Oberndorf am Neckar
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Oberndorf ist eine Stadt am Oberen Neckar im Landkreis Rottweil in Baden-Württemberg.
Geographie
Geographische Lage
Im reizvollen Teil des Oberen Neckartals, zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb, liegt Oberndorf a. N. in 450 bis 700 Meter Höhe.
Stadtgliederung
Die Stadt Oberndorf besteht aus der Kernstadt und den Stadtteilen Altoberndorf, Aistaig, Boll, Bochingen, Beffendorf und Hochmössingen.
Geschichte
Vor- und Frühgeschichte
- Um 3000–1800 v.Chr.: Jungsteinzeitliche Siedlungsspuren bei Beffendorf.
- 800–400 v.Chr.: Siedlungsspuren der Hallstattzeit auf dem Scheibenbühl bei Altoberndorf.
- Um 200 v.Chr.: Keltische Siedlung in Oberndorf.
- 100 v.Chr.–1 v.Chr.: Keltische Kultstätten (Viereckschanzen) im Eichwald bei Oberndorf und in der Flur Burgstall bei Boll.
- 70 n.Chr.: Vorstoß der Römer in das Gebiet des oberen Neckars. Bau von Straßen vom Kastell Rottweil zu den Kastellen Sulz und Waldmössingen, Teilstücke bei Bochingen und [Hochmössingen].
- Um 100 n.Chr.–200 n.Chr.: Römische Gutshöfe (Villae rusticae) bei Bochingen und Hochmössingen, Einzelfunde aus Aistaig, Beffendorf und Oberndorf.
- Ab 260 n.Chr.: Die Alamannen überrennen den Limes und dringen in das Gebiet vor.
- Ab 600 n.Chr.: Alamannische Urdörfer und fränkische Ausbausiedlungen in Aistaig, Altoberndorf, Beffendorf, Hochmössingen und Oberndorf, Reihengräber mit reichen Beigaben.
Mittelalter
- 782: Erste urkundliche Erwähnung Oberndorfs in einer Schenkungsurkunde des Klosters St. Gallen: „actum Obarindorf villa publice“. Die Schenkung, die die Orte Brittheim und Bickelsberg betraf, fand vermutlich auf dem Oberndorfer Königshof im Tal statt, zu dem auch die Remigiuskirche gehörte.
- Um 900: Bischof Salomon von Konstanz erhält den Oberndorfer Königshof mit Taufkirche (St. Remigius) und gibt ihn an das Kloster St. Gallen, dessen Abt er ebenfalls ist, weiter.
- 912: König Konrad I. bestätigt die von Bischof Salomon an St. Gallen gemachte Schenkung.
- 948: Erneute Bestätigung durch König Otto I.
- Um 1100: St. Gallen übergibt den Klosterbesitz am oberen Neckar als Schenkenlehen an die Herzöge von Zähringen.
- Um 1187: Die Herzöge von Teck spalten sich von den Zähringern ab und erhalten den Besitz am oberen Neckar.
- Um 1250: Herzog Ludwig von Teck gründet die Stadt Oberndorf auf der Kalktuffplatte links des Neckars (1246 wird ein Zöllner genannt, 1251 ein ehemaliger Schultheiß, 1254 Bürger).
- 1264: Das neu gegründete Frauenkloster im Tal wird in den Orden der Augustiner-Eremiten aufgenommen.
- 1272: Das Dominikanerinnenkloster bei der Michaelskapelle erhält von Herzog Ludwig von Teck Privilegien.
- 1295: Das Geschlecht der Maier von Waseneck wird erstmals genannt. Sie waren mit dem Bau und der Verwaltung der Burg Waseneck bei Altoberndorf als Wohnsitz der Oberndorfer Teck-Linie sowie des Gutshof (Unteraichhof) beauftragt.
- 1298: Kämpfe zwischen Graf Albert von Hohenberg und Herzog Otto von Baiern bei Oberndorf bzw. Leinstetten, bei denen Graf Albert, der Minnesänger, fällt.
