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Rebellionen in Portugiesisch-Timor (1860–1912)

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Boaventura, Liurai von Manufahi

Die Anti-Steuer-Rebellionen waren mehrere Aufstände in verschiedenen Teilen Portugiesisch-Timors (dem heutigen Osttimor) gegen die portugiesischen Kolonialherren. Sie fanden zwischen 1860 und 1912 statt. Die bekanntesten waren jene unter der Führung von Boaventura, dem Liurai (timoresischer Kleinkönig) von Manufahi zwischen 1895 und 1912. Bis zur endgültigen Niederschlagung der Revolten blieb die Macht der Portugiesen in der Kolonie weitgehend auf die Nordküste beschränkt. Im Landesinneren und an der Südküste konnten sich die einheimischen Liurai bis dahin ihre Unabhängigkeit weitgehend erhalten.

Hintergründe

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Die Insel Timor. Seit dem 17. Jahrhundert war sie in einen niederländischen West- und einen portugiesischen Ostteil geteilt.

Auslöser der Rebellion war die im 19. Jahrhundert immer stärker werdende Kontrolle Portugals. Zuvor waren vor allem die Reiche, in die sich die Insel aufteilte, im Landesinneren de facto unabhängig geblieben und die Macht der Portugiesen dort gering. Mit ein Grund war der ständige Wettstreit mit den Niederlanden um die Vormachtstellung auf den Kleinen Sundainseln, der Kapazitäten beanspruchte. Doch 1859 wurde im Vertrag von Lissabon ein erstes Abkommen über die Grenzziehung geschlossen. Dadurch konnte Portugal nun seine Kräfte auf die Festigung der kolonialen Macht fokussieren. Auch der technische Fortschritt und besser ausgerüstete Truppen eröffneten neue Möglichkeiten das Land unter die direkte Kontrolle Portugals zu bringen. Andererseits hatten rebellische Timoresen nun auch legal und illegal die Möglichkeit sich Feuerwaffen zu besorgen. Bis zum Handelsverbot in den 1880ern wurden jährlich bis zu 1000 Schusswaffen importiert. Außerdem hatten die Timoresen eine lange kriegerische Tradition, die sich bis in die heutige Zeit auswirkt. Konflikte innerhalb der Timoresen hatten und haben ihre Wurzeln oft in der vorkolonialen Zeiten und brachen dann bei verschiedenen Anlässen aus. Folge ist eine sehr Gesellschaft, die oft Gewalt als Lösungsweg wählt.

Im Rahmen der stärkeren Ausbeutung der Kolonie (die Vorkommen des bisherigen Hauptexportguts Sandelholz waren erschöpft) wurden die Timoresen zudem zur Zwangsarbeit (ab den 1890ern beim Straßenbau und in neu entstandenen Plantagen) gedrängt. Kaffee wurde zum Beispiel seit 1815 auf Timor angebaut. Die Liurai wurden zum Anbau gedrängt, die Ernte wurde an die Kolonialherren zu einem von ihnen bestimmten Preis verkauft. Zudem musste ein Zehntel der Reisernte abgegeben werden. Am 13. September 1906 (andere Quellen geben 1908 an[1]) wurde die Kopfsteuer für alle Familienväter zwischen dem 18. und 60. Lebensjahr eingeführt. 500 Reis in bar musste jeder zahlen, es sei denn, er leistete eine Vertragsarbeit, arbeitete auf Plantagen mit mehr als 500 Hektar Größe oder lebte in einem Reich, das mehr als 500.000 Pfund Kaffee, Kakao oder Baumwolle produzierte. Ein weiterer Schritt zur Steigerung der Kaffeeproduktion in der Kolonie. Auch Reiche mit weniger als 600 Familien waren von der Kopfsteuer befreit. Die Herrscher der Reiche erhielten als Staatsfunktionäre die Hälfte der Einnahmen aus der Kopfsteuer in ihrem Reich. Die Erhebung von weiteren Abgaben wurde den Liurai untersagt, womit bestehende traditionelle Abgabensysteme abgeschafft wurden und die Liurai abhängig von Portugal wurden. Ein Problem stellte die unbekannte Einwohnerzahl der Kolonie dar. 1910 kam eine Kommission zu dem Schluss, dass in Portugiesisch-Timor 98.920 Familien lebten, deren Oberhaupt zahlungspflichtig waren. Die Anzahl der verschiedenen loyalen Reiche betrug nach der Erhebung 73 oder 75 (Afonso de Castro, Gouverneur von Portugiesisch-Timor 1859 bis 1863 hatte in einer Liste 1868 nur 47 Reiche aufgeführt). Vor allem die Reiche an der kolonialen Grenze und im Krisengebiet von Manufahi litten unter einer abnehmenden Bevölkerung.

Gouverneur José Celestino da Silva machte die Topographie Timors für die schwierige Kriegsführung in der Kolonie verantwortlich. Nach einem schmalen Küstenstreifen steigt die Landschaft der Insel schnell zu einer fast 3000 m hohen Bergwelt, wo der Transport von Munition sich schwierig gestaltet und die Portugiesen immer wieder aus dem Hinterhalt und erhöhter Position angegriffen wurden. Das heiße Klima machte den Portugiesen zudem zu schaffen, während die Timoresen es gut vertrugen. Den timoresischen Reichen fiel es auch leicht militärische Bündnisse nach ihren jeweiligen Bedürfnissen zu bilden, die schwer zu bekämpfen waren. Den Chinesen von Atapupu (heute Westtimor) und anderen Schmugglern warf Celestino da Silva vor, die Rebellionen aus Profitgründen auch noch anzuheizen.

