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Tankstelle

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„Erste Tankstelle der Welt“: Apotheke in Wiesloch mit Bertha-Benz-Denkmal im Vordergrund

Eine Tankstelle (auch Versorgungsanlage, ursprünglich Zapfstelle, umgangssprachlich auch "Tanke") ist eine Anlage, an der Kraftfahrzeuge mit den Kraftstoffen Benzin und Diesel, teilweise auch mit Flüssiggas, Erdgas oder Wasserstoff, versorgt werden können. Derzeit gibt es in Deutschland knapp 15.000 Tankstellen.

Die Tankstellen-Läden sind durchgängig vom Ladenschlussgesetz ausgenommen; daher verdienen viele Tankstellen inzwischen den größeren Teil ihres Einkommens nicht mehr mit Kraftstoff, sondern mit den Supermarkt-Artikeln.

Geschichte

Am Anfang des Motorisierungszeitalters bis Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man Benzin und andere Treibstoffe wie Petroleum nur in der Apotheke kaufen. Als erste "Tankstelle" der Welt wird vielfach die Apotheke in der Stadt Wiesloch genannt, da Bertha Benz dort bei ihrer Automobil-Überlandfahrt von Mannheim nach Pforzheim den nötigen Treibstoffnachschub (das Leichtbenzin Ligroin) einkaufte. Ligroin diente damals in erster Linie der Reinigung von Kleidung (Waschbenzin). Das erste Tankstellenverzeichnis in Deutschland stammt aus dem Jahr 1909. Es handelt sich um eine Aufstellung von ca. 2500 Drogerien, Kolonialwarenhändlern, Fahrradhandlungen, Hotels und Gaststätten.[1]

Das zur damaligen Zeit verkaufte Benzin wurde in beliebige Behälter abgefüllt, die den heutigen Sicherheitsvorschriften in keiner Weise entsprachen. Häufig dienten nicht mehr benötigte Milchkannen oder Flaschen zu diesem Zweck. Die Folge waren schwere Unfälle durch Entzündung des Treibstoffes, vor allem wenn beim Umfüllen in den Fahrzeugtank geraucht wurde. Erst langsam etablierten sich im Tankstellenbereich die auch heute noch gültigen Normen wie beispielsweise die Verordnung über brennbare Flüssigkeiten.

Historische Zapfsäule

Mit dem Aufkommen des motorisierten Verkehrs kamen auch die ersten Zapfstellen, oft im Zusammenhang mit den Autowerkstätten, die sich oft aus einer Schmiede oder Schlosserei entwickelten. Dabei handelte es sich in den ersten Jahrzehnten oft um Fasspumpen, wie sie lange auch noch in der heimischen Garage benutzt wurden (Fasstankstelle).

Später kamen Handpumpen-Säulen mit unter der Straßen- oder Bürgersteigdecke eingelassenen Benzintanks.

Die erste Tankstelle in Deutschland wurde Ende 1922 im Deutschen Reich von der Mineralölfirma OLEX am Raschplatz in Hannover errichtet und im Geschäftshaus der Firma wurde in Berlin-Schöneberg an der Mühlenstraße eine Serviceeinrichtung als öffentliche Kraftstoffstation eröffnet. Am 11. August 1927 konnten die Autofahrer erstmals in Hamburg an einer Zapfsäule tanken und jetzt betankte man die Autos direkt durch den Füllrüssel, so dass der Tankwart nicht mehr umständlich mit den Kanistern zu hantieren brauchte.

Die „Standard Oil of Indiana“ als Vorläufer der BP stellt 1917 den Einheitstyp der Tankstelle vor, der unter Abwandlungen bis heute gültig geblieben ist, damals „Großtankstelle“ genannt. Die Zapfsäulen und die tankenden Kunden werden von einem frei stehendem Dach gegen Regen geschützt, das zu den Zapfsäulen hin voll verglaste Kassenhäuschen befindet sich einige Meter abseits.