- 1300: Herzog Hermann von Teck bestätigt der Stadt ihre alten Rechte und Freiheiten.
- 1346: In den Thronstreitigkeiten zwischen Kaiser Ludwig d. Baiern und dem neu gewählten König Karl IV. verschwören sich 18 Adelige in Oberndorf gegen den Kaiser. Die Stadt kommt in die Reichsacht, woraus sie König Karl 1348 wieder löst.
- 1363: Nach dem Tod Herzog Hermanns von Teck, dem letzten der Oberndorfer Linie, fällt die Burg Waseneck mit den vier Dörfern Altoberndorf, Beffendorf, Bochingen und Waldmössingen an seine Tochter Beatrix bzw. deren Sohn Herzog Konrad von Urslingen. Herzog Friedrich von Teck (Owener Linie) kann dagegen die Stadt behaupten.
- 1371: Herzog Friedrich von Teck erwirbt von Konrad von Urslingen die Burg Waseneck mit den vier dazugehörigen Dörfern.
- 1374: Herzog Friedrich von Teck verkauft die Herrschaft Oberndorf an Graf Rudolf III. von Hohenberg, der vom Abt von St. Gallen mit der Stadt belehnt wird.
- 1381: Graf Rudolf von Hohenberg verkauft seine ganze Grafschaft – darunter die Herrschaft Oberndorf – für 66000 Gulden an Herzog Leopold von Österreich.
- 1384–1409: Markgraf Bernhard von Baden, der mit Margarethe, der Tochter des Grafen Rudolf von Hohenberg verheiratet ist, erhält Oberndorf und Waseneck als Pfand.
- 1392: Herzog Leopold von Österreich verpfändet die vier Herrschaftsdörfer an die Grafen von Sulz. Sie kommen erst 1462 wieder zu der Stadt.
- 1410: Die Stadt wird von Friedrich XII. von Zollern und dessen Helfern belagert.
- 1416-1462: Die Grafen von Württemberg erhalten Oberndorf und Waseneck als Pfand.
- 1445: Die ganze Stadt einschließlich der Michaelskirche brennt bis auf neun Häuser ab.
Neuzeit
- 1462–1594: Die Freiherren (seit 1538 Grafen) von Zimmern erhalten die Herrschaft Oberndorf als Pfand.
- 1488: Johann Werner von Zimmern wird vom Kaiser geächtet und verliert die Pfandschaft Oberndorf, die den Grafen von Werdenberg zugesprochen wird.
- 1496: Veit Werner von Zimmern entreißt die Stadt mit Hilfe der Rottweiler durch einen Überfall den Werdenbergern. Auf dem Reichstag von Augsburg 1504 wird Oberndorf endgültig den von Zimmern zugesprochen.
- 1525: Im Bauernkrieg versucht Thomas Maier von Vogelsberg, der Anführer des Bauernhaufens vorm Wald, vergeblich, die Oberndorfer gegen ihre Herren aufzuwiegeln.
- 1533: Eine Frau, die wegen ihrer angeblichen Einlassung mit dem Teufel von Schiltach den Stadtbrand von Schiltach verursacht haben soll, wird als Hexe in Oberndorf hingerichtet.
- 1540: In der Landenberger Fehde verunsichert Christoph von Landenberg die Gegend und zündet Beffendorf und Hochmössingen an.
- 1548–1563: Graf Froben Christoph von Zimmern, Verfasser der berühmten Zimmerischen Chronik, ist Stadtherr von Oberndorf.
- 1559: Das Frauenkloster im Tal wird mit Augustinermönchen besetzt.
- 1594: Nach dem Tod des Grafen Wilhelm von Zimmern, dem letzten seines Geschlechts, fällt Oberndorf an das Haus Österreich.
- 1600: Wegen Zauberei und Hexenwerk werden zwei Männer und fünf Frauen aus Oberndorf und Altoberndorf hingerichtet.
- 1609–1618: Markgraf Karl von Burgau, ein Sohn Erzherzog Ferdinands von Österreich, erhält Oberndorf als Lehen.
- 1612: Bei einem Stadtbrand werden 30 Häuser eingeäschert, darunter das Rathaus.