Die Rebellion von 1861

Die vorangegangene Phase zwischen 1852 und 1859 waren die ruhigsten, die Portugal in seiner Kolonie erlebt hatte. In dieser Zeit gibt es nur Berichte von zwei kleineren Aufständen. Einer wurde von einen timoresischen Herrscher namens Manumera geführt, der nicht einmal in einer der Listen der Liurai erscheint (möglicherweise ist es ein von einem Ort abgeleiteter Name), im anderen rebellierte 1859 der Liurai von Vemasse Dom Domingos de Freitas Soares, der noch im selben Jahr ins Exil nach Lissabon geschickt wurde.

Revolten zwischen 1860 und 1893

Im Frühjahr 1861 brachen gegen die Zwangsarbeiten an öffentlichen Projekten unabhängig voneinander Revolten im Mambai-Reich von Laclo und dem Tetum-Reich von Ulmera aus, beide in der Nähe von Dili. Gouverneur Afonso de Castro, der zu diesem Zeitpunkt auf Java Erholungsurlaub machte, reagierte bei seiner Rückkehr mit Härte. Gegen Laclo entsandte er Cabeira, einen Veteranen und Kenner des Landes, um eine Basis in Manatuto zu errichten. Doch er konnte nur auf einige Truppen aus Vemasse zurückgreifen. Bereits im April kam es zu Gefechten. Den loyalen Liurai von Liquiçá überredete de Castro zu einer Strafexpedition gegen Ulmera. Hier zeigte Maubara Sympathien für die Rebellen. Es gibt Spekulationen, dass Dom Carlos, der Liurai von Maubara selbst Ulmera zur Revolte angestachelt hat. Er akzeptierte die Übergabe seines Reiches von den Niederlanden an Portugal gemäß dem Vertrag von Lissabon nie, trotz niederländischer Überredungsversuche.

Am 10. Juni erklärte de Castro den Notstand und ließ Waffen an Zivilisten und sogar an die chinesische Bevölkerung Dilis austeilen. Außerdem konnte er auf 40 indische Krieger zurückgreifen, die nach dem Sepoy-Aufstand gegen die Briten 1857 nach Timor ins Exil kamen. Doch die angeforderte Verstärkung aus Goa brauchte noch Zeit um nach Timor zu gelangen. Daher fragte de Castro bei den benachbarten niederländischen Kolonien auf den Molukken um Unterstützung. Der Gouverneur von Batavia entsandte daraufhin die Fregatte mit Dampfantrieb Citadelle d’Anvers, die Dili am 22. Juni erreichte.

Am 26. August wurde die Rebellion in Laclo niedergeschlagen. Das Lager der Rebellen wurde niedergebrannt und den einheimischen Verbündeten Plünderungen und die Kopfjagd auf die Rebellen erlaubt. Der Belagerungszustand wurde für Dili aufgehoben. Der Sieg Portugals wurde von Gouverneur de Castro in Dili ausführlich gefeiert, inklusive dem traditionellem Likurai-Tanz, der für die vom Krieg heimkehrenden Männer von den Frauen vorgeführt wird. Dazu trug man die Köpfe der erschlagenen Feinde in einer Prozession durch den Ort. Die Kopfjagd war Teil des Funu, des rituellen Krieges. Die Köpfe der erschlagenen Feinde wurden normalerweise ins Heimatdorf unter Begleitung düsterer Gesänge (den Lorsai) und des Likurai-Tanzes getragen, wo sie als heilige Objekte (Lulik) dienten.

Mit dem Beginn der Regenzeit verlor de Castro die Unterstützung seiner timoresischen Krieger, da diese sich nun um ihre Felder kümmern mussten. Daher kündigte de Castro an, selbst die Truppen in das noch immer rebellierende Ulmera zu führen. Damit wollte er um die Loyalität der Liurai werben. Am 18. September versammelten sich in Dili 1.200 einheimische Krieger. Im revoltierenden Reich traf de Castro noch auf die Unterstützung aus Liquiçá, so dass er nun über 3.000 Mann verfügte. Ulmera wurde überrannt und der Herrscher von Ulmera und sein Sohn als Gefangene nach Dili gebracht. Dort wurde eine weitere Siegesfeier veranstaltet, wo der gefangene Liurai niederknien und sich zur Zahlung einer hohen Entschädigungssumme verpflichten musste. Auch die Köpfe der gefallenen Gegner wurden wieder präsentiert. De Castro schrieb später über die Rebellion: „Es benötigt Stärke, nicht zum tyrannisieren, sondern um ein träges Volk dazu zu bringen, die Gesetze zu befolgen und zur Arbeit zu zwingen.“

Im März 1862 erreichte Timor schließlich eine Korvette aus Macao. Zwar war sie zu spät, um noch bei der Rebellion einzugreifen, doch das Geld und die Truppen an Bord wurden nun verwendet um, wie de Castro sagte, „unsere Dominanz zu konsolidieren, die heikle Lage unserer Beamten zu stärken und die Ressourcen in unserer Kolonie für Wirtschaft und Industrie besser zu nutzen.“ De Castro hatte Pläne in jedem Königreich der Kolonie eine Kaffeeplantage zu errichten. Zudem gründete er in jedem Distrikt Militärposten um die relative Unabhängigkeit der Liurai zu schwächen.

