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Fürstentum Salm

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Der Rheinbund 1808

Das Fürstentum Salm (ca. 18021810) war ein Staat im äußersten Westen Westfalens. Sein Staatsgebiet deckte sich ungefähr mit dem heutigen Kreis Borken. Seine Hauptstadt war Bocholt.

Das Fürstentum Salm gehörte zu den „Napoleonischen Staaten“, deren Gründung und Untergang in enger Beziehung zum Verlauf der so genannten Koalitionskriege (1792–1815) standen. Diese Staaten bildeten einerseits Einflussbereiche und andererseits Pufferzonen zwischen den europäischen Großmächten. Die imperialistische Politik Napoléons I. und der vielschichtige kulturelle Einfluss Frankreichs prägten die Entwicklung des Fürstentums vor allem, sowohl in den äußeren Beziehungen als auch im Innern.

Das Fürstentum Salm war von 1802/1803 bis zum Sommer 1806 zunächst ein Gliedstaat des Heiligen Römischen Reiches und nach dessen Untergang ein völkerrechtlich souveräner Staat, der faktisch allerdings starker französischer Einflussnahme ausgesetzt war. Im Sommer 1806 gehörte das Fürstentum zu den Gründerstaaten des Rheinbundes, des Militär- und Staatenbundes deutscher Fürsten mit dem französischen Kaiser Napoléon als "Protektor". Trotzdem wurde das Fürstentum im Dezember 1810 von Frankreich annektiert. Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft wurde es 1815 auf dem Wiener Kongress entgegen der allgemeinen Tendenzen zur Restauration nicht wiederhergestellt, sondern sein Gebiet wurde dem Königreich Preußen zugeteilt.

Das Fürstentum war ein Kondominium der Fürstentümer Salm-Salm und Salm-Kyrburg. Die in Realunion zusammengefassten Herrschaftsbereiche Ahaus-Bocholt-Werth und Anholt sowie später noch Gemen standen unter der gemeinsamen Regierung (Dyarchie) zweier Linien des Adelsgeschlechtes Salm, des Fürstenhauses zu Salm-Salm und des Fürstenhauses zu Salm-Kyrburg.[1][2]

Mit den in Westfalen gelegenen, gemeinsam regierten Territorien des Fürstentums Salm wurden die Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg für den Verlust ihrer linksrheinischen Gebiete entschädigt, die das Heilige Römische Reich im Frieden von Lunéville 1801 an Frankreich abgetreten hatte. Durch den Reichsdeputationshauptschluss von 1803 regelte das Reich die Einzelheiten der Entschädigung auf der Grundlage eines französisch-russischen Entschädigungsplans, der die Entschädigung weltlicher Reichsfürsten im Wesentlichen zulasten geistlicher Reichsfürsten vorsah. Das Fürstentum Salm war somit ein Nachfolgestaat der territorial untergegangenen linksrheinischen Reichsfürstentümer Salm-Salm und Salm-Kyrburg.

Nach den Verhältnissen des Jahres 1808 war das Fürstentum Salm im Westen, Süden und Osten vom Großherzogtum Berg umgeben. Im Norden grenzte es an das Königreich Holland, im Südosten an das Herzogtum Arenberg.

Früheres Fürstentum Salm (Salm-Salm) in den Vogesen

Ursprünglich hatte ein Fürstentum Salm bereits im 17. und 18. Jahrhundert in den Vogesen existiert, nachdem Wild- und Rheingraf Philipp Otto zu Salm 1623 in den erblichen Reichsfürstenstand erhoben war und die Fürsten zu Salm ab 1654 als souveräne Fürsten Sitz und Virilstimme im Reichsfürstenrat erhalten hatten. Trotz der Erhebung zum Fürstentum wurde das Land gleichwohl noch lange als Grafschaft Salm bezeichnet. Der Hauptort des Fürstentums war bis 1751 das lothringische Badenweiler (französisch: Badonviller), ab 1751 Senones. Das Fürstentum Salm, das ab 1751 als Fürstentum Salm-Salm firmierte und als eine Exklave des Heiligen Römischen Reichs von Frankreich umgeben war, ging nach der Französischen Revolution (1789) infolge französischer Eroberung und Annexion (1793) als eigenständiges Herrschaftsgebiet unter. Um 1790 hatte der Fürst zu Salm-Salm sein Stammland, das von der Revolution bedroht war, bereits verlassen und als Hauptresidenz fortan das Schloss Anholt in seiner westfälischen Herrschaft Anholt bezogen.[3]

