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Oxyfuel-Verfahren

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Das Oxyfuel-Verfahren (aus Oxy für Oxygen (Sauerstoff) und fuel für Brennstoff) ist ein Verbrennungsverfahren, bei dem besonders hohe Flammentemperaturen erreicht werden können. Es ist sowohl für gasförmige als auch für flüssige und feste Brennstoffe anwendbar. Im Gegensatz zur konventionellen Verbrennung mit Luft wird der Brennstoff mit reinem Sauerstoff (also ohne Stickstoff) verbrannt. Um die resultierende Flammentemperatur beeinflussen zu können, wird eine bestimmte Menge von abgekühltem Abgas bzw. Rauchgas rezirkuliert, d.h. mit dem Brennstoff und dem Sauerstoff zusammen in die Brennkammer eingeblasen. Die Flammentemperatur ist dabei abhängig von der Temperatur des rezirkulierten Rauchgasmassenstroms, dessen Verhältnis zum Brennstoffmassenstrom und dem Luftverhältnis.

Das Oxyfuel-Verfahren eignet sich auch als Grundlage für Kraftwerksprozesse, die eine Abscheidung und damit Sequestrierung des bei der Verbrennung entstandenen Kohlendioxids (CO2) erlauben. Diese Kraftwerksprozesse werden deshalb derzeit weltweit intensiv erforscht und entwickelt. Als Basisprozesse kommen in diesem Fall sowohl Gasturbinenkraftwerke, die in der Regel mit Erdgas befeuert werden, als auch kohlegefeuerte Dampfkraftwerke in Frage. Mineralöle werden in Deutschland nicht zur großtechnischen Stromerzeugung eingesetzt und spielen auch international eine untergeordnete Rolle.


Sauerstoffbereitstellung

Die Bereitstellung von Sauerstoff für das Oxyfuel-Verfahren ist mit erheblichem technischen Aufwand verbunden. Stand der Technik für die großtechnische Erzeugung von Sauerstoff ist die kryogene Luftzerlegung (Linde-Verfahren). Dieses Verfahren erfordert große Mengen elektrischer Energie, was sich negativ auf die Energieeffizienz von Oxyfuel-Prozessen auswirkt und damit die kommerzielle Attraktivität sowohl für derzeitige als auch für noch zu erforschende Anwendungen verringert. In den letzten Jahren werden jedoch Verfahren auf Grundlage von Membranen erforscht, die durchlässig für Sauerstoff, jedoch nicht für Stickstoff sind. Diese Verfahren haben das Potenzial, den Aufwand für die Sauerstoffbereitstellung deutlich zu verringern[1] .

Kommerzielle Anwendung

Die beim Oxyfuel-Verfahren erreichbaren hohen Flammentemperaturen werden in der Glas- und Stahlindustrie vorteilhaft genutzt. Darüber hinaus bietet das Oxyfuel-Verfahren Potenziale zur Energieeinsparung bei diesen Prozessen[2] Gegenüber der konventionellen Verbrennung wird durch die Abwesenheit von Stickstoff der Abgasmassenstrom verringert, so dass bei konstanter Abgastemperatur die Wärmeverluste des Prozesses geringer sind, was wiederum zu einem verringerten Brennstoffeinsatz führt. Dem steht der für die Bereitstellung des Sauerstoffs notwendige Energieaufwand gegenüber.

Eine andere Möglichkeit der Prozessoptimierung besteht im Betrieb der Feuerung mit sauerstoffangereicherter Luft, d.h. Luft mit einem Sauerstoffgehalt von mehr als 21 Volumenanteilen. Hierzu ist ebenfalls die Bereitstellung reinen Sauerstoffs notwendig, der der Luft vor der Verbrennung zugemischt wird. Das Resultat ist eine höhere adiabate Verbrennungstemperatur und damit eine höhere Flammentemperatur. Die bereitzustellende Sauerstoffmenge ist bei dieser Prozessführung geringer, außerdem kann die Rezirkulation entfallen.

Potenzielle Nutzung zur CO2-Abscheidung

Für die Sequestrierung von CO2 wird eine möglichst hohe Reinheit des Treibhausgases benötigt. Das Oxyfuel-Verfahren ist gut geeignet, um CO2 mit hoher Reinheit zu produzieren. Die erste Konzeptstudie eines Oxyfuel-Kraftwerks von Degtiarev und Gribovski von 1967 [3] hatte sogar die Herstellung von CO2 für die industrielle Anwendungen bei gleichzeitiger Stromerzeugung zum Ziel. Erste experimentelle Untersuchungen der Verbrennung beim Oxyfuel-Verfahrens in den 1980er Jahren waren wiederum durch die effiziente Herstellung von CO2 zur erweiterten Ölförderung ("Enhanced Oil Recovery", EOR) motiviert.

