mitteleuropa (vom Norden Spaniens bis nach Böhmen) kulturelle Gemeinsamkeiten während der mittleren und jüngeren Eisenzeit (zwischen 800 und ca. 50 v. Chr.) sieht. Die von antiken Autoren als "Keltoi, celtae, galli und galati bezeichneten Stammesgruppen der antiken keltischen Stämme, werden dabei zumeist mit der so genannten Hallstattkultur- und La-Tène-Kultur in Zusammenhang gebracht. Neuere archäologische Forschungen gehen jedoch davon aus, dass die Ursprünge der Kelten bis in die sog. spätbronzezeitliche Urnenfelderkultur (etwa 1300 v. Chr. bis 800 v. Chr.) zurückreichen.
Einige Autoren verwenden den Keltenbegriff jedoch lediglich für die sog. „klassische keltische Epoche“. Diese wird mit der späten Hallstattkultur (HaD, ca. 650-475 v. Chr.) und mit der La-Tène-Kultur (ca. 475-50 v. Chr.) gleichgesetzt.
Die Namen der hier genannten archäologischen Kulturen leiten sich einerseits von der typischen Bestattungssitte der Urnenfelderzeit (Brandbestattung in Urnengräberfeldern), andererseits von Zwei Fundorten, dem Gräberfeld von "Hallstatt" am Hallstätter See in Österreich und dem Fundort La Tène am Neuenburgersee in der Westschweiz ab. An beiden Fundorten wurden Mitte des 19. Jahrhunderts reiche Funde gemacht auf deren Basis eine erste Chronologie der Hallstatt- und La-Tène-Kultur vorgenommen wurde.
ocker: Hallstattkultur (ca. 750–500/450 v. Chr.)
grün: Ausbreitung La-Tène-Kultur
orange: Ausbreitung der keltischen Sprachen (3. Jh. v. Chr.)
Verbreitung
Archäologisch reichte die weiteste Ausprägung der materiellen keltischen Kultur von Südostengland, Nordspanien und Frankreich im Westen, bis nach Westungarn, Slovenien und Nordkroatien im Osten; Von Oberitalien im Süden bis zum nördlichen Rand der deutschen Mittelgebirge. Daneben existieren einzelne La-Tènezeitliche Funde auf dem gesamten Balkan bis nach Anatolien. Diese Funde sind auf die im 4. Jhdt. v. Chr. einsetzenden keltischen Wanderungen zurückzuführen. Die Einbeziehung Südostenglands in das Verbreitungsgebiet der archäologisch als "keltisch" bezeichneten Kultur ist stark umstritten. Die dortigen archäologischen Funde der mittleren und späten Eisenzeit (ca. 600 v. Chr bis ca. 30 v. Chr.) weisen starke regionale und lokale Eigenheiten auf, welche sie stark von den zeitgleichen kontinentalen Funden unterscheiden. Daneben existierte als Folge der keltischen Wanderungen ab dem späten 4. Jhdt. v. Chr. ein es das Siedlungsgebiet der Galater in Anatolien (heutige Türkei). Im nordspanischen Galatien fanden sich ebenfalls einige La-Tène- zeitliche-Fibeln, doch kann dort nicht von einem geschlossenen keltischen Kulturhorizont im Sinne der La-Tène-Kultur die Rede sein.
Im Süden des keltisch geprägten Gebietes Mitteleuropas grenzte anfangs noch der etruskische, im Osten und Südosten der griechische, thrakische und skythische Kulturbereich. Große Teile dieser Gebiete gingen später im römischen Reich und dessen Kultur auf. Nördlich des keltischen Einflussgebietes waren germanische Stämme ansässig. Zu allen genannten Kulturen unterhielten die Kelten intensive kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen.
Sprachwissenschaftlich wird das Verbreitungsgebiet der "keltischen Sprachen" auf Irland und die gesamten britischen Inseln einerseits, bis nach Südosteuropa und Anatolien andererseits ausgedehnt. Die Belege für diese sprachwissenschaftliche Deutung sind:
1.) Die durch antike Quellen belegte ehemaligen größten Verbreitungsgebiet keltischer Stämme. (z.B. die durch Antike Autoren bezeugte Einwanderung keltischer und thrakischer Stämme nach Anatolien)
2.) Spätantike Belege, wonach in Anatolien ein Dialekt ähnlich wie in der Gegend um Trier gesprochen wurde
3.) Wenige sprachwissenschaftliche Belege keltischer Wörter in modernen mittel- und osteuropäischen Sprachen. Diese spiegeln sich z.B. in der Bennennung einzelner Stämme oder Gebiete als Gallier in Frankreich, Galitien in der westlichen Ukraine, Galatien in Spanien und Galater in Kleinasien manifestiert.
Nach neuerer sprachwissenschaftlicher Deutung erreichten die Britischen Inseln und insbesondere Irland nur indirekte sprachliche Einflüsse der keltischen Festlandkultur in der Spätantike bzw. in frühchristlicher Zeit. Die auf das 18. Jhdt. zurückgehende Deutung der nicht-angelsächsischen und nicht romanischen Sprachen in der Bretagne, Cornwall, Wales, Schottland und Irland als "keltisch" gilt inzwischen aber als stark umstritten.
Sprache
Die keltischen Sprachen werden von der Sprachwissenschaft der westlichen Gruppe der indogermanischen Sprachen zugerechnet. Keltische Sprachen werden heute noch in Wales (Walisisch oder Kymrisch) sowie in Irland (Irisch, seit 1922 offiziell erste Amtssprache neben dem Englischen), in Schottland (Schottisch-Gälisch in den Highlands) und in der Bretagne (Bretonisch, von Auswanderern von den britischen Inseln im 5. Jahrhundert auf den Kontinent gebracht) gesprochen. Das Manx auf der Isle of Man starb in den 1970er Jahren aus, das Kornische in Cornwall bereits im 18. Jahrhundert. Es gibt aber in jüngster Zeit Bestrebungen, Manx und das Kornische wieder zu lebendigen Umgangssprachen zu machen. Auf der Iberischen Halbinsel wurde Keltiberisch gesprochen, welches im Zuge der Romanisierung unterging.
Sprachliche und Ethnische Zuordnung
Da keine Schriftzeugnisse aus der Antike überliefert sind, ist unbekannt, welche Sprache die antiken Kelten sprachen. Gerne wird die West-Hallstattkultur und die Latène-Kultur mit den heutigen "keltischsprachichen" Ethnien der Bretagne, Irland und Großbritanien in Verbindung gebracht. Die Gleichsetzung von archäologischer Kultur und heutigen Sprechern "keltischer" Sprachen wird inzwischen stark bezweifelt. Die Überlieferung antiker keltischer Sprache und Kultur oder gar die biologischer Abstammung der heutigen "keltischsprachigen" Bewohner Westeuropas von den in der Antike als Kelten bezeichneten Ethnien, gilt nach neueren wissenschaftlichen Erkenntnissen als mehr als fraglich.
