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Osmanisch-Polnischer Krieg 1672–1676

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Osmanisch-Polnischer Krieg 1672–1676
Datei:Schlacht der polen gegen die moslems.jpg
Schlacht der Polen gegen die Osmanen
(Gemälde von Józef Brandt)
Datum 1672–1676
Ort Polen-Litauen, heute Ukraine
Ausgang Polnisches Podolien mit Kamieniec Podolski geht an das Osmanische Reich
Konfliktparteien
Befehlshaber
Truppenstärke

bis zu 100.000 Mann (1676);
bis zu 35.000 Mann (1673);
bis zu 60.000 Mann (1674-75);
bis zu 60.000 Mann (1676);

bis zu 10.000 Mann (1676);
bis zu 42.000 Mann (1673);
bis zu 20.000 Mann (1674-75);
bis zu 20.000 Mann (1676);

Verluste

unbekannt

unbekannt

Der Osmanisch-Polnische Krieg von 1672-1676 war ein Krieg zwischen dem Osmanischen Reich im Bund mit dem Khanat der Krim und Doroschenko-Kosaken auf der einen Seite und der Republik Polen-Litauen im Bund mit Chanenko-Kosaken auf der anderen. Der Krieg begann im Januar 1672 mit einer Kriegserklärung des türkischen Sultans und endete 1676 mit dem Vertrag von Żurawno, in dem Polen gezwungen wurde dessen Souveränität über Podolien mit Kamieniec Podolski an das Osmanische Reich abzutreten.

Hintergrund

Der Osmanisch-Polnische Krieg von 1672−1676 hatte seinen Ursprung im Jahr 1666, als Petro Doroschenko, Kosaken-Hetman in der "rechtsufrigen Ukraine" einmarschierte. Im Vertrag von Andrusowo, 1667, wurde der aus Teilen der polnischen Ukraine 1649 entstandene Staat der Saporoger-Kosaken, das Hetmanat, in eine polnisch dominierte Ukraine westlich des Dnjepr (rechtsufrige Ukraine) und eine russisch dominierte Ukraine östlich des Dnjepr (linksufrige Ukraine) geteilt. Die Ukraine versank daraufhin für Jahrzehnte im Bürgerkrieg verschiedener kosakischer Parteiungen, die entweder propolnisch, prorussisch oder prokrimtatarisch-osmanisch waren. Im Kampf gegen Polen versuchte Petro Doroschenko die Kontrolle über die gesamte rechtsufrige Ukraine zu erlangen. Er scheiterte bei dem Versuch. Um seine Machtbasis zu retten, sah er sich im Angesicht von militärisch-politischen Niederlagen gezwungen, mit dem osmanischen Kaiser ab 1667 in Verhandlungen zu treten. Er schloss mit ihm einen Vertrag, der das rechtsufrige kosakisch-ukrainische Hetmanat mit der Hauptstadt Tschyhyryn formell zu einem Vasallenstaat (Protektorat) des Osmanischen Reiches machte.

Die polnisch-litauische Republik war durch den Chmielnicki-Aufstand von 1648–1654, den Russisch-Polnischen Krieg von 1654–1667, den Schwedisch-polnischen Krieg von 1655–1660 und einer gegen den polnischen König gerichteten internen Rebellion des Fürsten Lubomirski von 1665–1666 zu geschwächt, um etwaige Kosakenaufstände zu bekämpfen oder nur die volle Kontrolle über das ukrainische Gebiet zurückzugewinnen, das ab 1648 ein ständiger Unruheherd blieb.

Um aus der Schwäche Polens Kapital zu schlagen, wechselte 1666 das ab 1654 mit Polen gegen das Zarentum Russland und Chmielnicki-Kosaken zuvor verbündete Khanat der Krim unter der Führung des neuen Khans, Adil Giray, erneut die Seiten ("krimtatarisches Wechselfieber") und ging mit Hetman Doroschenko eine gegen Polen gerichtete Allianz ein. Beide Bündnispartner waren zunächst erfolgreich und schlugen durch einen Überraschungsangriff ein 6.000 Mann starkes polnisches Heer unter Sebastian Machowski in der Schlacht von Sciana bzw. Brailów in Podolien am 19. Dezember 1666, die kosakisch-krimtatarische Offensive wurden jedoch im folgenden Jahr durch die Streitkräfte des Feldhetmans der polnischen Krone, Jan Sobieski, gestoppt und die Doroschenko-Kosaken im Bund mit den Krimtataren selbst mehrmals in die Flucht geschlagen. Nach der für die Polen siegreichen Schlacht von Podhajce, 1667, schloss Polen mit dem Khanat der Krim am 16. Oktober 1667 und mit Doroschenko am 19. Oktober des gleichen Jahres einen Waffenstillstand.

