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Ökostrom

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Windkraftanlage
Wasserkraftwerk
Biogasspeicher
Photovoltaikanlage

Mit dem Begriff Ökostrom wird elektrische Energie bezeichnet, die auf ökologisch vertretbare Weise aus erneuerbaren Energiequellen hergestellt wird. Dies geschieht in Abgrenzung insbesondere zu Kernkraft, Kohle und Öl, aber auch zu Mammutprojekten im Bereich der Wasserkraft wie dem Drei-Schluchten-Staudamm in China.

Auch das Angebot eines Stromanbieters, der seine Kunden ausschließlich aus umweltschonenden Energiequellen versorgt, wird Ökostrom genannt.

Energieträger

Zur Erzeugung von Ökostrom werden derzeit hauptsächlich genutzt:

Folgende Energieträger werden aus technischen und wirtschaftlichen Gründen noch wenig genutzt, obwohl sie auch als "ökologisch" bewertet werden:

Manche Ökostrom-Anbieter fassen den Begriff Ökostrom auch weiter und nutzen zum Teil auch Kraftwerksarten, die keinen Ökostrom im engeren Sinne erzeugen. Es wird argumentiert, dass diese als Übergangslösung zu fördern seien, um den Ausstieg aus konventioneller fossiler und atomarer Stromerzeugung zu beschleunigen. Hierzu gehören:

Ökostrom als Energieprodukt

Seit der Liberalisierung des Strommarktes kann jeder Verbraucher frei entscheiden, woher er seinen Strom bezieht. Entscheidet er sich für Ökostrom, wechselt er in der Regel seinen Stromanbieter. Hierbei verpflichtet sich der Anbieter, genauso viel Ökostrom in das Stromnetz einzuspeisen, wie seine Kunden entnehmen. Weil alle Verbraucher Strom aus demselben Verbundnetz beziehen und Strom physikalisch immer gleich ist, hat der Bezug von Ökostrom keine direkte Auswirkung auf den beim einzelnen Kunden gelieferten Strom, sondern auf den Strommix insgesamt.

Bei der Versorgung unterscheidet man zwischen mengengleich und zeitgleich:

  • Mengengleich bedeutet, dass der Versorger über ein Jahr verteilt jene Menge Strom ins Netz einspeist, die seine Kunden insgesamt im Jahr verbrauchen.
  • Zeitgleich (gemeint ist eigentlich gleichzeitig) bedeutet, dass der Versorger zu jedem Zeitpunkt die Menge Strom ins Netz einspeist, die seine Kunden momentan verbrauchen.

Der Stromverbrauch schwankt im Laufe des Tages. Z. B. werden in den Morgen-, Mittag- und Abendstunden Stromspitzen gemessen. Bei kleinen Verbrauchern wird ein statistisch ermitteltes durchschnittliches Lastprofil angenommen; größere Verbraucher haben spezielle Stromzähler, die den zeitlichen Verlauf der Stromentnahme festhalten. Anhand der Daten kann der Übertragungsnetzbetreiber für jeden Zeitpunkt die eingespeiste der verbrauchten elektrischen Leistung gegenüberstellen. Hat der Versorger zu gewissen Zeiten weniger Energie eingespeist, als seine Kunden verbraucht haben, so musste - da Strom an sich nicht speicherbar ist - zu diesen Zeiten die verbrauchte Strommenge von anderen Kraftwerken geliefert werden, was dem Versorger nachträglich in Rechnung gestellt wird. Siehe auch Energie-Daten-Management.

Ein Kunde eines Versorgers, der z. B. einen Strommix von „100 % Wasserkraft“ angibt, der mengengleich eingespeist wird, bekommt in Wirklichkeit zu Spitzenzeiten einen gewissen Anteil Strom unbekannter Herkunft. Nur ein zeitgleich einspeisender Versorger kann weitgehend garantieren, dass der Kunde mit dem Bezahlen seiner Stromrechnung ausschließlich jene Arten von Stromerzeugung unterstützt, die im Strommix deklariert sind. Ausgenommen hiervon sind die unvermeidbaren Übertragungsverluste in der Höhe von ca. 5-10 % der eingespeisten elektrischen Energie, welche von den Netzbetreibern ersetzt werden, ohne dass der Stromlieferant hierauf einen Einfluss hat.

Zeitgleiche Einspeisung ist technisch aufwändiger und teurer. Wenn keine näheren Angaben gemacht werden, handelt es sich üblicherweise um mengengleiche Einspeisung. Die Klimabilanz ist bei beiden Verfahren gleich.