Geschichte
Der Begriff Kelten geht auf griechische Überlieferungen bei Herodot und anderen Autoren aus dem 6. und 5. Jahrhundert v. Chr. zurück, die als Keltoi bezeichnete Stämme mit einem Verbreitungsgebiet an zwischen den Quellen der Donau bis zum im Hinterland von Massilia (Marseille) identifizierten.

Hallstattkultur
Die Nennung der "Kelten" und deren Lokalisierung fällt mit der eisenzeitlichen Späthallstattkultur in Mitteleuropa zusammen. Diese Kultur hatte sich seit etwa 800/750 v. Chr. in einer Region zwischen Ostfrankreich und der Schweiz über Süddeutschland und Österreich bis Slowenien aus den ansässigen spätbronzezeitlichen der Urnenfelderzeitlichen Kulturen entwickelt.
Das Verbreitungsgebiet der Hallstattkultur reichte von Slowenien und Kroatien, über Österreich, das nordwestlichen Ungarn, die südwestlichen Slowakei, in Tschechien, nach Süddeutschland, die Schweiz bis nach Ostfrankreich. Der gesamte Bereich wurde 1959 von G. Kossack in einen Ost- und Westhallstattkreis unterschieden. Der Westhallstattkreis reicht von Ostfrankreich, Mittel- und Süddeutschland über die Schweiz bis nach Mittelösterreich. Der Osthallstattkreis umfasst Nordösterreich, Südmähren, die Südwestslowakei, Westungarn, Kroatien und Slowenien. Die wichtigsten Unterschiede zwischen Ost- und Westhallstattkreis findet man in der Siedlungsweise und der Bestattungssitte. Im Westhallstattkreis herrschen große befestigte Höhensiedlungen, die von kleineren weilerartigen Siedlungen umgeben sind vor. Im Osthallstattkreis dominieren kleinere befestigte "Herrenhöfe". Wurden im Westen wichtige Persönlichkeiten mit Schwert (HaC) oder Dolch (HaD) bestattet, gabt man ihnen im Osten eine Streitaxt mit ins Grab. Im Westen gibt es reiche Wagengräber, während der Krieger im Osten mit seiner kompletten Bewaffnung, inklusive Helm, Brustpanzer, etc., beerdigt wird.
Durch zahlreiche Funde sind Kontakte der hallstattzeitlichen Eliten zur südeuropäischen Antike nachgewiesen. Die Herkunft der Importwaren reicht dabei vom Westlichen Mittelmeer bis in den Iran. Besonders beliebt waren griechische und etruskische Import-Waren.
Auffällige Erscheinungen der Hallstattkultur sind befestigte Höhensiedlungen, die von Ostfrankreich nach Osten - vor allem in der Schweiz und in Teilen Süddeutschlands gefunden wurden. Besonders bekannt, da gut erforscht, sind der Mont Lassois bei Vix in Frankreich sowie die Heuneburg bei Hundersingen an der Donau im heutigen Baden-Württemberg. Da die Höhenbefestigungen häufig griechische Importe aufweisen und sich in ihrer Umgebung oft sogenannte Fürstengräber fanden, werden sie in der Forschung auch als "Fürstensitze" bezeichnet. Durch neuere Untersuchungen z.B. im Vorfeld der Heuneburg und in Hochdorf wurden allerdings auch unbefestigte Flachsiedlungen aufgedeckt, in denen entsprechende Importe gefunden wurden. Damit wird nun auch in Flachsiedlungen von einer ansässigen Oberschicht ausgegangen. Enge Handelsbeziehungen zum griechischen Kulturkreis - insbesondere zur Kolonie Massilia/Marseille - sind nachgewiesen, wobei die hallstattzeitliche Bevölkerung im heutigen Ostfrankreich, entlang der Rhône und Saone, eine Schlüsselposition für die Entwicklung der mitteleuropäischen Hallstattkultur eingenommen haben dürfte.
Die späte Hallstattkultur (HaD, ca. 650-475 v. Chr.), ist berühmt für ihre reich ausgestatteten Prunk- oderFürstengräber aus Süddeutschland und der Bourgogne (z. B. in Hochdorf an der Enz und Vix), sowie Panzergräbern - d. h. Männergräbern mit vollen Waffenbeigaben - im Osten (von Ost-Bayern bis Slowenien).
In der zweiten Hälfte des 6. Jahrhunderts gerieten die Gesellschaften am nördlichen und westlichen Rand der Hallstattkultur zunehmend unter deren Einfluss, übernahmen einen Teil ihrer Sitten und wurden ins hallstättische Beziehungsnetz eingebunden, wobei die Hunsrück-Eifel- und die Champagne-Marne-Region im Westen, sowie die Gegend um den Dürrnberg (Hallein) in Österreich bei dieser Entwicklung eine besondere Rolle einnahmen.
La-Tène-Kultur
Der Hallstattkultur folgt La-Tène-Kultur (ab ca. 480 v. Chr. bis 40/0 v. Chr., je nach Region), deren Kunststile durch mediterrane und osteuropäosche Vorbilder (etruskische, griechische und skythische Einflüsse) geprägt sind. Die La-Tène-Zeit stellt die letzte Blüteperiode keltischer Kultur dar.
Die Latènekultur selbst lässt sich grob in drei Phasen gliedern, die - je nach Region - unterschiedlich deutlich fassbar werden und deren zeitlicher Ansatz regional um etwa ein bis zwei Generationen variieren kann:
- 1. Frühlatène (ca. 480/ 450 – ca. 300 v. Chr)
- 2. Mittellatène (ca. 300 – 150 v. Chr.)
- 3. Spätlatène (ca. 150 – ca. nach 50 v. Chr. bzw. regional etwa bis zur Zeitenwende)
Frühlatène - Prunkgräberhorizont
In der Frühlatènezeit setzt sich die Blüte der materiellen Kultur der Hallstattzeit fort, jedoch verschieben sich die kulturellen Zentren aus dem Süddeutschen Raum nach Norden, Westen und Osten. Die Gründe für diese Verschiebungen sind vielfältig. Neben kriegrischen Konflikten werden Umweltprobleme im Umfeld der Hallstattzeitlichen Höhensiedlungen genannt. Neuere, bisher sehr umstrittene Forschungen, bringen die Verlagerung der Siedlungszentren in der frühen La-Tène-Zeit, sowie die im 4. Jhdt. v. Chr. einsetzenden keltischen Wanderungen zudem mit einem einen Meteoriteneinschlag in Süddeutschland, dem sog. "Chiemgau-Imkakt" in Verbindung.
