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Jungfrau

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Jungfrau bezeichnet eine Frau vor ihrem ersten Geschlechtsverkehr. Ähnlich wie Maid ist es jedoch ursprünglich die Bezeichnung einer jungen und bisher unverheirateten (daher anzunehmendermaßen auch jungfräulichen) Frau schlechthin, zunächst von Adel, dann auch im Bürgertum. Daher abgeleitet ist „Jungfer“ als Anrede für weibliches Hauspersonal (zum Beispiel eine Kammerjungfer). Männlicher Gegenbegriff zur „Jungfrau“ ist der Jüngling. Mit der sexuellen Revolution zerbrach die Gleichsetzung von Hochzeitsnacht und Verlust der Jungfräulichkeit.

Vestalinnen blieben im Antiken Rom während ihrer ganzen Dienstzeit von 30 Jahren Jungfrauen

Nachbarbegriffe

Mädchen gelten gesellschaftlich bis zu ihrem ersten Geschlechtsverkehr als Jungfrauen. Der erste Geschlechtsverkehr einer Frau wird Defloration („der Blüte berauben“, dt.: Entjungferung) genannt.

Das Intaktsein des Hymens ist – entgegen der landläufigen Meinung – kein sicheres Anzeichen für oder gegen die Jungfräulichkeit, da es beim ersten Geschlechtsverkehr nicht zwangsläufig reißt und es bereits vorher beschädigt worden sein kann. Zudem gibt es Mädchen, bei denen überhaupt kein erkennbares Hymen angelegt ist.

Entsprechende Wörter für Männer sind in der deutschen Sprache nicht mehr gebräuchlich. Bis ins 19. Jahrhundert wurde mit dem Begriff Jüngling männliche Keuschheit (aber auch mangelnder Bartwuchs) beschrieben (anders: Junker). Ebenfalls selten geworden ist der Begriff Hagestolz, der ältere Junggesellen bezeichnet, nicht aber ihre sexuellen Erfahrungen. Jungfräulichkeit von Männern wird gelegentlich mit dem (mittlerweile) geschlechtsneutraleren englischen Wort virgin bezeichnet (der Einfachheit halber, aber fälschlich).[1][2]

Bedeutung

Die Jungfräulichkeit hat in allen patriarchialischen Gesellschaften eine hohe Bedeutung. In der modernen westlichen Gesellschaft ändern sich diese Werte allerdings schnell, so auch der Schutz der Mädchen. „Jungfrau“ bezeichnet nicht nur „junge Frau“, sondern trennt Mädchen in Heiratsfähige und (noch) nicht Heiratsfähige, gemessen an ihrem Alter und ihrer Keuschheit.

Die Jungfräulichkeit einer Frau galt in vielen patriarchialischen Gesellschaften als Bedingung für ihre Heirat. In vielen Kulturen ist das noch heute so, zum Beispiel bei der arrangierten Heirat. Zur Prüfung der Jungfräulichkeit wurde gelegentlich vor der Eheschließung das Hymen der Frau auf seine Unversehrtheit, beziehungsweise das Laken des Bettes nach der Hochzeitsnacht auf Blutflecken überprüft. In manchen islamischen Ländern wird dieser Brauch noch heute gepflegt.

Um Selbstbefriedigung und Geschlechtsverkehr zu verhindern, wurde notfalls durch eine Infibulation die Keuschheit bewahrt, welche bis ins frühe 19. Jahrhundert noch betrieben wurde.

Als Alternative, und zur Bewahrung des Hymens, konnte aber Analverkehr betrieben werden, der die Jungfernhaut schonte; die griechische und römische Antike nutzten diese Praktiken ohne moralische Hindernisse. In den Schriftreligionen Judentum, Christentum und Islam wurde dies allerdings ebenfalls als Bruch des Keuschheitsgebotes betrachtet.

Im Christentum entstand als bewusste Enthaltsamkeit für Männer der Zölibat.

