Berwangen
Vorlage:Infobox Ortsteil einer Gemeinde
Berwangen ist ein Dorf mit etwa 1400 Einwohnern im Landkreis Heilbronn in Baden-Württemberg, das seit 1971 zur Gemeinde Kirchardt gehört.
Geschichte
Ortsgeschichte



Zur Zeit der Römer in Südwestdeutschland zwischen 100 und 260 n. Chr. verlief eine wichtige Römerstraße durch den heutigen Ort Berwangen, wovon eine bei Grabungen gefundene Jupitergigantensäule zeugt. Die erste namentliche Erwähnung des Ortes erfolgte ebenso wie die des heutigen Hauptortes Kirchardt und des ebenfalls 1971 eingemeindeten Bockschaft im Lorscher Codex aus dem 12. Jahrhundert. Berwangen wird dort anlässlich einer Schenkung im Jahr 793 erwähnt. Aufgrund der geologischen Gegebenheiten und dem mittelalterlichen Siedlungsformen von Berwangen und Kirchardt wird angenommen, dass Berwangen von Richen aus besiedelt wurde und Kirchardt eine anschließende Berwangener Gründung war. wurde Die zweitälteste Nennung von Berwangen datiert auf 1280, als Heinrich von Neipperg einen Hof in Berwangen an das Kloster Frauenzimmern übergab.
Der Ortsname ist alemannischen Ursprungs und bedeutet Schweinefeld oder Beerenfeld. Wie im benachbarten Kirchardt waren auch in Berwangen Bauern ansässig, die Felder bewirtschaftet und überwiegend Schweine gemästet haben. Im frühen und noch im hohen Mittelalter waren die Bauten in Berwangen üblicherweise strohgedeckte Holzhäuser, erst im 16. Jahrhundert wurden Steinfundamente vorgeschrieben. Im hohen Mittelalter stellte sich das Dorf als „Etterdorf“ (von einem Bannzaun, dem so genannten Etter umgeben) dar.
Der mittelalterliche Oberlehensbesitz an Berwangen lag zur Hälfte bei den Pfalzgrafen und zur Hälfte bei den Herren von Helmstatt, die diese von den Herren von Venningen erworben hatten. Die Helmstatt nahmen jedoch auch für die kurpfälzische Hälfte als Lehnsträger die Lehensherrschaft wahr und der Ort wurde dem Ritterkanton Kraichgau zugerechnet. Das Kirchenpatronat lag bei den Herren von Gemmingen. Im 14. Jahrhundert bestand darüberhinaus ein den Grafen von Württemberg gehörender Hof („Erpfenhof“), mit dem 1556 bis 1796 die Grafen von Neipperg belehnt wurden, die den Hof wiederum an verschiedene Bauern als Bauernerblehen verliehen. In Berwangen bestanden außerdem eine Kelter und mehrere Mühlen, für die auch ein Mühlkanal vom Birkenbach abgezweigt wurde.
Die Grafen von Neipperg hatten außerdem ein Rentamt in Berwangen, das von den Einwohnern als „Hochherrenhaus“ bezeichnet wurde. Das 1974 abgerissene stattliche Fachwerkgebäude von 1782 befand sich gegenüber der Kirche und geht vermutlich auf eine mittelalterliche Edelmannbehausung zurück, die einst im Verbund mit der nahen Kirche durch Ringmauern und Wallgraben umgeben war. Die alte Kirche in Berwangen war um 1496 dem Heiligen Kreuz geweiht worden, wurde jedoch 1622 im Zusammenhang mit der Schlacht bei Wimpfen verwüstet.
Nach dem kinderlosen Tod des letzten kurpfälzischen Lehensträgers Wolfgang Friedrich Eberhard von Helmstatt ging der kurpfälzische Anteil auf Pleikard Maximilian Augustin von Helmstatt, einen Vertreter eines anderen Zweigs der Familie, über. Nach Auflösung der Kurpfalz 1803 verkauften deren Rechtsnachfolger, die Fürsten von Leiningen, die ehemals kurpfälzische Hälfte am Dorf an die Herren von Berlichingen und überließen ein Sechstel davon den Helmstatt'schen Erben. Dadurch entstand die „Kondominatsherrschaft Freih. von Helmstättische Allodialerben und Freih. von Berlichingen'sche Relicten“, deren komplizierte Grundrechte noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts bestanden.
Am 13. November 1806 kam Berwangen durch Staatsvertrag zwischen Baden und Württemberg als selbstständige Gemeinde zum Großherzogtum Baden.
Um 1800 hatte Berwangen rund 750 Einwohner und war damit noch etwa gleich groß wie das benachbarte Kirchardt, das später zum wesentlich größeren Hauptort avancieren sollte. Von der Revolution 1848 sind aus Berwangen Quellen überliefert, die sich skeptisch gegenüber den Forderungen nach Pressefreiheit und Bekenntnisfreiheit äußern, da man zu dieser Zeit vornehmlich mit der Bekämpfung des Hungers beschäftigt war und man Geistesfreiheit nicht essen könne. Durch Auswanderung aufgrund der vorherrschenden Armut stagnierte das Bevölkerungswachstum in Berwangen in den folgenden Jahrzehnten, so dass 1933 weiterhin 750 Einwohner gezählt wurden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg stieg die Einwohnerzahl durch den Zustrom von Flüchtlingen und Vertriebenen auf 1158 Personen im Jahr 1946 an. Da viele der Vertriebenen keine Existenz in der Landwirtschaft fanden, war die Einwohnerentwicklung danach wieder rückläufig und betrug 1950 noch 1085 Personen.
1949 wurden Bauplätze im Bereich der Blumenstraße ausgewiesen, danach folgten die Neubaugebiete Forstgässle I und II.
Am 1. September 1971 wurde Berwangen als Ortsteil in die Gemeinde Kirchardt (damals noch im Landkreis Sinsheim) eingegliedert. Bei der Eingliederung wurden 919 Einwohner gezählt. Mit der Kreisreform 1973 gelangte Berwangen mit Kirchardt zum Landkreis Heilbronn.
Zur heutigen Gestalt und Ausdehnung des Ortes trugen die 1971 bzw. 1984 ausgewiesenen Industriegebiete Im Bruch und Kandel, das baden-württembergische Sanierungsprogramm „Dorfentwicklungsmaßnahmen“ ab 1978 sowie die Ausweisung des Neubaugebietes Am Ittlinger Graben nach 1990 bei.
Herren von Berwangen
Die Herren von Berwangen waren ein im 14. Jahrhundert auftretendes Ministerialengeschlecht. Sie waren möglicherweise mit den Grafen von Neipperg, von Hornberg und von Fürfeld verwandt, deren Wappen ebenfalls drei Ringe zeigen, so dass ihr Ursprung im hiesigen Berwangen verortet wird und nicht im gleichnamigen Berwangen im Kreis Waldshut. In beiden Orten sind jedoch keine Besitzungen dieser Ministerialen der Markgrafen von Baden und der Pfalzgrafen bei Rhein bekannt. Vielmehr scheinen sie an anderen Orten gewirkt und gelebt zu haben und bei Versetzungen Besitz erworben und wieder veräußert zu haben. Aus dem Jahr 1379 ist ein Albrecht von Berwangen als „oberster Amtmann zu Baden“ überliefert, ein Heinrich von Berwangen war 1424 Hofmeister des badischen Markgrafen, ein anderer Heinrich badischer Vogt zu Pforzheim. Die letzte Erwähnung derer zu Berwangen erfolgte 1497 mit Obrecht von Berwangen, Schultheiß zu Gengenbach, und 1504 mit Kilian von Berwangen, pfälzischer Hauptmann in Besigheim, anschließend verlieren sich ihre Spuren in stadtbürgerlichen Geschlechtern.
Religionen