Die Tankstellen wurden zum Zeichen der Entwicklungskünste, besonders die Ausfallstraßen aus den Städten wurden von ihnen gesäumt. Durch Zentralisierung wurden zahlreiche Tankstellen eingespart, die heute leerstehen oder z.B. als Getränkemarkt eine neue Nutzung gefunden haben. Die übrig gebliebenen entwickeln sich mehr und mehr zu modernen Drive-in-Dienstleistungszentren mit angeschlossenem Supermarkt, teilweise auch einem Bistro. Waren früher Tankwarte üblich, die den Kunden nicht nur den Tank auffüllten, sondern auch die Windschutzscheibe putzten, Öl kontrollierten, etc., so sind die Tankstellen meist reine Selbstbedienungstankstellen, wo man selbst bei den Zapfsäulen tankt und nur zum Zahlen nicht nur bar, sondern auch mit Scheckkarte oder Kreditkarte an die Kasse geht. Allerdings ist v.a. bei Markentankstellen in der letzten Zeit wieder ein Trend hin zur wahlweisen Bedienung durch Tankwarte zu erkennen.

Das Sortiment beinhaltete zuerst nur schlichte Bürgersteigpumpen, Brennstoffe und Schmieröle, Reifen, Zündkerzen und Zubehör, teilweise gab es auch eine Werkstatt. Später kamen noch Autoradios und Musikkassetten dazu, heute stehen ganze Supermärkte neben den Säulen. Verkauft wird "Reisebedarf", wie Kraftstoff, Bier und frische Brötchen bis in die Nacht, teilweise sogar rund um die Uhr.

Auf den Autobahnen haben sich den Tankstellen oft große Restaurants und Motels angeschlossen. Diese Autobahnraststätten waren die ersten Tankstellen, die 24 Stunden geöffnet hatten.

Tankstelle 1961

Ende der Neunziger Jahre sorgten schärfere Gesetze dafür, dass alle Tankstellen den Anforderungen des Umweltschutzes sorge tragen mussten. Im Rahmen dieser Umbaumaßnahmen wurde viele Tankstellen erweitert, aber auch viele kleine Tankstellen geschlossen. Damit setzt sich ein seit Jahrzehnten anhaltendes Tankstellensterben fort. Um 1968 gab es in der alten BRD einen Höchststand mit 47 000 Tankstellen. Jährlich wurden etwa 350 Stationen geschlossen. Dieser Prozess hat sich 2006 auf etwa 150 weniger zugelassene Tankstellen verlangsamt.

Am 12. November 2004 hat die Deutsche BP in Berlin Deutschlands erste öffentliche Wasserstofftankstelle in Betrieb genommen. Dort kann sowohl flüssiger als auch gasförmiger Wasserstoff getankt werden (siehe auch: Wasserstoffwirtschaft).

Besonders in strukturschwachen ländlichen Regionen sind Tankstellen in den letzten Jahren auch zu wochenendlichen Treffpunkten für die örtliche Jugend avanciert.

Tankstellen als Supermärkte

In Deutschland wie auch in der Schweiz sind die Tankstellen-Läden in der Praxis vom Ladenschlussgesetz ausgenommen; daher verdienen viele Tankstellen inzwischen den größeren Teil ihres Einkommens nicht mehr mit Kraftstoff, sondern mit den Supermarkt-Artikeln. Viele Unternehmer im Einzelhandel sehen hierin eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung.

Tankstellen als ein wichtiger Treffpunkt

In vielen Ländern der Erde, besonders in dünner besiedelten Ländern beispielsweise Australien, Kanada, USA oder auf Island, sind Tankstellen mehr als ein Supermarkt oder ein Treibstoffhandelsplatz, oftmals wird hier auch gegessen, Geldgeschäfte getätigt, Feste gefeiert usw. Meist sind sie dann auch größer aufgebaut und bilden das gesellschaftliche und wirtschaftliche Zentrum eines Dorfes oder einer Stadt.

Markentankstellen

Tankstelle in Japan

Markentankstellen sind an bestimmte Ketten gebunden. Dies können die großen Ölkonzerne wie etwa Shell, Esso, Aral oder BP sein, die im Branchen-Jargon A-Farbengesellschaften genannt werden. Es kann sich aber auch um eine der vielen mittelständischen Ketten handeln (B-Farben), die zwischen einem Dutzend und einer dreistelligen Zahl Tankstellen haben können. Viele dieser Mittelständler sind in Deutschland im Uniti-Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen zusammengeschlossen.

Die Tankstellen können entweder Eigentum eines Einzelnen oder von der Mineralölgesellschaft gepachtet sein. Markentankstellen sind an die Preise gebunden, die von den Ölkonzernen vorgegeben werden. In Österreich gibt es derzeit Diskussionen, ob diese Tankstelleneigentümer durch ihre Weisungsgebundenheit steuer- und sozialversicherungsrechtlich wie Angestellte des Konzerns zu behandeln sind.