Dennoch sind für die Frühlatènezeit aus den Regionen Champagne-Marne, Hunsrück-Eifel und Dürrnberg zahlreiche sogenannte Prunkgräber bekannt. Auch östlich davon (Franken und Böhmen) existieren reich ausgestattete Bestattungen und große befestigte Siedlungen der fühen La-Tène-Zeit. Die Bestattungen hochgestellter Personen dieser Zeit weisen reiche Grabbeiganen auf, die sich vor allem in reich im Latènestil verzierte Wagen, Schmuck (häufig Gold), Waffen sowie Importe aus dem Mittelmeerraum auszeichnen. Daneben entwickelte sich die seit der Hallstattzeit bekannte Sitte Grabhügel mit Steinen oder Stelen zu kennzeichnen in Einzelfällen (z.B. am Glauberg) zu fein ausgearbeitete Statuen die in engem Bezug zu den Bestatteten stehen (Persönliche Züge?) fort. Vor allem in den genannten Frühlatènezentren, aber auch darüber hinaus, sind auch zahlreiche Gräber aus anderen sozialen Schichten, sowie vereinzelte kleinere Siedlungen ergraben. Gold- und Feinschmiede- sowie Steinmetzarbeiten in den Latènestilen zeugen von hoher Kunstfertigkeit und "keltischem" Gestaltungswillen.
Gute Beispiele für die Prunkgräber der Frühlatènezeit sind u. a. die Gräber vom Glauberg, Waldalgesheim und Reinheim.
Während am West- und Nordrand der keltischen Kulturkreise die Prunkgräbersitte blühte, setzten gleichzeitig die sogenannten "keltischen Wanderungen" ein. Obwohl die Zeit der keltischen Wanderungen meist mit der Mittellatènezeit gleichgesetzt wird, begannen die Wanderungsbewegungen schon früher. Hierin werden wahrscheinlich regionale Unterschiede deutlich.
Mittellatène - Keltische Wanderungen
Erste Aufenthalte von keltischen Einwanderern im damals vor allem etruskisch geprägten Oberitalien sind ab dem 6. Jahrhundert v. Chr. nachweisbar. Während der ab dem 5. Jahrhundert v. Chr. einsetzenden Wanderungswellen wird die keltische Kultur auch in Nordspanien und Portugal fassbar, wobei hier kein Verdrängen ortsansässiger Kulturen nachgewiesen werden kann. Ein allmähliches Annehmen mitteleuropäischer Kulturelemente durch die ansässigen Gesellschaften ist weit wahrscheinlicher. Die in Nordspanien und Portugal lebenden Menschen der späten Eisenzeit werden deshalb auch als Keltiberer bezeichnet. Keltische Gruppen ließen sich daneben in Oberitalien und der Poebene nieder, von wo aus sie zu Beginn des 4. Jahrhunderts v. Chr. u. a. Rom angriffen. Die Belagerung Roms unter dem keltischen Heerführer Brennus (wahrscheinlich 387/386 v. Chr.) hinterließ bei der späteren Weltmacht ein lang anhaltendes Trauma.
Andere Stämme drangen über Südosteuropa und den Balkan nach Griechenland und Kleinasien vor, begegneten Alexander dem Großen und plünderten Delphi. Ein Stammesteil ließ sich schließlich in Zentralanatolien nieder und wurde als Galater noch Jahrhunderte später im Neuen Testament erwähnt.
Gleichzeitig blieben Teile der Stämme aber in ihren "angestammten" Regionen in Mitteleuropa sesshaft. Archäologischen Belege für die Mittlere Laténezeit sind zwar rar, aber in einigen Regionen klar nachgewiesen. Vor allem in Süddeutschland ist aber ein deutlicher Siedlungsrückgang zu beobachten. Die Funde der Mittellatènezeit unterscheiden sich stark von denen der Frühlatènezeit. Fürstengräber und große befestigte Siedlungen verschwinden fast vollständig.An Ihre Stelle treten vergleichsweise einfach, fast ärmlich ausgestattete Gräber und kleinere, wenig strukturierte Siedlungen. Funde von Siedlungen und Gräbern sind in Mitteleuropa insgesamt wesentlich seltener als in der vorhergehenden Früh- und nachfolgenden Spät-Latènezeit.
Wahrscheinlich gab es nach dem Sieg der Römer über verschiedene Keltische Stämme in Oberitalien (um 220 v. Chr.) eine gewisse Rückwanderung von keltisch geprägten Bevölkerungsteilen in die Regionen nördlich der Alpen. In Forscherkreisen gilt es als sehr wahrscheinlich, dass die folgende Spätlatène- und Oppidakultur von Rückwanderern, die generationenlang in Oberitalien gelebt hatten, entscheidend beeinflusst wurde.
Spätlatène - Oppidakultur
Ab der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. wurden vom Osten und Süden ausgehend wieder große befestigte Siedlungen, sog. Oppida gegründet. Jene weisen, ähnlich wie die großen befestigten Siedlungen der späten Hallstattzeit, stadtähnliche Strukturen auf und können in Einzelfällen beträchtliche Einwohnerzahlen (5.000-10.000 Einwohner) erreichen. Als Beispiele für diese Siedlungen können vor allem der Staffelberg (Menosgada) in Oberfranken und Manching in Oberbayern gelten. Die keltische Oppidakultur erlebte ab Ende des 2. bis ins späte 1. Jahrhundert v. Chr. ihre Blüte, wobei sie aufgrund ihrer gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Differenzierung, hochentwickelter Handwerks- und Kunstfertigkeit sowie des Fernhandels die Stufe zur Hochkultur erreichte. Lediglich das Fehlen einer allgemeinen Schriftlichkeit steht dieser Bezeichnung entgegen. Man darf aber von einer exakten Weitergabe mündlichen Wissens im Bereich der keltischen Stämme ausgehen.
Die größte Ausbreitung erreichten die Kelten um 200 v. Chr. Im Osten ihrer Siedlungsgebiete, d. h. im weitesten Sinn rechtsrheinisch, verschwand die keltische Kultur in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. weitgehend, was vielleicht mit dem Vorrücken germanischer Stämme nach Süden zusammenhängen könnte. Dagegen überlebte die keltische Lebensart in Gallien und südlich der Donau in Rätien – sowie u. a. auch im heutigen Rheinland-Pfalz, Hessen, Saarland und Bayern nach Eroberung durch die Römer unter Caesar (in Gallien) bzw. unter Augustus (in Rätien) noch einige Jahrzehnte und ging mit zunehmender Romanisierung etwa seit der Zeitenwende in der relativ eigenständigen gallo-römischen Kultur bzw. der norisch-pannonischen Kultur auf.