Im Juni 1863 wurde ein Aufstand der Makasae von Laga niedergeschlagen und das Dorf niedergebrannt. Dabei wurde der Rebellenchef von Laclo gefangen genommen. Doch Gouverneur José Manuel Pereira de Almeida konnte sich nicht lange über diesen Sieg freuen. Nach einem Jahr im Amt, wurde Almeida durch eine Revolte der Truppen vertrieben. Grund war nicht ausgezahlter Sold und Almeidas diktatorischer Stil. In Folge dessen meuterten europäische und timoresische Mitglieder des Batalhão Defensor gegen den inneren Kreis von Beamten aus Goa. Ein Inder und der Capitão China wurden umgebracht und die Inder nach Batugade vertrieben. Bis Almeidas Nachfolger José Eduardo da Costa Meneses zwei Monate später eintraf, wurde die Kolonie von einem Rat mehrerer Würdenträger regiert. Costa Meneses löste die Finanzprobleme, die zur Revolte geführt hatten, indem er eine Anleihe beim Generalgouverneur von Niederländisch-Indien aufnahm. Als Costa Meneses aufgrund einer Krankheit 1866 nach Lissabon zurückkehrte, wurde er vor Gericht gestellt, da er mit der Kreditaufnahme seine Kompetenzen überschritten hatte. Costa Meneses starb während des Verfahrens. Nun musste Francisco Teixeira da Silva als Gouverneur die unliebsamen Folgen der Meuterei beseitigen. Beförderungen und Solderhöhungen durch seinen Vorgänger wurden zurückgenommen.

Als nächstes kam es in Fatumasi zum Aufstand. Bei der Niederschlagung wurden die Portugiesen hier durch den Herrscher von Ermera unterstützt. In Cotubaba (Tutubaba?), nahe Batugade an der Nordküste, kam es 1865 zu einem Angriff auf portugiesische Truppen durch timoresische Krieger. Gleichzeitig vereinigten sich die Liurai von Cová und Balibo zur Revolte gegen die Kolonialherren. Portugal reagierte mit dem Beschuss der Küste durch die 13 Geschütze der Dampfschiff-Korvette Sa de Bandeira.

Die Rebellion in Vemasse, Lermean und Sanirin

Im Frühjahr 1867 erhoben sich die Kemak aus Lermean (Raemean?), nahe Maubara. Gouverneur Texeira da Silva schlug den Widerstand in einem ungleichen Kampf nieder. In der 48 Stunden dauernden entscheidenden Schlacht mussten sich die Rebellen gegen eine an Feuerkraft überlegene Übermacht wehren. 15 Dörfer wurden eingenommen und niedergebrannt. Die Anzahl der Opfer unter den Timoresen ist nicht bekannt, die Portugiesen bezifferten ihre Verluste mit zwei Toten und acht Verwundeten. Das Territorium Lermeans wurde auf die benachbarten Reiche aufgeteilt.

Im August 1867 rebellierten die Einwohner vom Galoli-Reich von Vemasse, zu dem auch Laga gehörte. Sie belagerten Lalcia. Texeira da Silva beendete die Belagerung und schlug den Aufstand nieder mit Hilfe der verbündeten Könige von Motael, Hera, Laculo (Lacoliu?) und Manatuto. Der Liurai von Vemasse wurde durch seinen Stellvertreter ersetzt, der einen Bündnisschwur ablegte und friedliche Beziehungen zu den Nachbarn versprach. Doch 15 Jahre später sollte es zu Kämpfen zwischen Vemasse und Laleia kommen, wofür der Kommandant der Militärkommendantur verantwortlich gemacht wurde. Die nahegelegenen Reiche von Faturó (Futoro) und Sarau (Saran) wurden ebenfalls zu einem Bündnis mit Portugal überzeugt.

1868 entsandten die Portugiesen eine Streitmacht nach Sanirin (Sanir, Saniry) in der Militärkommandantur Batugade, dessen Liurai sich weigerte Steuern zu Zahlen. Die Kemak von Saniry waren offiziell Balibo tributpflichtig.

Die Rebellion in Cová

Im Tetum-Reich von Cová brodelte der Widerstand schon seit mehreren Jahren, doch mit der großangelegten militärischen Offensive 1868 sollte nun auch dieses Gebiet befriedet werden. Das Reich Covás reichte bis zur Nordküste und ins Gebiet des niederländischen Westtimors. Der Umstand, dass Cová auch von Herrschern aus dem Westteil der Insel unterstützt wurde, beunruhigte die Portugiesen zusätzlich. Das Fort von Batugade, das sich bereits auf dem Gebiet von Cová befand, wurde zur Basis der portugiesischen Militärexpedition, die aus Truppen aus Dili und irreguläre Einheiten aus Manatuto, Viqueque und Luca bestand. Am 20. August 1868 zerstörten die Portugiesen drei befestigte Siedlungen der Widerständler. Das Hauptquartier wurde mit Artillerie und Raketen bombardiert, was dort zu einer hohen Zahl an Opfern führte. Die portugiesische Seite hatte nur einen Toten und einen Verletzten zu beklagen.

Doch innerhalb eines Monats mussten sich die Portugiesen aufgrund von gut befestigten Forts der Rebellen bis nach Batugade zurückziehen. 83 Tote gab es unter den portugiesischen Truppen, darunter der Chef der einheimischen Truppen aus Laclo. Texeira da Silva entsandte daraufhin eine Verstärkung von 1.200 Mann aus regulären Truppen, loyalen Moradores und Kriegern der Könige von Barique, Laleia, Ermera, Cailaco und Alas. Mit dabei, zwei Haubitzen. Cová sollte mit 800 Mann aus dem Norden Batugades und mit einer ähnlichen Streitmacht aus der anderen Richtung eingeklammert werden. Wieder einen Monat später wurden weitere Truppen aus Oecussi, Ambeno, Cailaco und Ermera nach Batugade gebracht.

