Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl

Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl (* 1588; † 31. Januar 1644) war der letzte seines Hauses. Georg II. war Oberst. Er war ein Sohn von Philipp Wolfgang von Fleckenstein-Dagstuhl († 1618) und dessen erster Ehefrau, Alexandra von Rappoltstein (* 7. März 1565; † 9. April 1610).
Bedeutung
Georg II. erlangte erhebliche Bedeutung als Vormund und Regent des noch minderjährigen Grafen Friedrich Casimir von Hanau-Lichtenberg (* 1623; † 1685) und der Grafschaften Hanau-Lichtenberg und Hanau- Münzenberg in der Endphase des Dreißigjährigen Krieges.
Die Hanauer Vormundschaft
Errichtung der Vormundschaft
Graf Philipp Wolfgang von Hanau-Lichtenberg (* 1595; † 1641) hinterließ bei seinem Tod seine zweite Frau, Dorothea Diana von Salm und seine minderjährigen Kinder, die Grafen Friedrich Casimir, Johann Philipp und Johann Reinhard (II.) und die Gräfinnen Sophie Eleonore und Agatha Christine.
Aufgrund der Minderjährigkeit der Erben musste eine Vormundschaft eingerichtet werden. Vormünder wurden zunächst gemeinsam Graf Johann Ernst von Hanau-Münzenberg und Freiherr Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl. Georg von Fleckenstein verdankte diese Position – trotz seines minderen Standes – der Tatsache, dass er ein Enkel der Anna Sibylle von Hanau-Lichtenberg, einer Tochter des Grafen Philipp IV. von Hanau-Lichtenberg, war und seitens des Hauses Hanau-Lichtenberg keine volljährigen Mitglieder mehrlebten. Es ist der einzige Fall im Haus Hanau, dass ein minderständischer Vormund ernannt wurde. Graf Johann Ernst dagegen war der nächste volljährige Verwandte im Stand eines Grafen, residierte allerdings in der geografisch weit entfernten Grafschaft Hanau-Münzenberg, wahrte so aber den ständischen Rang der Vormundschaft.
Die Hanau-Münzenberger Erbschaft
Als Graf Johann Ernst bereits 12. Januar 1642 starb, verblieb Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl als alleiniger Vormund in einer politisch aus verschiedenen Gründen prekären Situation:
- Schon die äußeren Umständen des Regierungsantritts des Mündels, des Grafen Friedrich Casimir, in der Grafschaft Hanau-Münzenberg waren schwierig: Nur verkleidet, mit einer zahlenmäßig geringen Begleitung, darunter Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl, musste Graf Friedrich Casimir sich von Hanau-Lichtenberg durch feindliches Gebiet nach Hanau begeben, wo er aber am 21. Januar 1642 eintraf.
- Verschiedene Lehnsherren der Grafschaft Hanau-Münzenberg, vor allem das Erzbistum Mainz, aber auch Kursachsen, Hessen-Darmstadt, das Bistum Würzburg und die Fürstabtei Fulda sahen in dem nur entfernten Verwandtschaftsverhältnis zwischen Erblasser und Erben eine günstige Gelegenheit, an Hanau-Münzenberg vergebene Lehen einzuziehen. So schwach deren rechtliche Position auch sein mochte – neben dem entfernten, aber eindeutigen Verwandtschaftsverhältnis bestand noch ein Erbvertrag aus dem Jahr 1610 zwischen den Häusern Hanau-Münzenberg und Hanau-Lichtenberg –, in der Situation des Dreißigjährigen Krieges zählte die tatsächliche Machtkonstellation mehr als die rechtliche Position. Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl erkannte die Situation klar und versicherte sich des Rückhalts durch die Landgrafschaft Hessen-Kassel. Die Witwe des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel, Amalie Elisabeth, eine geborene Gräfin von Hanau-Münzenberg, zu dieser Zeit Regentin der Landgrafschaft, leistete – nicht ganz uneigennützig – diplomatisch-politischen Beistand. Ihr war an einem vollständigen Erhalt der Grafschaft gelegen, da diese bei der Landgrafschaft Hessen-Kassel erheblich verschuldet war. Als Gegenleistung schloss Georg II. als Vormund der Grafschaft Hanau 1643 mit ihr einen Erbvertrag, der regelte, dass, sollte das Haus Hanau im Mannesstamm aussterben, die Grafschaft Hanau-Münzenberg an Hessen-Kassel fallen solle. Der Fall trat 1736 ein. Außerdem überließ Georg II. Hessen-Kassel als Sicherheit für die Hanauer Schulden das Hanauer Amt Schwarzenfels und die Hanauer Kellerei Naumburg.