Kelten auf den Britischen Inseln
Das Vorhandensein der in der Antike als Kelten bezeichneten Stammesverbände auf den britischen Inseln ist umstritten. Archäologische Spuren einer Einwanderung sind für den Großteil der Inseln unbekannt und bis auf den Südosten Englands auch wenig wahrscheinlich. Zwar weißt die dortige späteisenzeitliche Kultur gewisse Paralelen zu jener der "Festlandkelten" auf und einige Importstücke weisen auch auf Verbindungen hin. Andererseits unterscheiden sich die archäologischen Hinterlassenschaften der südostenglischen Eisenzeit so stark von jenen auf dem Festland, dass eine kulturelle Einheit nicht sehr wahrscheinlich ist. Die von Sprachwissenschaftlicher Seite stark betonte ideell-geistige Verbindung der britischen Inseln mit dem keltischen Festland wird von archäologischer Seite zunehmend bestritten. Dennoch spricht man in den Sprachwissenschaften von secondary Celts (im Gegensatz zu den antiken Kelten). Die auf den britischen Inseln stark betonte Zuordnung zur "keltische" Kultur, erfolgt daher weitestgehend aufgrund umstrittener linguistischer Annahmen. Der vielgerühmte "keltische Tierstil" geht jedoch eher auf spätere wikingerzeitliche Einflüsse zurück und ist für die Zeit vor Christi Geburt lediglich in Südostengland durch Importstücke belegt. Mit Ausnahme von Irland und den nördlichen Teilen Schottlands gehörten die britischen Inseln vom 1. bis zum frühen 5. Jahrhundert n. Chr. zum Römischen Reich. Nach Abzug der Römer behielten einige Regionen bis weit ins Hochmitelalter hinein stark römisch geprägte Lebensweise und Sprache (Insbesondere in Bath und London ist die Weiternutzung römischer Einrichtungen nachgewiesen). Auch in den neuentstandenen christlichen Klöstern lebt die römische Kultur fort. Andererseits kehren viele Briten auch zur Lebensweise vor der römischen Eroberung zurück, mit dem gravierenden Unterschied, dass sie das Christentum beibehielten. Außerhalb der von den Römern dauernd eroberten und koloniseierten Gebiete (v.a. Wales, Schottland, Cornwall und Irland) hielten sich einheimische Bevölkerungsgruppen. Diese mit dem problematischen Begriff Inselkelten bezeichneten Gruppen unterschieden sich durch Sprache und Kultur stark von der romanisierten Bevölkerung Englands. Die sehr frühe Christianisierung Irlands erfolgte durch Mönche aus Gallien über England (z. B. Patrick). Daneben scheinen aber auch starke Einflüsse aus dem östlichen Mittelmeerraum eine bedeutende Rolle bei der Christianisierung gespielt zu haben. In weiterer Folge wurden große Teile Europas von irischen Mönchen christianisiert. Auch hierfür hat sich im 18. und 19. Jahrhundert der äußerst problematische Begriff der britisch-keltischen Mönche, Iro-keltischen oder Insel-Keltische Kirche eingebürgert.
Ein Teil der britischen Bevölkerung floh im 5./6. Jh. vor der angelsächsischen Invasion auf den Kontinent. Ob es sich dabei um die alleinigen Vorfahren der heutigen Bretonen handelt ist umstritten, da bereits lange vor diesem Zeitpunkt intensive Beziehungen zwischen der Bretagne und Südostengland bestanden haben.
Wissenschaftliche Kontroverse
Wie schon angedeutet, existieren je nach Fachgebiet unterschiedliche Sichtweisen zum Begriff Kelten und es ist grundsätzlich fraglich, ob die in der Antike als Kelten angesprochenen Stämme jemals eine gemeinsame Identität oder gar eine Ethnie bildeten. Auch gilt inzwischen als gesichert dass es niemals eine Einwanderung von keltischen Stämmen auf die britischen Inseln gegeben hat. Der Einfluss der Festlandkelten auf die britischen Inseln ist ebenfalls umstritten.
Iren, Schotten, Waliser und Bretonen definieren sich erst in neuerer Zeit vor allem aus einer Abgrenzung gegen Engländer oder Franzosen als Kelten. Weder in der Antike, noch bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts werden diese Bevölkerungsgruppen als Kelten oder Gallier bezeichnet. Als Legitimation diente die problematische sprachwissenschaftliche Definition des 18. Jahrhunderts.Vor dieser Zeit bezeichneten sich keiner der genannten Gruppen selbst als Kelten, noch wurden sie von Antiken und Mittelalterlichen Autoren als solche angesprochen. Vielmehr waren vor dem 18. Jahrhundert völlig andere Bezeichnungen wie Pikten, Iren und später Scoten (Schotten)üblich. Der Kelten-Begriff hat sich also aufgrund der problematischen sprachwissenschaftlichen Zuweisung von den antiken Kelten auf eine völlig andere Region und Bevölkerung verschoben, deren Gemeinsamkeit mit den Festlandkelten der vorrömischen Eisenzeit vor allem darin besteht, dass die Sprachwissenschaft sie einer durch andere Belege nicht feststellbaren gemeinsamen Gruppe zugewiesen hat. Die Problematik liegt darin, dass man aufgrund fehlender antiker Belege nicht weiß, wie und ob "keltischen" Sprachen auf die britischen Inseln gekommen sind bzw. wieviel diese Sprachen mit Sprache und Kultur der antiken Kelten gemeinsam haben.
Anmerkungen zur antiken Quellenlage
Texte
Die Kelten vermieden es vermutlich sehr bewusst, gesellschaftliche, religiöse oder ihre Tradition betreffende Inhalte schriftlich festzuhalten. Inhalte und Informationen scheinen bei den Kelten bewußt mündlich weitergegeben worden zu sein. Die hohen Fertigkeiten der Kelten in der Kunst Inhalte mündlich zu tradieren, sowie die latente "Schriftfeindlichkeit" der Kelten sind durch mehrere antike Autoren, so auch durch Caesar belegt. Andererseits gibt es vor allem für die Spätlatènezeit, sowohl eine Reihe von kurzen Inschriften in griechischer Schrift als auch archäologische Nachweise von Schreibgerät aus den spätlatènezeitlichen Oppida. Zumindest für die keltische Oberschicht muss daher ein gewisses Maß an Schriftlichkeit – besonders in wirtschaftlichen Belangen – und eventuelle Fremdsprachenkenntnisse, angenommen werden.
Von der üblichen Schriftlosigkeit der keltischen Sprachen gab es nur wenige Ausnahmen:
Die spätantike bzw. frühmittelalterliche Ogham-Schrift, die z. B. von irischen Grab- und Grenzsteinen des 4. – 7. Jahrhunderts n. Chr. bekannt ist, scheint nur wenigen Eingeweihten bekannt gewesen zu sein und nur begrenzte Aussagemöglichkeiten gehabt zu haben.
Die Kelten in Noricum verfügten, wie man heute weiß, über eine eigenständige, offensichtlich dem etruskischen nahestehende Schrift (von rechts nach links geschrieben), von der insbesondere in der Ausgrabungsstätte Magdalensberg [1] Funde gemacht wurden. Aber schon vor der römischen Besetzung (15 v. Chr.) ist in Sprache und Schrift das römische Latein als dominierend anzusehen.