Frühere Wild- und Rheingrafschaft bzw. früheres Fürstentum Salm-Kyrburg im heutigen Bundesland Rheinland-Pfalz

Eine frühere Wild- und Rheingrafschaft bzw. ein früheres Fürstentum Salm-Kyrburg (ab 1743) hatte als reichsunmittelbares Territorium von 1499 bis zum Frieden von Lunéville (1801) im Gebiet des heutigen Bundeslandes Rheinland-Pfalz existiert. Hauptort dieses Landes war die heutige Stadt Kirn. Zur Unterscheidung von anderen salmischen Ländern führte es die Bezeichnung des früheren Herrschersitzes Kyrburg in seinem Namen. Nachdem das Fürstentum Salm-Kyrburg 1794/1795 von französischen Revolutionstruppen erobert und 1798 von Frankreich annektiert worden war, trat das Heilige Römische Reich das Land im Frieden von Lunéville an Frankreich ab, verband damit aber auch die Aufgabe einer Entschädigung des Fürstenhauses Salm-Kyrburg. Die Fürsten zu Salm-Kyrburg residierten vornehmlich in Paris. Dort verlor Friedrich III. Fürst zu Salm-Kyburg, der Erbauer des Hôtel de Salm, 1794 in den Revolutionswirren unter der Guillotine sein Leben und hinterließ den noch minderjährigen Friedrich IV. als seinen Erben.

Entstehung des Fürstentums Salm in Westfalen 1801–1803

Das Fürstentum Salm in Westfalen wurde im Zuge des Reichsdeputationshauptschlusses aus der reichsunmittelbaren Grafschaft Anholt (1802) sowie den Ämtern Bocholt (einschließlich der Herrschaft Werth) und Ahaus des Fürstbistums Münster (1803) neu gebildet. 1806 kam bei der Gründung des Rheinbundes die kleine reichsunmittelbare Herrschaft Gemen, die von 1803 bis 1806 als Enklave vom Fürstentum Salm umgeben gewesen und von der Grafschaft Limburg aus verwaltet worden war, als weiteres Territorium noch hinzu.

Die Errichtung des Fürstentums Salm in Westfalen diente dazu, die vormals mit linksrheinischen Reichsfürstentümern ausgestatteten Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg durch Zuweisung von rechtsrheinischen Territorien zu entschädigen. Diese Fürstenhäuser hatten vom Reich für die Abtretung linksrheinischer Reichsterritorien an Frankreich im Frieden von Lunéville (1801) eine Entschädigung zugesichert bekommen. Die Entschädigung wurde im Reichsdeputationshauptschluss (1803) vor allem zu Lasten geistlicher Territorien des Heiligen Römischen Reiches geregelt (Säkularisation). Das Fürstbistum Münster, das größte geistliche Territorium im Heiligen Römischen Reich, ging mit dem Reichsdeputationshauptschluss unter. Seine im Westen gelegenen Ämter Bocholt und Ahaus ergaben die Hauptmasse des salmischen Territoriums.

Die kleine reichsunmittelbare Grafschaft Anholt an der Issel, in die Konstantin Alexander Fürst zu Salm-Salm nach Verlust seines linksrheinischen Fürstentums seit etwa 1790 seine Familie und sich in Sicherheit gebracht hatte, bildete für den Vorgang der Staatsgründung des Fürstentums Salm den territorialen Anknüpfungspunkt. Die Grafschaft Anholt war bereits seit 1645 ein Besitz des Fürstenhauses Salm, das nach der Verbindung zweier salmischer Familienlinien und mit der kaiserlichen Verleihung des erblichen Titels seit 1743 als Fürstenhaus Salm-Salm anzusprechen ist.

