Wikingerzeit auf den Färöern
Die Wikingerzeit auf den Färöern dauerte von der Landnahme durch Grímur Kamban um 825 bis zum Tode von Tróndur í Gøtu 1035, des letzten Wikingerhäuptlings auf dem Archipel.
Der größte historische Bruch in dieser Zeit war die Christianisierung durch Sigmundur Brestisson ab 999, die das Ende der Wikingerzeit einläutete und gleichzeitig das Ende der Färöer als freie Siedlerrepublik.
Zum Leidwesen der Historiker sind sehr viele Quellen aus dieser Zeit bei verschiedenen Verwüstungen von Bibliotheken und Archiven verloren gegangen. Als wichtigste Quelle haben wir daher heute nur noch die Färingersaga und Aussagen in anderen Quellen von außerhalb, die die dortigen Erzählungen stützen können und eine Datierung erlauben. Daneben gab es in den letzten Jahrzehnten zahlreiche archäologische Untersuchungen auf den Färöern, sodass sich unser Bild über die damalige Zeit immer mehr verdichtet.
Im Historischen Museum der Färöer befinden sich die meisten der archäologischen Funde aus dieser Zeit.
Landnahme
Als die Färöer das erste Mal von den Wikingern besucht wurden, fanden sie Mönche aus Irland vor, die hier ein Einsiedlerdasein führten. Jene hatten keinerlei Urbevölkerung, die sie bekehren konnten, und so züchteten sie Schafe und pflanzten u.a. Hafer an, der inzwischen eine Datierung ihrer ersten Ankunft auf den Zeitraum um 625 erlaubt. Siehe: Irische Mönche auf den Färöern.
Erste Landnahmewelle

Es ist nicht völlig geklärt, ob die Vertreibung der irischen Mönche durch die Wikinger um 795 wirklich stattfand, oder ob sich nur ein Teil von ihnen nach Island aufmachte. Zu dieser Zeit könnten die Färöer für 30 Jahre unbewohnt gewesen sein, da sich die Wikinger damals nicht niederließen. Folgt man dieser Hypothese, die sich auf den Bericht im Buch Liber de Mensura Orbis Terræ des irischen Chronisten Dicuil (825) stützt, so betrat Grímur Kamban um 825 ein Land, in dem es nur Schafe (von den Mönchen übrig gelassen) und Seevögel gab.
Der Name Kamban selbst deutet auf einen keltischen Ursprung hin. Grímur könnte von den britischen Inseln gekommen sein, wo die Wikinger bereits ihre Herrschaft errichtet hatten, oder er war ein früher getaufter Norweger, dem irische Missionare diesen Beinamen gaben. Die ersten Menschen, die um diese Zeit die Färöer besiedelten, waren jedenfalls Leute aus dem umliegenden Herrschaftsbereich der Wikinger im Süden und Osten - selber meist Skandinavier, aber sicher auch mit keltischen Sklaven und Frauen im Gepäck.
Grímurs Siedlung soll in Funningur auf Eysturoy gewesen sein. Ausgrabungen belegen weitere Siedlungsplätze der Wikinger in der Nachbarschaft und auf den anderen Inseln.
Zweite Landnahmewelle
Etwa 880 bis 900 fand die zweite große Einwanderung auf den Färöern statt. Diese Landnahmewelle wird auch präziser auf 885-890 eingegrenzt. Es war die Zeit Harald Schönhaars von Norwegen (reg. 870-933). Die Färingersaga berichtet, dass viele Leute vor seiner Herrschsucht flohen. Darunter sind unter anderem Steuerlasten gemeint. Wie schon bei der ersten Landnahme kamen die Einwanderer aus Norwegen und wahrscheinlich auch den norwegisch kontrollierten Teilen der britischen Inseln.

Dass der überwiegende Teil der Wikinger aus Norwegen kam, kann an einer linguistischen Besonderheit festgestellt werden (neben sonstigen Gemeinsamkeiten mit den Dialekten Westnorwegens): Im Färöischen heißt Nordosten landnyrðingur ("Landnord"), Südosten landsynningur ("Landsüd"), Nordwesten útnyrðingur ("Hinausnord") und Südwesten útsynningur ("Hinaussüd"). Für diesen Sprachgebrauch kann nur die Vorstellungswelt von Menschen verantwortlich sein, die an einer kontinentalen Westküste leben, wie zum Beispiel in Bergen. Aus färöischer Perspektive würde eine solche Wortschöpfung keinen Sinn machen, denn in drei dieser Himmelsrichtungen befindet sich gleichermaßen Land, und in allen Himmelsrichtungen die offene See dazwischen. Es wird gesagt, dass sich Menschen von den Färöern und aus Bergen in ihren jeweiligen lokalen Dialekten ohne große Mühe mündlich verständigen können.
Erstes Thing
Um 900 hatten die ersten Färinger bereits ihr erstes Thing auf der nach ihm benannten Halbinsel Tinganes. Tórshavn wurde so früh zum Hauptort der Inseln. Das damalige Thing war ein Althing. Seit etwa 1400 trägt es seinen heutigen Namen Løgting. Es ist eines der ältesten Parlamente der Welt (siehe dort). Neben dem zentralen Thing gab es lokale Thingstätten.
Auch wenn nicht ganz klar ist, wie die politische Ordnung Färöer zu dieser Zeit aussah, so ist es nicht übertrieben, von einer Republik zu sprechen, denn der König im 500 Kilometer entfernten Norwegen hatte auf dem Archipel zur Wikingerzeit keine Macht, und das Ting war eine Versammlung der freien Männer vor Ort, also der Großbauern. Dort wurde auch die Gerichtsbarkeit ausgeübt.
Besiedlung und Bevölkerungsentwicklung
Zu diesem Zeitpunkt waren alle Inseln der Färöer bereits bewohnt, mit Ausnahme von Lítla Dímun. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Bevölkerungszahl der Färöer nach der zweiten Landnahmewelle hat vielleicht 3.000 Menschen umfasst. Diese Zahl blieb bis Ende des 18. Jahrhunderts nahezu stabil und wuchs nicht über 4.000. Mehr gab die Landwirtschaft auf diesem sehr begrenzten Areal nicht her.
Die Nachkommen der beiden Landnahmewellen bildeten faktisch die Bevölkerung der nächsten 450 Jahre. Erst der Schwarze Tod 1349 und 1350 sorgte mit dem Verlust eines Drittels der Bevölkerung für dramatische Änderungen, sodass Platz und Bedarf für neue Einwanderer bestand.
Alltag