Das Ökostrom-Angebot vieler Energieanbieter basiert nicht auf solchen direkten Lieferbezügen, sondern auf Zertifikaten. Beispielsweise werden durch norwegische Wasserkraftwerke solche Zertifikate verkauft, mit denen in Deutschland dann der normale Strommix eines Versorgers "grün" gewaschen wird. Dies ist gerade aktuell im Rahmen der Klimadiskussion vermehr zu beobachten, wo ganze Ortschaften (bspw. Kassel) auf Ökostrom umgestellt werden. Verbraucher- und Umweltverbände empfehlen deshalb dringend, beim jeweiligen Anbieter zu hinterfragen, was dieser unter dem Begriff Ökostrom versteht.

Aufpreismodell

Einen Sonderfall stellt das sogenannte Aufpreismodell dar. Hierbei bleibt der Kunde bei seinem alten Stromversorger und bezieht weiterhin den Strom, der dem Mix des jeweiligen Versorgers entspricht. Weil man jedoch einen höheren Strompreis bezahlt, wird der Differenzbetrag an Programme zur Förderung von Anlagen zur Stromerzeugung aus Erneuerbarer Energie weitergeleitet.

Dieses Modell wird vor allem von Stadtwerken genutzt. Das reine Aufpreismodell ist heute ein Auslaufmodell. In der Schweiz ist das Aufpreismodell noch weit verbreitet.

Bau und Förderung von Neuanlagen

Umweltverbände verweisen darauf, dass die Frage der Belieferung aus regenerativen Kraftwerken nur einen Aspekt von Ökostrom ausmachen. Änderungen im Sinne der Umwelt können nur erreicht werden, wenn neue regenerative Anlagen gebaut und betrieben und so die konventionellen Kraftwerke verdrängt werden.

Ein ideales Ökostromprodukt basiert deshalb auf einer zeitgleichen Belieferung der Kunden aus bereits bestehenden regenerativen Kraftwerken und einer möglichst hohen Förderung des Ausbaus der Erzeugungskapazität. Dieses Modell wurde zuerst von Greenpeace energy und der Naturstrom AG propagiert und setzt sich bei den seriösen Ökostromanbietern mehr uns mehr durch. Beispielsweise hat sich Greenpeace energy verpflichtet, die pro Jahr an eigene Kunden abgesetzte Strommenge spätestens nach fünf Jahren aus in dieser Zeit neu gebauten Kraftwerken zu beziehen.

Bei Naturstrom AG sowie bei den Elektrizitätswerken Schönau hat der Kunde zusätzlich die Möglichkeit, sich mit einem Aufpreis für ein Produkt mit höherem Ausbau der Erzeugungskapazitäten zu entscheiden.

Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz geförderter Strom

Strom, der in Deutschland über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gefördert wird, wird dem frei gehandelten Strom zu gleichen Anteilen „untergemischt“. Er kann nicht gezielt gekauft oder abbestellt werden.[1] Als gehandelter Ökostrom angebotene Energie kommt meist aus Anlagen, die die Bedingungen des EEG nicht erfüllen, oft ausländische oder alte Anlagen.

Zertifizierung

   cente

Stromerzeugungs-Zertifikate (auch Gütesiegel oder Label genannt) bestätigen die ökologische Produktion eines Stromangebotes. Bekannte Beispiele sind der "Grüne Strom Label"[2] und der "OK Power Label"[3], sowie verschiedene Zertifizierungen der großen TÜV-Gesellschaften.

Ein zentraler Punkt bei der Bewertung von Ökostrom-Angeboten ist die Frage, ob tatsächlich zusätzliche umweltfreundlich hergestellte elektrische Energie und damit weniger fossiler/atomarer Strom produziert wurde. Zertifizierte Anbieter verpflichten sich, zusätzliche Produktionskapazitäten aufzubauen.

Bei nicht zertifiziertem Ökostrom verteilen Stromanbieter vorhandenen Strom aus umweltfreundlichen Quellen (meist bestehende Wasserkraftwerke) um und verkaufen ihn teurer. In letzterem Fall erhalten die „normalen“ Stromkunden des Anbieters zum Ausgleich einen höheren Anteil am fossilen/atomaren Strom, es tritt kein Umwelteffekt auf.