Die fürstlichen Linien Salm-Salm und Salm-Kyrburg teilten sich im Fürstentum Salm die Rechte an den vormals fürstbischöflich-münsterischen Ämtern Bocholt und Ahaus: Salm-Salm zu zwei Dritteln, Salm-Kyrburg zu einem Drittel. Diese Aufteilung war im Reichsdeputationshauptschluss vorbehaltlich späterer Anordnungen vorgesehen worden. Die Rechte an der Grafschaft Anholt standen dem Hause Salm-Salm ungeteilt zu. Die alleinigen Rechte an der Herrschaft Gemen nahm das Haus Salm-Kyrburg ab 1806 wahr. In diesem Jahr wurde die bis dahin reichunmittelbare Herrschaft Gemen durch die Rheinbundakte mediatisiert und der Landesherrschaft des Fürsten zu Salm-Kyrburg zugewiesen.

Auf der Grundlage des Friedens von Lunéville begannen die Häuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg bereits etwa 1801 damit, sich mit der Bildung eines gemeinsamen Staates im westlichen Zipfel Westfalens zu befassen. Am 30. Oktober 1802 ergriffen sie von ihren neuen Landen förmlich Besitz. Zu diesem Zeitpunkt war das Fürstbistum Münster bereits in Auflösung begriffen. Die Häuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg verständigten sich darauf, ein gemeinsam verwaltetes Fürstentum Salm zu bilden und die „Fürstlich Salmisch Gemeinschaftliche Regierung“ in einem säkularisierten Damenstift in der Stadt Bocholt einzurichten. Ab 1802 nahmen Gesetzgebung und Verwaltung im Fürstentum Salm ihre Arbeit auf. Die salmische Gesetzgebung und Verwaltung orientierte sich weitgehend und zunehmend an modernen legislativen und exekutiven Vorbildern im Kaiserreich Frankreich, im Großherzogtum Berg und im Königreich Holland. Den Code Napoléon oder andere umwälzende Neuerungen führten sie zwar nicht ein, aber die neue Regierung entwickelte trotz der Kürze und Schwere der Zeit durchaus einen vergleichsweise fortschrittlichen Standard der Landesverwaltung.

Während die Stadt Bocholt als Regierungssitz und Landeshauptstadt diente, waren Anholt (Schloss Anholt, Salm-Salm) und Ahaus (Schloss Ahaus, Salm-Kyrburg) die Residenzstädte des Fürstentums.

Souveränität auf der Grundlage des Rheinbundes 1806–1810

Mit Ratifikation der Rheinbundakte am 25. Juli 1806 war das Fürstentum Salm („Staaten der Fürsten von Salm“, Art. 24) einer jener Staaten, die den Rheinbund (1806–1813) unter dem Protektorat Kaiser Napoleons gründeten und sich vom Heiligen Römischen Reich lossagten. Nach einem französischen Ultimatum legte der letzte Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Franz II., schließlich am 6. August 1806 die Reichskrone nieder und erklärte das Heilige Römische Reich für erloschen. Rechtlich erlangten die Fürsten zu Salm-Salm und Salm-Kyburg dadurch für sich und ihr Land volle Souveränität. Faktisch war das kleine Fürstentum Salm aber weitgehend ein Satellitenstaat Frankreichs.

Die Lossagung der süd- und westdeutschen Fürsten vom Heiligen Römischen Reich war letztlich eine Folge des österreichisch-preußischen Dualismus und der konstitutionellen Schwächen des Reichs. Besonders Preußen hatte sich, wie sein Verhalten im Separatfrieden von Basel enthüllte, vom Gedanken der Reichsintegrität abgekehrt. Das Reich war nicht nur für Frankreich sondern auch für Preußen ein Jagdrevier geworden, in dem sich diese Großmächte auf Kosten der schwächeren Reichsstände peu à peu bereichern wollten. Auch Österreich, das bis dahin das Reichsoberhaupt stellte, suchte sein Heil zunehmend in der Sicherung rein österreichischer Herrschaftsinteressen. Dies hatte gerade die Ausrufung eines erblichen österreichischen Kaisertums im Jahre 1804 gezeigt.

