Avro Vulcan


Die Avro 698 Vulcan, hergestellt von der britischen Firma Avro, war ein Bomber der Royal Air Force.
Beschreibung
Als einer der drei so genannten V-Bomber (Vulcan, Valiant und Victor), die dazu bestimmt waren, die britische Nuklearbombe abzuwerfen, konnte die Vulcan 21 Stück konventionelle 454-kg-Bomben oder nukleare Kampfmittel auf 16.800 Höhenmetern befördern - eine Zeitlang außerhalb der Reichweite feindlicher Boden-Luft-Raketen. Als solche Raketen später in der Lage waren, diese Höhe zu erreichen, wurde die Vulcan zur Bombardierung aus geringen Flughöhen vorgesehen, wobei sie die Blue Steel Luft-Boden-Mittelstreckenrakete oder konventionelle Bomben benutzte. Ferner war die Bewaffnung mit der AGM-48 Skybolt vorgesehen.
Da Avro bei der Entwicklung dieses Flugzeuges - übrigens das letzte militärische Muster dieses Unternehmens - bisher nicht erprobte aerodynamische Merkmale einbrachte, wurden zunächst 3 Maschinen im Maßstab 1:3 gebaut und getestet, die intern als Avro 707 bezeichnet waren.
Ein besonderes Merkmal des Bombers waren die riesigen Deltatragflächen ohne separates Höhenleitwerk, in denen die Strahltriebwerke eingelassen waren, die dem Modell enorme Reichweite und Nutzlast verliehen. Die große, knollenförmige Gondel, die im Zuge einer Umrüstung im Jahre 1961 am Heck dieser Flugzeuge angebracht worden war, enthielt Ausrüstung für elektronische Abwehrmaßnahmen (ECM), um angreifende Luft-Abwehr-Raketen abzuschütteln.
Der Erstflug eines der beiden Prototypen fand am 3. August 1952 statt. Zu dieser Zeit waren 4 Rolls-Royce-Avon-RA.3-Triebwerke mit jeweils 2.948 kg Schub eingebaut. Danach wurden in dieser Maschine sukzessive stärkere Triebwerke eingebaut, zunächst Armstrong-Siddeley Sapphire mit je 3.629 kg Schub, später Rolls-Royce Conway R.Co 7. Der zweite Prototyp startete im September 1953 erstmals, ausgerüstet mit Bristol Olympus Mk. 100-Triebwerken, die 41,16 kN Schub lieferten. Am 14. September 1958 ging der erste Prototyp bei einem Unfall verloren.
Die erste Serienmaschine Vulcan B.Mk 1 startete am 4. Februar 1955 zum Erstflug.
Nach den ersten Flügen stellte man fest, dass es bei hohen G-Belastungen zu Schüttelreaktionen kommen konnte. So wurde der ursprünglich geradegepfeilte Deltaflügel modifiziert; die Pfeilung zwischen dem Flächenansatz und der halben Spannweite wurde reduziert.
Eine Maschine diente als fliegender Teststand für die Version des Olympus-Triebwerks, die für das Überschallpassagierflugzeug Concorde vorgesehen war.
Außerdem stellte man die äußerst niedrige Radarsignatur dieses Flugzeugs fest, und somit kann die Vulcan als Vorläufer aller Stealthflugzeuge angesehen werden. Daher eignete sie sich auch besser für Tiefflugeinsätze als ihre Schwesterflugzeuge der V-Bomber.
Die Vulcan war äußerst gut in der Luft zu manöverieren und hatte im Flug eher die Eigenschaften eines Jägers, als die eines schweren Bombers. Extrem war gleichzeitig ihre Steigfähigkeit, die zu diesem Zeitpunkt kaum ein anderes vergleichbares Flugzueg besaß.