Internationale und nationale Markennamen von Tankstellenketten sind unter anderem Agip, Aral, AVIA, BayWa, BP, Classic, Esso, Elf, Fina, Gulf, HEM, JET, Minol, Nordoel, OMV, Orlen, Q1, Q8, Raiffeisen, Shell, Sprint, Star, Total und Westfalen.

Vorlage:Überschriftensimulation 3 Die heute vorhandene Verteilung der Tankstellen auf die Marken wird der Verteilung der Zapfsäulen 1935 gegenübergestellt (Viele Tankstellen bestanden damals aus nur einer einzigen Zapfsäule (Fasspumpe, Tankpumpe), gegenüber einer geringeren Anzahl an Großtankstellen):

Marke Anzahl Tankstellen 2007[2] Firma (Marken) Anzahl Zapfsäulen 1935[3],[4] Marke (Firma) heute
Insgesamt ca. 15.000 Tankstellen   Insgesamt ca. 56.000 Zapfstellen  
ARAL 2.450 Tankstellen   DAPG (Standard (ehem. DAPOLIN), ESSO) 18.327 Zapfstellen ESSO
SHELL 2.200 Tankstellen   Rhenania-Ossag (Dynamin, SHELL) 16.363 Zapfstellen SHELL
ESSO 1.260 Tankstellen   Benzol-Verband (ARAL) 7.740 Zapfstellen ARAL (BP)
TOTAL 1.000 Tankstellen   OLEX (BP) 6.098 Zapfstellen ARAL (BP)
AVIA 806 Tankstellen   Gasolin (Motalin, Leuna-Benzin) 3.315 Zapfstellen ARAL (BP)
JET 724 Tankstellen   Oelhag 953 Zapfstellen ESSO 50 %, SHELL 50 %
Agip 661 Tankstellen   NITAG 650 Zapfstellen erst Gasolin, damit ARAL (BP)

Darüber hinaus betreiben einige Mineralölgesellschaften auch noch Tankstellen unter alten Marken, die sie in der Vergangenheit übernommen haben, um die Markenrechte durch "Ausübung" zu schützen. Ein Beispiel hierfür sind die Gasolin-Tankstellen im Falle von Aral.

Freie Tankstellen

Freie Tankstelle in München

Freie Tankstellen, in Österreich auch Diskonttankstellen genannt, sind Tankstellen, die keiner Marke angehören.

Bei den Freien Tankstellen unterscheidet man zwischen so genannten Weißen Tankstellen und tatsächlich Freien Tankstellen. Eine Weiße Tankstelle bezieht den Kraftstoff von großen Markenkonzernen, verkauft also Markenware lediglich mit dem Unterschied, dass sie nicht offiziell als Markentankstelle auftritt. Eine tatsächlich Freie Tankstelle wiederum bezieht ihren Kraftstoff vom günstigsten Kraftstoffanbieter, um möglichst niedrige Preise kalkulieren zu können. Kraftstoffe Freier Tankstellen mit mehreren Lieferanten unterliegen natürlicherweise Qualitätsschwankungen. Das wiederum bedeutet aber nicht, dass die Kraftstoffe dort zwangsläufig qualitativ schlechter sind. Kraftstoffe aller Marken stammen letztlich aus nur wenigen großen Raffinerien. Rund 600 Freie Tankstellenbetreiber sind im deutschen Bundesverband freier Tankstellen zusammengeschlossen.

Treibstoffarten

Klassische Treibstoffe

Mit dem Aufkommen der Tankstellen in den 1920-er Jahren wurden Leichtbenzin und Petroleum angeboten, Benzol und Benzin mit den damals unterschiedlichen Oktanzahlen zwischen 40 und 60 OZ und "Superbenzine", die häufig aus einer Benzin-Benzol-Mischung bestanden oder wie beim Motalin aus Synthetischem Benzin mit einem Additiv. Dieselkraftstoffe an Tankstellen waren lange nicht üblich, da Selbstzündungsmotoren nur in LKWs verwendet wurden. Und diese wurden meist auf dem Betriebshof betankt, und zwar noch lange z. B. mit Gasöl oder Motorpetroleum.