Die Lossagung der Fürsten ist ferner vor dem Hintergrund des von Kaiser Franz II. blamabel verlorenen Dritten Koalitionskrieges zu sehen. Mit dem Frieden von Preßburg, der diesen Krieg beendete, und mit dem Vertrag von Schönbrunn, der Preußen zum Gegner Englands machte und somit isolierte, war Kaiser Napoléon grandios zum Herrscher über Süd-, West- und Zentraleuropa aufgestiegen und genoss zunehmend den Respekt und das Vertrauen der süd- und westdeutschen Reichsfürsten, die sodann in der Herstellung einer lockeren Konföderation sowie in einer Allianz mit Frankreich und seinem Kaiser den bestmöglichen Schutz ihrer Herrschaft erblickten.

Mit der Rheinbundakte, die auch als Vertrag von Paris bezeichnet wird, erkannten die Unterzeichnerstaaten die volle Souveränität der Fürsten und ihre gegenseitige Bindung als Konföderation an. Gleichzeitig verpflichteten sich die Fürsten, für den Fall eines drohenden Krieges ein bestimmtes Militärkontingent zu stellen. Die Anerkennung der Souveränität war somit an einen Staatenbund der Fürsten und an eine Militärallianz der Fürsten mit Frankreich gebunden.

Als Gründungsstaat des Rheinbundes ist das Fürstentum Salm dem politischen Konzept des Dritten Deutschlands beigetreten. Das heißt, dass die salmischen Fürsten im Staatenbund mit anderen deutschen Fürsten einen dritten Machtfaktor in Deutschland herausbilden wollten, um ihre Existenz und Eigenständigkeit gegenüber Österreich, Preußen und Frankreich möglichst zu wahren. Sie ließen sich dabei in ein napoléonisches Staatensystem unter der Hegemonie Frankreichs integrieren und hofften so, dass der Staatenbund und die Allianz auch Frankreich davon abhalten würde, sich an ihnen zu vergreifen.

Besonderheiten

Eine historische Besonderheit stellt das Fürstentum Salm durch den Umstand dar, dass es auf dem staatlichen Bund zweier jeweils souveräner Fürsten und Fürstentümer beruhte (Realunion). Die Herrschaftsausübung der Häuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg war im Fürstentum Salm in der Form einer Dyarchie engstens miteinander verbunden. Die Verbindung der Fürsten im Sinne eines Kondominiums fand ihren Ausdruck darin, dass die Edikte und Erlasse der „Fürstlich Salmisch Gemeinschaftlichen Regierung“ von gemeinsam bestellten Beamten erarbeitet und jeweils von beiden Landesherren zu unterzeichnen waren. Die gemeinsame Regierung der Fürsten zu Salm-Salm und Salm-Kyrburg darf nach Lage der Dinge als eine praktische und ökonomische Lösung des Problems der Landesherrschaft angesehen werden.

Gleichberechtigte Monarchen waren Fürst Konstantin Alexander Joseph zu Salm-Salm (22. November 1762 bis 25. Februar 1828) und Fürst Friedrich IV. zu Salm-Kyrburg (14. Dezember 1789 bis 14. August 1859). Da der in Paris lebende Fürst Friedrich als Erbe Salm-Kyrburgs noch nicht volljährig war, fungierten der Onkel, Prinz Moritz zu Salm-Kyrburg, und die Tante, Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen, als vormundschaftliche Regenten.

