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Internetseelsorge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Der Begriff Internetseelsorge bezeichnet Seelsorge, die über das Internet medial vermittelt wird und interaktiv stattfindet, und ist somit eine Sonderform der lebensraumorientierten Seelsorge. Anders als bei der ökumenischen Telefonseelsorge, die sich als eigene Organisation entwickelt hat und inzwischen ihren Namen markenrechtlich schützen lässt, wird Internetseelsorge von unterschiedlichen Seelsorgern und Organisationen angeboten. Unter dem Begriff Internetseelsorge werden verschiedene Interaktionsprozesse zusammengefasst.

Abzugrenzen von Internetseelsorge ist das reine Informationsangebot über Seelsorge. Zwar können solche Informationen eine Orientierung bieten und Menschen ggf. weiter helfen. Das Seelsorgeangebot selbst verweist dann jedoch über das Internet hinaus ohne innerhalb dieser medialen Plattform ein interaktives Kommunikationsangebot bereitzustellen.

Das Logo der Internet-Seelsorge Schweiz

Als Informations- und Kommunikationsplattform bietet das Internet auch für Beratung und Seelsorge neue Möglichkeiten. So bieten einzelne Seelsorger, aber auch Initiativen und Organisationen der evangelischen und katholischen Kirchen, bereits seit Mitte der 90er Jahre Angebote als Internetseelsorge an. Landeskirchen, Diözesen, kirchliche Beratungsstellen sowie die kirchlichen Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege Diakonie und Caritas entwickeln in den letzten Jahren auch immer häufiger Angebote der interaktiven Kommunikation im Netz, die teilweise als Internetseelsorge aber häufig auch als Onlineberatung bezeichnet werden.

Einsatz des Internets

Der Begriff 'Internetseelsorge' wird in einem sehr breiten Zusammenhang gebraucht. Wie der Name schon sagt, handelt es sich um Seelsorge, bei der eine Kommunikation in irgendwelcher Form übers Internet stattfindet. Dabei kommen sehr unterschiedliche Ansätze zu Tage: Kontaktaufnahme über eine Webseite, Seelsorge per E-Mail, Chat oder in Foren, bis hin zu SMS-Seelsorge, die über ein SMS-Gateway abgewickelt werden. Oft werden auch Kombinationen dieser Technologien eingesetzt.

Konzeptionelle Unterschiede

Darüber hinaus gibt es auch konzeptionell erhebliche Unterschiede: Viele Internetseelsorger/innen geben sich als Person zu erkennen, beispielsweise bei Kummernetz oder der Chatseelsorge der Evangelischen Kirche, indem sie ein Kurzprofil ihrer Person - zum Teil mit Foto - auf ihre Homepage setzen. Es gibt demgegenüber aber auch das Konzept der Anonymität auf beiden Seiten. Dieses Konzept hat die Telefonseelsorge analog zu ihren Grundsätzen am Telefon im Internet realisiert. Die Telefonseelsorge bietet dabei theologisch gesehen einen vorwiegend diakonischen Dienst an, bei dem jedoch Glaubensfragen thematisiert werden können. Die katholische Glaubensinformationen (kgi) demgegenüber thematisiert ausdrücklich Glaubensinhalte in ihrem Internetseelsorge-Portal unter www.internetseelsorge.de. Dort werden sowohl Informationen zu Glaube und Kirche bereitgestellt als auch unterschiedliche Möglichkeiten eines interaktiven Kontakts geboten. Mehrere kirchliche Beratungs- und Internetseelsorgestellen haben sich zu Kummernetz zusammengeschlossen. Es gelten eine gemeinsame Beratungsethik und gemeinsame Datenschutzbestimmungen. Die Stellen bieten Menschen in schwierigen Lebenssituationen verschlüsselte Kurzberatungen über mehrere Antworten hinweg mit Schwerpunkt Mailberatung an. Ein Berater wird vom Klienten ausgewählt. Die Berater (Seelsorger, Eheberater oder qualifizierte Ehrenamtliche) sind ihrer jeweiligen Stelle zugeordnet und stellen sich mit Foto und möglichen Beratungsanlässen vor. Sie begrenzen die Anzahl der möglichen Neuanfragen je nach den persönlichen Möglichkeiten. Jeder Dialog wird nach mehreren Antworten explizit technisch wieder geschlossen. Es gibt getrennte Bereiche für Erwachsene, Kinder und Jugendliche.