Zwar gab es an dem Sieg der Portugiesen nie wirklich Zweifel, doch wollte der neue Gouverneur João Clímaco de Carvalho einen symbolhaften Sieg. Im Mai 1871 traf de Carvalho mit seinem Gefolge in Batugade ein, um sich mit den Königinnen von Cová und von Balibo zu treffen. Balibo stand damals auf Seiten Covás. Die Zeremonie der Unterwerfung sollte nach de Carvalho Willen „feierlich sein und allen formalen Bräuchen folgen“. Die Königin von Balibo, Dona Maria Michaelia Doutel da Costa und ihr Gefolge erreichte Batugade pünktlich am 29. Mai, doch die Königin von Cová, Dona Maria Pires kam nicht. Dona Maria Michaelia unterzeichnete am 1. Juni 1871 die ihr vorgelegten Vereinbarungen, die eine Unterwerfung Balibos als Vasallen Portugals bedeuteten. Balibo stimmte damit zu, Portugal Steuern zu zahlen und Waffenhilfe zu leisten. Letztlich dauerte es bis 1881, bis Cová die Vorherrschaft Portugals anerkannte.

Die Revolte der Moradores

1887 wurde Gouverneur Alfredo de Lacerda Maia von einer Gruppe Moradores in einem Hinterhalt auf der Straße zwischen Dili und Lahane ermordet. Die Moradores waren Timoresen, die von portugaltreuen Liurais rekrutiert wurden, ohne dafür einen Sold zu erhalten. Gruppen von ihnen waren in Dili, Batugade und Manatuto stationiert. Dili fiel, laut der Presse in Macao, in totalen Terror. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich nur etwa 100 bis 150 europäische Soldaten, in etwa die selbe Anzahl waren Moradores und indische Soldaten.

Der neue Gouverneur António Francisco da Costa begann mit großangelegte Untersuchungen. Duie Ursache der Unruhen war schnell geklärt. Francisco Ferreira, der Sekretär des alten Gouverneurs, hatte in dessen Namen den Bogen überspannt. Schwieriger war festzustellen, wer Schuldiger oder nur Sündenbock war. Die Rädelsführer waren in die Hügel geflohen, so dass das Militär Suchaktionen in Liquiçá durchführte. Unruhen gab es auch in den Reichen, vor allem in Manatuto. Schließlich wurden die Verdächtigen auf dem Kanonenboot Rio Lima nach Macao gebracht und in dem berüchtigten Fort Monte eingekerkert. Andere, wie der Herrscher von Motael Lucas Martins, wurden in Goa vor Gericht gestellt, was er letzlich der weniger brillianten Verteidigung eines timoresischen Missionars verdankte. Die Revolte hatte die Portugiesen in Timor in uihren Grundfesten schwer erschüttert. Die Ermordung Lacerda Maias war der Beginn von Aufständen zahlreicher Liurais, ganz vorne Dom Duarte und sein Sohn Boaventura von Manufahi.

Die Revolte von Maubara

Das Fort von Maubara

Gouverneur António Francisco da Costa versuchte die militärische und administrative Kontrolle Portugals über seine Kolonie auszuweiten, unter anderem durch ein effektiveres System zur Steuereintreibung. Damit zog die Kolonialverwaltung die Wut der Liurai auf sich, die sich schließlich unter Gouverneur Cipriano Forjaz 1893 in der Revolte von Maubara entlud. Der Herrscher von Maubara griff die Militärposten von Dato und Vatuboro (Fatuboro) an und tötete dabei mehrere Soldaten. Das Territorium unter seiner Kontrolle bot er den Niederlanden an, den alten Kolonialherren Maubaras bis 1859. Gouverneur Forjaz forderte daraufhin das Kanonenboot Diu zur Unterstützung an.

Die Diu brauchte für die Strecke von Macao nach Dili nur acht Tage, wo sie am 21. Juni eintraf. Nur wenige Jahrzehnte zuvor wäre eine solch schnelle Reaktion nicht möglich gewesen. Kurz darauf beschoss die Diu Vatuboro mit ihren Krupp-Kanonen und Hotchkiss-Schnellfeuergeschützen. Danach wurde ebenso Dato beschossen und ein Landekommando abgesetzt. Sie bestand aus 37 afrikanischen Soldaten, 220 Kriegern aus Liquiçá, 60 aus Maubara, 96 Moradores und 204 weitere Soldaten. Dem Herrscher von Atabae, der ebenfalls rebellierte, wurde ein Ultimatum gestellt. Am 14. Juli willigte er ein und schwor dem König von Portugal Treue. Portugal und Cotubaba musste Atabae Entschädigungen zahlen in Form von Geld, Büffeln und Schweinen.

Die Folgen des Massakers in Maubara waren weiterreichender als nur die durch die Kämpfe Umgekommenen. Denn durch die verwesenden Leichen und Tierkadaver brach in Maubara, aber auch in Tibar, Atapupu und auf Alor die Cholera aus. Einen Zusammenhang zwischen Kämpfen und Ausbruch der Seuche kennt man auch bei den Kolonialkriegen der Niederlande auf Sumatra gegen die Padris und Aceh und jener der Briten in Ägypten.

Der Krieg von Manufahi

José Celestino da Silva

Der portugiesische Gouverneur José Celestino da Silva (1894–1908) führte nach Amtsantritt die Festigung der portugiesischen Herrschaft weiter. Mit verschiedenen Reichen wurden schriftliche Verträge über ihren Vasallenstatus geschlossen, so mit Maubara im November 1893, Hera und Dailor im Januar 1894, Fatumean im September 1895 und Buibau (Boebau) und Luca im April 1896. Der Wert dieser Verträge war allerdings fragwürdig, vor allem wenn sie unter Druck zustande kamen. In der ganzen Kolonie wurden neue Militärposten gegründet.