Während Fürst Konstantin (Constantin) die Interessen des Fürstentums Salm in erster Linie an den Höfen in Den Haag bzw. Amsterdam (Königreich Holland) und Düsseldorf (Großherzogtum Berg) wahrnahm, bemühte sich die salm-kyrburgische Mitregentin, Fürstin Amalie Zephyrine von Hohenzollern-Sigmaringen, auf der Grundlage ihrer langjährigen und ausgezeichneten Kontakte zu Joséphine (seit 1804 Kaiserin) und zum Außenminister Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord darum, die Belange der Häuser Salm-Salm, Salm-Kyrburg, Hohenzollern-Sigmaringen und Hohenzollern-Hechingen in Paris zu vertreten.

Ein Kontingent von 323 Mann hatte das Fürstentum Salm für das Militäraufgebot der Rheinbundstaaten zur Verfügung zu stellen.[4]

Die Staatsflagge des Fürstentums Salm scheint eine Trikolore mit horizontalen Streifen in Schwarz (oben), Weiß (Mitte) und Rot (unten) gewesen zu sein.

Das Staatsgebiet unfasste nach historischen Unterlagen 31 Quadratmeilen (ca. 1.760 km²) und 59.086 Einwohner. Es war damit etwa 12 Quadratmeilen größer als die früheren Staatsgebiete der Reichsfürstentümer Salm-Salm und Salm-Kyrburg. In der Zahl der Einwohner beziffert sich der Zuwachs aber nur auf ca. 9000 Personen.

Wirtschaftlich und kulturell galt das Land aus der Sicht westeuropäischer Beobachter als vergleichsweise rückständig, weshalb es von Prinz Moritz gelegentlich auch als ein "Böotien" bezeichnet wurde.

Beziehungen zum Großherzogtum Berg

Nach den völkerrechtlichen Bestimmungen der Rheinbundakte durfte das Großherzogtum Berg eine durch das Fürstentum Salm führende Landstraße als Verkehrsverbindung zwischen ihren südlichen und nördlichen Landesteilen uneingeschränkt nutzen (Art. 24). Durch ein zusätzliches Abkommen zwischen dem Fürstentum Salm und dem Großherzogtum Berg wurde 1809 geregelt, dass die bergische Post nicht nur auf der in der Rheinbundakte bezeichneten Landstraße verkehren sondern im gesamten Fürstentum Salm die Postdienste anbieten sollte (s.a. Postgeschichte des Herzogtums Berg und Napoleonische Post in Norddeutschland).

Außen- und Heiratspolitik

Aufgrund seiner geografischen Lage war das Fürstentum Salm von Staaten umgeben, die von Frankreich entweder beherrscht oder zumindest stark beeinflusst wurden. Das Großherzogtum Berg stand seit dem Abgang Großherzog Joachims, der 1808 zum König von Neapel erhoben worden war, unter napoleonischer Regierung. Das Königreich Holland, das 1806 unter dem Königtum von Louis Bonaparte als Nachfolgestaat der Batavischen Republik errichtet worden war, strebte seit 1808 danach, die Gebiete des Großherzogtums Berg anzugliedern. Nachdem Napoléon seinen Neffen, den noch minderjährigen holländischen Kronprinzen Napoléon Louis Bonaparte, 1809 den Titel des Großherzogs von Berg verliehen hatte, stand für das Fürstentum Salm zu befürchten, gleichsam als Enklave der künftig in Personalunion regierten Territorien von Holland und Berg angesehen zu werden und dann womöglich einem dortigen Annexionsbestreben zum Opfer zu fallen. Die Befürchtungen einer Annexion gründeten sich ferner auf Annexionspläne des Kaiserlichen Kommissars im Großherzogtum Berg, die dieser im September 1809 entwickelte und Napoléon vorlegte. Auch zur Vermeidung einer Annexion trachteten die Fürstenhäuser Salm-Salm und Salm-Kyrburg nach dem Beispiel des Herzogs Prosper-Ludwig von Arenberg danach, durch Anknüpfung familiärer Beziehungen zu Personen, die Napoléon und der kaiserlichen Familie möglichst nahe standen, Einfluss, Prestige, Informationsvorteile und verbesserte Aussichten auf Rücksichtnahme zu erzielen. In diesem Sinne ist es als gewisser Erfolg zu werten, dass Erbrinz Florentin zu Salm-Salm, Oberst und Adjutant des Königs Jérôme von Westphalen, im Sommer 1810 auf Schloss Napoléonshöhe zu Kassel Flaminia di Rossi aus korsisch-italienischem Adel heiratete. Prinzessin Flaminia war mütterlicherseits mit Félix Baciocchi verwandt, der an der Seite seiner Gemahlin Elisa, der ältesten Schwester Napoléons, 1805 Fürst von Piombino und Lucca und 1809 - nur nominell - Großherzog der Toskana geworden war.