- 1615: Wegen Zauberei werden drei Männer und drei Frauen aus Oberndorf, Altoberndorf und Bochingen hingerichtet.
- 1618–1648: Im Dreißigjährigen Krieg wird von 1632 bis 1634 die Grafschaft Hohenberg von Schweden und Württembergern besetzt; 1635 herrscht eine Pestwelle am oberen Neckar; Oberndorf zählt 1636 nur noch 96 Bürger und 11 Witwen. Bis Kriegsende muss die Stadt Kontributionen nach dem Hohentwiel, Breisach, Rottweil und Albeck leisten.
- 1638: Wegen Zauberei werden ein Mann und fünf Frauen aus Oberndorf und Bochingen hingerichtet.
- 1652: Erzherzog Ferdinand von Österreich bestätigt der Stadt ihre alten Rechte und Freiheiten.
- 1657–1764: Die Freiherren von Hohenberg – illegitime Nachkommen des Markgrafen Karl von Burgau – haben die Herrschaft Oberndorf als Pfand inne.
- 1688–1697: Im Pfälzischen Krieg muss die Stadt 1688/89 Kontributionen an die Franzosen leisten und erhält später wiederholt Einquartierungen.
- 1701–1714: Im Spanischen Erbfolgekrieg leidet die Stadt unter Einquartierungen.
- 1715: Hinrichtung von zwei Männern aus Altoberndorf wegen Kirchenraub und Viehdiebstahl, bei der 8000 Menschen anwesend sind.
- 1726: Friedrich Wilhelm von Hohenberg verunglückt tödlich nach einem Gelage im Pfarrhaus. Die Pfandschaft geht an seine Witwe Maria Charlotta geb. von Gleispach (†1764) über.
- 1740–1748: Im Österreichischen Erbfolgekrieg wird die Stadt mit Requisitionen und Einquartierungen beschwert.
- 1764–1782: Die Freiherren von Pflummern haben die Herrschaft Oberndorf als Pfand inne.
- 1766: Johann Franz Meinrad von Pflummern lässt ein neues Amtshaus (Pfalz) bauen.
- 1772-1779: Die Augustiner bauen ein neues Kloster samt Kirche.
- 1780: Beim Großen Stadtbrand brennen 87 Häuser ab, darunter Rathaus, Schulhaus, Pfarrhaus, Kirchturm und Dominikanerinnenkloster.
- 1792-1806: Während der Französischen Revolutionskriege hat die Stadt seit 1796 Requisitionen und Einquartierungen zu erdulden. Der französische General Vandamme kommt 1799 auf dem Rückzug durch Oberndorf, das dabei geplündert wird.
- 1805: Durch den Frieden von Pressburg gelangt die vorderösterreichische Grafschaft Hohenberg an Württemberg.
- 1806: Inbesitznahme der Herrschaft Oberndorf durch Württemberg. Aufhebung des Augustiner- und Dominikanerinnenklosters. Die Stadt hat 1043 Einwohner.
- 1807: Einrichtung eines Postamtes.
- 1810: Oberndorf wird Oberamtsstadt mit 27 Amtsorten.
- 1811: König Friedrich von Württemberg lässt im ehemaligen Augustinerkloster die Königlich Württembergische Gewehrfabrik einrichten.
- 1820: Konstituierung einer Evangelischen Gemeinde.
- 1823: Einrichtung einer Lateinschule; die Realschule kommt 1861 hinzu.
- 1837: Wilhelm Brandecker erwirbt den 1835 in Sulz gegründeten Schwarzwälder Boten und verlegt ihn in seine Heimatstadt Oberndorf.
- 1842: Einem Stadtbrand fallen 35 Häuser in der Altstadt zum Opfer.
- 1848/49: Während der Deutschen Revolution: werden eine Bürgerwehr und demokratische Vereine gebildet. Einzelne Oberndorfer nehmen an den gescheiterten Aufständen teil.