Zudem startete Celestino da Silva drei Offensiven gegen verschiedene Reiche. Im Oktober 1894 gegen Lamaquitos, Agassa, Volguno und Luro-Bote; im März 1895 gegen Fatumean, Fohoren, Lalawa, Casabauk, Calalo, Obulo und Marabo und schließlich im August 1895 gegen das Reich von Manufahi. Der Liurai von Manufahi Dom Duarte vereinigte sich daraufhin mit jenen aus Raemean (Raimean) und Suai und weiteren Gebieten zum Widerstand durch einen Blutpackt. Boaventura, Sohn von Dom Duarte wurde nach Cailaco, Atsabe, Balibo und in andere Reiche geschickt um Bündnisse zu schließen. Manufahi konnte sich gegen den Angriff der kolonialen Truppen und 12.000 verbündeter Timoresen bis 1896 behaupten. Dann setzte sich immer mehr die Kolonialmacht durch, wenn auch unter schmerzhaften Umständen. So wurde das Fort von Batugade von Rebellen aus Fatumean zeitweise besetzt, während die Besatzung an einen anderen Ort kämpfte. Zudem verlangte Celestino da Silva 1896 15.000 bis 20.000 Patacas von der damals zuständigen kolonialen Regierung in Macao, um die Kosten für die Munition zu decken, die gegen die Rebellen eingesetzt wurde. 1900 sah sich Manufahi um die bereits geschlagenen Verbündete gebracht und litt selbst unter einer Choleraepidemie. Um einem Massaker zu entgehen ergab sich Manufahi. Dom Duarte trat zu Gunsten seines Sohnes Boaventura als Liurai ab.[1]

Portugiesisch-Timor 1894 bis 1910

Aus Sicht Celestino da Silvas könnten zukünftige Kriege nur verhindert werden, wenn Militär, zivile Beamte und auch die Missionare gute Arbeit leisten würden. So erkannte Celestino da Silva das große Potential der Insel für den Kaffeeanbau. Er gründete daher in verschiedenen Teilen der Kolonie Schulen, um der Bevölkerung Grundlagen der Landwirtschaft beizubringen. Allerdings brachen trotzdem weitere Rebellionen aus in Ainaro (1902), Letefoho und Aileu (1903), Quelicai (1904) und schließlich wieder in Manufahi (1907). Portugal entschied sich 1908, den Liurai die Autorität zu entziehen und die Gerichtsbarkeit in die Hände der kolonialen Verwaltung zu legen. Die neue portugiesische Administration baute auf der einheimischen Ebene unterhalb der Liurai auf, dem Suco. Die Wahl (oder besser gesagt, die Bestätigung) der Führer der Suco war abhängig von der Genehmigung durch die Portugiesen. Aus einer Gruppe von Sucos wurde ein Posto bestimmt und diese Postos wurden in einem Concelho (Rat) versammelt. Dieser Concelho überwachte die Postos durch die portugiesische Verwaltung. Diese Umorganisation sollte die traditionellen Strukturen zerbrechen und den Einfluss der Familienclans zerstören,[2] eine Methode, die bereits in Portugals afrikanischen Kolonien zu deren Befriedung benutzt wurde.

Die politische und administrative Neustrukturierung veränderten die lokale Ideologie und den Alltag ebenfalls nicht. Die Führer der Sucos brauchten immer noch die Unterstützung und das Wissen der Liurai und ihrer verwandtschaftlichen Verbindungen. Traditionelle Hierarchien blieben bestehen, unterstützt durch lokale Traditionen und Weltanschauungen. So entstand ein System auf zwei Ebenen – einer kolonialen und einer einheimischen traditionellen.[2] Zudem schienen die Timoresen immer mehr rebellisch zu werden, je mehr man das kulturfremde Arbeitssystem „Geld für Arbeit“ einführte.

Portugiesisch-Timors Gouverneur Teófilo Duarte (1926 bis 1928) kritisierte, dass Celestino da Silvas Militärexpeditionen „eine enorme Summe an Geldern“ gekostet hätten und die besonderen Sicherungsmaßnahmen „in keiner anderen Kolonie existieren“.