Herkömmliche Treibstoffe

Tankstellen bieten heute meistens Zapfstellen für verschiedene Kraftstoffe an. Benzin, Superbenzin (unterschiedliche Oktanzahl) und Dieselkraftstoff sind seit der Anfangszeit bis heute am meisten verbreitet. Im landwirtschaftlichen Bereich kann es sein, dass an einer "Tanke" nur Diesel angeboten wird. Die Beimengung von Blei in den Benzinsorten führte in den 90er Jahren zu einem zeitweisen nebeneinander von Benzin-Zapfstellen mit und ohne Blei.

Neue Treibstoffe

Hinzu kamen ab den 1980er Jahren Autogas, Erdgas und Wasserstoff für spezielle Motoren.

Mit dem Biodiesel kam erstmals ein Kraftstoff dazu, der einen anderen Kraftstoff (Diesel) ersetzen sollte.

Neu sind jetzt Kraftstoffe, die pur, oder mit klassischen Treibstoffen vermischt, getankt werden können, wie Pflanzenöl und Bioethanol.

Stromtankstelle

Stromtankstelle in Freiburg im Breisgau

Eine Stromtankstelle ist im Prinzip eine öffentlich zugängliche Steckdose, zweckmäßigerweise mit Fehlerstromschutzschalter, an der der Akkumulator eines Solar-/Elektromobils aufgeladen werden kann. Es gibt kostenpflichtige und sogar zahlreiche kostenlose Stromtankstellen.

Bei einer Stromtankstelle als "Solartankstelle" ist der Betreiber zusätzlich dafür verantwortlich, dass der entnommene Strom in seiner Herkunft direkt zur Sonne zurückverfolgt werden kann, z.B. vermittels einer Solarstromanlage oder durch ein Pflanzenöl-betriebenes BHKW.

Da ein Elektromobil in der Regel sehr Energie-effizient ist, muss an einer Stromtankstelle nur eine kleine Energiemenge "getankt" werden. Durch Verzicht auf aufwendige Technik und mit einfachsten organisatorischen Maßnahmen, wie der pauschalen Verrechnung der bezogenen Energie, werden die Kosten bei den meisten Stromtankstellen niedrig gehalten. Die derzeit häufigsten Systeme sind private Außensteckdosen (Wechselstrom oder Drehstromkiste), sowie Park & Charge.

Die Stecker und Kabel entsprechen den üblichen Normen für elektrische Geräte.

Eine große Zukunft wird den gewerblich betriebenen Autobahn-Schnell-Ladestationen vorausgesagt, die mit Hochstrom-Systemen eine über 80%ige Akku-Aufladung von modernen schnell-ladefähigen Traktions-Akkus innerhalb weniger Minuten ermöglichen. Eine solche Aufladung soll in naher Zukunft ausreichend sein für eine Fahrstrecke von bis zu vierhundert Kilometer.

Bau von Tankstellen

Der Bau der Tankstelle muss durch einen Fachbetrieb nach § 19 L WHG, der sogenannten Fachbetriebspflicht, erfolgen.

Das bedeutet im Klartext: Alle Bauteile müssen über eine DIBT-Zulassung verfügen.

Sofern Kraftstoff verkauft werden soll, sind die Abgabeeinrichtungen eichpflichtig und durch die zuständige Eichbehörde abnehmen zu lassen.

Sonstiges

Die nach eigenen Angaben billigste Tankstelle Deutschlands befindet sich in der einzigen deutschen Exklave Büsingen. Aufgrund seiner geografischen Lage gehört Büsingen dem Schweizer Wirtschaftsgebiet an, weshalb das Benzin in der Regel 20 bis 30 Cent billiger als im deutschlandweiten Schnitt ist.

Siehe auch

Literatur

  • Joachim Kleinmanns: Super, voll! Eine kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas-Verlag, 2002. ISBN 3-89445-297-8
  • Bernd Polster: Super oder Normal. Tankstellen – Geschichte eines modernen Mythos. DuMont Reiseverlag, Köln 1996, ISBN 3-7701-3516-4
  • Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003, ISBN 3-406-50276-8
Commons: Tankstelle – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. S. 130
  2. ADAC: Tankstellen in Deutschland: Entwicklung der Zahl seit 1965 und aktuelle Markenverteilung
  3. Joachim Kleinmanns: Super, voll! Eine kleine Kulturgeschichte der Tankstelle. Jonas-Verlag, 2002. S. 46.
  4. Rainer Karlsch, Raymond G. Stokes: Faktor Öl. Die Mineralölwirtschaft in Deutschland 1859-1974. Verlag C. H. Beck, München, 2003. S. 154.