- 1852: Einrichtung einer Suppenanstalt wegen der allgemeinen Not. Die Auswanderungswelle nach Amerika erreicht ihren Höhepunkt. Bevölkerungsrückgang von 1864 Einwohnern auf 1688 Einwohner.
- 1857: Gründung der Oberamtssparkasse, der späteren Kreissparkasse.
- 1862: Gründung der freiwilligen Feuerwehr, Gründung des Spar- und Hilfsvereins, später Gewerbebank bzw. Volksbank.
- 1865: Umwandlung des städtischen Armenhauses in ein Spital.
- 1867: Durch den Bau der Oberen Neckarbahn erhält Oberndorf Bahnanschluss.
- 1872: Die Gebrüder Wilhelm und Paul Mauser errichten eine eigene Gewehrfabrik auf der Bitze und erwerben 1874 die Königlich Württembergische Gewehrfabrik.
- 1895: Die Bevölkerung ist von 2000 Einwohner (1871) auf über 4000 Einwohner angestiegen.
20. Jahrhundert
- 1914: Fertigstellung des neuen Volksschulgebäudes im Grauben.
- 1914–1918: Im Ersten Weltkrieg macht der gewaltige Ausbau der Mauserwerke die Verlegung des Neckars notwendig, zeitweilig sind über 6000 Personen beschäftigt; neue Arbeitersiedlung rechts des Neckars.
- 1915/16: Bau der Evangelischen Stadtkirche Oberndorf.
- 1925/26: Umbau der Michaelskirche.
- 1934: Grundsteinlegung für die Siedlung auf dem Lindenhof.
- 1937: Beginn der neuen Vorstadt im Webertal.
- 1938: Nach Auflösung des Oberamts Oberndorf kommt die Stadt zum Kreis Rottweil.
- 1939: Eingemeindung von Aistaig (1156 Ew.) und Altoberndorf (639 Ew.), Oberndorf selbst hat 6652 Ew. Die Eingemeindungen werden 1950 wieder rückgängig gemacht.
- 1939–1945: Während des Zweiten Weltkriegs wurden in der Stadt zum Schutz der Mauserwerke zahlreiche Flak-Einheiten stationiert, darunter 8,8-cm- und 3,7-cm-Flak auf den Höhen rund um die Stadt. Außerdem wurde eine Ballonbatterie in die Stadt verlegt. 1941 wurden diese Einheiten abgezogen, den Flakschutz der Mauserwerke übernahm eine Heimat-Flak-Batterie. Die Mauserwerke beschäftigen ständig rund 10000 Personen, darunter viele ausländische Zivilarbeiter, aber auch Zwangsarbeiter. Gegen Kriegsende werden durch Bombenangriffe die Fabrikanlagen und Teile der Stadt beschädigt.
- In den Mauserwerken arbeiten an der Rüstung bis zu 11.000 Beschäftigte. Der Anteil der Zwangsarbeiter unter ihnen lag gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bei über 50 Prozent. Insgesamt gab es im Raum Oberndorf rund 7000 Zwangsarbeiter aus 19 Nationen, etwa 700 Kriegsgefangene und rund 4400 Menschen in so genannten Arbeitserziehungslagern.
- 1972: Die Stadt erwirbt die Klosterkirche und das Konventsgebäude, in dem die Stadtverwaltung und das Polizeirevier untergebracht werden.
- 1973: Die Stadt erwirbt den Schwedenbau zur Unterbringung ihrer kulturellen Einrichtungen und des Werkhofs.
- 1975: Im Zuge der Gemeindereform bildet Oberndorf zusammen mit Aistaig, Altoberndorf, Bochingen, Boll und Hochmössingen die neue Stadt Oberndorf a. N.
21. Jahrhundert
- Mit einem Mahnmal, das am 27. Januar 2007, dem Holocaust-Gedenktag, eingeweiht wurde, erinnert die Stadt an Zwangsarbeiter in der NS-Zeit. Der Rottweiler Bildhauer Jürgen Knubben hat dazu ein Buch der Erinnerungen mit Stahlseiten geschaffen, auf dem die 308 Zwangsarbeiter namentlich genannt werden, die in Oberndorf gestorben sind.
