Fuldaer Raum bis zur Stadtgründung
Erdgeschichte
Etwa vor 240 Millionen Jahren Buntsandsteinzeit war Osthessen eine von Flüssen durchkreuzte Tiefebene und wurde in der Muschelkalkzeit vom Meer überflutet. Im Tertiär vor 65 Millionen Jahren waren de Rhönvulkane aktiv, die die heutigen Basaltfelsen entstehen ließen. Im subtropische Klima entstand in den umliegenden Seen und Sümpfen Braunkohle. Fossilfunde wiesen Ähnlichkeiten mit denen der Grube Messel bei Darmstadt auf. Nashorn- und Mastodonreste wurden 1865 beim Bau des Fuldaer Bahnhofs entdeckt.
Vor- und Frühgeschichte
Auf erste Besiedlungen im Raum Fulda am Ende der Steinzeit um ca. 5000 v. Chr. weisen Bandkeramikfunde hin. Der Fuldaer Prof. Dr. Joseph Vonderau (1863-1951) hat mit seinen über 100 Ausgrabungen den Grundstock für die Forschungen zur Vor- und Frühgeschichte im Fuldaer Raum gelegt. Daher ist das Vonderau Museum zur Stadtgeschichte auch nach ihm benannt.
Auf dem Schulzenberg (bei Fulda) in der westlichen Gemarkung Fuldas wurde ein Hockergrab-Begräbnisplatz entdeckt, der um 2700-2200 v. Chr angelegt worden sein mag (Ende der Steinzeit).
Aus gefundenen Hügelgräbern, die auf 1550 v. Chr. datiert werden, ist ersichtlich, daß die Besiedlung intensiver wurde (mittlere Bronzezeit). Ebenfalls zur Bronzezeit zählen die Urnengäber, die am Haimberg gefunden wurden. Diese Urnenfelderkultur wird auf 1200-750 v. Chr datiert. Auch aus der Eisenzeit (ab 750 v.Chr.) lassen sich zahlreiche Siedlungsaktivitäten nachweisen. Bedeutsam sind die Grabungen vom keltischen Oppidum Milseburg (etwa 500-100 v. Chr.), die im Fuldaer Vonderau Museum ausgestellt sind. Die Milseburg war in der Zeit, als die Römer die Kulturen nördlich der Alpen bedrohten, mit über 1000 Einwohnern ein Zentrum keltischer Kultur. Die Kelten verwendeten stabile und schwere Pflüge mit Pflugscharen, die nicht nur den Boden aufrissen, sondern die Scholle wendeten. Damit der Plug möglichst wenig gewendet werden mußte entstanden Langstreifenfluren
In auf dem Gebiet der heutigen Stadt Fulda selbst läßt sich die Besiedlung des Fuldaer Domhügels im ersten Jahrhundert n. Chr. durch Germanen nachweisen.

Klostergründung
Das Fränkische Reich entwickelte sich nach dem Zerfall des Römischen Reichs zum Machtzentrum und später zur Großmacht in Mitteleuropa. Der Frankenkönig Chlodwig I. sicherte sich mit seiner Taufe die Unterstützung Roms für seine Machtbestrebungen, eine breitangelegte Christianisierung setzte ein. Das Gebiet, auf dem sich die spätere Stadt Fulda entwickelte, war vor der Ankunft der christlichen Missionare von germanischen Chatten besiedelt. Sie blieben auch nach der Einverleibung in das Frankenreich ihren alten germanischen Göttern treu. In der Merowingerzeit soll in Fulda an der Kreuzung der alten Straßen Via Regia, Ansantvia und Ortesweg ein fränkischer Herrenhof gelegen haben, der um das Jahr 700 zerstört wurde. Es wurde wichtig, diesen strategisch wichtigen Ort zu sichern.
Im Auftrage des Papstes Gregor II. organisierte der aus dem englischen Crediton stammende Bonifatius die Christianisierung Germaniens. Im Zuge seiner Missionsarbeit strukturierte er als Erzbischof die Kirche des damals noch weitgehend heidnischen, ostfränkischen Reiches.
Bonifatius beauftragte den aus Bayern stammenden Mönch Sturmius, zur Missionierung der Sachsen ein Kloster an einem Furt über den Fluss Fulda anzulegen, das zugleich seine Grablege sein sollte. Sturmius kam 744 von Hersfeld in das Gebiet Eichloha, einem Eichenwald inmitten des Buchenurwaldes Buchonia (fränkische Bezeichnung). Sturmius errichtete an der Stelle des heutigen Domes das Gründungskreuz für das neue Kloster im, dessen erster Abt Sturmius auch wurde.
Bonifatius erreichte, dass das Kloster mit reichen Schenkungen (Besitzungen und Regalien) ausgestattet wurde. Von besonderer Wichtigkeit für das Kloster Fulda wurde es, dass es als erstes im Reich unmittelbar dem Papst unterstellt wurde und damit der Gerichtsbarkeit der Bischöfe von Bistum Würzburg beziehungsweise des Erzbischofs von Mainz entzogen wurde. Das Kloster unterstand nicht mehr dem Machtbereich von Bischof oder König, sondern direkt und ausschließlich dem Papst.