RECS-Zertifikate

Hauptartikel: Renewable Energy Certificate System

Mit den sogenannten „Renewable Energy Certificate System“ haben Energiekonzerne, einzelne Umweltverbände und andere Vereine ein Handelssystem geschaffen, das den Umwelteffekt als Handelsprodukt vom physikalischen Strom trennt. Es soll ermöglichen, regenerativ erzeugten Strom, für den sich kein Ökokunde findet, als normalen Strom zu verkaufen und statt dessen an anderem Ort und Zeit normal erzeugten Strom als Ökostrom anzubieten. Auch dieses System soll sicher stellen, dass maximal so viel umweltfreundlicher Strom verkauft wie erzeugt wird[4]. Jedoch konzentriert sich dieses Verfahren auf die Umverteilung vorhandener Strommengen, zu einer zusätzlichen Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien führt es erst, wenn der mit allen im Handelssystem vorhandenen Anlagen hergestellte Ökostrom nicht ausreicht, die Nachfrage zu decken. In Einzelfällen sollen Betreiber von regenerativen Kraftwerken sowohl RECS-Zertifikate verkauft als auch den Strom als umweltfreundlich verkauft haben. [5]

Gründe, Ökostrombezieher zu werden

Ökostrom ist meist teurer als Strom, der nur die gesetzlichen Umweltvorgaben erfüllt. Im Einzelfall können Ökostromangebote jedoch günstiger als der jeweilige regionale Marktführer sein.

Umweltverbände empfehlen die Bestellung von zertifiziertem Ökostrom vor allem aus Gründen des Klimaschutzes[6] und aus einer Ablehnung der Kernenergie[7].

Aus Gründen des Verbraucherschutzes und der Wettbewerbsförderung wird empfohlen, zu kleineren Stromanbietern wie den meisten Ökostromanbietern zu wechseln[8].

Ökostromanbieter

Deutschland

Firmen wie Naturstrom AG, die Elektrizitätswerke Schönau und Greenpeace energy entstanden kurz nach der Marktliberalisierung 1999 und haben sich klare politische Forderungen auf die Fahnen geschrieben. Sie wollen den Anteil der erneuerbaren Energien am deutschen Strommix erhöhen und investieren deshalb auch in diese. Ihre Kunden sind vor allem ökologisch und politisch interessierte Bürger und Unternehmen, die gerade in den Anfangsjahren bereits waren, auch höhere Preise zu zahlen, doch ist diese Preisdifferenz inzwischen weitgehend verschwunden.

Liste der Anbieter (nach Kundenzahl sortiert)

Auch einige der großen Stromversorger bieten neben konventionellem Strom auch „Ökostrom“ an. Hierbei muss in der Regel ein Aufschlag auf den normalen Strompreis gezahlt werden.

  • NaturWatt GmbH (Tochtergesellschaft der EWE aus Oldenburg)
  • NaturEnergie AG (eine Tochter der EnBW - von Umweltschutzorganisationen kritisiert, da hauptsächlich Strom aus bestehenden Wasserkraftwerken angeboten wird)

Zwischenzeitlich haben aber auch große Energieversorger für einen Teil Ihrer Kunden komplett auf Ökostrom umgestellt, zum Beispiel die Stadtwerke Kassel, die Energie SaarLorLux oder der hessische Anbieter Entega. Verbraucherschützer sowie Greenpeace werfen den Versorgern allerdings Manipulationen beim Handel mit RECS-Zertifikaten vor wodurch konventioneller Strom in Ökostrom umgewandelt wird[9].

Österreich

In Österreich startete die oekostrom AG noch vor der allgemeinen Strommarkt-Liberalisierung, die dort erst im Oktober 2001 stattfand, mit der Belieferung von Haushalten und Gewerbebetrieben. Möglich war das, weil der österreichische Gesetzgeber für Erzeuger von Strom aus Wind, Biomasse und Solarenergie bereits ab Februar 1999 die direkte Kundenbelieferung erlaubte.

Seit Oktober 2001 bietet die Alpen Adria Naturenergie (AAE, Sitz in Kötschach-Mauthen, Kärnten) Naturstrom, Kleinwasserkraft und Naturstrom PLUS (Umweltzeichen "Grüner Strom") an. Sie wurde gegründet, um den Ausbau von Ökostromkraftwerken im Alpen-Adria-Raum voranzutreiben. In diesem Familienbetrieb wird ausschließlich saubere Energie aus zertifizierter Wasserkraft, Biomasse, Wind und Sonne gewonnen. Deshalb wurde die AAE im September 2005 von Klima-Bündnis Österreich ausgezeichnet und wird von den Umweltorganisationen Global 2000, Greenpeace und WWF empfohlen. Bis heute (10/2006) sind zahlreiche Gemeinden und über 4000 Betriebe und Haushalte Naturstromkunden geworden. In dem mit dem Eurosolarpreis ausgezeichneten Schaukraftwerk Hydro-Solar kann besichtigt werden, wie Naturstrom entsteht.