Politik
Gemeinderat
Gemeinderatswahl am 13. Juni 2004
- CDU 37,73 %, 8 Sitze, Fraktionssprecher: Wolfgang Maier
- FWV 30,25 %, 7 Sitze, Fraktionssprecher: Claudia Altenburger
- SPD 27,08 %, 6 Sitze, Fraktionssprecher: Günter Danner
- UBU 4,94 %, 1 Sitz
Bürgermeister
Der Bürgermeister heißt Hermann Acker.
Wappen
Das Wappen zeigt die Rauten des Wappens der Herzöge von Teck, die die Stadt gegründet haben. Das Tecker Wappen war ab dem 13. Jahrhundert auch Stadtsiegel. Im oberen Bereich ist eine Wolfsangel dargestellt, da Wölfe in der Gegend stark verbreitet waren und sie mit Hilfe der Wolfsangel bejagt wurden.
Das Wappen wurde am 10. April 1979 durch das Landratsamt Rottweil neu verliehen.
Kultur und Sehenswürdigkeiten
Oberndorf ist Hochburg der schwäbisch-alemannischen Fasnacht. Das Fasnachtstreiben konzentriert sich hauptsächlich auf den Fasnachtsdienstag. Oberndorf verfügt über eine traditionelle Fastnacht. Neben Rottweil, Elzach und Überlingen ist Oberndorf Teil des so genannten Viererbundes.
Museen
- Heimatmuseum Oberndorf
- Waffenmuseum Oberndorf
* Siehe auch: NS-Zwangsarbeit im Bereich Oberndorf a. N.
Bauwerke
Augustinerkloster
Das Augustinerkloster war eine Gründung des hohen Mittelalters. Um 1260 ließ sich eine klösterliche Frauengemeinschaft im Tal nieder und schloss sich dem Augustinerorden an. Den Nonnen folgten 1559 Mönche des Ordens nach. Nach drei Vorgängerbauten (1281, 1323, 1619/60) errichteten die Augustiner von 1772 bis 1779 die spätbarocke Vierflügelanlage mit Kirche und Konvent. Der Kirchenbau stammt von Christian Großbayer, die Steinmetzarbeiten wurden von Johann Georg Weckenmann geschaffen. Neben den kunstvollen Deckenfresken des Malers Johann Baptist Enderle verleihen Stuckarbeiten von Andreas Henckel der Klosterkirche ihr einzigartiges Erscheinungsbild. Die 1978 renovierte, ehemalige Augustiner-Klosterkirche mit ihren barocken Fresken ist heute würdiger Raum für kulturelle Veranstaltungen, das ehemalige Kloster wird heute als Rathaus genutzt.
Katholische Stadtkirche St. Michael
Spätestens 1272, Baureste stammen aus noch früherer Zeit, wurde in der Oberstadt eine Kapelle dem Erzengel Michael geweiht. Diese und Nachfolgebauten fielen verschiedene Stadtbränden zum Opfer. In ihrer heutigen Gestalt ist die Kirche durch den Umbau und die Erweiterungen von 1926 geprägt, wobei der Kirchenbaumeister Otto Linder vor allem im Turmbereich noch alte Elemente mit einbezogen hat. Der Grundriss zeigt heute ein Kreuz mit drei etwa gleich großen Schiffen. Das Äußere mit seinem Bruchsteinmauerwerk mutet zwar mittelalterlich an, aber die Parabeln von Tor- und Fensterbögen sowie der Fries unter der Dachttraufe sind Formen des Jugendstils. Der Jugendstil prägt auch im Innern die dreifach gegliederte Kuppel und die Tonnengewölbe. Die Neugestaltung des Altarbereichs und der Bestuhlung von 1969 trägt der Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils Rechnung. Die bemerkenswerten Glasfenster der Jugendstil-Künstlerin Maria Hiller-Föll thematisieren die Legenden der Erzengel.
