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Liurai

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Liurai (Liuriai; auf Kemak: Koronel bote) ist der traditioneller Titel eines Kleinkönigs auf Timor. In portugiesischen Berichten werden die Liurais auch regulo oder rei genannt, in holländischen raj oder raja. Er bedeutet etwa „aus der Erde hervorragend“.

Grundlegendes

Der Name stammt ursprünglich von einem mythischen Herrscher, der das Reich von Wehale gründete. Zunächst war dieser Titel nur auf dessen Herrscher beschränkt. Erst später wurde er auch für die anderen Stammesführer Timors verwendet. Die Liurais sicherten ihre Macht durch ein kompliziertes Netz aus Verwandtschaftsbeziehungen und Hochzeiten. Sie hatten auch während der Kolonialzeit einen großen Einfluss auf die Bevölkerung, wurden aber mehr zum Objekt der Verehrung und des tiefen Respekts. Zudem schöpften sie ihren Herrschaftsanspruch zum Teil aus heiligen Objekten (Luliks), die sich im Besitz ihrer Familie befanden.[1]

Geschichte

Boaventura, Liurai von Manufahi

Selbst während der Kolonialzeit unter Portugiesen und Niederländer beherrschten Liurais in einer großen Anzahl von kleinen Reichen die Insel. Die koloniale Verwaltung wurde über diese regionalen Herrscher nur schwach ausgeübt, indem man sie zu tributpflichtigen Bündnissen mit der Kolonialmacht bewegte. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts versuchte Portugal die Kontrolle über die Kleinkönige zu verstärken, doch erst nach den Anti-Steuer-Rebellionen zwischen 1861 und 1912 wurde die Macht der Liurais gebrochen. Die einzelnen Sucos, die Verwaltungseinheiten innerhalb der Reiche wurden der Herrschaft der Liurais entzogen und die Liurais den Militärkommandanten unterstellt. Die Kinder der Liurais wurden auf katholischen Schulen europäisch erzogen. Die Sucos, sowohl die Unabhängigen wie die noch in Reichen verbundenen, überlebten als grundlegende politische Zelle bis zur heutigen Zeiten. Liurai wurde nun das Oberhaupt des Suco genannt, welches die größte Macht in seinem Gebiet innehatte.[1]

Der Liurai gehörte zu adligen Familien, Datos genannt, und wurde von Seinesgleichen und deren Nachkommen, den Principais, gewählt. Starb ein Liurai, wurde sein Nachfolger unter den Mitgliedern der königlichen männlichen Linie auserwählt (patrilinear: nur männliche Nachfolge). Daher die weitverbreitete Anrede der Liurais als amo, das sich vom Tetumwort für Vater, áman, her ableitet. Obwohl die Liurais die höchste exekutive Macht ausübten, wurden sie von einem Ältestenrat kontrolliert, insbesondere von dem Dato-hei , dem Schattenchef. Er hatte die Verantwortung für das Einhalten von Standessitten und Gebräuchen.[1]

Heute hat der Liurai praktisch weder politische noch administrative Macht, er wird aber immer noch von der timoresischen Bevölkerung mit Respekt und Ehrerbietung behandelt. Mehrere osttimoresische Politiker entstammen Liurai-Familien. Die Partido do Povo de Timor und die Klibur Oan Timor Asuwain (KOTA) werden von ihnen besonders gestützt.

Anzahl der Liurais

Eine portugiesische Liste von 1811 zählt insgesamt 62 Herrschaftsgebiete auf Timor (16 im Westen und 46 im Osten) auf, die von einem Dato oder Liurai regiert wurden.

Eine Liste von Afonso de Castro (Gouverneur von Portugiesisch-Timor 1859-1863) aus dem Jahre 1868 führt 47 Reiche auf, die zu Portugiesisch-Timor gehörten:
Alas, Atsabe, Bibiluto, Bibico, Barique, Balibo, Boibau, Bibissuço, Cairui, Caimau, Cailaco, Cová, Cutubaba, Diribate, Dailor, Dóte, Failacor, Faturó, Fatumartó, Foulão, Funar, Hera, Hermera, Laclo, Laleia, Laicore, Lacluta, Limian, Liquiça, Laclubar, Luca, Manatuto, Motael, Manufahi, Mahubo, Maubara, Raemean (Raimean), Sarau, Suai, Samoro, Sanirin, Turiscai, Tutuluro, Ulmera, Venilale, Viqueque und Vemasse.[2][3]

Nach einer Erhebung von 1910 betrug die Anzahl der verschiedenen loyalen Reiche nun Erhebung 73 oder 75. Einige Quellen sprechen auch von um die hundert Kleinreiche.[1]

Bekannte Liurais

Quellen

  1. a b c d History of Timor – Technische Universität Lissabon
  2. TIMOR LORO SAE, Um pouco de história
  3. East Timor - PORTUGUESE DEPENDENCY OF EAST TIMOR

Siehe auch

Geschichte Osttimors