Sturmius, dessen Amtszeit als Abt von 747 bis 779 dauerte, war engstens verbunden mit den bayerischen Herzögen von Agilofing. Fulda empfing Schenkungen führender altadliger Familien in Sachsen, im Elsass und der Konradiner, Vorfahren der späteren salischen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Die Immunitätsprivilegien von Karl dem Großen (774) und dessen Sohn, Ludwig dem Frommen (814) wiesen die Richtung der Entwicklung des Klosters zur Reichsabtei, die insbesondere im ottonischen Reichskirchensystem von größter Bedeutung werden sollte. Die Klostergemeinde umfasste bereits 779, beim Tod des ersten Abtes Sturmius, etwa 400 Mönche.

Bei der Bekehrung der Friesen kam Bonifatius ums Leben. Die Friesen hingen germanischen Gottheiten an, so verehrten sie unter anderem Bäume. Bereits in Geismar hatte Bonifatius eine Donareiche fällen lassen. Ähnliches Schauspiel wollte er wohl auch im friesischen Dokkum (heute Niederlande) abhalten. Doch diesmal spaltete die Axt seinen Schädel. Auch die hochgehaltene Bibel konnte die Axt nicht aufhalten.
Die Gebeine des Bonifatius wurden nach Fulda geholt. Das Grab wurde sogleich zum Ziel zahlreicher Wallfahrer. Die Schenkungen von Gütern an das Kloster begannen schon zu Bonifatius' Lebzeiten, und setzten verstärkt ein, als der er in Fulda seine Grablege gefunden hatte. Die Schenkungen brachten dem Kloster gewaltigen Streubesitz von Norditalien bis nach Friesland, vom Elsass bis nach Thüringen. Die Hauptmasse der Güter allerdings befand sich im Umkreis von Fulda und wurde von Fuldischen Ministerialen, neuadligen Ritterfamilien, verwaltet, was sich sehr bald als großes Problem erweisen sollte.
Aufstrebendes Kloster
Zwischen 791 und 819 baute man für Bonifatius eine Grabeskirche. Nach dem Baumeister, dem Mönch Ratgar, wurde sie Ratgar-Basilika genannt. Sie entstand nach den Bauplänen der großen Pilgerkirche Sankt-Peter-Basilika in Rom und war die größte Basilika nördlich der Alpen. In der Barockzeit wurde sie abgerissen und über der Bonifatiusgruft der heutige Dom errichtet.
Die benachbarte Michaelskirche stammt aus den Jahren 819 bis 822. Die Krypta ist original erhalten geblieben, der Kirchenraum erfuhr mehrere Umbauten. Sie ist eine der ältesten Kirchen nördlich der Alpen, ebenso wie die Grabeskirche der Hl. Lioba im benachbarten Petersberg. Die Heilige Lioba galt als Nichte des Bonifatius, sie kann aber auch wegen des damals noch nicht praktizierten Zölibats seine Frau gewesen sein, was allerdings reine Spekulation ist.
Möglich wurden diese für die damalige Zeit gigantischen Bauten durch Einnahmequellen aus dem Zehnten, den das Kloster bei den Hörigen und Bauern eintrieb. Zusätzlich mussten sie Frondienste leisten. Die Berechtigung hierzu zog man aus einer Urkunde Karls des Großen, die dem Kloster das Zehntprivileg zubilligte. Doch diese Urkunde war eine Fälschung, [1], die möglicherweise nach dem Tod Karls des Großen 814 zu Zeiten des Abtes Ratgar hergestellt wurde. Ein Nachfolger Karls des Großen, der ostfränkische König Ludwig der Deutsche (um 806 -876) bestätigte die Fälschung 875, wohl auch in dem Glauben dass die Karl der Große das Privleg gegeben habe. Damit ist das Fuldaer Zehntprivileg das erste eindeutige dieser Art in Deutschland.
Ein weiter bekannter Abt war 822 bis 842 Rabanus Maurus. Er gilt als der bedeutendste Abt Fuldas, das zu dieser Zeit mit über 600 Mönchen auf dem Höhepunkt seines Ansehens stand und mit seiner etwa 2.000 Handschriften umfassenden Bibliothek als eine Leuchte abendländischer Gelehrsamkeit galt. Darin wurde er vom damaligen Leiter der Klosterschule Rudolf maßgeblich unterstützt.
Nach einer von der Schriftstellerin Donna Woolfolk Cross wiederbelebten Legende soll die spätere Päpstin Johanna um 830 im Fuldaer Kloster gelebt haben (Die Päpstin ISBN 3746614007).
Die Entwicklung der Reichsabtei Fulda war in den darauf folgenden Jahrhunderten durch zwei Entwicklungstendenzen geprägt, zum einen wurde die Abtei und der jeweilige Fuldaer Abt Teil des ottonischen Reichskirchensystems, zum anderen begannen Entfremdungen von Lehensgütern, die zwar dem Kloster gehörten, jedoch an Adlige der Umgebung ausgeliehen waren. Exemplarisch ist hier die Familie der Grafen von Ziegenhain (heute Schwalmstadt) zu nennen, die Hochvögte von Fulda waren. Sie zogen für die Abtei den Zehnten ein und zahlten dafür Abgaben an das Kloster.
Die Abtei und die Siedlung erhielt 1019 durch Heinrich II. das Münz-, Markt- und Zollrecht und 1114 wird Fulda das erste Mal als Stadt (Civitas) erwähnt.