Notfallmedizin

Die Notfallmedizin umfaßt als ärztliche Zusatzweiterbildung sowohl die Erkennung drohender oder eingetretener Notfallsituationen, als auch die Behandlung von Notfällen, einschließlich Wiederherstellung und Aufrechterhaltung akut bedrohter Vitalfunktionen.[1][2] In Österreich und der Schweiz ist eine vergleichbare ärztliche Zusatzweiterbildung als führbare Berufsbezeichnung bislang nicht etabliert.[3][4]

Die Notfallmedizin umfaßt fachlich den gesamten Bereich der so genannten Rettungskette. Folgende häufig verwendete Begriffe sind Teil der Notfallmedizin:
- Rettungsmedizin - bezeicht insbesondere die, außerhalb von geeigneten medizinischen Einrichtungen durchgeführte (präklinische) Notfallmedizin ist jedoch weder fachlich noch inhaltlich zu trennen.
- Katastrophenmedizin - bezeichnet den Aspekt der Notfallmedizin der bei einem Großschadensfall oder einer Katastrophe aufgrund der Vielzahl der betroffenen Personen individualmedizinische Aspekte in den Hintergrund treten läßt. Die Übergänge sind fließend (s.a. Hauptartikel Katastrophenmedizin).
Fachliche Inhalte der Notfallmedizin
Zur Kernkompetenz "Notffallmedizin" gehören neben den rechtlichen und organisatorischen Grundlagen des Rettungsdienstes, sowie der Vorgehensweise beim Massenanfall Verletzter und Erkrankter einschließlich Sichtung (Katastrophenmedizin) folgende Inhalte:
Allgemein
- Erkennung und Behandlung akuter Störungen der Vitalfunktionen einschließlich der
dazu erforderlichen instrumentellen und apparativen Techniken wie - endotracheale Intubation - manuelle und maschinelle Beatmung - kardio-pulmonale Wiederbelebung - Punktions- und Katheterisierungstechniken einschließlich Anlage zentralvenöser Zugänge und Thoraxdrainage - der Notfallmedikation einschließlich Analgesierungs- und Sedierungsverfahren - der sachgerechten Lagerung von Notfallpatienten - der Herstellung der Transportfähigkeit [5][2]
- das Einleiten lebensrettender Sofortmaßnahmen
- das Herstellen und Aufrechterhalten der Transportfähigkeit
- das Aufrechterhalten lebenswichtiger Körperfunktionen
Präklinische Besonderheiten
- fachgerechte Rettung der Patienten
- Herstellung der Transportfähigkeit
- fachgerechte Betreuung und Behandlung von Notfallpatienten auf dem Transport in die Klinik.
Untersuchungen
Aufgrund der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wurden für die Notfallmedizin abgekürzte Untersuchungsgänge entwickelt, um einen Zeitverlust bei der Einleitung akut notwendiger Maßnahmen, bzw. der Abschätzung der Erkrankungs-/Verletzungsmusters, so gering wie möglich zu halten:
Traumacheck
Der initiale Traumacheck dient der möglichst raschen Feststellung vital bedrohlicher traumatischer Verletzungen, die für Lagerung und Transport des Unfallopfers von Bedeutung sind. Grundsätzlich werden möglichst alle Regionen des Körpers untersucht, der Umfang der Untersuchung wird aber der Situation angepasst. Es werden Kopf, Schultergürtel, Arme, Hände, Thorax, Abdomen, Becken, Beine und Füße manuell auf Anzeichen traumatischer Einwirkungen untersucht, wobei besonderes Augenmerk auf Schmerz, und schmerzbedingte Reaktionen (z. B. Abwehrspannung des Abdomens), abnorme Gelenk- oder Knochenstellung oder -beweglichkeit oder sonstige auffällige Befunde gelegt wird. In der präklinischen Notfallmedizin wird die Untersuchung eher kurz und orientierend ausfallen, bei der Aufnahme ins Krankenhaus hingegen ausführlich sein.
Neurocheck
Der Neurocheck wird angewendet, um die Funktionstüchtigkeit des Nervensystems einer körperlich beeinträchtigten Person zu testen. Dabei werden Sensibilität (Schmerzempfinden), Motorik, Kraft und Durchblutung untersucht. Besondere Bedeutung kommt dieser Untersuchung bei Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung oder nicht orientierten Patienten zu. Die Untersuchung umfasst: Pupillen (Lichtempfindlichkeit), Sensibilität (Schmerzreiz an den Extremitäten setzen, beispielsweise durch Zwicken in beide Hände/Beine), Motorik (Hände und Beine bewegen), Kraft (Händedruck sollte auf beiden Händen gleich sein), Durchblutung (Druck auf Fingernagel)
Ausbildungen
Siehe auch im Artikel Rettungsfachpersonal.
