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Islamische Ehe

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Die islamische Ehe ist eine nach Maßgabe der Scharia geschlossene Ehe. Sie gilt nach muslimischer Systematik als zivilrechtlicher Vertrag aus der Gruppe der Kaufverträge und hat keine religiöse Bedeutung.

Voraussetzungen

Bei der islamischen Eheschließung ist die Zustimmung des Bräutigams und der Braut bzw. des Heiratsvormunds der Braut (Wali), welcher durch die Braut bestimmt wird, zwingend erforderlich. Nach Auffassung mancher Rechtsschulen (Madhabib) können Frauen zur Ehe gezwungen werden, wenn der Rechtsvertreter der Vater oder Großvater väterlicherseits ist und wenn es sich um die erste Ehe der Braut handelt, bei der stillschweigend Jungfräulichkeit vorausgesetzt wird. Das Fachwort dafür ist Wali mudschbir, Heiratsvormund mit der Berechtigung zur Ausübung von Zwang.

The father or the grandfather, however, has the right to marry his daughter or granddaughter against her will, as long as she is a virgin (he is therefore called wali mudjbir, wali with power to coercion). (Encyclopaedia of Islam, New Edition, Volume VIII, Seite 27b)

Die Scharia erlaubt die Verheiratung von Mädchen ab 9 Jahren oder ab dem Einsetzen der Pubertät, d. h. im Falle von Mädchen das Einsetzen der Regelblutung. Heutiges Recht in den meisten muslimischen Ländern setzt jedoch ein Mindestalter fest.

Ein Muslim kann eine Christin oder Jüdin heiraten, eine Muslimin darf jedoch ausschließlich Muslime heiraten. Bei Zuwiderhandlung droht nach der Scharia die Todesstrafe, da eine solche Heirat der Frau als Abfall vom Islam gewertet wird. Auch in Staaten, in denen die Scharia nicht offiziell gültig ist, wird die Heirat einer Muslimin mit einen Nicht-Muslimen meist nicht toleriert und die Zwangsscheidung angeordnet. Ein solcher Fall ereignete sich beispielsweise im August 2007 in Malaysia [1]. Weltweites Aufsehen erregte der Fall der Zwangsscheidung des Ägypters Nasr Hamid Abu Zaid.

Eheschließung

Die islamische Ehe muss für die Frau durch einen Wali (Heiratsvormund) geschlossen werden, es sei den es handelt sich um die zweite oder weitere Ehen der Braut. Die Anwesenheit eines „Geistlichen“ ist nicht erforderlich, jedoch die von zwei Zeugen.

Daneben ist nach schiitischer Auffassung eine Ehe auf Zeit, die so genannte Mut'a-Ehe möglich, beispielsweise im Iran. Der zeitgebundenen Ehevertrag gehört nach muslimischer Systematik zur Gruppe der Miet- und Pachtverträge. Hierbei kann eine Ehe für einen bestimmten Zeitraum, zum Beispiel für einige Stunden geschlossen werden und endet dann automatisch. Auch die Vereinbarung einer bestimmten Anzahl sexueller Begegnungen, mindestens jedoch einer, ist möglich. Viele sunnitische Korangelehrte verurteilen diese Form der Ehe als Legitimation der Prostitution.

Praxis in der Ehe

Der Mann ist der Frau zum Unterhalt verpflichtet - es ist nötigenfalls von der Frau einklagbar. Das verdiente Geld der Frau dagegen gehört alleine ihr, ihr Mann sowie ihre Kinder haben keinen Anspruch darauf. Es ist alleine ihre Entscheidung, was sie mit dem Geld macht. Der Mann hat die Verpflichtung, seine Frau gut zu behandeln und sie zu unterstützen.

Scheidung

Die Scheidung ist im Islam grundsätzlich für Männer und Frauen erlaubt.

Für den Mann ist nach klassischer Lehre die Verstoßung jederzeit und ohne Angaben von Gründen durch das dreimalige Aussprechen der Formel „Talaq“ rechtsgültig verstoßen möglich. Die Verstoßung durch einen Brief ist nach der Scharia erlaubt und durchaus üblich. Neuerdings haben Korangelehrte entschieden, dass auch eine Verstoßung per SMS gültig sei.

Die Ehefrau kann die Scheidung nur aus zwei Gründen verlangen und muss dies vor einem Gericht einklagen: Verweigerung des Unterhalts und Nichtvollzug des Geschlechtsverkehrs durch den Ehemann über einen längeren Zeitraum bzw. Unfruchtbarkeit des Mannes. Auch eine Scheidung auf gegenseitiger Einwilligung ist möglich, d. h. wenn beide Ehepartner entscheiden, dass sie nicht mehr miteinander leben wollen. Nach moderner Rechtsprechung in muslimischen Staaten, jedoch nicht nach der klassischen Scharia, setzt eine Scheidung in den meisten Fällen eine Trennungszeit von mindestens drei Monaten voraus.