Wegen des Mangels an eigenen Schriftdokumenten beruhen die Kenntnisse über die Kelten auf teils sehr problematischen Quellen der Geschichtsschreibung ihrer mediterranen Nachbarn (antikes Griechenland, Römisches Reich) sowie auf archäologischen Funden.
Archäologie
[[Bild:Keltenfürst_Glauberg_Gesicht.jpg|thumb|Der Keltenfürst vom Glauberg (Detail)]
Inzwischen existieren in Mitteleuropa zahlreiche archäologische Funde, welche ein lebendiges Bild der Kultur der antiken Kelten vermitteln.
Als besonders "typisch" können dabei die große Zahl von sog. "Oppida", d.h. großen, befestigten Höhensiedlungen, und Viereckschanzen in Süddeutschland gelten. Letztere hatten nach heutigem Forschungsstand wahrscheinlich mehrere Funktionen (Religion/Kult, Befestigung, Einfriedung für Gehöfte, et.)
Zahlreiche Informationen über die Kultur und Handelsbeziehungen der Kelten stammen aus den überaus reich ausgestatteten Hügelgräbern der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit. Diese so genannten "Prunk-" oder Fürstengräber sind Grabstätten gesellschaftlich hochgestellter Toter und enthalten meist reiche Grabbeigaben. Häufig wurden die Toten dabei auf Wagen liegend bestattet, deren Überreste wir den größten Teil des heutigen Wissens über den hohen Stand des keltischen Wagenbaus verdanken. Daneben sind auch Bestattungen auf bronzenen Klinen (Hochdorf), eine Art Sofa bekannt.
Neben Männerbestattungen existieren v.a. in der späten Hallstatt- und frühen Latènezeit reich ausgestattete Fürsten-Gräber von Frauen.
Daneben sind zahlreiche weitere Funde aus weniger reich ausgestatteten Hügel- oder Flachgräberfeldern und kleineren Siedlungen bekannt.
Am Glauberg bei Glauburg in Hessen am Ostrand der Wetterau entstand im 5 Jh. v. Chr. ein überregional bedeutendes Zentrum der Kelten. Dort scheint eine europaweit einzigartiger Anlage eines keltischen Kalenderbauwerks nachgewiesen zu sein [2]
Siehe auch:
- Keltenfürst vom Glauberg und Fürstengräber
- Hügelgrab bei Thomm (Fürstengrab)
Gesellschaft
Die Einblicke, welche antike Autoren in den Aufbau der keltischen Gesellschaft sind eher gering.
Aus den Fürstengräbern der späten Hallstattzeit wie auch aus Julius Caesars Schrift De Bello Gallico (Vom gallischen Krieg) ist zumindes für den Westhallstattkreis zu schließen, dass die Gesellschaft in lokale und regionale Einheiten gegliedert war, welche eine mehr oder minder stark strukturierte Hierarchie aufwiesen. An der Spitze der Gesellschaft standen herausragende persönlichkeiten, sog.Fürsten, welche wohl große Bauvorhaben anordneten und kontrollierten. Daneben pflegten diese "Fürsten" weitgespannte Kontakte zu anderen "Fürsten" und kontrollierten den Fernhandel. Aufgrund genetischer Analysen und antiker Quellen aus der Spätlatènezeit ist überliefert, dass Führungspositionen nicht vererbt, sondern zumindest bei manchen Stämmen, wie zum Beispiel bei den Haeduern in Ostfrankreich, Ämter und damit gesellschaftlich hochstehende Positionen durch Wahlen vergeben wurden.
Sowohl für die späte Hallstattzeit, wie auch für die La-Tène-Zeit sind gab es zwar auch weiträumige Beziehungen, für die Spätlatènezeit durch antike Autoren auch lokere, weit ausgreifende politische Strukturen belegt. Diese bildeten aber zu keiner Zeit die Grundlage für ein gemeinsames bewustsein als Ethnie oder ein dauerhaftes, zusammenhängendes politisches Gebilde. [[Bild:Two Druids.PNG|thumb|Druiden, Basrelief aus Autun]]
Druiden
Durch spätantike Autoren sind mehrere geistige und spirituelle Führer belegt, welche den oberen Gesellschaftsschichten entstammten. Diese personen werden als Druiden bezeichnet und bildeten nach Antiken Autoren den keltische Priesterstand. Um das Druidentum ohne moderne (verstellende) Esoterik zu beschreiben, soll hier der Originaltext verwendet werden. Caesar schreibt u. a.: „Den Druiden obliegen die Angelegenheiten des Kultus, sie richten die öffentlichen und privaten Opfer aus und interpretieren die religiösen Vorschriften. Eine große Zahl von jungen Männern sammelt sich bei ihnen zum Unterricht, und sie stehen bei den Galliern in großen Ehren.“ (Caesar: De bello gallico, VI, 13). Überhaupt bescheinigte Caesar den Kelten eine tiefe Religiosität (Caesar, De bello gallico, VI, 16).
Die Druiden bildeten gleichsam eine intellektuell und religiös hochgebildete Oberschicht des keltischen Gesellschaftssystems. Von den antiken Quellen und überlieferten Mythen keltischen Ursprungs wissen wir über deren Machtstellung auch gegenüber der zumeist aus der gleichen Oberschicht stammenden Fürsten. Die Ausbildung zum Druiden dauerte extrem lange, nach Caesar gelegentlich bis zu zwanzig Jahre: „Die Druiden nehmen in der Regel nicht am Krieg teil und zahlen auch nicht wie die Übrigen Steuern. […] Diese großen Vergünstigungen veranlassen viele, sich aus freien Stücken in ihre Lehre einweihen zu lassen, oder ihre Eltern und Verwandte schicken sie zu den Druiden. Wie es heißt, lernen sie dort eine große Zahl von Versen auswendig. Daher bleiben einige 20 Jahre lang im Unterricht.“ (Caesar, De bello gallico, VI, 14)
Neben ihren priesterlichen Funktionen hatten die Druiden aber auch durchaus weltliche Pflichten und Privilegien. Ihnen oblag die Rolle des Lehrers, Mediziners, Naturforschers und Richters. Laut Caesar (VII 33,3) war die Exkommunikation (d. h. der Ausschluss von den Opferbräuchen) die schwerste der denkbaren Strafen. Die Druiden seien für ihre Gerechtigkeit bekannt, rühmte Strabon (IV, 4,4).
In Wales, welches jedoch nur eingeschränkt als keltisch bezeichnet werden kann, soll es auch weibliche Druiden gegeben haben. Diese Angaben stammen aber aus wesentlich jüngeren, spätmittelalterlichen Quellen. (Solin)
Bei Fragen der keltischen Religion ist bei modernen Veröffentlichungen (wenn sie nicht archäologisch ausgerichtet sind) Vorsicht geboten, da moderne esoterische Bewegungen sich gerne mit dem Prädikat keltisch schmücken, ohne dass tatsächlich keltische Bezüge bestehen. Siehe auch Keltische Kirche, Keltische Götter, Keltischer Kalender


Rolle der Frau
Obwohl Frauen in hohem Ansehen standen und offensichtlich alle hohen Ränge einnehmen konnten, war die keltische Gesellschaft insgesamt stark patriarchal organisiert. Die bekannteste, von antiken Autoren genannte Keltin war Boudicca, Anführerin der Icener (Britannien), welche den Aufstand gegen die römische Besatzung in den Jahren 60/61 n. Chr. anführte, sowie Cartismandua, "Königin" der Briganten, die 77 n. Chr. von Agricola besiegt wurden.