Der Treibhauseffekt war zum Zeitpunkt dieser Untersuchungen zwar prinzipiell schon bekannt[4], über dessen Auswirkungen auf menschliche Lebensbedingungen herrschte jedoch noch nicht der heute existierende wissenschaftliche Konsens[5]., so dass auch noch nicht die heutigen politischen Rahmenbedingungen vorhanden waren, die die Erforschung der CO2-Sequestrierung attraktiv machen. Erst seit Ende der 1990er Jahre wird weltweit die Nutzung des Verfahrens für die Entwicklung von Kraftwerksprozessen erforscht, die eine Abscheidung des CO2 im Kraftwerk und damit dessen Sequestrierung erlauben [6].

Erzeugung von reinem CO2

Geht man in einem stark idealisierten Szenario davon aus, dass ein reiner Kohlenwasserstoff als Brennstoff dient, so erhält man bei vollständiger Verbrennung mit reinem Sauerstoff bei einem Luftverhältnis von 1 ("stöchiometrische Verbrennung") ein Abgas, das ausschließlich aus Kohlendioxid und Wasser besteht. Grundsätzlich kann das Oxyfuel-Verfahren mit feuchter oder trockener Rezirkulation realisiert werden. In ersterem Fall wird dieses Abgas direkt rezirkuliert, in letzterem Fall wird es zuvor soweit abgekühlt, das es zur Kondensation des Wassers kommt, das einen höheren Siedepunkt als Kohlendioxid besitzt. Selbst im Fall einer feuchten Rezirkulation wird diese Kondensation jedoch durchgeführt, nachdem man eines Teil des Abgases abgezweigt hat, so dass man reines Kohlendioxid erhält, das dann der Sequestrierung zugeführt werden soll.

Einflussfaktoren auf den Reinheitsgrad von CO2

Obwohl ein Oxyfuel-Prozess CO2 mit hoher Reinheit erzeugen kann, ist der oben beschriebene Idealfall reinen Kohlendioxids nicht erreichbar. Für den Transport vom Kraftwerk zur Lagerstätte ist die Verflüssigung des CO2 notwendig. Verunreinigungen erhöhen i.d.R. den für die Verflüssigung notwendigen Druck und damit den mit der Verdichtung verbundenen Energieaufwand, was sich wiederum negativ auf die Energieeffizienz des Gesamtprozesses auswirkt. Darüber hinaus sind Verunreinigungen auch im Hinblick auf eine sichere dauerhafte Einlagerung bedenklich.

Das zuvor beschriebene idealisierte Szenario ohne jegliche Verunreinigungen weicht in folgenden Punkten von der Realität ab:

  • Während Erdgas oft in guter Näherung als reiner Kohlenwasserstoff modelliert werden kann, ist diese Annahme bei Kohle nur für sehr grundlegende Betrachtungen zulässig. Kohle kann grundsätzlich alle Elemente des Periodensystems enthalten. Insbesondere die Belastung durch Stickstoff und Schwefel ist hierbei problematisch, da hieraus während der Verbrennung Schwefeloxide und (mit geringeren Umsatzraten) Stickoxide entstehen. Kohle enthält außerdem nichtbrennbare Bestandteile (Asche).
  • Eine Verbrennung läuft niemals vollständig ab. Dies kann u.a. zu Verunreinigungen durch Kohlenmonoxid (CO) führen.
  • Kohle wird beim für heutige Großdampferzeuger üblichen Prinzip der atmosphärischen Staubfeuerung bei Luftverhältnissen von ca. 1,15 verbrannt. Dies führt zu Restsauerstoff im Rauchgas.
  • Bei der kryogenen Sauerstoffbereitstellung nach dem Linde-Verfahren enthält der Sauerstoff je nach Anzahl der Destillationsstufen 0,5-5% Argon.
  • Dampferzeuger mit atmosphärischen Staubfeuerungen sind in der heutigen Ausführung nicht luftdicht. Dies führt zum Eintrag von Umgebungsluft (Falschluft) und damit insbesondere Stickstoff in den Feuerraum. Diese Falschluft kann bei Neuanlagen mit konventioneller Verbrennung mit Luft bis zu 3 % der gesamten Verbrennungsluft ausmachen. Bei älteren Anlagen kann dieser Wert bis auf 10 % steigen.