Die Ehefrau allein kann die Scheidung nur vor Gericht erwirken. Die Scheidung seitens der Frau heißt Khulla und seitens des Mannes Talaq. Die öffentliche Bekanntmachung der Scheidungsabsicht wird Verstoßung genannt. Zweimal kann eine Verstoßung zurückgenommen werden, beim dritten Mal gelten die Eheleute als geschieden. Diese Regelung soll die Ehefrau vor willkürlichen Verstoßungen des Mannes schützen.

Solche Trennung darf zweimal (ausgesprochen) werden; dann aber gilt, sie (die Frauen) entweder auf geziemende Art zu behalten oder in Güte zu entlassen. (Koran 2:229)

Gegen eine Wiederverheiratung bestehen nach Ablauf einer Wartefrist keine Bedenken, sondern diese ist sogar erwünscht.

Wurde die Scheidungsformel dreimal ausgesprochen, ist eine Wiederverheiratung erst nach der Ehe der Frau mit einem anderen Mann erlaubt.

Der Koran erlaubt einem Mann ausdrücklich bis zu vier Ehefrauen sowie eine unbegrenzte Zahl von Konkubinen (Wobei die Konkubine nur eine Sklavin sein kann d. h. keine freie Frau). Sure 4, Vers 3 lautet nach Paret:

Und wenn ihr fürchtet, in Sachen der (eurer Obhut anvertrauten weiblichen) Waisen nicht recht zu tun, dann heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, (ein jeder) zwei, drei oder vier. Und wenn ihr fürchtet, (so viele) nicht gerecht zu behandeln, dann (nur) eine, oder was ihr (an Sklavinnen) besitzt! So könnt ihr am ehesten vermeiden, unrecht zu tun.

Eine Frau hingegen kann nur mit einem einzigen Mann verheiratet sein.

Nach islamischem Verständnis sind die intimen Lebensbereiche von heiratsfähigen Frauen und Männern grundsätzlich getrennt; die Ehe ist der einzige Ort, in dem diese Trennung legitimerweise aufgehoben ist. Der Koran empfiehlt die Ehe mit diesem Hintergrund in hohem Maße; sie helfe unter anderem zur geistigen Vervollkommnung und ist daher gerne gesehen. Jede Muslimin und jeder Muslim, die zur Ehe in der Lage sind, sollten versuchen, dem nachzukommen. Ein Mann hat das Recht bis zu vier Frauen zu heiraten.

In Tunesien und in der Türkei ist die Polygamie verboten, wobei das Gesetz in der Türkei aber bisweilen durch die Imam-Ehe umgangen wird.[1] Zahlreiche muslimische Länder schränken das Mehrehe-Recht allerdings ein, in dem sie dem Gleichbehandlungsanspruch des Korans folgen. In Marokko zum Beispiel muss gerichtlich nachweisbar sein, dass ein Mann finanziell in der Lage ist, jeder Frau eine eigene Wohnung zur Verfügung zu stellen sowie für mögliche Kinder zu sorgen.

Nach einem Ausspruch des Propheten ist die Ehe der halbe Glauben. Daraus ergibt sich sowohl die Pflicht (falls möglich) als auch das Recht auf Ehe. Ein Zölibat, wie es im Christentum unter katholischen Geistlichen verlangt wird, ist im Islam ausgeschlossen: es wird als unnatürlich und unvorteilhaft für den Glauben angesehen.

Wenn der Knecht (Allahs) sich verheiratet hat, hat er (damit) schon die Hälfte der Religion erfüllt. So fürchte er Allah hinsichtlich der anderen Hälfte. (Hadith: Anas)
Wer nicht heiratet, ist nicht von mir. (Hadith: Sunan Darami (Kitabunika, 2075), Ibn Majah)

Nach Auffassung der meisten Rechtsschulen kann die Frau im Ehevertrag die Zweitehe ausschließen und hat die Wahl, eine Zweitfrau zu akzeptieren oder die Scheidung einzureichen.

Situation in verschiedenen Ländern

Europa und Amerika

Die islamische Ehe, die nach Maßgabe der Scharia in europäischen oder amerikanischen Ländern geschlossen wurde, hat in europäischen und amerikanischen Staaten keine Rechtswirkung. Rechtliche Gültigkeit hat in den jeweiligen Ländern Europas und Amerikas im Eherecht allein die vor dem Staat geschlossene zivilrechtliche Ehe.

Türkei

Dies gilt auch für die Türkei, wo die Scharia im Zuge der Gründung der Türkischen Republik 1923/24 als Gesetzesgrundlage abgeschafft wurde.[2]

Indien

In Indien ist das Eherecht der Religionszugehörigkeit untergeordnet. Dies beinhaltet, dass es für Muslime ein eigenes Familien- und Eherecht gibt.