Die Wikinger auf den Färöern waren ein Bauernvolk. Sie pflanzten Gerste an, die mit aus Norwegen importierten Mühlsteinen aus Schiefer gemahlen wurde. Die wichtigsten Haustiere waren Schafe, und die färöische Wolle war schon damals ein wichtiges Exportgut. Daneben wurden Kühe gehalten und, im Gegensatz zu heute, sehr viele Schweine. Der Name der Insel Svínoy zeugt davon. Als Tierfutter wurde Heu angepflanzt. Aus den Pferden der Färöer entwickelte sich im Laufe der Zeit die eigenständige Rasse des Färöerponys, von der heute nur noch wenige Individuen leben.

Der Fischfang und Grindadráp diente als wichtige Nahrungsergänzung und wurde in Küstennähe in den Fjorden betrieben. Das typisch färöische Boot zeugt noch heute von dieser Zeit. Es wird nach wie vor im Stile des Wikingerlangboots gebaut. Die färöische Vogelwelt bot darüber hinaus Nahrung im Überfluss. Die Jagd von Seevögeln war hier weitaus wichtiger als in anderen Ländern - und ist es noch heute. Dabei waren die ersten Färinger wahrscheinlich schon Feinschmecker. Von den dutzenden Arten bevorzugten sie meist nur drei.
Einheimische Keramik gab es nur relativ wenig. Der färöische Ton hat keine besonders günstigen Eigenschaften, und durch den Mangel an Bäumen war Brennmaterial stets knapp. Vorherrschend waren Gefäße aus Speckstein, die wahrscheinlich aus Norwegen importiert wurden. Speckstein gibt es allerdings auch auf den benachbarten Shetlandinseln, vielleicht stammen sie also von dort. Aus dem heimischen Tuff, einem relativ weichen vulkanischen Gestein, wurden unter anderem Öllampen geschnitzt. Körbe und dergleichen wurden aus dem einheimischen Wacholder geflochten.
Metall musste importiert werden. Es wurden Eisen und Bronze verarbeitet. Silber diente als Währung, aber später auch schon ausländische Münzen, wie der Münzfund von Sandur andeutet. Schmuck wurde nicht nur aus den genannten Metallen hergestellt, sondern auch aus Knochen, Perlen und Bernstein. Die Kleidung entsprach wohl derjenigen in Norwegen oder auf den britischen Inseln.

Gewohnt wurde in typischen Langhäusern aus Stein. Sie besaßen nur einen Raum mit einer Feuerstelle in der Mitte und Bänken an den Wänden. An vielen Orten der Färöer wurden ab 1941 Fundamente solcher Häuser ausgegraben, zuerst in Kvívík, später dann auch in Fuglafjørður, Gøta und Sandavágur.
Die Sprache der ersten Färinger war Altnordisch, aus dem die heutige färöische Sprache hervorging. Es wurde in Runen geschrieben. Drei Runensteine wurden auf den Färöern gefunden: In Kirkjubøur, Sandavágur und Fámjin. Letzterer stammt allerdings aus dem 16. Jahrhundert, belegt so also die Verwendung der Runen neben der lateinischen Schrift noch weit in die katholische Zeit hinein. Die färöischen Sigurdlieder und andere färöische Balladen stammen sehr wahrscheinlich von alten mündlichen Überlieferungen aus der Wikingerzeit ab.
Religion
Sigmundur und Tróndur
Norwegisches Lehen
Literatur
- G.V.C. Young: From the Vikings to the Reformation. A Chronicle of the Faroe Islands up to 1538. Isle of Man: Shearwater Press, 1979
- derselbe: Færøerne. Fra vikingetiden til reformationen. Kopenhagen: Rosenkilde og Bakker, 1982 (dänische Übersetzung, Grundlage dieses Artikels)
Weblinks
- Färöische Briefmarken - Landnahme (deutscher Beschreibungstext zur Briefmarkenausgabe des Postverk Føroya vom 14. März 1982)
- Färöische Briefmarken - Wikinger als Atlantikseefahrer (deutscher Beschreibungstext zur Briefmarkenausgabe des Postverk Føroya vom 11. Februar 2002)
- Färöische Briefmarken - Der Alltag der Wikinger (deutscher Beschreibungstext zur Briefmarkenausgabe des Postverk Føroya vom 7. Februar 2005)