Erhöhung des Reinheitsgrades von CO2

  • Argon verhält sich als Edelgas sehr reaktionsträge (inert). Eine auf auf chemischen Reaktionen sowie Absorptions- oder Adsorptionsprozessen basierende Reinigung ist somit nicht möglich.
  • Die Kontamination des CO2 mit Stickstoff durch den Falschlufteintrag in den Dampferzeugern kann theoretisch durch ein Abdichten der Membranwände beseitigt werden. Bei der Verbrennung mit Luft besteht kaum Veranlassung zu dieser einmaligen Maßnahme, so dass dies bei heutigen konventionellen Dampferzeugern unterbleibt.

CO2-Abscheidung in Gasturbinenkraftwerken

Das 2001 abgeschlossene AZEP-Projekt (Advanced Zero Emissions Power Plant)[7] beschäftigte sich mit der Erforschung eines Oxyfuel-Prozesses auf Basis eines erdgasgefeuerten GuD-Kraftwerks und umfasste auch die Entwicklung von Membranen zur Sauerstoffbereitstellung.

CO2-Abscheidung in Dampfkraftwerken

Schwerpunkt der Forschung sowohl in Deutschland als auch international ist jedoch die CO2-Abscheidung aus kohlegefeuerten Dampfkraftwerken. Die Gründe hierfür sind sowohl technischer als auch politischer Natur:

  • Die Elemente Kohlenstoff und Wasserstoff, deren Oxidation während der Verbrennung zur Erzeugung von Wärme führt, herrschen in Kohle in anderen Verhältnissen vor als in gasförmigen Brennstoffen. Durch das höhere Verhältnis von Kohlenstoff zu Wasserstoff in Kohle ergeben sich bezogen auf die erzeugte Wärme höhere CO2-Emissionen.
  • Bei der Stromerzeugung mit Kohle in Dampfkraftwerken werden geringere elektrische Wirkungsgrade erreicht als in gasgefeuerten GuD-Kraftwerken.
  • Berücksichtigt man zudem die Struktur des Kraftwerksparks in Deutschland, so wird deutlich, dass derzeit die durch Kohleverbrennung verursachten CO2-Emissionen die durch Gasverbrennung deutlich übertreffen. Das absolute Einsparpotenzial ist somit im Fall von Kohle deutlich höher als im Fall von Gas. Dies ist auch in anderen Ländern häufig der Fall.
  • Gegen die Forderung von Umweltschutzverbänden und anderer politischer Akteure, die Stromerzeugung aus Kohle im Hinblick auf die hohen CO2-Emissionen einzustellen und stattdessen in höherem Maße auf Erdgas zurückgreifen, wird häufig von Seiten der Politik und der Stromerzeuger der Gesichtspunkt der Versorgungssicherheit bzw. Importabhängigkeit ins Feld geführt. Während die weltweiten Kohlevorkommen über viele Länder verteilt seien (und in Form von Braunkohle auch in Deutschland vorkommen), seien Erdgasreserven in deutlich weniger Ländern konzentriert. Darüber hinaus sei der heizwertbezogene Preis von Kohle niedriger und deren statische Reichweite höher.

Nach erfolgreichen Tests baut die Vattenfall Europe AG gerade an einer Pilotanlage, das Pilotkraftwerk zur CO2-Sequestrierung, im Industriepark Schwarze Pumpe nahe dem Kraftwerk Schwarze Pumpe, die Mitte 2008 in Betrieb gehen soll [8].

Quellen

  1. AZEP - Development of an Integrated Air Separation Membrane - Gas Turbine [1]; Sundkvist et al.; Second Nordic Minisymposium on Carbon Dioxide Capture and Storage, Göteborg, October 26, 2001
  2. Linde AG [2];
  3. Degtiarev, V.L.; Gribovski, V.P.: “Carbon dioxide semi-closed power plant”, Author sertif., USSR No. 295 897 of July 28, 1967, erschienen in Bull. Inventions No. 8, F01k13/00, Co1b 3/00, Nov. 12, 1971
  4. Arrhenius, S.: "On the Influence of Carbonic Acid in the Air upon the Temperature of the Ground"; Philosophical Magazine and Journal of Science, Fifth Series, April 1896, London, Edinburgh and Dublin [3]
  5. “Climate Change 2007”; IPCC Fourth Assessment Report, Summary for Policymakers [4]
  6. IPCC Special Report on Carbon Dioxide Capture and Storage [5]
  7. AZEP - Development of an Integrated Air Separation Membrane - Gas Turbine [6]; Sundkvist et al.; Second Nordic Minisymposium on Carbon Dioxide Capture and Storage, Göteborg, October 26, 2001
  8. Pressemitteilung der Vattenfall Europe AG, Berlin/Schwarze Pumpe, 12.12.2007[7];