War eine ledige Frau bei der Ehe keine Jungfrau mehr, und dies bekannt, so konnte sie gezwungen werden, statt des Jungfrauenkranzes (aus Myrten) ohne oder zu ihrer Schande mit einem Kranz aus Stroh zum Altar geführt zu werden. So konnte jeder sehen, dass sie sich unzüchtig benommen hatte. Witwen trugen bei der Wiederverheiratung beispielsweise einen Orangenblütenkranz, der allerdings kein Zeichen der Schande war.

Bis ins 20. Jahrhundert war in Europa die Jungfräulichkeit der Frau vor der Ehe auch rechtlich geschützt: Männern, die ihre Verlobte deflorierten, sie dann aber nicht heirateten, drohte in Deutschland nach § 1300 des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Zahlung eines so genannten Kranzgeldes. Einer unbescholtenen Verlobten sollte ein „Schmerzensgeld“ für die geminderten Chancen auf dem Heiratsmarkt infolge ihrer Defloration zugesprochen werden, weil sie wegen des Eheversprechens die Beiwohnung nur im Vertrauen auf die Eingehung der Ehe dem Verlobten gestattet hat. Im selben Maße, wie die gesellschaftliche Isolation abnahm (keine Möglichkeit mehr zu heiraten, Nachteile für alleinstehende Frauen, und der Ruf der Schande), die früher zum sozialen Abstieg der Frau geführt hatte, wurde dieser Schutz graduell reduziert und schließlich nicht mehr angewendet. Die letzten Urteile stammen aus den frühen siebziger Jahren und sprachen jeweils wenige 100 DM Schadensersatz zu. 1998 wurde der § 1300 BGB ersatzlos gestrichen.

Heutzutage wird Jungfräulichkeit, zumindest im westlichen Kulturkreis, bei Jugendlichen dagegen zum Teil als Schande angesehen, da es mit Unreife und übertriebenem Schamgefühl (abwertend: Verklemmtheit) assoziiert wird.

In anderen, insbesondere muslimischen, Kulturen wird der Jungfräulichkeit vor der Ehe nach wie vor ein hoher Stellenwert eingeräumt. Wurde dennoch unehelich Geschlechtsverkehr vollzogen, wird oft vor der Heirat eine Hymenalrekonstruktion durchgeführt. Dabei wird das Hymen wieder zusammengenäht und dem Ehemann somit die erhaltene Jungfräulichkeit vorgetäuscht.[3]

In manchen Kulturen galt die Defloration als gefährlich für den Mann. Daher führte dies die Frau oft selbst mit Hilfe eines Deflorationsinstrumentes durch, oder ein alter Mann (häufig der Häuptling) führte diese aus.

Feststellung der Jungfräulichkeit

Da Frauen auch ohne einen Hymen geboren sein könnten, oder gar eine nicht durch den Verkehr hervorgerufene Beschädigung auftreten kann (z.B.: durch den Arzt durchgeführt), ist eine Jungfräulichkeit im Allgemeinen nicht feststellbar. In einigen Kulturen wird daher bevorzugt versucht sehr junge Mädchen zu ehelichen. Des Weiteren ist ein Geschlechtsverkehr auch ohne die Einbeziehung des männlichen Glieds möglich, Oral, Anal oder sogar zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern. Somit ist der Hymen alleine kaum zur Feststellung der Jungfräulichkeit geeignet. Zusätzlich Faktoren wie Umfeld, Alter und Charakter sind jedoch auch keine sicheren Ergänzungsmerkmale.

Man kann bei einem Hymen mit einer nicht-ringförmigen Type – wenn nicht eine Hymenrekonstruktion erfolgt – sicher davon ausgehen, dass er unberührt ist, da bei der Defloration der Hymen reißen würde. Eine etwaige unbeabsichtigte Beschädigung der nicht-ringförmigen Type wird meistens festgestellt, wenn ein Tampon eingeführt, aber nicht wieder herausgezogen werden kann.

