Windmühlen auf Mallorca

Rot: Hohe Verbreitung / Blau: Vereinzelte Standorte
Windmühlen auf Mallorca haben eine lange Tradition. In der Vergangenheit ein wichtiger Bestandteil der mallorquinischen Landwirtschaft kennzeichnen sie noch heute das Landschaftsbild der spanischen Balearen-Insel.
Kein anderer Ort auf der Welt - mit Ausnahme der griechischen Mittelmeerinsel Kreta - hat so viele Windmühlen auf seiner Fläche versammelt wie Mallorca. Ihre Verbreitung auf der Insel ist jedoch recht unterschiedlich. Viele der Mühlen weisen einen Zustand des Verfalls auf, einige meist ortsbildprägende wurden restauriert.
Geschichte
Der Ursprung der mallorquinschen Windmühlen ist umstritten. Die Perser sollen bereits im 7. Jahrhundert Windmühlen entwickelt und im Mittelmeerraum verbreitet haben. Danach übernahmen die Araber die praktische Bauweise dieser Mühlenart und brachten sie im Zuge der Expansion des Islam Richtung Westen auf die Iberische Halbinsel. Es wird angenommen, dass auch auf Mallorca schon vor der christlichen Eroberung der Insel im Jahre 1229 Windmühlen gestanden haben.
Erste Belege für Getreidemühlen auf Mallorca stammen aus dem 14. Jahrhundert. Allein im Bezirk El Molinar gab es mehr als 50 Mühlen. Ihre Blütezeit erlebten die Windmühlen, in denen Olivenöl gepresst und Getreide gemahlen wurde, im 17. und 18. Jahrhundert. Damals gab es rund 1.000 dieser Mühlen, verstreut über die gesamte Insel. Die meisten der erhaltenen Exemplare, die Grundwasser zu Tage fördern um die Felder zu bewässern, stammen jedoch aus dem 19. Jahrhundert.
Die älteste Wassermühle wurde 1845 erbaut und steht heute noch in der Ebene von Sant Jordi in der Nähe des Flughafens von Palma. Auch in Sa Pobla, Muro und Campos sind noch gut erhaltenen Mühlen zu finden. Obwohl die Windmühlen ihre ursprüngliche Bedeutung für die Landwirtschaft verloren haben, sind sie ein fester Bestandteil des Kulturgutes der Balearen-Insel. Rund 3.300 dieser Bauwerke befinden sich noch auf Mallorca.
Die Windmühlen prägen bis heute das Landschaftsbild der Ebenen der Insel. Charles Wood beschrieb die mallorquinischen Windmühlen 1888 in seinen „Briefen aus Mallorca“ wie folgt: „Die seltsamen Windmühlen von Mallorca... sie haben sechs Flügel anstatt vier, was sie eigenartig und unvertraut aussehen lässt.“ Und weiter: „Dazu gleichen die Segel mit ihren Seilen und Tauen der komplizierten und verwickelten Takelage eines Schiffes.“
Von den rund 2.500 Wasserfördermühlen ist heute nur noch ein Bruchteil in Gebrauch. Die Flügel der älteren Getreide- und Salzmühlen, die bis ins 20. Jahrhundert hinein genutzt wurden, stehen bis auf ein Exemplar gänzlich still.[1] [2]
Funktion
Bei der für Windmühlen genutzten Energie handelt es sich um die kinetische Energie bewegter Luftmassen in der Atmosphäre, die durch Luftdruckgegensätze infolge von Temperaturschwankungen und Erdrotation entstehen. Sie ist damit auch eine indirekte Form der Sonnenenergie und zählt zu den erneuerbaren Energien. Die Windenergie-Nutzung durch eine Windmühle ist eine der ältesten Formen, Energie aus der Umwelt zu schöpfen, und war bereits im Altertum weit verbreitet.
Technisch gesehen ist eine Windmühle eine Vorrichtung, die die im Wind enthaltene kinetische Energie als mechanische Kraft nutzbar macht. Dazu entnehmen Windmühlen mit ihren Flügeln aus dem Wind die Energie und wandeln diese in Rotationsenergie um. Hierfür müssen die Flügel so in den Wind gedreht werden, dass dieser von vorn auf die Flügel trifft und sie in Bewegung versetzt werden. Die auf diesem Weg gewonnene Rotationsenergie wird über eine Flügelwelle in das Mühlengebäude geführt.