Götter
- Hauptartikel: Keltische Mythologie
Es sind kaum antike Belege zum Glauben der Kelten bekannt. Überdies glichen antike Autoren nach der üblichen Interpretatio Romana glichen die keltischen Götter und Kulte den eigenen, römischen an. Das heißt, dass den keltischen Göttern, je nach ihrer Zuständigkeit römische Interpretationen und Götternamen gleichgeordnet wurden, und somit Aussagen zur ursprünglichen Funktion, Mythos und Kult der keltischen Götterwelt schwierig sind. Beispiele für Gleichsetzungen: Teutates (u. a.) wurde z. B. Merkur, Cernunnos dem Jupiter, Grannus dem Apollo und Lenus dem Mars gleichgeordnet, usw. Durch die unterschiedlichen religiösen Vorstellungen in verschiedenen Regionen (sowohl bei Römern als auch bei Kelten) konnten diese Re-Interpretationen bei ein und demselben Vorbild mehrere römische Patengöttern aufweisen, wodurch dieselben römischen Götter in unterschiedlichen Regionen mit verschiedenen keltischen Beinamen erscheinen, aber auch dieselben keltischen Götter unterschiedlichen römischen zugeordnet wurden.
Landwirtschaft und Ernährung
Die keltische Wirtschaft basierte auf Ackerbau und Viehzucht. Auf kleinen, umzäunten Äckern wurden Getreide (Emmer, Dinkel, Gerste, Hirse) und Leguminosen (Saubohnen, Erbsen, Linsen) angebaut. Bekannt waren u. a. Löwenzahn, Brennnessel, Rübe, Rettich, Sellerie, Zwiebel und Kohl. Aus archäologischen Funden (Speiseresten) in Hallstatt lässt sich etwa ablesen, dass die Kelten ein noch heute in Österreich übliches Gericht gegessen haben, Ritschert, einen Eintopf aus Rollgerste und Bohnen.
Da das lateinische Wort für Bier (cervisia) ein keltisches Lehnwort ist, wird vermutet, dass die Kelten das Brauen beherrschten. Römische Autoren beschreiben das Getränk allerdings mit deutlichem Abscheu. In Hochdorf und dem Glauberg ist Met archäologisch nachgewiesen (Pollenfunde).
Wichtigstes Haustier war das Rind, welches neben der Lieferung von Fleisch, Milch (Käse) und Leder auch unabdingbar bei der Ackerbestellung war. Daneben wurden Schafe (Wolle) und Schweine gehalten; Hunde kannte man ebenfalls als Nutztiere (Hütehunde und Jagdhunde). Pferde waren ein Statussymbol und bei Kriegszügen wichtig und wurden wahrscheinlich von einigen Stämmen intensiver gezüchtet.
Technik
Von Bedeutung für die keltische Wirtschaft war auch der Bergbau. Bergbau auf Salz ist eindeutig nachgewiesen. Eisengewinnung und -verhüttung ist zu vermuten. Durch spätere Abbautätigkeit fehlen hier aber aus den Abbaugebieten meist die letzten Beweise einer eisenzeitlichen Erzabbaus.
Vorreiter waren die Kelten bei der Weiterentwicklung des Wagens. Sie erfanden Drehschemellenkung und Federung. Auch in der Metalurgie, vor allem bei der Ergeugung von Damaszenerstahl waren sie den Römern anfangs weit überlegen. Vermutlich übernahmen sie auf diesen Feldern verschiedene Fähigkeiten von den Etruskern und Skythen. Lange Zeit bildeten Importe von Waffen, insbesondere Schwertern aus keltischer Produktion einen festen Bestandteil der Bewaffnung römischer Truppen. Daneben übernahmen die Römer im Wagenbau Römer nicht nur technische Details, sondern vermutlich auch einzellne Begriffe des Wagenbaus von ihnen.
Handel

Die keltischen Stämme auf dem Kontinent übernahmen das Geldwesen von Griechen und Römern, prägten aber ab Ende des 3. Jh. v. Chr. eigene Goldmünzen. Die frühen Goldmünzen dienten zunächst wahrscheinlich lediglich dem Informationsaustausch. Spätestens zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. war zumindest die westliche (gallische) Oppidakultur zur Drei-Metall-Währung übergegangen. Das heißt, es wurden neben Gold- auch Silber- und Potinmünzen geprägt. Silbermünzen scheinen dabei für den überregionalen Austausch genutzt worden zu sein, während Potinmünzen als Kleingeld dem örtlichen und regionalen Handel dienten. Nach der römischen Eroberung wurden in Gallien die Potinmünzen durch Bronzeprägungen ersetzt.
Grabfunde zeugen noch heute von dem ausgedehnten Handel der Kelten mit allen Völkern des antiken Europa. Exportiert wurden u. a. Eisen, Zinn, Salz, Holz, Flachs, Wolle, Waffen, Werkzeuge, Prunkwagen, Textilien, Schuhe. Importiert wurden vor allem Glas, Wein und andere Luxusgüter aus dem Mittelmeerraum und dem Nahen Osten.
Siedlungen

Entlang der wichtigsten Handelsstraßen entstanden ab Ende des 3. Jahrhunderts v. Chr. keltische Oppida, das sind befestigte städtische Siedlungen. Durch jahrzehntelange Ausgrabungen in mehreren Ländern sind einige Oppida heute besser bekannt. Einige guterforschte Oppida von Ost nach West:
- Tschechien: Stradonice, Zavist
- Österreich: Schwarzenbach
- Deutschland: Manching, Martberg, Wallendorf (Eifel), Dünsberg, Donnersberg, Heidenmauer (Bad Dürkheim)
- Schweiz: Bern-Enge, Basel-Münsterhügel
- Luxemburg: Titelberg
- Frankreich: Bibracte, Alesia.
In einigen dieser Oppida (Städte) dauern die Ausgrabungen weiterhin an. Aus zahlreichen weiteren Oppida liegen Ergebnisse aus kleineren Grabungskampagnen vor. Das populäre Bild eines keltischen Oppidums wird jedoch im Wesentlichen durch die Ergebnisse in Tschechien, Manching und Bibracte geprägt.