Erfahrungen aus der Praxis

Die Erfahrungen der Anbieter von Internetseelsorge zeigen, dass entgegen den zunächst vermuteten Erwartungen die seelsorglichen Kontakte im Internet intensiv sind. Ratsuchende beschreiben beispielsweise bei der Telefonseelsorge im Internet, dass sie über Probleme schreiben, die sie noch niemandem anvertraut haben. Gerade die Niederschwelligkeit des Angebots und die Möglichkeit der Anonymität bewirken, dass diese Form der Seelsorge intensiv werden kann. Dabei entsteht die paradoxe Situation einer Nähe durch Distanz, die bei der Telefonseelsorge seit Beginn dieser ebenfalls medial vermittelten Seelsorge beschrieben wird. Diese Distanz durch das Medium ermöglicht dabei sogar Kommunikation zu Themen, die sonst eher als Tabu gelten: Glaubensfragen, Sexualität, Sterben, Tod, Schuld und Vergebung. Für viele Menschen scheinen Chat- und Mailkommunikation noch niederschwelliger zu sein als das Telefongespräch, da man im Internet nicht einmal die Stimme gebrauchen muss.

Neue Herausforderungen

Die Seelsorge im Internet bringt neue Probleme und Fragestellungen zu Qualität und Rahmenbedingungen des Angebots mit sich. So hat das Thema Internetseelsorge bislang kaum in den Ausbildungscurricula von Seelsorger/innen Einzug gehalten. Die speziellen Punkte wie Internetsucht, „Suizidalität und Internet“ oder allgemein „Psychologie und Internet“, Medienkompetenz, interaktive Öffentlichkeitsarbeit usw. werden vielfach von den Verantwortlichen in der Aus- und Weiterbildung noch kaum gesehen. Ein Problem stellt auch die scheinbare Anonymität des Netzes dar, die es in Wirklichkeit nicht gibt. Das Beobachten der Kommunikation ist leicht möglich. Menschen, die sich im Internet an Seelsorger wenden, können unter Umständen „belauscht“ werden ohne dass dies den Beteiligten bewusst ist. Wichtig ist es deshalb, praxisnahe Konzepte zu entwickeln, die Qualität der Angebote und Vertraulichkeit auch im Internet gewährleisten. Die Telefonseelsorge hat dazu schon früh Vorarbeit geleistet. Einen guten Überblick über die medial vermittelte „Nähe“, die sich in der täglichen Praxis der Glaubensinformation zeigt, gibt das Buch von Michael Belzer (siehe Literatur).


Siehe auch

Literatur

  • Cordula Eisenbach-Heck / Traugott Weber: Sechs Jahre „Telefonseelsorge im Internet“. Ein Bericht über die Entwicklung der E-Mail-Beratung. In: Elmar Etzersdorfer, Georg Fiedler, Michael Witte (Hg.): Neue Medien und Suizidalität - Gefahren und Interventionsmöglichkeiten. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 2003. S. 73-86. ISBN 3-525-46175-5
  • Frank van Well: Psychologische Beratung im Internet. Bergisch Gladbach 2000: E. Ferger-Verlag.
  • Joachim Wenzel: Vertraulichkeit und Anonymität im Internet. Problematik von Datensicherheit und Datenschutz mit Lösungsansätzen. In: Elmar Etzersdorfer, Georg Fiedler, Michael Witte (Hg.): Neue Medien und Suizidalität - Gefahren und Interventionsmöglichkeiten. Verlag Vandenhoeck & Ruprecht. Göttingen 2003. S. 56-70. ISBN 3-525-46175-5
  • Birgit Knatz / Bernard Dodier. Hilfe aus dem Netz. Theorie und Praxis der Beratung per E-Mail. Klett-Cotta-Verlag. Stuttgart 2003. ISBN 3-608-89720-8
  • Sabine Bobert: Trägt das Netz? Seelsorge unter den Bedingungen des Internet. Pastoraltheologie 89 (2000), 249-262, sowie Magazin für Theologie und Ästhetik 7 (2000)
  • Norbert Götz: Aufgefangen im Netz Kopaed. München 2003. ISBN 3-935-68646-3
Commons: Internetseelsorge – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien