Deutsche Jungdemokraten
Die Jungdemokraten sind ein radikaldemokratischer Jugendverband. Die über 80jährige Geschichte des Verbandes soll an dieser Stelle näher behandelt werden:
Weimarer Republik
Die Jungdemokraten wurden im April 1919 als Reichsbund der Deutschen Demokratischen Jugendvereine gegründet. Später nannten sie sich dann in Reichsbund der Deutschen Jungdemokraten um. Die Jungdemokraten wurden damals als ein der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) nahe stehender Jugendverband gegründet. Die DDP war als linksliberale Partei eine der Stützen der Weimarer Republik. Zusammen mit der Sozialdemokratie (SPD) und dem Zentrum trat die DDP für den weiteren Aufbau der ersten deutschen demokratischen Republik gegen Widerstände der scheinbar entmachteten Adelskaste ein, (ohne Zentrum) auch gegen erstarkende Großindustrielle und katholischen Klerus.
Die DDP verlor jedoch zunehmend Wähler und rückte zum Ende der Weimarer Republik immer weiter nach rechts, liebäugelte dem Zeitgeist gehorchend mit nationalistischen Strömungen. 1930 fusionierte die DDP schließlich mit dem rechten Jungdeutschen Orden (JungDO) zur Deutschen Staatspartei. Die Linken innerhalb der DDP widersetzten sich erbittert der Vereinigung und gründeten im gleichen Jahr die Radikaldemokratische Partei. Dort arbeiteten führende Jungdemokraten dieser Zeit mit, leider mit wenig durchschlagendem Erfolg. Unterstützt wurde die Radikaldemokratische Partei unter anderem von Ludwig Quidde. Weitere bekannte Mitglieder der Jungdemokraten waren damals Ernst Lemmer, Julie Meyer, Erich Lüth, Thomas Dehler, die Schriftstellerin Lilo Linke, die Schauspielerin Inge Meysel (hier ist ein Fragezeichen angebracht weil Meysel sich später nicht daran erinnern konnte oder wollte), die Antifaschisten Ernst Strassmann und Hans Robinsohn - siehe Robinsohn-Strassmann-Gruppe - und der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann. 1933 beschlossen die Jungdemokraten ihre Selbstauflösung- wahrlich alles andere als freiwillig!
Zeit des Nationalsozialismus
Inwieweit nach 1933 noch Strukturen der Jungdemokraten oder der liberalen Parteien bestanden, ist leider bis heute unerforscht. Viele Jungdemokraten passten sich wohl den neuen Umständen an - wenige andere entschieden sich für eine politische und lebensgefährliche Arbeit im Widerstand.
Nachkriegszeit
Im Jahr 1947 gründeten sich die Jungdemokraten unter dem Namen Deutsche Jungdemokraten (DJD) als Jugendverband der FDP neu. Es war damals die Idee Thomas Dehlers, wieder den Namen Jungdemokraten zu verwenden. Es sollte so direkt an die Geschichte der linksliberalen Jungdemokraten der Weimarer Republik angeknüpft werden. In den ersten beiden Jahrzehnten nach dem Krieg waren die Jungdemokraten jedoch eher, parallel zum stärksten FDP Landesverband Nordrhein- Wetsfalen, rechtsliberal positioniert, wenngleich Walter Scheel als Repräsentant der dortigen "Jungtürken" schließlich u Beginn der sechziger Jahre wider den Stachel des damaligen FDP- Parteivorsitzenden Erich Mende löckte, die Ablösung des "schönen Erich" als Vizekanzler Adenauers mit betrieb. Die DJD unterstützten ein gutes Jahrzeht darauf nachdrücklich die "linksliberalen" Freiburger Thesen von Karl-Hermann Flach, verkämpften sich vergeblich für eine wenigstens scheinparätätische Mitbestimmung mit entscheidenden "leitenden Angestellten" (Unternehmer zu Leitenden zu Arbeitnehmern = 6:2:4 gegen 4:2:4), um die Unternehmerherrschaft in einen Griff zu bekommen, arbeiteten auf eine künftige parlamentarische Koaölitions- Mehrheit mit der SPD hin, waren insbesondere inhaltlich maßgeblich mit beteiligt an der Entwicklung einer neuen Ostpolitik- Vision der friedlichen Koexistenz. Unter dem Einfluss der Studentenbewegung bewegten sich die Jungdemokraten für ihre Verhältnisse vergleichsweise radikal nach links. Im Gegensatz zu den damaligen Jungsozialisten gab es in der DJD- Satzung keine Koppelung an Parteimitgliedschaft mehr, die FDP wurde als lediglich "parlamentarischer Ansprechpartner" fest gehalten. Effekt seitdem: Nur noch weniger die Hälfte der DJD- Mitglieder war auch Mitglied der FDP. Parallel dazu orientierte sich der FDP-nahe Liberale Studentenbund Deutschlands(LSD)während der Studentenbewegung nach links, trennte sich von der FDP, zerbrach jedoch schon 1969 an inneren Widersprüchen, weil er als bürgerlicher Intellektuellen- Verband denn doch mit "revolutionären" Forderungen nach grundelegender Umgestaltung des Wirtschafts- und Gesellschaftssystems nicht so recht klar kam, schon gar nicht mit der FDP. Der Liberale Hochschulverband(LHV) gründete sich als Nachfolgeverband 1972, dieser erklärte sich der F.D.P. als auch den DJD nahestehend, kämpfte jedoch gleichermaßen gegen innere Widersprüche.