Evangelische Stadtkirche
In die einst vorderösterreichische rein katholische Stadt brachten nach dem Übergang an Württemberg die zuziehenden Arbeiter der Gewehrfabrik ein neues evangelisches Element ein. In der sonst als Lager genutzten Augustinerklosterkirche richtete man einen Betsaal ein. Ein Jahrhundert später, 1916, bezog die Evangelische Gemeinde ihre eigene Kirche. Durch seine exponierte Hanglage dominiert der Bau das Bild der Stadt mehr als die katholische Kirche. Die Evangelische Stadtkirche ist ein Werk des berühmten Architekten Martin Elsaesser. Er bringt mittelalterlich anmutende Muster, Jugendstil-Elemente und die Formensprache der Neuen Sachlichkeit in Gleichklang. Der Kirchenraum ist als dreischiffige Wandpfeilerkirche gegliedert. Die Quertonnengewölbe der Seitenschiffe strecken den Raum in die Breite, während die Seitenemporen die Längsachse strecken. An der halbhohen Wand hinter dem Altar befinden sich Wandgemälde von Rudolf Yelin. Das Schnitzwerk an der Kanzel erzählt die Schöpfungsgeschichte. Leider kaum zugänglich sind die vielgestaltigen Glasmalereien von Käte Schaller-Härlin.
Bergkapelle
Bevor man sich dem Alten Rathaus nähert, lohnt ein Blick hinauf zur Bergkapelle oben auf dem Lindenhof, die Paul Mauser 1910 als Ersatz für die Bitzekapelle stiftete. Die klassizistische Rundkapelle wurde von Baumeister Wilhelm Rohr nach einem Entwurf von Prof. W.P. Laur errichtet. Sie weist eine ungefasste Kreuzigungsgruppe von strenger Bildlichkeit auf.
Altes Rathaus
Das Alte Rathaus Oberndorf stammt in der heutigen Form aus dem Jahr 1783, im spätbarocken Stil errichtet vom Baumeister der Augustinerklosterkirche, Christian Großbayer. Mehrere Vorgängerbauten waren verschiedenen Stadtbränden zum Opfer gefallen. Ein steinerner Rathausbau an dieser Stelle ist seit 1497 belegt.
Wie in früheren Zeiten allgemein üblich, wurde im Rathaus der Handel mit Getreide, Brot und Salz abgewickelt; die Tore (rechts noch sichtbar) führten zur Brotlaube und zur Getreideschranne. Im hinteren Teil lagerte Feuerlöschgerät und waren Arrestzellen eingerichtet. Heute befindet sich ein Speiserestaurant im ersten Stock, sodass das alte Treppenhaus mit den Gemälden der Wappen der früheren Stadtherren zugänglich ist.
Älter als der Rathausbau war der Brunnen davor. Der heutige Trog und die Brunnensäule sind ein Nachbau des in den 1970er-Jahren durch einen Unfall zerstörten Originalbrunnen aus der Spätrenaissance um 1617.
Heute beheimatet das Gebäude ein Restaurant, eine Lounge und ein Bistro.
Pfalz und Stadtmauer
Das Gebäude wurde 1766 als Amtshaus, ebenfalls im Stil des Spätbarock, erbaut, als der Freiherr von Pflummern das vorderösterreichische Oberndorf als Pfandherrschaft nahm. Ob an diesem Platz wirklich die Pfalz, also der in einer Urkunde aus dem Jahr 912 erwähnte Königshof lag, ist nicht gesichert. Vermutlich war es die Wohnung der Herzöge von Teck. Dies wird bestätigt durch Einzelfunde und Reste von sehr massiven Steinbauten aus früheren Jahrhunderten, die auch belegen, dass der Platz um die so genannte Pfalz bereits seit karolingischer Zeit besiedelt war. Möglicherweise war dieser frühe Siedlungskern von einer Mauer und Graben umgeben. Rechtsgeschichtlich bedeutet dies, dass die Hofstatt der Pfalz als ein eigener Friedensbereich aufzufassen ist, in dem der Burgfrieden und das Burgrecht galten. Wenig später übernahmen die Stadtmauer und der Stadtgraben die gleiche Funktion. Unmittelbar neben dem Pfalzgebäude trifft man auf die besterhaltenen Reste der Stadtmauer. Sie entstand im späten 13. Jahrhundert nach der Stadterhebung. Die 984 Meter lange Befestigung öffnete sich an drei Toren: Obertor, Kirchtor und Mühltörle.
