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Jüdisches Zentrum München

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Das Jüdische Zentrum Jakobsplatz ist das Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern in der Innenstadt Münchens. Zu ihm zählen die im November 2006 geweihte neue Hauptsynagoge Ohel Jakob (hebr.: אהל יעקב, Zelt Jakobs), ein Kultur- und Gemeindehaus (mit Versammlungsräumen, Schule, Kindergarten, Jugendzentrum und Restaurant) sowie das neue Jüdische Museum, das in Trägerschaft der Landeshauptstadt München am 22. März 2007 eröffnet wurde.

Die neue Hauptsynagoge am St.-Jakobs-Platz in München; rechts im Hintergrund das Jüdische Museum

Zwischen 1947 und 2007 war das Gemeindezentrum mit Synagoge und kleinem Museum in der Reichenbachstraße 27 untergebracht.

Bauten

Die Bauwerke befinden sich zwischen der Schrannenhalle, dem katholischen Kloster der Armen Schulschwestern mit angegliederter Kirche St. Jakob und dem Oberanger. Nördlich des Haupteinganges befindet sich das Münchner Stadtmuseum.

Mit dem Jüdischen Zentrum erhält die zweitgrößte jüdische Gemeinde Deutschlands, die sich als orthodox definiert, nach der Zerstörung der Hauptsynagoge durch die Nationalsozialisten wieder einen Heimatort in der Münchner Altstadt. Die Planung war dem Saarbrücker Büro Wandel, Hoefer und Lorch anvertraut worden, das einen zweistufigen Architekturwettbewerb für sich entscheiden konnte und zuvor bereits die neue Synagoge in Dresden entworfen hatte.

Portal der Synagoge

Der Sockel der 28 Meter hohen Synagoge, die 585 Sitzplätze aufweist, erinnert an die Klagemauer, den einzig erhaltenen Teil des Jerusalemer Tempels. Darüber thronen - in einem quaderförmigen Oberlicht - ineinander verschachtelte Davidsterne aus Stahl. Sie sind verglast und mit einem bronzefarbenen Metallnetz verhängt. Das Oberlicht soll tagsüber Licht einlassen und nachts Licht in die Umgebung abgeben. Die einfallenden Sonnenstrahlen werden mehrfach gebrochen und tauchen das Innere der Synagoge, das mit Zedernholz aus dem Libanon und hellem Jerusalem-Stein verkleidet ist, in warmes Licht. Der Glasaufbau steht für das Zelt, das die 40-jährige Wanderung der Juden durch die ägyptische Wüste symbolisiert. Das sechs Meter hohe Portal, auf dem die zehn Gebote mit den entsprechenden Buchstaben in hebräischer Schrift nummeriert sind, wurde in Budapest gefertigt.

Wie alle Synagogen ist auch das Gotteshaus Ohel Jakob in West-Ost-Richtung angelegt. An der nach Osten, d.h. nach Jerusalem gelegenen Wand befindet sich, von einem dunkelblauen Vorhang verdeckt, der Tora-Schrein. Vor ihm brennt das Ewige Licht. Das Lesepult (Bima) befindet sich, wie in aschkenasisch-orthodoxen Synagogen üblich, in der Mitte des Raumes. Für die Männer sind die Stuhlreihen in der Mitte der Halle bestimmt, die Frauen nehmen auf den nur leicht erhöhten Seitenemporen Platz.

Die beiden übrigen Bauten des Zentrums (Museum, Gemeindehaus) bestehen aus rechtwinkligen, funktionalen Solitären. Als einheitliche Materialoberfläche dienen unterschiedlich strukturierte Travertin-Platten von der Schwäbischen Alb. In einem 30 Meter langen, unterirdischen Gang der Erinnerung zwischen den Gebäuden sind rund 4500 Namen von Münchner Juden verewigt, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden.

Grundsteinlegung und Einweihung

Richtfest am 28. Oktober 2005
Notgrabung (im Oktober 2002)
Gemeindehaus (links) und Jüdisches Museum (rechts); Stadtmuseum im Hintergrund
Sonderbriefmarke "Jüdisches Zentrum München"