Die Rebellion von Manufahi

Der Sturz der Monarchie in Portugal

Emanuel II., Portugals letzter König

Den Epilog zur Rebellion von Manufahi bildete der Sturz der Monarchie und die Ausrufung der Republik in Portugal am 6. Oktober 1910. Nachdem erste Gerüchte die Runde machten, erreichte ein Telegramm Dili am 7. Oktober 1910 mit der offiziellen Meldung. Am nächsten Tag wurde sie nochmals bestätigt durch den portugiesischen Kreuzer São Gabriel, der im Hafen von Darwin lag. Gouverneur Alfredo Augusto Soveral Martins gab am 30. Oktober offiziell die Ausrufung der Republik bekannt, die blau-weiße Flagge des royalen Portugals wurde eingeholt und die neue grün-rote Flagge Portugals wurde unterm Abfeuern von 21 Schuss Salut gesetzt. Es dauerte bis zum 5. November die Verwaltung auf die neue Situation umzustellen. Das beinhaltete vor allem das Erscheinungsbild, wie Briefköpfe offizieller Schreiben, Symbole an Verwaltungsgebäuden, militärische Uniformen und ähnliches. Eine Ausnahme bildeten die Pataca-Banknoten, die bis 1912 mit den königlichen Symbolen im Umlauf blieben. Soveral Martins verließ Anfang November Dili, nach dem tragischen Tod seiner Frau. Das Amt wurde von Soveral Martins Sekretär, Kapitän Anselmo Augusto Coelho de Carvalho protokollarisch weiter geführt. Ihn ersetzte am 22. Dezember, ebenfalls protokollarisch, Kapitän José Carrazedo de Sousa Caldas Vianna e Andrade. Doch die Veränderungen waren nur für die Stadtbevölkerung und die europäisch ausgebildeten Timoresen spürbar. Die Landbevölkerung merkte keine Unterschiede und die Liurai wurden durch die Abschaffung der Monarchie eher verwirrt. Die Liurai schöpften einen Teil ihres Herrschaftsanspruchs aus heiligen Objekten (Lulik), die im Besitz der Herrscherfamilien waren. Als die Portugiesen die Timoresen unterwarfen, übergaben sie den Liurai als Vasallen die portugiesische Flagge, die in den Augen der Timoresen, genauso wie der Flaggenmast selbst zu heiligen Objekten wurden, die die Herrschaft der Portugiesen und der ihnen treuen Liurai legitimierte. Zusätzliches Chaos verursachte die Vertreibung der jesuitischen Missionare, die ebenfalls in Augen der Timoresen als heilige Männer eine Quelle des Herrschaftsanspruchs der Portugiesen darstellten. Am 23. Dezember wurden die Jesuiten auf Weisung aus Dili aus Soibada vertrieben, was letztlich einen Rückschlag für die Portugiesen in der Region bedeutete. Die anti-klerikalen Strömungen in Portugal fanden auch in Dili unter den Europäern und assimilierten Timoresen fruchtbaren Boden. Es bildeten sich einige republikanische Zellen und sogar eine Freimaurerloge. Die Revolution und ihre Ziele waren den Liurai schwer zu vermitteln. Bevor der neue Gouverneur Filomeno da Cámara Melo Cabral (1911-1917) eintraf, arbeiteten einige Beamte gegen die republikanischen Ideale. Und auch die Niederländer unterstützten anti-republikanische Strömungen bei den Timoresen, indem sie Bilder der niederländischen Königin Wilhelmina verteilten. Zudem sahen die Niederlande in der unübersichtlichen Situation eine Chance sich das umstrittene Territorium von Lakmaras mit europäischen und javanischen Truppen anzueignen.

Der Beginn

Niederländisch- (orange) und Portugiesisch-Timor (grün) 1911

1911 erhob sich Boaventura ein letztes Mal gegen die portugiesischen Kolonialherren. Die Rebellion von Manufahi oder auch die Boavista-Rebellion war wahrscheinlich die blutigste, auf jeden Fall aber der Aufstand, der am tiefsten im Gedächtnis Osttimors verwurzelt ist, zumal sie durch koloniale Berichte, offizielle Meldungen, Zeitungsartikeln und Augenzeugen besser dokumentiert ist, als jede Rebellion zuvor. Auch in der portugiesischen Kolonialgeschichte ist sie eine der größten Erhebungen. Damals hatte das Reich etwa 42.000 Einwohner, nur etwas weniger als der heutige Distrikt Manufahi. Hauptort war bereits damals Same. Die Bevölkerung ernährte sich vom Getreide- und Obstanbau, daneben wurden Pferde und Schafe gezüchtet und Kaffee und Tabak angebaut. Die Region war bekannt für herausragende Leder-, Gold- und Silberarbeiten.

Im Oktober 1911 forderten Boaventura und einige andere Liurai der Region ein Treffen mit dem Kommandanten von Suai, da eine Erhöhung der Kopfsteuer angekündigt worden war. Sie sollte von einem auf zwei Patacas und zehn Avos erhöht werden. Dazu kam noch das Verbot für Einheimische, Sandelholz zu schlagen, eine Steuer von zwei Patacas pro gefälltem Baum, die Registrierung des Viehbestandes und von Kokospalmen und eine Steuer von fünf Patacas für die Schlachtung von Tieren für Festlichkeiten. Die Liurai verlangten einen Erlass. Am 5. Oktober, dem Jahrestag der Proklamation der Republik, versammelten sich angeblich mehrere Herrscher in den Vororten von Dili. Nach portugiesischen Berichten aus der Zeit planten sie eine Verschwörung, bei der alle Europäer ermordet werden sollten. Die Anwesenheit eines englischen Handelsschiffs im Hafen von Dili soll sie von ihrem Plan abgebracht haben.

Aufgrund der bedrohlichen Situation wurde der portugiesische Posten von Suai am 8. Dezember evakuiert. Ein mosambikanischer Soldat, der Meldungen nach Bobonaro bringen sollte, wurde auf dem Weg hin umgebracht. Der 24. Dezember gilt als der eigentliche Beginn der Rebellion. An diesem Tag brachte man den abgeschlagenen Kopf von Leutnant Alvares da Silva, dem Kommandanten vom Militärposten Same, seiner Frau. Sie blieb verschont, während vier oder fünf weitere Europäer auf Befehl von Boaventura getötet wurden. Die Rebellion dehnte sich schnell auf die benachbarten Regionen aus. Die Plantagen in der Region lagen brach.

Am 29. Dezember suchten 1.200 Timoresen aus Angst vor portugiesischen Repressalien Schutz in der niederländischen Enklave Maucatar. Unter ihnen der Liurai von Kamenasa (Camenassa) und sein Gefolge.