Eine Rekonstruktion wird ringförmig ausgeführt. Mit Mehraufwand kann jede Struktur plastisch aufgebaut werden. Die Täuschung ist oft sehr gut und von Ärzten nicht erkennbar. Selbst ein Rechtsmediziner oder ein anderer Gynäkologe kann die Rekonstruktion in der Regel kaum erkennen, was unter Umständen ein kriminalistisches Problem darstellen könnte. Oft werden Reste der Hymen oder Scheidenpartie dafür herangezogen. Der Hymen wächst bei dieser Behandlung sehr schnell nach und bildet sogar Blutgefäße, die somit auch eine Blutung bei einer erneuten Defloration bewirken. Daten einer Hymenrekonstruktion werden in den aktuell meist in den Niederlande ausgeführten aufwendigeren Rekonstruktionen nicht gespeichert und somit ist auch datenbasiert keine Feststellung möglich. In Deutschland sind jedoch auch bereits zahlreiche Kliniken auf die Rekonstruktion spezialisiert.

Bedeutung in den Religionen

Babylon

In der babylonischen Kultur galt die Göttin Ischtar als eine Jungfrau und eine Hure zugleich. Die Tempelpriesterinnen galten als Jungfrauen, auch wenn sie schon mehrere Kinder hatten. Diese Kinder nannte man die Jungfrau-geborenen.

Griechenland und Rom

In vielen Religionen spielt die Jungfräulichkeit eine wichtige Rolle. Zum Beispiel sind in der griechischen Mythologie die Göttinnen Athene, Artemis und Hestia Jungfrauen. Der Gott Mithras ist nach der mithraistischen Überlieferung von einer Jungfrau geboren worden.

Die Jungfräulichkeit war in der römischen Antike (vgl. Vestalin) religiös geschützt und hoch bewertet.

Hinduismus

Auch der Hinduismus achtet die Jungfräulichkeit als hohen Wert, stellt ihre Verletzung aber nicht unter religiös motivierte Strafen wie Christentum und Islam.

Christentum

Maria, Detail eines Gemäldes von Giorgione

In vielen christlichen Kirchen wurde und wird gelehrt, dass Geschlechtsverkehr nur in der Ehe mit dem Ehepartner erlaubt ist. Außerdem gibt es das Glaubensdogma, wonach Maria, die Mutter Jesu, diesen ohne Beteiligung eines männlichen Sexualpartners durch den Heiligen Geist empfangen hat. Wegen der jungfräulichen Geburt von Jesus von Nazaret durch Maria wird diese auch die heilige Jungfrau genannt. Das Dogma der Jungfrauengeburt ist nicht zu verwechseln mit dem der Unbefleckten Empfängnis. Letzteres besagt, dass Maria unbefleckt, also ohne Erbsünde im Schoß ihrer Mutter Anna empfangen wurde.

Die römisch-katholische Kirche kennt den Ritus der Jungfrauenweihe, die sowohl weiblichen Angehörigen monastischer Gemeinschaften als auch Frauen, „die in der Welt leben“ gespendet werden kann.

Islam

Der Koran verbietet außerehelichen Geschlechtsverkehr in Sure 17, 32, aber der Islam kennt das Scheiden einer Ehe und Wiederverheiraten und erkennt an, dass bei einer Wiederverheiratung keine Jungfräulichkeit besteht. Der Unterschied zwischen biologischer und gesellschaftlicher Jungfräulichkeit kann bei muslimischen Bräuten zum Problem werden, wenn durch eine mangelnde Blutung in der Hochzeitsnacht, ausgelöst durch eine Verletzung des Jungfernhäutchens bei Selbstbefriedigung, Sport oder ähnlicher Bewegung, vorehelicher Geschlechtsverkehr angenommen wird, und im islamischen Verständnis die Ehe annulliert werden kann.

Siehe auch

Literatur

  • Anke Bernau: Mythos Jungfrau, Die Kulturgeschichte weiblicher Unschuld. Parthas Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-86601-062-8.

Einzelnachweise

  1. Brockhaus, Mannheim 2004, Jungfrau
  2. Encyclopaedia Britannica, London 2004, virgin
  3. DasErste.de – Weltspiegel – Beitrag in der Sendung vom 14.10.2007
Wiktionary: Jungfrau – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Jungfrau – Zitate