Auch für den jungen Fürsten Friedrich IV. zu Salm-Kyrburg, der am 14. Dezember 1810 das 21. Lebensjahr erreichen sollte, galt es, eine angemessene Partie zu finden, die den außenpolitischen Interessen des Fürstentums Salm gerecht wurde. In dieser Sache war Fürstin Amalie Zephyrine in Paris auf der Suche nach einer passenden Dame.

Annexion durch Frankreich 1810

Per "Senats Consult" vom 13. Dezember 1810 wurde das Fürstentum Salm durch Frankreich unter Verletzung der Art. 8 und 12 der Rheinbundakte annektiert. Die Vereinigung mit dem Fürstentums Salm vollzog das Kaiserreich am 28. Februar 1811. Nach vorübergehender Eingliederung in die Departements Bouches-de-l'Yssel bzw. Yssel-Supérieur (ab dem 26. Dezember 1810) erfolgte die Zuordnung zum Departement Lippe am 27. April 1811.

Die Annexion des Fürstentums war eingebettet in eine Reihe von Annexionen. Von französischen Annexionen betroffen waren im Übrigen das Königreich Holland, Teile des bisher nur besetzten Kurfürstentums Hannover, die Hansestädte Bremen, Hamburg und Lübeck sowie im Bereich des Rheinbundes das Herzogtum Oldenburg, das Herzogtum Arenberg, Teile des Königreichs Westphalen und Teile des Großherzogtums Berg. Ihr Hintergrund war der Versuch Frankreichs, durch vollständige Inbesitznahme und Zollkontrolle der Fluss- und Mündungsgebiete entlang der nordwesteuropäischen Kontinentalküste eine wirksame Handelssperre (Kontinentalsperre) gegen das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Irland zu errichten.

Wahrscheinlich standen die französischen Annexionen im niederländischen und nordwestdeutschen Raum auch im Zusammenhang mit dem Gedanken, zur finanziellen Ausbeutung des Gebiets, zur effektiven Aushebung wehrfähiger Männer, zur Vorbeugung einer englischen Invasion und für eine eventuelle militärische Maßnahme Frankreichs gegen Rußland oder Preußen eine bessere territoriale und adminstrative Ausgangslage zu schaffen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf Russland, das sich durch sein Ausscheren aus der Kontinentalsperre seit Ende 1810 unwillig zeigte, mit Napoléon in der im Frieden von Tilsit vereinbarten Weise zu kooperieren.

Napoléon, der sich - besonders seit seiner Kaiserkrönung im Jahre 1804 - als historischer Nachfolger im Kaisertum Karl des Großen sah, mag in der Annexion Nordwestdeutschlands zudem eine Parallele zur Ausdehnung des Frankenreiches im Jahre 804 erkannt haben. In jenem Jahr wurden die Sachsenkriege aus karolingischer Sicht erfolgreich beendet und das Frankenreich bis an Elbe und Saale ausgedehnt.

Die Annexionen von Staaten des Rheinbundes haben die Schutzfunktion, die Napoléon als Protektor des Rheinbundes vertraglich zugesichert hatte (Art. 12), rechtlich verletzt. Außerdem verstießen die Annexionen gegen die vertragliche Bestimmung in Art. 8 der Rheinbundakte, wonach die Souveränität eines Rheinbundmitglieds nur bei dessen Einwilligung und nur zugunsten eines anderen Konföderierten veräußerbar war. Auch aus diesem Grund hätte Frankreich, das selbst kein konföderierter Staat des Rheinbundes sondern allein dessen Schutzmacht und Alliierter war, das Fürstentum Salm oder andere Konföderierte nicht annektieren dürfen. Mit den Annexionen hat Frankreich also völkerrechtswidrig in die Souveränität mit ihm alliierter Staaten und in das von ihm als "Protektor" eigentlich zu schützende Gefüge des Rheinbundes eingegriffen.