Portugals Reaktion

Ein Surik aus Maubisse

Der Militärkommandant von Manufahi hatte bereits am Anfang der Rebellion damit begonnen Stellungen der Aufständischen anzugreifen und strategisch wichtige Punkte zu besetzen. Zu diesem Zeitpunkt waren in der Kolonie 76 europäische und 96 asiatische Soldaten stationiert. Dazu kamen Streitkräfte aus einheimischen Moradores, Arraias und Krieger aus den Reichen um Dili. Die Bewaffnung ließ mit sinkendem Status stark ab. Die Kolonialsoldaten hatten Remingtongewehre oder Steinschlossgewehre, die Moradores nur Suriks oder Macheten.

Am 5. Januar zog Gouverneur Filomeno da Cámara mit 200 Mann nach Aileu und errichtete dort eine Basis. Zu den 25 europäischen Soldaten und Moradores schlossen sich auf dem Weg noch loyale Arraias den Truppen an. Nach drei Wochen im Schlamm der Regenzeit war ein Großteil des Territoriums wieder unter Kontrolle Portugals. Die geschwächten Einheiten wurden verstärkt auf 2070 irreguläre Kämpfer, 264 Moradores, 65 Berufssoldaten und acht Offiziere. Doch die Truppen waren immer noch zu schwach zum Angriff auf die Hauptstadt Boaventuras. Daher versuchte Filomeno da Cámara nach alter portugiesischer Kolonialart loyale und rebellische Liurais gegeneinander auszuspielen. Unterstützung erhielt er vom Verräter-Liurai Nai-Cau (Naicau) und seinem Neffen Aleixo Corte-Real aus Soro. 1907 hatte Nai-Cau die Unabhängigkeit Soros vom Reich von Atsabe errungen. Im Osten und Süden grenzte es an Manufahi. Beim Angriff Boaventuras auf Ainaro kam Nai-Cau dem bedrohten Militärposten zur Hilfe.

Am 19. Februar 1912 meldete der Sydney Morning Herald:
Der Großteil der Insel Timor ist in Aufruhr. Männer des Rameastammes überfielen Dili, töteten viele Einwohner und brannten viele Häuser nieder. Major Ingley, Leutnant Silva und mehrere Soldaten wurden während der Straßenkämpfe getötet. Die Köpfe wurden von den Rebellen abgeschnitten und auf Pfähle gesteckt. Das Regierungsgebäude wurde geplündert.

Der Bericht übertrieb die Situation, doch Dili wurde tatsächlich schwer in Mitleidenschaft gezogen und europäische Familien evakuiert. Dennoch konnte die Stadt durch eilig zusammengesuchte Verteidiger vor einer Plünderung bewahrt werden. Zur Verstärkung schickte Portugal von Macao aus das Kanonenboot Patria, das am 6. Februar eintraf. Am 11. Februar ereichte Dili das englische Dampfschiff St. Albans mit 75 Soldaten (zur Hälfte Europäer) der Companhia Europeia da India und am 15. Februar das englische Schiff Aldenam mit der achten Companhia Indigena de Moçambique. Außerdem wurde in Mosambik eine Kompanie Soldaten mobilisiert um sie an Bord des portugiesischen Schiffes Zaire nach Timor zu schicken. Jaime do Inso, zweiter Leutnant an Bord der Patria berichtete von drei Köpfen, die in Laclo aufgehängt worden waren, Beleg für die „abscheuliche Grausamkeit des Krieges primitiver Menschen“, wie er schrieb. Es mag do Isno entgangen sein, dass Gouverneur de Castro 50 Jahre zuvor diese timoresische Tradition selbst für seine Siegesfeiern verwendet hatte.

Die Kämpfe gingen weiter bis in den Mai hinein. Nun brachen auch Gefechte in der Enklave Oecussi aus. Die portugiesische Streitmacht wurde laut do Isno in vier Kolonnen geteilt. Manufahi, als Zentrum der Rebellion, sollte isoliert werden und von der Unterstützung aus den benachbarten rebellierenden Reichen Raemean, Cailaco, Bibisusso (Bubususu?), Alas und Turiscai (Toriscai) abschneiden. Die Hauptkolonne, die Maubisse eingenommen hatte, wurde vom Gouverneur geführt. Sie bestand aus 4000 Mann, darunter 20 Europäer, 200 Afrikaner, 500 Moradores und Arraias. Mit dabei ein Krupp BM75L-Geschütz. Von Soibada aus zog die zweite Kolonne mit einer indischen Kompanie, einigen hundert Moradores und einem Nordenfeldt-Maschinengewehr. Die dritte Kolonne hatte ihre Basis in Soro und bestand aus zwei Europäern, 70 Afrikanern und 200 Moradores. Auch hier stand ein Maschinengewehr zur Verfügung. Die vierte Kolonne mit hundert Moradores lag an der Grenze zu Westtimor. Teilweise waren die Truppen sogar aus Angola herangezogen worden.[2]

Das Ende

Rebellion von Manufahi 1911 bis 1912

Es scheint, dass zu diesem Zeitpunkt Boaventura schon bereit für einen Friedensschluss war, doch Filomeno da Cámara wollte nun einen entscheidenden Sieg. Am 27. Mai 1912 griff er die befestigten Stellungen der Rebellen am Berg Cablac an. Filomeno da Cámara verfügte dabei über 8.000 irreguläre Kämpfer, 1.147 Soldaten und 34 Offiziere, die bisher größte europäische Streitmacht auf Timor. In der Schlacht wurden die Rebellen zur Flucht zum Berg Leolaco gezwungen, wo 12.000 Männer, Frauen und Kinder von den Portugiesen in einem 35 km² großem Gebiet eingekreist wurden. Beim Ausbruchversuch wurden mehr als 3.000 Timoresen getötet. Boaventura konnte entkommen.