Der erste und einzige Kriegseinsatz der ursprünglich als Abschreckungsbomber in der Zeit des Kalten Krieges gebauten Vulcan war die Operation Black Buck (schwarzer Bock) - die Bombardierung von Port Stanley auf den Falklandinseln im Jahre 1982. Es war bis dahin die bezüglich der zurückgelegten Strecke längste Bombermission in der Geschichte der Luftfahrt. Bei dieser Operation wurde auch zur Selbstverteidigung die us-amerikanische AGM-45 Shrike-Rakete mitgeführt, die gegen radarsendende Ziele eingesetzt werden konnte. Diese Rakete wurde erfolgreich gegen eine argentinische Radarstation in Port Stanley eingesetzt, nachdem die Vulcan mehrmals ihr Wegfliegen vorgetäuscht hatte, bis die Station wieder eingeschaltet worden war. Nach dem Erhalt des Radarsignals konnte die Shrike gegen dieses Ziel abgefeuert werden. Zum Anbau der Skrike wurde der Vulcan eine Extrapylon auf jeder Flügelseite installiert.
Die letzten Vulcans wurden im März 1984 außer Dienst gestellt. Sie waren durch ihre geringe Geschwindigkeit, den erhöhten Mannschaftsaufwand und ihr Klassensystem (Piloten auf Schleudersitzen, Bordcrew ohne Schleudersitze) nicht mehr zeitgemäß. Gerade bei einem Tiefflugangriffsbomber hätten in Notfällen nur die Piloten überlebt, nicht jedoch die drei Mitglieder der Bordcrew. So wurden die Maschinen ausgemustert und die Staffeln mit dem neuen Panavia Tornado versehen.
Lediglich eine Maschine wurde von der Royal Air Force noch bis 1993 für Flugvorführungen genutzt. Diese Vulcan mit der Kennung XH558 wurde später vom Vulcan to the Sky Trust erworben, mit dem Ziel sie wieder flugfähig zu restaurieren. Der erste Flug der restaurierten Maschine fand schließlich am 18. Oktober 2007 statt. Sie ist damit die weltweit einzige der 18 erhaltenen Vulcans, die sich in flugfähigem Zustand befindet.[1]
Trivia
Bekannt wurde die Vulcan weltweit auch durch den James Bond-Film Feuerball, in dem eine Verbrecherorganisation die Maschine notwassern lässt, um zwei Atombomben zu entwenden.
Versionen
Großbritannien hatte 136 Maschinen im Einsatz:
- Vulcan B.1/A: erste Serienversion mit Olympus MK101, -102 oder -104 Triebwerken- B.Mk1A mit neuen EloKa-Geräten
- Vulcan B.2: zum Träger für den Blue Steel Marschflugkörper umgerüstete Maschinen mit Olympus MK103-Triebwerken
- Vulcan SR.2A: Strategische Aufklärungsversion
- Vulcan K.2: Tankflugzeug, umgerüstet 1982
Technische Daten
Technische Daten Avro 698 Vulcan B.Mk2:
Kenngröße | Daten |
---|---|
Typ | Mittlerer Bomber |
Besatzung | 5 |
Antrieb | 4 x Rolls-Royce Olympus Mk103 Turbojet Strahltriebwerke mit je 88,9 kN Schub |
Höchstgeschwindigkeit | 1038 km/h in 12 000 Höhe |
Dienstgipfelhöhe | 19.810 m |
Reichweite | 7400 km |
Länge | 30,45 m |
Höhe | 7,95 m |
Spannweite | 33,83 m |
Flügelfläche | 368,26 m² |
Gewicht | 113.400 kg (max. Startgewicht) |
Avionik | H2S-Radar, Navigationsradar, Bombenabwurfsystem, TACAN, ECM-Geräte |
Bewaffnung | Blue Steel CM, Bomben 454 kg (im Waffenschacht), AGM-45 Shrike als Radarabwehrwaffe (erst zur Operation Black Buck), max. Waffenlast ca. 9500 kg |