Als 1669 Doroschenko für die Ukraine weitgehende Autonomie verlangte, wurde er auf Befehl des polnischen Königs seines Amtes enthoben und durch Hetman Michael Chanenko ersetzt. Als der seit 1667 den Polen freundlich gesinnte Khan der Krim, Adil Giray, ein Bündnis mit den neuen Hetman der rechtsufrigen Ukraine schloss, ohne vorher dafür bei seinem Suzerän um die Erlaubnis nachzufragen, wurde dieser im Mai 1671 durch den osmanischen Sultan gestürzt und durch einen loyaleren Vasallen, Selim I. Giray, ersetzt. Doroschenko erneuerte daraufhin mit dem neuen Krimkhan die Allianz von 1666-67. Im August 1671 brach der Krieg erneut aus, doch auch diesmal wurden die ungleichen Allianzpartner durch die Truppen von Jan Sobieski militärisch bezwungen. Daraufhin bat Selim seinen Suzerän, den türkischen Kaiser, um militärischen Beistand, der die "Bitte" seines Vasalls als Vorwand nutzte, Polen-Litauen den Krieg zu erklären, um die zwischen Polen, Russland und dem Krimkhanat strittige Ukraine für das Osmanische Reich zu erobern.

So entwickelte sich aus einem Grenzkonflikt, ein Krieg zwischen dem republikanischen Königreich Polen-Litauen und dem Osmanischen Reich um die Herrschaft über die Ukraine.

Die Kampagne von 1672

Großhetman der Krone, Jan Sobieski, während der Schlacht von Chocim, Andreas Stech, 17. Jh.

Die osmanischen Streitmacht (bis zu 100.000 Mann) unter der Führung von Sultan Mehmed IV. und Großwesirs Köprülü Fazil Ahmed betrat das Gebiet der polnischen Ukraine im August 1672, nahmen die Festung Kamieniec Podolski am 26. August des gleichen Jahres ein, dem schließlich am 20. September die Belagerung von Lemberg folgte. Die Krimtataren, die an der Belagerung nicht teilnahmen, begannen mit ihren Razzien zwischen den Flüssen Wieprz, San, Bug und Wislok. Die Razzien umfassten ein Gebiet, das die Städte Zamosc, Lemberg, Biecz und Drohobytsch umschloss. Sobieski stellte ihnen mit einer bis zu 4.000 Mann starken Kavallerie (Sobieskis Kriegszug gegen die Tataren-Razzien, poln. Wyprawa Sobieskiego na czambuly tatarskie) vom 05. Oktober bis zum 14. Oktober nach. Auf das Endergebnis der 1672er Kampagne hatte Sobieskis Kriegszug jedoch kaum Einfluss, es konnten allerdings bis zu 44.000 Menschen aus der Gefangenschaft (Jasyr) der Krimtataren befreit werden, die man auf die Krim trieb. Die polnischen Truppen waren zu schwach und dem osmanischen Heer im freien Feld nicht gewachsen. Auf den Krieg völlig unvorbereitet und durch innere Zerwürfnisse zwischen dem König Micheal Wisniowiecki, der durch die Masse des Kleinadels an die Macht kam und den Magnaten (die den untätigen König zur Abdankung zwingen wollten) geschwächte Polen, konnte der durch das Liberum Veto in der ersten Hälfte des Jahres 1672 zweimal blockierte polnische Reichstag (durch die Anhänger des Königs) keine höheren Steuern anordnen, um das Truppenkontingent im Angesicht der osmanischen Kriegserklärung zu erhöhen. Nach mehreren Niederlagen waren die Vertreter des Königs gezwungen, mit den Vertreter des Osmanischen Reiches, Kaplan Pascha von Aleppo, den Vorfriedensvertrag von Buczacz am 18. Oktober 1672 zu unterzeichnen, der dem Osmanischen Reich Podolien mit der Festung Kamieniec Podolski und fast die gesamte rechtsufrige Ukraine den Doroschenko-Kosaken als Vasallen der Hohen Pforte zusprach, zudem verpflichtete sich die polnische Krone dem türkischen Sultan einen Tribut von 22.000 Zloty jährlich zu leisten.

Die Kampagne von 1673

Da der Vertrag von Buczacz aufgrund seines „schändlichen Charakters“ (beträchtliche Gebietsverluste, Tributleistungen, die Polen faktisch auf die gleiche Höhe stellten, wie die Krim oder die Moldawiens) durch den polnischen Reichstag nicht ratifiziert wurde, setzte er sich im nächsten Jahr fort. Das polnische Parlament ordnete die Erhöhung von Steuern an, um eine Streitmacht von 43.000 Mann (die Krone Polens 31.000 Mann, der litauische Reichsteil 12.000 Mann) auszuheben. Großhetman Sobieski übernahm die Führung der neuen Armee, der es gelang die Osmanen im Felde mehrmals zu schlagen, große Teile Moldawiens und der strittigen ukrainischen Gebiete (bis auf das von polnischen Truppen belagerte türkische Kamieniec Podolski) konnten von osmanischen Truppen geräumt werden. In der Schlacht von Chocim, am 11. November 1673, nahm Sobieski das osmanische Kriegslager und die Festung Chocim ein, während die dort stationierte bis zu 35.000 Mann starke Garnison unter der Führung von Hussein Pascha von Silistrien im Sturmangriff der Husaren fast völlig aufgerieben wurde. Nach der Einnahme von Chocim verlagerte der polnische König das Kriegsgeschehen auf das Gebiet Moldawiens und nahm sogar dessen Hauptstadt Jassy kurzfristig ein, jedoch aufgrund von Desertation und den eigenmächtigen Rückzug von Großhetman Michael Kasimir Pac, der den litauischen Truppenteil kommandierte und ihn zurück nach Litauen nahm, musste er sich von dort rasch zurückziehen. Als König Michael Korybut Wisniowiecki am 10. November 1674 verstarb, wurde Großhetman Sobieski für seine militärischen Erfolge und Verdienste für das Vaterland zum König von Polen-Litauen erwählt. Die Sieg bei Chocim änderte weder etwas am weiteren Kriegsverlauf, noch konnte er politisch gegenüber der Hohen Pforte "ausgeschlachtet" werden. Der Krieg setzte sich auch in den nächsten Jahren mit unverminderter Härte fort.