Im April wurde die Patria erneut nach Timor beordert, nachdem sie zwischenzeitlich aufgrund der Revolution in China nach Macao zurückberufen wurde. Sie beschoss die letzten Stellungen Boaventuras an der Südküste der Insel bei der Residenz der Königin von Betano. Der Lärm der Geschütze und ihre verheerende Wirkung hatte neben dem militärischen auch einen deutlichen psychologischen Effekt auf die Timoresen. Außerdem brachte die Patria dringend benötigte Waffen und andere Versorgungsgüter für die portugiesischen Bodentruppen. Boaventura wurde eingekreist und mehrere Tausend Timoresen gefangen genommen. Beim Beschuss durch die Patria starben laut Leutnant do Inso tausend Menschen.

Trotz der Gefangennahme Boaventuras musste die Patria im Laufe von 1912 noch mehrmals gegen Rebellen eingesetzt werden, so in Oecussi und Baucau. Auch in Quelicai kam es nochmals zu einem Aufstand. Diese Aufstände blieben aber lokal begrenzt.

Folgen und Bewertung

Insgesamt schätzt man, dass in Folge der Rebellion von Manufahi 15.000 bis 25.000 Menschen den Tod fanden. Dazu kommen Opfer der einhergehenden Ruhrepidemie und die Opfer der zeitgleichen Aufstände in Baucau (2.000), Lautém (300) und anderen Orten. Die gesamten Kämpfe bei der kolonialen Befriedung Manufahis zwischen 1894 und 1912 kosteten wahrscheinlich 90.000 Menschen das Leben und entvölkerte ganze Landstriche. Auch wenn die Zahlen sehr unsicher sind, so war die offizielle Bevölkerungszahl von 1913 mit 303.600 bei weitem die niedrigste seit Jahrzehnten. Boaventura wurde auf der Insel Atauro eingekerkert, wo er vermutlich starb.[1] Nach 1913 gibt es keine Berichte mehr über ihn. Die Macht der Liurai versuchten die Portugiesen weiter zu umgehen, indem sie nun die Sucos als erste Verwaltungsebene einsetzten, vorbei an den traditionellen Herrschern.[1] Zudem wurde eine Ebene darüber auch die zivile Verwaltung auf die 15 Militärkommandanturen aufgeteilt.

Unter Historikern ist umstritten, ob dieser letzte Aufstand Boaventuras nun ein weiterer Versuch war, die Fremden aus dem Land zu vertreiben, ein Protest gegen die seit 1906 bestehende Kopfsteuer und die Entmachtung der Liurai oder eine Rebellion mit Tendenzen zu einem ersten timoresischen Nationalgefühl, zumal auch Letrados (auch Assimilados), gemeinsame Sache mit den „primitiven“ Kriegern machten. Sowohl Dom Duarte, als auch sein Sohn Boaventura hatte Kontakte zu diesen Timoresen mit europäischer Ausbildung aus Dili, von denen einige sogar Mitglied in der Freimaurerloge waren. Einige Moradores aus dieser Gruppe versorgten die Rebellen auch mit Schießpulver und Kanonenkugeln. Der Mangel an Schießpulver und Schusswaffen benachteiligte die Timoresen von vornherein. Zumeist waren sie mit Speeren, Pfeil und Bogen und Suriks bewaffnet. Sicher mag sein, dass die Unabhängigkeitsbewegung auf den Philippinen Vorbild für die Timoresen war. Bekannt ist dies auch von der benachbarten Insel Flores, wo es 1911/12 zehn bewaffnete Aufstände gegen die niederländischen Kolonialherrn gab. Doch es fehlen jegliche schriftliche Quellen, die belegen, dass Boaventura eine unabhängige Nation anstrebte. Auch wie die 5.000 Assimilierten die um die hundert feudalen Zwergstaaten aus der die Kolonie bestand hinter sich vereinigen hätten sollen, ist offen, zumal die meisten Liurais skeptisch betreffs des möglichen Erfolges der Rebellion waren und sich ruhig verhielten. Auch wenn die Rebellion von 1911/12 der Höhepunkt des timoresischen Widerstands gegen Portugal war, so war sie doch weitgehend auf den Westteil der Kolonie beschränkt und die Rebellen von neutralen oder sogar pro-portugiesischen Herrschern umgeben.

Die königliche Flagge Portugals galt in Timor als heiliger Gegenstand (Lulik)

Für die Steuererhöhung als Grund der Rebellion spricht, dass die Timoresen zu Beginn als Schlachtruf riefen: „Venham ca buscar duas patacas, se sâo capazes!“ („Kommt und holt Euch Eure zwei Patacas, wenn Ihr könnt!“). Klar scheint, dass der Wechsel der Regierungsform in Portugal und der damit einhergehende Verlust von bewährten, als heilig angesehenen Machtsymbolen ein weiterer Grund für den Ausbruch der Revolution war. In einigen Orten war die neue Flagge Portugals herunter gerissen und die alte Flagge gesetzt worden. In diesem Zusammenhang kam noch hinzu, dass der alte Konkurrent Portugals, die Niederlande es nicht gestört hätte, wenn auch die portugiesische Hälfte der Insel aufgrund royaler Sehnsüchte der Timoresen ihnen in die Hände gefallen wäre.

Die Kämpfe am Cablac werden heute in Osttimor und vor allem in Manufahi als heldenhafte Schlacht Boaventuras verklärt, der Liurai selbst als Nationalheld Osttimors. Unter anderem wurde die Dom Boaventura-Medaille nach ihm benannt, die höchste Auszeichnung des Landes.

Siehe auch

Quellen

  1. a b c d CAVR-Report von 2005: Part 3: The History of the Conflict
  2. a b c History and Politics - Center for Southeast Asian Studies, Northern Illinois University