Im muslimischen Recht wird die Ehe als Zivilvertrag betrachtet und der Qazi hält die Daten der Eheschließung in einem Nikahnama fest, das dem verheirateten Paar ausgehändigt wird. Es gilt der Muslim Personal Law (Shariat) Application Act von 1937.

Für die Scheidung wurde 1986 der Muslim Women (Protection of Rights on Divorce) Act erlassen, der auch das Thema Mahr und die Frage des Unterhalts definiert.

Berühmt wurde der Fall von Shah Bano, die 1985 ihren geschiedenen Mann auf Unterhalt verklagt hatte. Der oberste Gerichtshof hatte ihrer Klage stattgegeben und zwar nicht durch Interpretation des islamischen Rechts, sondern unter Bezugnahme auf ein altes britisch-indisches Gesetz, das den Mann zum Unterhalt verpflichtet, um zu verhüten, dass die Frau ein Sozialfall wird. Die Muslimorthodoxie protestierte gegen dieses Urteil und setzte sich mit der Meinung durch, dass sich hier der Gerichtshof in islamische Rechtsvorschriften eingemischt habe, die die Unterhaltspflicht ganz anders regelten. Die Ulema argumentierte, eine Heirat sei ein Vertrag, mit dessen Aufkündigung auch alle Verpflichtungen des Ehemannes erloschen seien. Unterhalt dürfte nur für drei Monate nach der Scheidung gezahlt werden. Die Regierung unter Rajiv Gandhi schloss sich der Sichtweise der Ulema an.

Während große Teile des indischen Rechts durch den Eingriff der Engländer sowie die Gesetzgebung der indischen Parlamente entscheidende Modifikationen erfuhren, blieb das Muslim-Familienrecht weitgehend unverändert. Dies ist auf den Widerstand der Ulema zurückzuführen, die die Sharia als Richtschnur idealen islamischen Verhaltens sieht und dem säkularen indischen Staat nicht gestattet, islamisches Recht zu reformieren.

Saudi-Arabien

Die Personenstandsgesetzgebung Saudi Arabiens basiert auf dem islamischen Gesetz, der Scharia. Dieser Vertrag soll von Zeugen unterschrieben werden und legt eine gewisse Geldsumme (mahr) fest, die von dem Mann an die Frau zu zahlen ist. In den frühen 1990er Jahren betrug der Wert eines durchschnittlichen mahr zwischen 25.000 und 40.000 Riyal; (10.000 - 15.000 Euro) gelegentlich kam es jedoch vor, dass Paare den Brauch des mahr gänzlich ablehnten und einen nominalen Betrag nutzten, um die formale Bedingungen der saudischen Ehegesetze zu erfüllen.

Legitimiert wurde dies gesetzlich durch folgenden Koranvers: Sure: 4 an-Nisa' (Die Frauen) Vers 4: Und gebt den Frauen ihre Brautgabe als Schenkung. Und wenn sie euch gern etwas davon erlassen, so könnt ihr dies unbedenklich zum Wohlsein verbrauchen.

Der Ehevertrag kann auch eine bestimmte Summe festlegen, die im Falle einer Scheidung an die Frau zu zahlen ist, oder bestimmte andere Bedingungen festlegen, beispielsweise der Frau das Recht zusichern, sich scheiden zu lassen in dem Fall, dass der Mann eine zweite Frau heiratet, oder dass in diesem Fall der Frau das Sorgerecht für die Kinder zusteht. Im Scheidungsfall geht das Sorgerecht zwingend auf den Vater über. Lediglich bis zu einem bestimmten Alter verbleiben die Kinder in der Obhut der Mutter.

Nach islamischem Verständnis sind die intimen Lebensbereiche von heiratsfähigen Frauen und Männern grundsätzlich getrennt; die Ehe ist der einzige Ort, in dem diese Trennung legitimerweise aufgehoben ist. Der Koran empfiehlt die Ehe mit diesem Hintergrund in hohem Maße; sie helfe unter anderem zur geistigen Vervollkommnung und ist daher gerne gesehen. Jede Muslimin und jeder Muslim, die zur Ehe in der Lage sind, sollten versuchen, dem nachzukommen. Ein Mann hat das Recht bis zu vier Frauen zu heiraten. Dabei gilt die Monogamie (eine Frau) als bevorzugt, Polygamie (zwei bis vier Frauen) seitens des Mannes ist zwar ungerne gesehen und verpönt, aber erlaubt.

Marokko

Marokko hat 2004 sein Familienrecht reformiert. Gewalt ist in der Ehe in Marokko strafbar. Das Heiratsalter der Frauen wurde auf 18 Jahre angehoben. Frauen haben ein Recht auf Scheidung, auf das Sorgerecht für die Kinder und auf Unterhalt.[3]

Quellen

  1. Polygamie im Islam
  2. Igfm
  3. Zeit:Majestät wünschen Emanzipation

Literatur