Anfang der 1970er Jahre kam es in Niedersachsen zu politischen Auseinandersetzungen, die zur Gründung eines auf Niedersachsen beschränkten Jugendverband, die Sozial Liberale Jugend (SLJ) führte.
Vorwendezeit
Begeistert arbeiteten JungdemokratInnen seit der Regierungsablösung von Bundeskanzler Kurt- Georg Kiesinger durch Willi Brand und Walter Scheel ("mehr Demokratie wagen")auch im parlamentarischen Bereich verstärkt mit. Diese wenigen Jahre prägten das neue Selbstverständnis der DJD. In ihrem "Leverkusener Manifest" hatten sie fest geschrieben, dass Macht und Herrschaft gebrochen bzw. kontrolliert werden müssen, dabei marxistische Ansätze entwickelt und einbezogen. Bei den Jusos hieß das neue Rezept "Doppelstrategie", bei den DJD "Strategie der beiden Wege". Meint: Auf parlamentarischer Ebene präsent sein, jedoch gleichermaßen "Basisarbeit" betreiben, um Machtverhältnisse grundlegend zu knacken. In diese Zeit fiel etwa der Parteiausschluss des damaligen Juso- Bundesvorsitzenden Benneter, weil der einem "staatsmonopolistischem Kaputalismus" (Stamokap)das Wort redete. Just hatten die DJD erstmals eine Frau zur Bundesvorsitzenden gewählt: Ingrid- Matthäus (heute: Matthäus-Meier). Den Jusos war schon recht peinlich, wie sich die DJD öffentlich mit ihnen solidarisierten. Matthäus´ Nachfolger machten es der FDP nicht leichter, insbesondere Christoph Strässer. Schon Ende der 70er Jahre war den Jungdemokraten nämlich klar, dass die damalige FDP des Grafen Lambsdoff, Zoglmann, Josef Ertl und besonders intriganten Dietrich Genscher mit Kanzler Helmut Schmidt nicht weiter machen wollte. Auch den DJD gefiel die Regierungspolitik unter Schmidt nicht besonders (etwa der berüchtigte Pershing-Nachrüstungsbeschluss). Die Jungdemokraten bereiteten sich deshalb schon Jahre zuvor auf eine Trennung von der FDP intern vor.
Der putschartige, in der Parteibasis nicht abgesprochene Koalitionswechsel der FDP am 1. Oktober 1982 (Sturz der SPD/FDP-Regierung durch CDU/CSU/FDP)war das länst erwartete Signal. Daraufhin beschloss die Bundeskonferenz der Jungdemokraten in Bochum am 27. November 1982 einstimmig die Trennung von der FDP - durch Streichung der FDP als parlamentarischen Ansprechpartner aus der eigenen Satzung. Schon zwei Jahre zuvor hatte sich ein konkurrierender, frisch gegründeter Jugendverband vergeblich darum bemüht, von der FDP als Ersatz- Jugendverband anerkannt zu werden: Die Jungen Liberalen. Hier sammelten sich zuerst auffällig junge Menschen mit Nationalpathos, geführt von aus der DDR freigekauften Bürgern (Münter). Ihr nächster Bundesvorsitzender, eine Schnellkarriere in der FDP absolvierend, hieß dann Guido Westerwelle, wurde mit offenen Armen vom Bundesvorsitzenden Genscher empfangen- war der doch seines DJD- Jugendverbandes verlustig gegangen.