Kunst und Kultur

Bildende Kunst
Als uneingeschränkt keltisch, d. h. auf die historisch belegten Kelten zurückzuführen, sind die Kunststile der La-Tène-Zeit, deren Erforschung besonders mit den Namen der beiden Archäologen Paul Jacobsthal und Otto-Herman Frey verbunden ist. Sie entwickelten sich ab Beginn des 5. Jahrhunderts v. Chr. aus mediterranen Vorbildern, die von den keltischen Kunstschaffenden relativ frei interpretiert, zerlegt und zu einem ganz eigenen Form- und Kunstausdruck synthetisiert wurden. Ein gewisser Einfluss der Kimmerer und Skythen könnte bestanden haben, wobei die deutlichsten Vorbilder aber in der orientalisierenden Kunst der Griechen und Etrusker zu finden sind, die ihrerseits Vorbilder im Orient, z. B. dem Iran, gehabt zu haben scheinen.
Siehe auch Keltische Kunst
Literatur
Die Literatur und Mythologie der eisenzeitlichen Kelten ist unbekannt. Es wird gelegentlich – nur selten von archäologischer Seite – die These vertreten, dass Reste festlandkeltischer Überlieferungen in die britischen Erzählungen des frühen und hohen Mittelalters eingegangen sein könnten, darunter vielleicht auch Teile der Artussage, die aber vermutlich ihren Kern erst in spätantiker, frühchristlicher Zeit hat, als die Randzonen des Römischen Reiches in Bewegung gerieten.
Von den Inselkelten sind Mythen in verschiedenen Zyklen überliefert: der Fionn-Zyklus (handelt von dem irischen Helden Finn), der Ulster-Zyklus (in erster Linie die Geschichte zweier kämpfender Stiere), die vier Zweige des Mabinogi (von Pryderis Lebensgeschichte) und der mythologische Zyklus.
Musik
Dass die kelten musizierten ist zwar durch Texte griechischer Schriftsteller belegt, Art,Harmonie Klang sind jedoch verloren gegangen. Von archäologischen Funden und von Darstellungen auf römischen Reliefs kennt man das Aussehen der Carnyx, einer Art Trompete. Verschiedene keltische Münzen bilden Saiteninstrumente ab, die den antiken griechischen Instrumenten Lyra und Kithara ähneln. Die Statue eines Mannes mit einem derartigen Saiteninstrument in den Händen wurde 1988 bei Ausgrabungen in der keltischen Festung von Paule-Saint-Symphorien in der Bretagne gefunden. Die heute als keltisch bezeichnete Musik wurde erst ab dem 17. Jahrhundert niedergeschrieben. Es handelt sich um die traditionelle Musik Irlands, Schottlands und der Bretagne, aber auch keltischer Auswanderer wie z.B. auf Cape Breton (Kanada).
Keltische Stämme
Die gallischen Stämme, zusammenfassend unter Gallier geführt, besiedelten das heutige Frankreich, Teile der Schweiz, Luxemburg, das südöstliche Belgien, das Saarland und Teile des linksrheinischen Rheinland-Pfalz sowie Teile Hessens. Dabei werden die nördlichen Stämme bei Caesar als Belger bezeichnet, wobei insbesondere Gebiete im heutigen Belgien sowie in der Eifel hier in Frage kommen (z. B. die Leuker).
Im heutigen Frankreich und in den angrenzenden Gebieten Belgiens und Deutschlands waren es insbesondere die Allobroger (Savoyen und Dauphiné), die Ambianer (bei Amiens), die Arverner (Auvergne), die Bituriger (bei Bourges), die Cenomanen (Seine-Loire-Gebiet, sowie teilweise in Norditalien), die Eburonen (Eifel, Ardennen), die Häduer (Bourgogne, um Autun und Mont Beuvray (Bibracte)), die Mediomatriker (Region um Metz, Teile des Saarlandes), die Menapier, die Moriner, die Parisier (Zentralbritannien und Gallien/Paris?), die Senonen (bei Sens, sowie in Norditalien), die Sequaner, die Remer, die Treverer (im Moselraum, ab der Maas über Trier bis zum Rhein), die Veneter (an der Loire-Mündung), die Viromanduer (bei Vermandois), die Santonen in der heutigen Saintonge um die Stadt Saintes, und eine Reihe anderer Stämme, die bei Caesar genannt wurden.
Die keltisch sprechenden Bretonen im äußersten Nordwesten Frankreichs sind kein Rest der römisch unterworfenen Gallier, sondern Nachfahren von Inselkelten, die im 5. und 6. Jh. vor der angelsächsischen Invasion geflohen sind.
In Bayern, Baden, Württemberg und der heutigen Schweiz fand sich die Gruppe der Helvetier, u. a. mit den Gauen der Tiguriner und Toygener, außerdem der Stamm der Vindeliker im heutigen Oberbayern und Bayrisch Schwaben (Augsburg=Augusta Vindelicorum als römische Stadt: Hauptort der Vindeliker) und um Manching sowie die Boier in Ober- und Niederbayern. Die Noriker in Österreich und in Oberbayern, südlich des Inns, die Likater um den Lech in Oberbayern und Schwaben.
Im Süden des gallischen Gebietes, in Norditalien, saßen die Insubrer, im Norden die Nervier und Belger, die teilweise auch in Britannien vorzufinden waren.
In Nordspanien die Gallicier und die Asturen, im heutigen Portugal die Lusitaner.
Die auf dem Balkan angesiedelten Kelten werden als Donaukelten zusammengefasst.
Die Galater drangen bis nach Asien vor und siedelten im Gebiet der heutigen Türkei.
Siehe auch: Liste der keltischen Stämme
Rezeptionsgeschichte
Politik
Die Berufung auf die Kelten in Frankreich, aber auch in Irland, Wales, Schottland und der Bretagne zeigt, wie in der Neuzeit versucht wird, die Vergangenheit als traditionsstiftend für moderne Nationen zu nutzen. Dabei wird die historische Realität nicht selten extrem verfälscht.
Briefmarken

Das deutsche Sonderpostwertzeichen Keltenfürst vom Glauberg (144 Cent, Auflage: 17 Millionen, Grafiker: Werner Schmidt, Frankfurt am Main) aus der Serie Archäologie in Deutschland wurde am 7. Januar 2005 durch den parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen Karl Diller, (MdB), in Büdingen vorgestellt.
Zwei Briefmarken mit keltischen Exponaten wurden im Rahmen einer archäologischen Serie 1976 herausgegeben. Die Motive waren die goldverzierte Schale aus dem Fürstengrab von Schwarzenbach (Nonnweiler) und der silberne Halsring von Epfendorf-Trichtingen.
Comics
- Die Asterix-Comicgeschichten handeln überwiegend vom Konflikt der Gallier mit den Römern. Die heute deutschen Gebiete werden dabei aber historisch weitgehend unzutreffend mit Ost- und Westgoten im Stil deutscher Landser des Ersten Weltkriegs karikiert.