Regelmäßige Veranstaltungen
Vereine
Die Stadt Oberndorf mit ihren Teilorten weist mit über 100 eingetragenen Vereinen auch ein reges Vereinsleben auf. Darunter gibt es viele Kulturell engagierte Musik und Gesangvereine. Im folgenden sind einige Vereine aufgeführt:
- Männergesangverein Eintracht Hochmössingen
- Männergesangverein Frohsinn Altoberndorf
- Männergesangverein Harmonie Beffendorf
- Männergesangverein Liederkranz Boll
- Männergesangverein Liederkranz Oberndorf a.N.
- Musikkapelle Altoberndorf e.V.
- Musikverein Aistaig e.V.
- Musikverein Bochingen e.V.
- Musikverein Hochmössingen e.V.
- Musikverein Harmonie Boll e.V.
- Stadtkapelle Oberndorf a.N. e.V.
Wirtschaft und Infrastruktur
Verkehr
Die Autobahn A 81 verbindet Oberndorf im Norden mit der Landeshauptstadt Stuttgart und im Süden mit dem Bodenseegebiet und der Schweiz. Die Ausfahrt Oberndorf a. N. liegt auf halber Strecke zwischen Stuttgart und Bodensee. Beide Ziele sind innerhalb von 45 Minuten erreichbar. Auch die Bundesstraße B 14 führt durch die Stadt.
Die Bahnlinie Stuttgart–Zürich führt direkt durch Oberndorf. Es gibt stündliche Verbindungen nach Stuttgart oder Singen (Hohentwiel).
Ansässige Unternehmen
- Paul Bippus GmbH
- Heckler & Koch
- Mafell
- Mauser
- Schwarzwälder Bote
- Feinwerkbau - Westinger & Altenburger
Gericht, Behörden und Einrichtungen
Oberndorf verfügt über ein Amtsgericht, das zum Landgerichtsbezirk Rottweil und zum Oberlandesgerichtsbezirk Stuttgart gehört. In der Stadt befindet sich ein Polizeirevier, das zur Polizeidirektion Rottweil gehört. Außerdem sind in der Stadt Außenstellen des Finanzamtes Rottweil und der Agentur für Arbeit Rottweil eingerichtet.
Die Stadt ist auch Sitz des katholischen Dekanats Oberndorf, das zum Bistum Rottenburg-Stuttgart und zum Dekanatsverband Rottweil-Oberndorf gehört.
Persönlichkeiten
Söhne und Töchter der Stadt
- Karl August Barack (1827-1900), Germanist und Bibliothekar
- Wilhelm Mauser (1834–1882), Waffenkonstrukteur und Fabrikant der Mauser-Werke
- Paul Mauser (1838–1914), Waffenkonstrukteur und Fabrikant der Mauser-Werke
- Ignaz Rohr (1866–1944), katholischer Theologe
- Sigfrid Karg-Elert (1877–1933), Komponist
- Robert Gleichauf (1914–1992), CDU-Politiker, ehemaliger Finanzminister des Landes Baden-Württemberg
- Heiner Geißler (*1930), CDU-Politiker, Anhänger der katholischen Soziallehre, ehemaliger Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit sowie CDU-Generalsekretär
- Hans Eißler (1931–2005), Jurist und Kirchenmann (1972 bis 1978 Präsident der Synode der Evangelischen Landeskirche in Württemberg)
- Klaus Kirschner (*1941), SPD-Politiker, ehemaliger Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Gesundheit und Soziale Sicherung
- Thomas Goritzki (*1952), Schauspieler und Regisseur
- Siegfried Scherer (* 1955), Professor für Mikrobielle Ökologie, Kreationist
- Sibylle Pomorin (* 1956), Jazzmusikerin und Komponistin
- Heike Kloss (*1967), Schauspielerin