- Die Residenzstadt der Grafschaft Hanau-Münzenberg, Hanau, bestand zum damaligen Zeitpunkt aus zwei rechtlich voneinander unabhängigen Städten: Alt- und Neuhanau. Letzteres war eine Plan-Gründung, in der an der Wende vom 16. zum 17. Jahrhundert reformierte Glaubensflüchtlinge aus Frankreich und den spanischen Niederlanden (dem heutigen Belgien) angesiedelt worden waren. Deren Führungsschicht bestand aus reichen Kaufleuten und Gewerbetreibenden, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Übermacht eine sehr starke Stellung in der Grafschaft Hanau-Münzenberg einnahmen, und die die schwache Stellung des neuen Grafen und seines Vormunds beim Regierungsantritt nutzten, um ihm für den Regierungsantritt Bedingungen zu stellen. Georg II. blieb nichts anderes übrig, als nach zehntägigen Verhandlungen die Forderungen zu gewähren, damit Graf Friedrich Casimir überhaupt sein Erbe antreten konnte. Kernpunkt der Forderungen der städtischen Hanauer Führungsschicht war die Wahrung des konfessionellen Status quo, denn Graf Friedrich Casimir war – wie die ganze Familie der Grafen von Hanau-Lichtenberg – lutherisch. Die Grafschaft Hanau-Münzenberg aber war seit der Regierung des Grafen Philipp Ludwig II. (* 1576; † 1612) reformiert. Während 50 Jahre zuvor Graf Philipp Ludwig II. das Jus reformandi, den Grundsatz cuius regio, eius religio, das Bestimmungsrecht über die Konfession seiner Untertanen, hatte ohne weiteres zugunsten der reformierten Konfession durchsetzen können, musste Georg II. nun de facto auf das Jus reformandi verzichten und die freie Religionsausübung der Reformierten nicht nur weiter gewähren, sondern sogar den lutherischen Gottesdienst für den Grafen und seinen Hof zunächst auf die Kapelle im Schloss beschränken. Erst 1658 konnte die lutherische Johanneskirche in Hanau errichtet werden. Die Grafschaft Hanau-Münzenberg wurde so bikonfessionell, was bis ins frühe 19. Jahrhundert andauerte. Allerdings wurde zunächst im alltäglichen Umgang der Konfessionen miteinander weiter heftig gestritten. Schließlich aber, 140 Jahre später, vereinigen sich die beiden Kirchen der Grafschaft Hanau-Münzenberg in der Hanauer Union in einer unierten Kirche.
Konsequenzen für die Grafschaft Hanau-Lichtenberg
Die Witwe des Vaters von Graf Friedrich Casimir, Wild- und Rheingräfin Dorothea Diana von Salm wurde bei Errichtung der Vormundschaft nicht Vormünderin – wohl weil sie „nur“ die Stiefmutter des Erben war. Sie blieb mit dessen übrigen Geschwistern in der Grafschaft Hanau-Lichtenberg und residierte dort zunächst weiter im Schloss von Buchsweiler. Dorothea Diana übernahm deren Erziehung ihrer Stiefkinder und wirkte - obwohl formell nicht zur Vormünderin ernannt - auch an der Regierung der Grafschaft Hanau-Lichtenberg mit, da sich Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl jetzt vorwiegend im Hanau-Münzenberger Landesteil aufhielt.
Tod
Georg II. von Fleckenstein starb bereits 1644. Er war der letzte der Linie Fleckenstein-Dagstuhl und hatte deshalb die Herrschaft Dagstuhl schon zu Lebzeiten an den Trierer Erzbischof Philipp Christoph von Sötern verkauft.
Da Volljährigkeit nach damals geltender Auffassung erst im Alter von 25 Jahren eintrat, war Graf Friedrich Casimir 1644 noch immer nicht volljährig. Als neuer Vormund sprang Graf Georg Albrecht von Erbach ein, der die Vormundschaft bis 1647 ausübte, als auch er starb. Da nun nur noch wenige Monate bis zum 25. Geburtstag des Grafen Friedrich Casimir blieben, wurde kein weiterer Versuch unternommen, eine Vormundschaft einzurichten.
Literatur
- Reinhard Dietrich: Die Landesverfassung in dem Hanauischen = Hanauer Geschichtsblätter 34. Hanau 1996. ISBN 3-9801933-6-5
- Detlev Schwennicke: Europäische Stammtafeln: Stammtafeln zur Geschichte der europäischen Staaten. NF VII, Taf. 26.
- Ernst J. Zimmermann: Hanau Stadt und Land. 3. Auflage, Hanau 1919, Nachdruck 1978.
Einzelnachweise
Personendaten | |
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NAME | Georg II. von Fleckenstein-Dagstuhl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Adeliger |
GEBURTSDATUM | 1588 |
STERBEDATUM | 31. Januar 1644 |