Zum Inhalt springen

Appetitlosigkeit

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 19. Januar 2005 um 18:46 Uhr durch 80.121.18.23 (Diskussion) (Weblinks). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Die Anorexia nervosa ist der medizinische Fachbegriff für Magersucht. Auch der Begriff Anorexia mentalis wird zur Indikation verwendet.

Definition

Magersucht ist durch einen absichtlich selbst herbeigeführten Gewichtsverlust gekennzeichnet. Am häufigsten ist diese Essstörung bei heranwachsenden Mädchen und jungen Frauen zwischen 12 und 30, sie tritt aber auch bei Männern auf. In letzter Zeit nehmen auch Berichte über die Zunahme von Anorexie-Erkrankungen bei Frauen über 40 zu.

Anorexie beginnt meist mit dem Wunsch, schlank zu sein oder zu werden, und einer Diät, um dies zu erreichen. Wird der Schlankheitswunsch zu stark, kann die Diät außer Kontrolle geraten. Das ganzes Leben der Betroffenen dreht sich nur mehr um Essen. Sie zählen jede Kalorie und haben ein schlechtes Gewissen, wenn sie einmal mehr gegessen haben. Bei Patienten zwischen 12 und 20 Jahren ist die Heilungschancen sehr hoch, sie sinkt jedoch mit dem Alter. Die Magersucht bleibt bei Freunden und Verwandten lange unbemerkt, die kranke Person zieht sich vollständig zurück und ist nur noch mit ihren Kalorien beschäftigt.

Neben dem Gewichtsverlust sind typische Verhaltensweisen

  • krankhafte Nahrungsentnahme, freiwilliges Hungern
  • soziale Isolierung bei der Essensaufnahme
  • übertriebenes Jugend- und Schlankheitsideal bis Schlankheitswahn
  • übermäßige körperliche Aktivitäten und exzessives Sporttreiben
  • Gebrauch von Appetitzüglern
  • die eigene abgemagerte Figur wird meist durch weite Kleidung kaschiert, Magersüchtige meiden alle Situationen, die zur Entkleidung führen, wie Besuch im Schwimmbad oder gar Sauna.


Seit wenigen Jahren ist in den Medien häufig von einer so genannten Pro-Ana-Bewegung die Rede. Es handelt sich dabei um verschiedene Strömungen, die keineswegs eine homogene Gruppe bilden. Hauptverbreitungsmedium sind Foren im Internet. Dort tauschen sich bekennende Anorektikerinnen über Therapieerfahrungen aus, berichten von den psychischen Folgen der Abmagerung und beraten einander. Viele Foren, die teilweise von 15jährigen und noch jüngeren Mädchen besucht werden, propagieren Magersucht als "Lifestyle" und verstehen sich als Börse für Diät-Tipps. Bilder von Popstars kursieren, um die Motivation zum Hungern zu unterstützen. Das Selbstverständnis von Pro-Anas reicht vom Hunger nach Sexappeal bis zur Verweigerung eines gesunden Lebens in einer als "krank" erlebten Welt.

Gründe

Einen Grund für die Entwicklung einer Magersucht sieht man häufig in den erhöhten Anforderungen, die Menschen sich heutzutage an ihren Körper stellen. Bedingt durch das aktuell vorherrschende Schlankheitsideal und der Einstellung, man sei für das Aussehen seines Körpers selbst verantwortlich, sollen viele zur Magersucht verleitet werden.

Richtig ist aber auch, dass die Magersucht ein Kontrollmoment für die jeweilige Person darstellt. Man kann mit Kalorienzählen seinen Körper beherrschen. Häufig ist die Magersucht auch nur Symptom einer anderen Erkrankung. Depressive Persönlichkeiten und durch Vergewaltigung in ihrer Persönlichkeit getroffene Menschen neigen dazu, eine Esstörung wie die Magersucht zu entwickeln, weil die Kontrolle über den Körper das einzige zu sein scheint, was noch übrig bleibt.

Bei Magersucht gibt es meist keine Krankheitseinsicht; die Person sieht das Hungern als Sieg über den eigenen Körper, über die Rolle als Frau oder als Mann und über das Erwachsenwerden.

Folgen

Magersucht muss unbedingt behandelt werden, weil sie lebensgefährlich sein kann und die körperlichen Schäden gravierend sind. Anorexie-Patienten magern stark ab, der Stoffwechsel wird verlangsamt, Hautschäden können auftreten, die Knochen entkalken (Gefahr der Osteoporose), die Organe werden nicht mehr richtig mit Nährstoffen versorgt und Schwächeanfälle können auftreten. Bei Frauen Verzögerung oder gar Ausbleiben der Pubertätsentwicklung (Wachstumsstopp, fehlende Brustentwicklung, Ausbleiben der Periode) sowie im Extremfall der Tod durch Versagen lebenswichtiger Organe.

Behandlung

Die Therapie umfasst neben einer Stabilisierung des Essverhaltens in der Regel eine psychotherapeutische Betreuung. Bei kritischem Untergewicht ist eine stationäre Behandlung in einem Krankenhaus mit einer parenteralen Ernährung notwendig.

Zur Erkennung der Magersucht ist der Brocaindex besser geeignet als der Body Mass Index:

  • Normalgewicht [in kg] = Körpergröße [in cm] - 100
Beispiel: Körpergröße = 180 cm  --->  Normalgewicht = 180 - 100 = 80 kg
  • Idealgewicht [in kg]: (Körpergröße in cm - 100) 0.9
  • Untergewicht [in kg]: Das gemessene Gewicht ist kleiner als (Körpergröße in cm - 100) 0.8
  • schweres Untergewicht [in kg]: Das Gewicht ist kleiner als (Körpergröße in cm - 100) 0.7


Siehe auch: Bulimie, Essstörungen, Ernährung, Idealgewicht, Sucht, Orthorexie

Literatur

  • http://www.magersucht-online.de/literatu.htm
  • Joan Jacobs Brumberg: Todeshunger, Die Geschichte der Anorexia Nervosa vom Mittelalter bis heute, 1994 ISBN 3-593-35050-5 Kommentar: Das Buch ist im Buchhandel bereits vergriffen (2004), im Antiquariat oder Bibliotheken ev. auffindbar, der Buchtitel ist leicht unpassend, ansonsten ein sehr gutes Buch zur Geschichte und zum Verständnis der Magersucht.
  • Monika Gerlinghoff: Magersüchtig, Eine Therapeutin und Betroffene berichten, 2002 ISBN 3-407-22833-3 Kommentar: Es bietet im Gegensatz zur Fachliteratur einen Einblick in die Sichtweisen der Betroffenen bzw. deren Angehörigen.
  • Jessica Antonis: Hunger nach weniger, ISBN 380002795X Kommentar: Jugendroman von Jessica Antonis, in dem sie ihre Erfahrung mit der Magersucht veröffentlichte. (Anne kämpft für ihr Glück - und das heißt "schlank sein". "Essen" wird zum wichtigsten Gedanken in ihrem Leben und schließlich zu ihrem Feind.)