Standorte auf Mallorca
Gemeindegebiet: | Wasserpumpen* | Getreidemühlen* | Anzahl je Standort |
Alaró | 3 | 3 | 6 |
Alcúdia | 8 | 11 | 19 |
Algaida | 13 | 24 | 37 |
Andratx | 4 | 15 | 19 |
Ariany | 1 | 6 | 7 |
Artà | 2 | 23 | 25 |
Binissalem | 2 | 7 | 9 |
Búger | 10 | 10 | 20 |
Calvià | 6 | 6 | 12 |
Campanet | 8 | 7 | 15 |
Campos | 629 | 31 | 660 |
Capdepera | 3 | 19 | 22 |
Consell | 0 | 2 | 2 |
Costitx | 0 | 5 | 5 |
Esporles | 0 | 1 | 1 |
Felanitx | 5 | 76 | 81 |
Inca | 2 | 13 | 15 |
Lloret | 2 | 6 | 8 |
Lloseta | 1 | 1 | 2 |
Llubí | 3 | 9 | 12 |
Llucmajor | 21 | 85 | 106 |
Manacor | 10 | 58 | 68 |
Maria de la Salut | 0 | 6 | 6 |
Marratxí | 16 | 9 | 25 |
Montuïri | 3 | 24 | 27 |
Muro | 183 | 10 | 193 |
Palma | 1.112 | 72 | 1.184 |
Petra | 4 | 20 | 24 |
Pollença | 1 | 5 | 6 |
Porreres | 3 | 40 | 43 |
Puigpunyent | 1 | 5 | 6 |
Sa Pobla | 298 | 13 | 311 |
Sant Joan | 2 | 14 | 16 |
Sant Llorenç | 10 | 20 | 30 |
Santa Eugènia | 0 | 5 | 5 |
Santa Margalida | 6 | 19 | 25 |
Santa Maria | 7 | 7 | 14 |
Santanyí | 10 | 38 | 48 |
Selva | 2 | 5 | 7 |
Sencelles | 9 | 11 | 20 |
Ses Salines | 92 | 7 | 99 |
Sineu | 5 | 19 | 24 |
Soller | 0 | 1 | 1 |
Son Servera | 12 | 16 | 28 |
Valldemosa | 0 | 5 | 5 |
Villafranca | 3 | 7 | 10 |
Anzahl: | 2.512 | 796 | 3.308 Total |
* Stand 2003 Quelle: FODESMA
Windmühlentypen nach Bauart
Getreide-Mühlen
Mehl-Mühle A
(spanische Bezeichnung: Typo Molino Harinero - Torre Ancha) – Windmühle mit breitem Rundturm, errichtet aus Marés und Feldsteinen.
Erbaut: im 14. und 15. Jahrhundert
Verwendung: Getreide-, Salzmühle
Verbreitungsgebiet: Ganz Mallorca
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Molino Harinero - Torre Ancha -
Windmühle an der Autobahn bei Santa Ponça
Mehl-Mühle B
(spanische Bezeichnung: Typo Molino Harinero - Velas Latinas) – Windmühle mit lateinischer Takelage (Segelstangenflügel)
- Erbaut: im 18. Jahrhundert)
- Verwendung: Getreide
- Verbreitungsgebiet: Gemeindegebiet von Selva
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Molino Harinero - Velas Latinas
Mehl-Mühle C
(spanische Bezeichnung: Typo Molino Harinero - Torre Estrecha) – Mehl-Mühle mit Schlank gebautem Rundturm
- Erbaut: im 19. Jahrhundert
- Verwendung: Getreide und Salz
- Verbreitungsgebiet: im Besonderen Ses Salines und gesamte Insel Mallorca
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Molino Harinero - Torre Estrecha -
Am Ortsrand von Son Servera
Windmühlen zur Wasserförderung
Pump-Mühle A
(spanische Bezeichnung: Extractor de Agua Antiguo) – Pump-Mühle mit lateinischer Takelage, schlanker Rundturm aus Marés und Feldsteinen
- Erbaut: 1847
- Verwendung: Wasserförderung, Trockenlegung der Sumpfgebiete
- Verbreitungsgebiet: Pla de Sant Jordi (Nähe Airport Palma de Mallorca)
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Extractor de Agua Antiguo -
Windmühle bei Sant Jordi
(mit lateinischer Takelage)
Pump-Mühle B
(spanischen Bezeichnung: Molino de Ramell) – Mühle mit Holzflügellamellen, die Erscheinungsform – ram de flors („Blumenstrauß“) – gab dieser Bauart den Namen, Rundturm oder auch quadratische Bauweise aus Marés und Feldsteinen
- Erbaut: 1854 von Damián Reixach
- Verwendung: Wasserpumpe, Grundwasserförderung
- Verbreitungsgebiet: Palma, St. Jordi, Campos und Ses Salines
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Molino de Ramell -
Molino de Ramell
bei sa Casa Blanca (Palma)
Pump-Mühle B1
(spanischen Bezeichnung: Molino de Ramell Grande) – Mühle mit Holzflügellamellen, die Erscheinungsform – ram de flors („Blumenstrauß“) – gab auch dieser Bauart den Namen, wobei der Blumenstrauß viel üppiger ausviel als bei der Version B und somit auch bei Schwachwind gute Förderleistung brachte. Zuätzlich wurde diese Variante auch mit einer Windsteuerung gebaut. Rundturm oder auch quadratische Bauweise aus Marés und Feldsteinen
- Erbaut: um 1880
- Verwendung: Wasserpumpe, Grundwasserförderung
- Verbreitungsgebiet: Hauptsächlich Palma, Muro, Sa Pobla und Campos
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Molino de Ramell Grande -
Molino de Ramell Grande
Gemeindegebiet von Sa Pobla
Pump-Mühle C
(spanische Bezeichnung: Molino de Ferro (Ferro = Hierro in Catalán) – Laufrad Eisenkonstruktion mit Blechflügel, Turm quadratische Bauweise aus Marésblöcken.