Wie in Deutschland haben auch die meisten österreichischen Ex-Monopolisten ein Ökostrom-Angebot, für das dieselben Vorbehalte gelten wie dort. Der Markt für Ökostrom wird in Österreich auf rund 20.000 Kunden geschätzt. Das ist nur ein kleiner Bruchteil der Zahl der Kunden, die rein rechnerisch bereits jetzt von Wasserkraftwerken versorgt werden. Durch Kauf von Strom aus Großwasserkraft kann daher keine Verbesserung der Stromerzeugung bewirkt werden.

Im Jahr 2005 wurde die Ökostrombörse mit dem Ziel der Förderung unterschiedlicher Kleinkraftwerke gegründet, die aus einem Zusammenschluss von kleinen Energie-Produzenten, Verteilern und Verbrauchern besteht.

Der nach eigenen Angaben größte rein private Ökostromerzeuger Österreichs ist die WEB Windenergie.

Schweiz

RegioMix ist ein Produkt mehrerer großer Schweizer Energieunternehmen, das nach dem Aufpreismodell funktioniert. Der Aufpreis wurde im Jahr 2005 von über 1000 Kunden für insgesamt 1,4 Millionen kWh bezahlt, womit Ökostrom-Anlagen gefördert wurden. Der Strommix bestand aus 80 % Kleinwasserkraft, 9 % Biomasse, 8 % Windenergie und 3 % Solarenergie.

Bei der ADEV Energiegenossenschaft spendet man einen fixen Geldbetrag pro Jahr und kann angeben, ob damit Kleinwasserkraft, Windkraft, Solarenergie oder ein Mix aus 34 % Wasser, 65 % Wind und 1 % Solar gefördert werden soll. Eine entsprechende Anzahl an Kilowattstunden wird erzeugt und mit dem Schweizer Qualitätszeichen nature made zertifiziert. Außerdem verspricht der Anbieter, jährlich 3 % des Umsatzes an ein geeignetes Projekt für eine nachhaltige Energieversorgung in Entwicklungsländern zu spenden. Derzeit wird mit 132 Kunden die Produktion von 475.000 kWh Ökostrom pro Jahr gefördert (Stand 5/2006).

Die Stadtwerke Winterthur verkaufen seit dem Jahr 2002 verschiedene Strommixangebote. Auch Ökostrom um die umweltgerechte Energie zu fördern, bieten die Stadtwerke Ökostrom aus erneuerbaren Quellen an. Stadtwerk Ökostrom setzt sich zusammen aus 95 % naturemade star-zertifiziertem Wasserstrom und 5 % Naturemade star-zertifiziertem Solarstrom.

Naturemade star ist in der Schweiz das Gütesiegel für Ökostrom und wird vom WWF Schweiz, von pro natura, dem Konsumentenforum Schweiz und den führenden Energieversorgungsunternehmen sowie Ökostromverbänden getragen.

Luxemburg

Der Anbieter CEGEDEL bezieht seinen Strom für das Angebot Nova Naturstrom bei Greenpeace energy in Deutschland.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. § 14 (3) EEG v. 21.7.2004
  2. Kriterienkatalog des Grünen Strom Labels
  3. Kriterien des OK Power Label
  4. http://www.recs.org/
  5. "Stromanbieter verkaufen Atomstrom als Ökostrom" Spiegel online 5.1.2008, "Etikettenschwindel bei Ökostrom" ARD-Tagesschau 5. Januar 2008, "Legale Stromwäsche" Die tageszeitung, 7. Janura 2008, S.2
  6. Beispiel: http://www.bund.net/nc/bundnet/service/oekotipps/detail/zurueck/klima-1/artikel/oekostrom-ist-nicht-gleich-oekostrom/
  7. Beispiele z. B. auf http://atomausstieg-selber-machen.de/
  8. http://www.verbraucherzentrale.de/stromwechsel/
  9. tagesschau.de, Kritik an Handel mit Umweltzertifikaten - "Versorger betreiben Etikettenschwindel bei Ökostrom", 5. Januar 2008
  • Grüner Strom Label e.V. – Von diversen namhaften Organisationen getragener Verein zur Zertifizierung von Ökostromanbietern nach Kriterien wie z.B. fehlenden Verstrickungen mit Kernenergienutzung
  • Energie Vision e.V. – Urheber des Labels ok-Power - getragen von Öko-Institut, Verbraucherzentrale NRW und WWF
  • Ecotopten - Öko-Institut e.V. – Vergleich der Ökostromanbieter in Deutschland