Einzelnachweise
Siehe auch
- Liste der keltischen Stämme
- Liste keltischer Götter und Sagengestalten
- Der Keltenerlebnisweg
- Keltisch-Römisches Museum Manching
- Keltische Kriegführung
- Museum KeltenKeller in Biebertal-Rodheim
- Chiemgau-Impakt
Literatur
Allgemeine Literatur
- Keltische Forschungen (Zeitschrift)
- Inge Resch-Rauter: Unser Keltisches Erbe - Flurnamen, Sagen, Märchen und Brauchtum als Brücken in die Vergangenheit - Wien 1992 (4. Auflage 2007), ISBN 3-9500-1670-8
- Helmut Birkhan: Kelten. Versuch einer Gesamtdarstellung ihrer Kultur. Wien 1997 (2. Aufl.), ISBN 3-7001-2609-3.
- Henri Boudet: "DIE WAHRE SPRACHE DER KELTEN und der KROMLECK VON RENNES-LES-BAINS", In der deutschen Übersetzung Herausgegeben (April 2007) von Olaf Jacobskötter, ISBN 978-3-00-021219-2
- Barry Cunliffe: Die Kelten und ihre Geschichte. München 2004, ISBN 3-7857-0506-9
- Alexader Demandt: Die Kelten, 4. Aufl. Beck: München 2002, ISBN 3-406-44798-8
- M. Dillon, N. K. Chadwick: Die Kelten. Von der Vorgeschichte bis zum Normanneneinfall. Zürich 1966.
- Jean-Louis Brunaux: Les religions gauloises, Nouvelles approches sur les rituels celtiques de la Gaule indépendante, Errance, 2000.
- Janine Fries-Knoblach: Die Kelten. 3000 Jahre europäischer Kultur und Geschichte. Stuttgart 2002, ISBN 3-17-015921-6.
- John Haywood: Die Zeit der Kelten – Ein Atlas. Zweitausendeins, Frankfurt 2003, ISBN 3-86150-431-6.
- Stephan Fichtl: Les peuples gaulois, III-I siècles av. J.-C., éditions Errance, Paris 2004, ISBN 2877722902
- Dominique Garcia: La Celtique méditerranéenne. Habitats et sociétés en Languedoc et en Provence. VIIIe-IIe siècles av. J.-C., éditions Errance, Paris 2004, ISBN 2877722864
- Christian Goudineau: César et la Gaule, éd. Errance, collection De la Gaule à la France: histoire et archéologie, 2000
- P. Barford: Celts in Central Europe and beyond. Arch. Polona. 29.1991, 79–98
- Roland Gschlössl: Im Schmelztiegel der Religionen. Göttertausch bei Kelten, Römern und Germanen (Zaberns Bildbände zur Archäologie). Verlag Philipp von Zabern, Mainz 2006
- Raimund Karl: Einführung in die kulturwissenschaftliche Keltologie. PDF-File (7 MB, 239 Seiten)
- Martin Kuckenburg: Die Kelten in Mitteleuropa. Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1593-6.
- Stefan Zimmer (Hrsg.): Die Kelten. Mythos und Wirklichkeit. Stuttgart 2004, ISBN 3-8062-1908-7.
- Sabine Rieckhoff und Jörg Biel: Die Kelten in Deutschland. Stuttgart 2001, ISBN 3-8062-1367-4.
- Anne Ross: Pagan Celtic Britain. London 1974, ISBN 0-351-18051-6
- Konrad Spindler: Die frühen Kelten.Stuttgart 1983, ISBN 3-15-010323-1
- Angus Konstam: Die Kelten – Von der Hallstatt-Kultur bis zur Gegenwart. Wien 2001, ISBN 3-85492-244-2
- Bernhard Maier: Die Kelten. Ihre Geschichte von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 2000, ISBN 3-406-46094-1
- Bernhard Maier: Die Religion der Kelten. Götter Mythen Weltbild. München 2001, ISBN 3-406-48234-1
- Bernhard Maier: Lexikon der keltischen Religion und Kultur,Stuttgart 1994, ISBN 3-520-46601-5
- Kurt Tomaschitz: Die Wanderungen der Kelten in der antiken literarischen Überlieferung (Mitteilungen der Prähistorischen Kommission Band 47). Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 2002, 256 S.. ISBN 3-7001-3027-9.
- Tom O'Neill: Artus' wilde Erben. Die frischen Spuren der keltischen Kelten, in: Auszug aus National Geographic Deutschland März 2006, S. 124–147
Sprachversion des Artikels
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Weblinks
- Am Rand der keltischen Welt - Neues Schwerpunktthema bei ArchäologieOnline
- Archaeoforum.de/ Diskussionsforum zur Vor- und Frühgeschichte mit Schwerpunkt Rekonstruktion nach wissenschaftlichen Erkenntnissen.
- Ancient Celtic music ("Antike keltische Musik" im Citizendium)
- Caesar, De bello gallico (u. a.) auf Latein
- Archäologischer Park am Glauberg
- Hallstattzeit
- www.kelten.co.at – Website zum Animationsfilm Kelten am Dürrnberg
- Helvetier
- Webpublikationen mit vielen Arbeiten von keltologischem Interesse
- Die Kelten als Eroberer und Söldner in der Antike
- Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse
- Das keltische Hessen
- Keltische Kultur
- http://www.gabreta.de
- http://www.kelten-info-bank.de
- Keltische Altburg bei Bundenbach
Keltologie
- Keltologie an der Universität Wien
- Keltologie an der Universität Marburg
- Keltologie an der Universität Bonn
- Fachforum Keltologie (Hier trifft man die Expertinnen und Experten)
- Diskussionsforum zur wissenschaftlichen Keltologie
- Keltenmuseum Hallein
Museen und Grabungen
- Das Laténium – Museum für die La-Tène-Kultur
- Heuneburg
- Forschungsprojekt und Grabungsberichte „Fürstensitz Keltenstadt“
- Keltenfürst von Hochdorf
- Keltenmuseum Manching
- Europäischer Kulturpark Bliesbruck-Reinheim
- Ausgrabungen an der Schmidener Viereckschanze
- Württembergisches Landesmuseum Stuttgart
- Archäologischer Park Glauberg e.V.
- Keltische Salzfürsten vom Dürrnberg bei Hallein
- Die Grabungen am Dünsberg
- www.kelten-nagold.de – Informationen über die Keltenfunde in Nagold
- www.gabreta.de – Archäologischer Erlebnispark Gabreta: ein Keltendorf als Freilichtmuseum im Bayerischen Wald
- Die Schnippenburg – Ein Fundplatz mit starkem keltischen Einfluss im nordwestlichen Mittelgebrigsraum
- Archäologischer Park Schwarzenbach/NÖ - Freilichtmuseum und wissenschaftliche Forschung der Uni Wien (VIAS)
- Archäologie im Landschaftsmuseum Obermain Archäologisches Lexikon: Die Latenèzeit (kurzer Überblick)
- Ausstellung: Kelten in Mähren
- Keltenwelt von Frög bei Rosegg
- Götter, Gräber und Geschichte