In Berwangen gibt es eine evangelische Kirchengemeinde, darüberhinaus besteht ein Gemeindehaus der Liebenzeller Gemeinde.
Jüdische Gemeinde
Juden wurden in Berwangen durch die Ortsherren von Helmstatt vermutlich schon im 17. Jahrhunedrt aufgenommen, erstmals erwähnt wurden Juden im Jahr 1719. Nachdem diese zunächst nur über einen Betsaal verfügten, wurde 1771 eine Synagoge fertiggestellt. Im Jahr 1825 bildeten die 120 Juden des Ortes rund 15% der gesamten Einwohnerschaft. Die Synagoge war bald zu klein, und 1845 folgte ein Neubau nach dem Vorbild der Synagoge in Neckarbischofsheim verbunden mit der Errichtung einer jüdischen Schule. Auch ein jüdischer Friedhof wurde zu dieser Zeit am Ortsrand angelegt, nachdem die Toten der jüdischen Gemeinde in Berwangen zuvor in Heinsheim und Waibstadt beigesetzt werden mussten. Die jüdische Gemeinde erreichte um 1860 ihre größte Ausdehnung, ging dann jedoch aufgrund der Landflucht und der Auswanderungswelle zurück. 1925 wurden noch 58 Juden gezählt, die insbesondere vom Viehhandel lebten. 1933 zählte die Gemeinde noch 33 Mitglieder, von denen zur Zeit des Nationalsozialismus mindestens neun ums Leben kamen. Im Jahr 1938 wurde die Synagoge in Berwangen zerstört, der Friedhof geschändet und jüdisches Mobiliar auf dem Sportplatz verbrannt. Die letzten neun Berwanger Juden wurden 1940 deportiert, von ihnen kamen sechs zu Tode. Ein jüdisches Ehepaar ist nach 1945 zurückgekehrt. Der jüdische Friedhof wurde 1948 und 1974 nochmals für Bestattungen genutzt, an das jüdische Gotteshaus erinnert jedoch nichts mehr.
Wappen

Bis 1900 führte Berwangen nur den Großbuchstaben „B“ im Siegel. Das heutige Wappen von Berwangen geht auf das Wappen der Herren von Berwangen im späten Mittelalter zurück, die sich vermutlich nach dem Ort benannten. Das Wappen wurde vom Generallandesarchiv Karlsruhe entworfen, vom Badischen Ministerium des Inneren am 3. Juli 1900 genehmigt, und zeigt in Gold einen blauen Schrägbalken, belegt mit drei silbernen Ringen.
Bauwerke und Sehenswürdigkeiten
- Evangelische Kirche, erbaut 1823/24 an Stelle eines Vorgängerbaus aus dem 15. Jahrhundert
- Altes Rathaus von 1787, heute Gemeindehaus der Liebenzeller Gemeinde
- Schulhaus von 1902, errichtet an der Stelle der ehemaligen Kelter
- Jupiter-Gigantensäule (Replik) auf dem Schulhof
- Die ehemalige Jüdische Schule von 1845 wurde zum Wohnhaus umgebaut, auf der Garagenfläche des Grundstücks befand sich einst die Synagoge. Außerhalb des Ortes am Fürfelder Weg befindet sich der Judenfriedhof.
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Altes Rathaus
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Judenfriedhof
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Ehem. jüdische Schule
Literatur
- Gustav Neuwirth: Geschichte der Gemeinde Kirchardt und der Ortsteile Berwangen und Bockschaft, Kirchardt 1978
- Kirchardt, Berwangen, Bockschaft. Ein Heimatbuch, Kirchardt 1991
- Berwangen, Bockschaft, Kirchardt. Ein 2. Heimatbuch, Kirchardt 1993