Gegen die Annexion ihres Fürstentums konnten die Fürsten zu Salm-Salm und Salm-Kyrburg nichts mehr ausrichten. Die guten Beziehungen der Fürstin Amalie Zephyrine zu Kaiserin Josephine waren 1810 durch deren Scheidung von Napoléon politisch wertlos geworden. Talleyrand, ein anderer Kanal salmischer Einflussnahme, war 1807 als Außenminister entlassen worden. Auch die guten Kontakte des Fürsten Konstantin zu Louis Bonaparte, dem König von Holland, waren außenpolitisch unbedeutend geworden, nachdem dieser das Vertrauen seines Bruders Napoléon durch das holländische Unterlaufen der Kontinentalsperre verloren hatte. Weil Napoléon seinem Bruder misstraute, wurde das Königreich Holland bereits im Februar-März 1810 zunächst bis an das Südufer des Rheins und schließlich im Sommer 1810 zur Gänze von Frankreich annektiert.

Insgesamt zeigten die Annexionen, dass Napoléon nach der Entlassung Talleyrands die französische Hegemonie dazu nutzte, große Teile Europas in seinen Kasernenhof zu verwandeln und nach dem System von Angst und Einschüchterung, Befehl und Gehorsam zu herrschen. Die Degradierung seines Bruders Louis muss wie ein Warnschuss durch Europa gehallt haben. Die folgende Degradierung der Souveräne von Arenberg, Oldenburg und Salm hat bei den anderen Rheinbundfürsten, die gegen die elementare Verletzung der Rheinbundakte hätten protestieren müssen, keinerlei solidarischen Widerstand sondern eher Existenzängste ausgelöst. Der Altherzog von Arenberg bemerkte später zurückblickend nur, dass die Annexion seinen Sohn, den Herzog von Arenberg, der nach einer Kriegsverwundung in Spanien zwischen 1811 und 1814 in englische Kriegsgefangenschaft gefallen war, höchst ungerecht getroffen habe. Der Herzog von Oldenburg, dem als Kompensation seinerzeit Erfurt angeboten worden war, lehnte ab und emigrierte nach Russland, zu dessen Herrscher er enge verwandtschaftliche Beziehungen hatte. Die salmischen Fürsten nahmen die Annexion ihres Landes offenbar sogar durch öffentliches Schweigen hin.

Eine wirtschaftliche Folge der Annexion des Fürstentums Salm war, dass traditionell wichtige Verflechtungen der westmünsterländischen Wirtschaft mit nicht-annektierten rechtsrheinischen Gebieten, insbesondere mit den Gebieten des Großherzogtums Berg, aufgrund sehr hoher französischer Importzölle, die nun an den neuen Grenzen Frankreichs zu erheben waren, zerschnitten oder belastet wurden. Immerhin ging es der salmischen Wirtschaft unter den Bedingungen der Zugehörigkeit zum Kaiserreich Frankreich und seinen vorrangig gesicherten Absatzmärkten aber noch besser als vielen Wirtschaftssektoren des benachbarten Großherzogtums, die durch die Abschneidung wichtiger Verkehrs- und Wirtschaftsbeziehungen zunehmend in eine tiefe Krise stürzten.

Versuch der Restauration auf dem Wiener Kongress 1814–1815

Nach dem Russlandfeldzug, der Völkerschlacht bei Leipzig und dem folgenden Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft im November 1813 bemühten sich die Häuser Salm-Salm und Salm-Kyburg auf dem Wiener Kongress darum, dass ihr Fürstentum (und damit auch ihre Stellung als souveräne Landesherren) wieder errichtet werde (Restauration). Der Friedensschluss zu Wien im Jahre 1815 ergab aber, dass die Gebiete des Fürstentums Salm dem Königreich Preußen zugeschlagen wurden (Art. 43 der Akte des Wiener Kongresses vom 9. Juni 1815). Die endgültige preußische Inbesitznahme erfolgte am 21. Juni 1815. Das preußische Militärgouvernement, dem die Gebiete des Fürstentums seit November/Dezember 1813 unterstanden, hatte zuvor erfolgreich jeden Versuch der salmischen Fürsten unterbunden, ihre frühere Regierung wieder aufzunehmen.

Entwicklung bis heute

Nach preußischem Recht blieben die Fürsten zu Salm-Salm bis 1920 Standesherren. Der Fürst zu Salm-Kyrburg gab sein standesherrliches Recht mit Verkauf seiner münsterländischen Besitztümer an den Fürsten zu Salm-Salm bereits im Jahre 1825 auf. Mit Inkrafttreten der preußischen Verfassung von 1920 verloren alle vormals regierenden Häuser in Preußen ihr standesherrliches Privileg, so auch das Fürstenhaus Salm-Salm.

Durch den Tod Fürst Friedrich VI. ging das Haus Salm-Kyrburg 1905 unter. Das Haus Salm-Salm besteht noch heute und blieb trotz verlorener Standes- und Landesherrschaft mit dem Gebiet des ehemaligen Fürstentums verbunden. Sein heutiges Oberhaupt ist Carl-Philipp Fürst zu Salm-Salm.

Eine bis heute sehr bedeutende Rolle spielten die Fürsten zu Salm-Salm als Grundeigentümer in den Städten und Gemeinden des früheren Fürstentums Salm. Als Eigentümer des Schlosses Anholt und seiner Parks betrieben sie weitsichtig dessen bzw. deren Restaurierung, Wiederaufbau und Ausbau als touristische Attraktionen nach dem Zweiten Weltkrieg. Damit leisteten sie einen wichtigen Betrag zur Entwicklung des Fremdenverkehrs im westlichen Münsterland.

Archive

  • Landesarchiv Nordrhein-Westfalen (Staatsarchiv Münster), Behörden der Übergangszeit 1802–1816, Sonstige Entschädigungslande, Fürstentum Salm
    • Kanzlei (1662–1821)[5]
    • Edikte (1803–1810)[6]
  • Fürstlich Salm-Salmsches und Fürstlich Salm-Horstmarsches gemeinschaftliches Archiv in der Wasserburg Anholt, Isselburg (Kreis Borken).

Literatur

  • Duco van Krugten, Fürstlich Salm-Salmsches und Fürstlich Salm-Horstmarsches gemeinschaftliches Archiv in der Wasserburg Anholt, 2 Teile, o.O. 1989/1992;
  • Wilhelm Kohl und Helmut Richtering (Bearb.), Behörden der Übergangszeit 1802-1816, Münster 1964, S. 114-121;
  • Heinrich Dicke, Die Gesetzgebung und Verwaltung im Fürstentum Salm 1802-1810, Münster 1912;
  • Dieter Böhringer, Schule im Fürstentum Salm, In: Hans de Beukelaer, Wonderbaarlijke Tijden, machtwisseling in Achterhoek/Westmünsterland tussen 1795 en 1816, Aalten (NL) 2004, S. 169-192.

Quellen

  1. genealogy.eu - Salm (englisch)
  2. Norbert Angermann, Robert-Henri Bautier, Robert Auty (Hrsg.): Lexikon des Mittelalters. Band VII, ISBN 3-7608-8907-7, S. 1309
  3. Fürstlich Salm-Salm'schen Verwaltung: Chronik der Wasserburg Anholt.
  4. Pölitz: Der Rheinbund historisch und statistisch dargestellt (1810). In: www.napoleon-online.de.
  5. Landesarchiv NRW: Fürstentum Salm: Kanzlei (1662–1821)
  6. Landerarchive NRW: Fürstentum Salm: Edikte (1803–1810)