Die Grundsteinlegung fand in Anwesenheit des Bundespräsidenten Johannes Rau am 9. November 2003 statt. Für diesen Tag hatte die neonazistische Vereinigung Kameradschaft Süd einen Bombenanschlag auf das Gelände geplant, den die Polizei vereitelte. Nach Angaben des bayerischen Innenministers Günther Beckstein stellten die Ermittler 14 Kilogramm Sprengstoff sowie Attentatspläne sicher. In zwei Prozessen wurden insgesamt acht Frauen und Männer zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Wie ursprünglich vorgesehen konnte am 28. Oktober 2005 das Richtfest für die Synagoge gefeiert werden. Am 9. November 2006 − auf den Tag genau 68 Jahre nach der Reichspogromnacht von 1938 − wurde die Synagoge eingeweiht. An dem Festakt nahmen hochrangige Gäste aus dem In- und Ausland teil, so Bundespräsident Horst Köhler, der bayrische Ministerpräsident Edmund Stoiber und das gesamte bayrische Kabinett, Israels Botschafter Shimon Stein, der Oberrabbiner aus Tel Aviv, Israel Meir Lau, sowie zahlreiche Vertreter von Parteien und Glaubensgemeinschaften. Geleitet wurde die Eröffnungszeremonie von Charlotte Knobloch, der in München aufgewachsenen Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland. Viele Münchner hatten am Vormittag den Umzug der neun feierlich geschmückten Tora-Rollen von der alten in die neue Synagoge begleitet; im Gotteshaus spielte der Klarinettist Giora Feidman Shalom Chaverim („Friede, Freunde!“). Mehr als 1500 Polizeibeamte waren aufgeboten worden, um das Areal rund um den Sankt-Jakobs-Platz abzusichern.

Drei Tage nach der offiziellen Eröffnung hatte die Münchner Bevölkerung an einem „Tag der Begegnung“ Gelegenheit, die Synagoge und das Gemeindezentrum zu besichtigen. Das unerwartet große Interesse der Bevölkerung führte dazu, dass sich nach wenigen Stunden eine mehrere hundert Meter lange Schlange vor der Synagoge bildete. Die Polizei musste den weiteren Zugang zum Platz aus Sicherheitsgründen reglementieren. Insgesamt sahen sich 15.000 Menschen die neuen Einrichtungen an.

Der Baubeginn hatte sich mehrfach verzögert, da unvermutet mittelalterliche Fundamente gefunden wurden und daher eine Notgrabung erforderlich war.

Finanzierung

Das neue Jüdische Zentrum kostete nach Informationen der Wochenzeitung Die Zeit insgesamt 57 Millionen Euro[1]. Finanziert wurde das Projekt von der Landeshauptstadt München, vom Freistaat Bayern, von der Israelitischen Kultusgemeinde und durch Spenden. Der Beitrag der Landeshauptstadt und der Staatsregierung beläuft sich auf etwa 30 Millionen Euro. Weitere 20,5 Millionen Euro wurden aus dem Verkauf des Grundstückes an der Herzog-Max-Straße erzielt, auf dem die alte Hauptsynagoge der damals reformierten Gemeinde stand. Käufer war Karstadt, das damit sein benachbartes Oberpollinger-Kaufhaus erweitern konnte. Das 5500 Quadratmeter große Areal[2] am Sankt-Jakobs-Platz stellte nach einem Vorschlag des Oberbürgermeisters Christian Ude die Stadt München kostenlos zur Verfügung[3]. Eine Inschrift im Innern der Synagoge erinnert daran, dass auch die Erzdiözese München und Freising unter Erzbischof Kardinal Friedrich Wetter und die Evangelisch-Lutherische Landeskirche in Bayern einen Geldbetrag zur Errichtung des Zentrums gespendet haben.[4]

Sonstiges

Am 13. März 2007 wurde das Sonderpostwertzeichen der Deutschen Post AG vorgestellt, das dem Jüdischen Zentrum gewidmet ist; Erstausgabetag der Briefmarke war der 1. März 2007. Sie wurde von Barbara Dimanski aus Halle gestaltet.[5] Die Auflage der 55 Cent-Marke liegt bei 6,5 Millionen Exemplaren.[6]

Die ursprünglich vorgesehenen Grünflächen zwischen den Gebäuden wurden nicht realisiert. Als Ausgleich pflanzte man mehrere Ahorn-Bäume.

Quellen

  1. http://nurtext.zeit.de/online/2006/45/synagoge-muenchen
  2. http://www.welt.de/data/2006/11/03/1097630.html
  3. http://www.muenchen.de/Rathaus/dir/stadtspitze/obkolumnarchiv/2001/43119/0807.html
  4. Radio Vatikan: Knobloch dankt Wetter für finanzielle Unterstützung 4. Juli 2007
  5. Bundesministerium der Finanzen
  6. www.startzentrum.de
Commons: Jüdisches Zentrum München – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


Siehe auch

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