Fast ein Symbol ist die Ebene um den Flughafen von Palma im 19. Jahrhundert das Windrad, das vorwiegend zum Pumpen von Wasser auf den Feldern und zum trocken legen des Sumpfgebietes eingesetzt wurde. Es hat eine horizontale Achse und bis zu 18 einfachst gebogene Blechflügel. Der Rotor wird über eine Windfahne der sich ändernden Windrichtung nachgeführt. Die Drehbewegung wird in eine Auf- und Abbewegung einer Pumpkolbenstange umgewandelt. Auf diese Weise ist es möglich Wasser bis aus 35m Tiefe zur Oberfläche zu pumpen.
Die Leistungen der Räder betrug 1 - 25 kW. Durch die Vielzahl der Blätter liefen die Anlagen auch bei geringen Windstärken. Allerdings dreht sich der Rotor relativ langsam. Die Rotationsgeschwindigkeit der Blattspitzen entsprach ungefähr der Windgeschwindigkeit.
- Erbaut: ab 1934 in Anlehnung an die amerikanische Konstruktion der Molino Americano siehe Sonderformen
- Verwendung: Wasserpumpe, Grundwasserförderung, Bewässerung von Landwirtschafts Flächen
- Verbreitungsgebiet: ganz Mallorca
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Molino de Ferro -
Molino de Ferro
Flughafen Palma
Sonderformen
Windräder zur Wasserförderung nach amerikanischer Bauart (spanische Bezeichnung: Aerobombas Estilo Americano) Windräder auf Gittermastkonstruktion. In der Mitte des Mastest bewegt sich die Hubstange zur Förderpumpe.Die Pumpen arbeiteten meist auch nach dem Plungerpumpen-Prinzip
Das amerikanische Windrad zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten von Amerika auf Farmen millionenfach verbreitetet für kleinere Anlagen mit einer unterschiedlich Vielzahl von Flügeln und einer automatischen Bremsregelung die bei Sturm durch eine abklappende Steuerfahne, die bei starkem Wind das Rad aus der Strömung dreht.
- Erbaut: ab 1920 (Importmühlen aus USA und Festland Spanien)
- Verwendung: Wasserförderung Tiefbrunnen / Grundwasser (spanischer Verwendungsname: Extracción de Agua)
- Verbreitungsgebiet: Original erste Versionen Nähe Palma. weitere moderne Windräder später auf ganz Mallorca
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Aerobombas Estilo Americano
Erhaltung
Im Jahre 1993 gründete die Balearen-Regierung die Schule FODESMA. Ziel ist es, junge Leute im Bau und Restauration in der Tradition des Windmühlenbaus auszubilden. FODESMA hat in den Hallen des alten Flugplatzes Son Bonet ihre Werkstätten eingerichtet und seit Gründung wurden bereits 73 Windmühlen überholt und wieder in Funktion gebracht.[3]
Windmühlen in der Literatur
Die berühmte literarische Gestalt Don Quijote erblickte in den Windmühlen riesenhafte Gegner, die er zum Zweikampf zu stellen trachtete. Daher bezeichnet die Redensart „gegen Windmühlen kämpfen“ heute einen leidenschaftlichen Feldzug gegen eine eingebildete, ungreifbare Gefahr. Miguel de Cervantes, der Schöpfer der Figur, schrieb dazu: „Windmühlen muss jeder erkennen, der nicht selber Windmühlen im Kopfe hat.“[4]
Einzelnachweise
Literatur
- MOLINOS Y NORIAS por Vicente M. Roselló Verger, Publicado en 1959 por Panorama Balear Idioma: Castellano
- L'AIGUA, EL VENT, LA SANG, l'Us de les Forces Tradicional a Mallorca por Nicolau S. Cañellas,Edicions Documenta Balear, Idioma: Catalán, ISBN: 84-604-6423-3
- MAN AND THE WINDMILLS Balearic Islands,por Alejandro García Llinás,Idioma: Original en Catalán. Traducido al Inglés y Alemán,ISBN: 84-930748-0-2
- Friedrich Kettenbach: Der Müller und Mühlenbauer. Praktisches Handbuch für Müller, Mühlenbauer und technische Lehranstalten, Bd. 1 und 2, Leipzig 1907/1908