- Notarzt bzw. Leitender Notarzt
- Rettungsassistent (D)
- Notfallsanitäter (Ö)
- Krankenpfleger/-schwester
- Rettungssanitäter
- Rettungshelfer
- Sanitätshelfer
- Ersthelfer
Medizingeräte
Die hauptsächlich eingesetzten medizinischen Apparate:
Zum Einsatz kommen dabei in aller Regel Geräte, die schnell und möglichst übersichtlich zu handhaben sind.
Organisation
Präklinisch
Das arztgestützte Rettungssystem in Deutschland und Österreich ist im weltweiten Vergleich eher selten. Oft wird die präklinische Versorgung von Notfallpatienten rein von speziell ausgebildetem nicht-ärztlichen Personal - sogenannten Paramedics - durchgeführt, die eine umfassende Ausbildung durchlaufen, die - im Gegensatz zur Ausbildung von Rettungsassistenten in Deutschland oder Notfallsanitätern in Österreich - darauf ausgelegt ist, die gesamte Versorgung der Patienten allein und ohne ärztliche Hilfe durchzuführen. Dabei stützen sie sich (im Gegensatz zu Deutschland) auf sogenannte "Standing Orders", also Handlungsvorgaben, von denen sie in keinen Fall abweichen dürfen und müssen teilweise für bestimmte Maßnahmen eine fernmündliche Absprache mit einem Arzt treffen.
Notkompetenz
Der Begriff Not(fall)kompetenz bezeichnet das gezielte Einleiten erster ärztlicher Maßnahmen durch das nicht-ärztliche Rettungsdienstpersonal vor Eintreffen des Notarztes, insbesondere im Hinblick auf die Abwendung drohender Gefahren, etwa Tod oder bleibender Behinderung, vom Patienten. In Deutschland ist sie zwar im Rettungsassistentengesetz vorgesehen,[6] jedoch im s.g. Heilpraktikergesetz nicht.[7] In Österreich dürfen Notfallsanitäter je nach Ausbildungsstand diverse Tätigkeiten (Venenpunktion, Medikamentengabe, Intubation) durchführen.
Klinisch
Je nach Größe und Umfang der vom Rettungsdienst angefahrenen medizinischen Einrichtungen steht dort eine Notaufnahme als Schnittstelle (zeitgerecht vorhandene geeignete Räumlichkeit, geeignetes Personal, geeignete Geräte) zur Verfügung, um den mit den Maßnahmen der Notfallmedizin primär versorgten Patienten möglichst zügig der geregelten medizinischen Versorgung zuzuführen.
Quellenangaben
- ↑ Weiterbildungsordnung Notfallmedizin Bayern; zuletzt eingesehen 14.1.2007
- ↑ a b Weiterbildungsordnung Notfallmedizin Baden- Würtemberg; zuletzt eingesehen 14.1.2007
- ↑ Liste der Fachrichtungen der Österreichischen Ärztekammer; zuletzt eingesehen 14.1.2007
- ↑ Schweiz: Fähigkeitsausweis «Klinische Notfallmedizin»; zuletzt eingesehen 14.1.2007
- ↑ Referenzfehler: Ungültiges
<ref>
-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen blaek1. - ↑ Gesetz über den Beruf der Rettungsassistentin und des Rettungsassistenten (PDF; 112 KB)
- ↑ Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung
Literatur
- Jonathan Kaplan: Notversorgung, ISBN 3870245581
- Bundesministerium des Inneren: Katastrophenmedizin, ISBN 3-00-007967-X
- Rossi R., Dobler G.:Notälle, ISBN 3-923124-04-X
Siehe auch
- BAK-Schema, NACA-Schema
- Portal:Rettungsdienst
- Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands
- RETTmobil, eine Fachmesse zum Thema
Weblinks
- Deutsche Gesellschaft Interdisziplinäre Notaufnahme e.V.
- European Society for Emergency Medicine
- Österreichische Gesellschaft für Notfall- und Katastrophenmedizin
- Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin
- Bundesvereinigung der Arbeitsgemeinschaften der Notärzte Deutschlands e.V. (BAND)
- Deutsche Gesellschaft für internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin
- Deutschen Gesellschaft für neurologische Intensiv- und Notfallmedizin
- Deutsche Gesellschaft für Katastrophenmedizin e.V.
- Rettungszentrum Regensburg
- Bundesärztekammer Notfallmedizin