Die Jungdemokraten initiierten zunächst die Gründung der Liberalen Demokraten (LD). Ihr Problem: Die bisherigen linksliberalen Mandatsträger der FDP, ebenfalls über die FDP- Wende empört, konnten sich nicht zum Schritt einer alternativen Parteigründung entschließen, ob der ehemalige Innenminister Gerd Baum, Hildegard Hamm- Brücher, Helga Schuchard oder Friedrich Hölscher. Sie setzten auf eine erhoffte "Rückbesinnung" in der FDP, auch wenn die beim folgenden Berliner Bundesparteitag der FDP gründlich misslang: Da wurde die Wende zu und mit Helmut Kohl nämlich nach erbitterten Diskussionen mahrheitlich abgesegnet, nachdem bei den vorangegeangenen Delegiertenwahlen die konservativen FDP-Kräfte gründlich vorgearbeitet hatten.
Stattdessen glaubten die meisten linksliberalen Parlaments- Mandatsträger, mit einer "Liberalen Vereinigung" die FDP retten zu können, darunter übrigens auch der ehemalige nordrhein- westfälische Jungdemokrat Günter Verheugen. So versuchten die DJD ohne deren Unterstützung die Liberalen Demokraten zu etablieren, gezielt als Versuch, die FDP zu spalten und deren fortschrittlichen Teil der Mitglieder und Wähler mit zu nehmen. Erster Bundesvorsitzender der LD wurde Uli Krüger. Er verhinderte jedoch, warum auch immer, dass die LD bei den nächsten mehreren Landtagswahlen, so in seinem Stammland Hessen, antrat. Damit verpuffte die Sache. Schließlich wurde klar, dass mit windelweichen Ausflüchten bisheriger überregionaler Prominenz bei den nächsten Bundestagswahlen die Liberalen Demokraten kaum über den Status einer Splitterpartei hinaus kommen würden. Schließlich arbeiteten sie, der selbst verschuldeten Not gehorchend, relativ eng mit den Grünen zusammen. Mit dauerhafter Unentschlossenheit, der zunehmenden Professionalisierung grüner Parteiarbeit und später der Bildung der Grünen Jugend lockerte sich diese Zusammenarbeit. Einige Jungdemokraten, wie z.B. Claudia Roth, konnten bei den Grünen später zu ständigen hauptberuflichen Politikern aufsteigen. Andere, wie etwa der damalige baden- württembergische DJD- Landesvorsitzende Jürgen Gneitig, versprachen ohne Mandat ihres Verbandes den kompletten Wechsel zu den Grünen, bekamen dort für eine Weile einen Posten dafür.
Wendezeit
Nach der Wende in der DDR kam es ab 1990 zur Zusammenarbeit mit der Marxistischen Jugendvereinigung Junge Linke. Im Jahre 1993 fusionierten Jungdemokraten und MJV Junge Linke unter dem Namen Jungdemokraten/Junge Linke. Von 1990-94 war der Verband als politische Vereinigung selbst im Sächsischen Landtag vertreten und bildete mit anderen linken Organisationen und Parteien die Fraktion "Linke Liste/PDS". Heute sind JungdemokratInnen/Junge Linke deutlich im linken Spektrum positioniert und stehen politisch inzwischen links der Linkspartei. Mitglieder von JD/JL sind heute vor allem über die Linkspartei in diversen Landtagen vertreten, z. B. Benjamin-Immanuel Hoff, Steffen Zillich oder Heike Werner.
Doch von rein sozialistischen Positionen grenzt die JungdemokratInnen das Bekenntnis zur Radikaldemokratie ab.
Abspaltung der Antinationalen
In den 90er Jahren beherrschte die Debatte zwischen dem radikaldemokratischem und dem antinationalem Flügel die Verbandsarbeit. 1999 verließen schließlich die Antinationalen den Verband und gründeten die Junge Linke, die anfangs vor allem in Niedersachsen, Berlin, Bremen, Hamburg und Thüringen aktiv war.
Siehe auch
Weblinks
Die Sozial Liberale Jugend / Braunschweiger Manifest mit Downloads