Die Kampagnen von 1674−75

Eine Kriegsszene aus dem Osmanisch-polnischen Krieg

In den Jahren nach 1674 schmolz das polnische Heer zahlenmäßig ab, da der von den Magnaten beherrschte polnische Reichstag sich im Angesicht osmanischer Niederlagen weigerte erneut Steuern zu erheben, um die Armee zu bezahlen, was zur hoher Desertation innerhalb der unbesoldeten polnisch-litauischen Armee führte, zusätzlich setzte der Großhetman Litauens, Michael Kasimir Pac, seinem Intimfeind Sobieski zu, was Intrigen innerhalb des polnisch-litauischen Heeres begünstigte, während die Osmanen ihre Streitkräfte reorganisierten und verstärkten. Trotzdem blieben die Polen ab 1674 in der Offensive, auch durch ein sich ab 1674 abzeichendes osmanisch-russisch-kosakisches Zerwürfnis (Krieg der Kosaken aus der linksufrigen Ukraine im Bund mit Russland gegen den osmanischen Vasallen Doroschenko und dessen Kosaken in Tschyhyryn) begünstigt. Die Polen gewannen die gesamte rechtsufrige Ukraine zurück (bis auf Kamieniec Podolski), und beherrschten sie vom Herbst 1674 bis zum Frühling 1675, jedoch stellten die Osmanen erneut ein Heer gegen Polen in Marsch und antworteten im Juni 1675 mit einer Gegenoffensive. Die bis zu 30.000 Mann starke osmanische Armee unter der Führung von Ibrahim Szyszman, setzte über den Dnister bei Tighina über, wo bei Manaczyn die Krimtatren in fast gleicher Stärke zu ihr stoß. Szyszman nahm Bar ein, dem am 27. Juni Sbarasch und am 11. September Podhajce folgten und begann am 20. September mit der Belagerung von Terebowlja. Nach der für die Polen siegreichen Schlacht von Lesienice vom 24. August in der Nähe von Lemberg gegen die Krimtataren (bis zu 20.000 Mann) des Nuradyn Safa Giray, organisierte Sobieski ein Entsatzheer für die belagerte Stadt. Berichte über das kommende Entsatzheer hörend, unterbrach Szyszman die Belagerung der Stadt am 11. Oktober und zog sich hinter den Dnister zurück.

Die Kampagne von 1676

Im August 1676 begannen die Osmanen erneut im Bunde mit den Krimtataren (bis zu 60.000 Mann unter der Führung von Ibrahim Szejtan und Selim I. Giray) mit einer neuen Offensive gegen Polen. Sie betraten das Gebiet Polens über Pokutien und marschierten Richtung des heutigen Iwano-Frankiwsk. Nach der Schlacht von Wojnilów vom 24. September zog sich Sobieski etwas ins Landesinnere zurück, wo er mit ca. 20.000 Mann im Kriegslager von Zurwano, südlich von Lemberg bei Halytsch, einer osmanisch-tatarischen Belagerung drei Wochen lang standhielt (vom 25. September bis 14. Oktober 1676), bis beide Parteien entkräftet schließlich in einen Waffenstillstand einwilligten.

Abschluss

Nach der Schlacht von Zurawno, schlossen beide Kriegsparteien am 17. Oktober 1676 einen Waffenstillstandsvertrag, der die Gewinne des Osmanischen Reiches aus dem Vertrag von Buczacz weitestgehend bestätigte, allerdings verzichtete der türkische Sultan auf den von den Polen zu entrichtenden Tribut, zudem wurden die Gefangenen ausgetauscht.

Schlachten

Literatur

  • Viorel Panaite, On Ottoman-Polish Diplomatic Relations, Asian Studies. International Journal for Asian Studies (II/2001), [1]
  • Stanford Jay Shaw, Ezel Kural Shaw, History of the Ottoman Empire and Modern Turkey, Cambridge University Press, 1977, ISBN 0521291631, Google Print, p.213