Lockheed Martin F-22
Die F-22 Raptor ist das modernste Kampfflugzeug der US-Luftwaffe. Es wird von den US-amerikanischen Herstellern Lockheed Martin und Boeing gebaut, und ist seit Mitte Dezember 2005 offiziell einsatzbereit.
Entwicklung



Die F-22 Raptor ersetzt als modernster Luftüberlegenheitsjäger der US Air Force in den nächsten Jahren die seit 1976 im Einsatz befindliche McDonnell Douglas F-15 Eagle. Das Flugzeug vereint Tarneigenschaften mit hoher Wendigkeit, Supercruisefähigkeiten und neueste Avionik mit aktiver elektronischer Strahlschwenkung, kann aber konstruktionsbedingt weniger Waffen tragen als traditionelle Kampfflugzeuge. Die als Elevons ausgeführten Höhenruder sowie die 2D-Schubvektorsteuerung der Triebwerke ermöglichen kontrollierbare Anstellwinkel von über 60°.
Das Programm zur Entwicklung eines Advanced Tactical Fighter ("fortschrittlicher taktischer Jäger") wurde Anfang der 80er Jahre gestartet, wobei sich Lockheed Martin gemeinsam mit Boeing mit ihrem Entwurf YF-22 gegen den YF-23-Entwurf von Northrop Grumman durchsetzte. Die im August 1991 beauftragte Entwicklung der F-22 zeichnet sich bisher durch erhebliche Verzögerungen und Kostenüberschreitungen aus. Der erste Prototyp der YF-22 wurde 1990 vor geladenen Gästen und der Presse enthüllt. Der Erstflug des Prototyps fand am 7. September 1997 statt. Im September 2002 wurde die offizielle Bezeichnung des Modells von F-22 in F/A-22 geändert. Das zusätzliche A (für Attack, Angriff) sollte die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der Maschine widerspiegeln, insbesondere die Bekämpfung von stark verteidigten oder mobilen Bodenzielen. Die ersten Serienmodelle der F/A-22 wurden am 14. Januar 2003 an die Nellis Air Force Base in Nevada geliefert. Vor allem die Elektronik machte zunächst Probleme, so dass erst im Frühjahr 2004 mit den Truppenversuchen in Nellis AFB begonnen werden konnte. Als erster Einsatzverband erhielt die 1st Fighter Wing des Air Combat Command auf der Langley Air Force Base seit Ende 2004 die ersten Raptoren. Am 15. Dezember 2005 erklärte die US-Luftwaffe die offizielle Einsatzbereitschaft des Flugzeugmusters. Zwei Tage zuvor hatte die F/A-22 wieder ihre ursprüngliche Bezeichnung F-22 erhalten.
Zu Beginn des Programms war der Bau von 750 Exemplaren geplant, aber geänderte Anforderungen und steigende Kosten ließen die Anzahl über die Jahre stetig schrumpfen. Die US-Luftwaffe meldete 2003 einen Bedarf von 381 Exemplaren, ausreichend, um zehn Geschwader mit je 24 einsatzfähigen Flugzeugen auszustatten und daneben über genügend Maschinen für Training, Tests und Wartung zu verfügen. Genehmigt wurde zunächst die Beschaffung von 276 der neuerdings auch als Schnellbomber mit zwei JDAMs oder acht Small Diameter Bombs angepriesenen F-22. Im Dezember 2004 reduzierte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld im Rahmen von Kürzungen im Verteidigungshaushalt die Stückzahl überraschend auf vorläufig 178 Flugzeuge, was auf ein Ende der Produktion im Jahre 2008 hinausliefe. Stückkostenentwicklung seit 1990:
- 149 Mio. US$ (1990, 750 Stk.)
- 162 Mio. US$ (1993, 442 Stk.)
- 187 Mio. US$ (1997, 339 Stk.)
- 257 Mio. US$ (2003, 279 Stk.)
- 345 Mio. US$ (2005, 178 Stk.)
Hierbei dienen die Gesamtkosten des F-22-Programms als Grundlage, während die weitaus niedrigeren Angaben der USAF nur die Produktionskosten berücksichtigen, nicht aber einmalige Ausgaben für Entwicklung, Dokumentation, Schulung und ähnliches.
Avionik
Bei Kampfflugzeugen sind meist separate Rechner für jede Funktion vorgesehen: Flugkontrolle, Waffen, Sensoren, Triebwerke usw. Dadurch ist keine zentralisierte Datenverarbeitung möglich und der Pilot muss selbst die Informationen sammeln, um sich ein umfassendes Bild vom Flugzeug und seiner Umgebung zu schaffen. Das kostet Zeit, die für seine eigentliche Mission verloren geht.
In der F-22 wurde nun erstmals ein vollintegrierter Bordcomputer von Raytheon eingesetzt. Die Systeme werden durch Lichtleiter mit einem zentralen Rechner verbunden, der alle Funktionen des Flugzeuges überwacht und kontrolliert. Er besteht aus maximal 66 Signal- und Datenverarbeitungsmodulen. Die CPU erreicht 700 MIPS, während die Signalverarbeitungsgeschwindigkeit bei 20 Gigaflops liegt, was zum Zeitpunkt der Entwicklung der Leistung eines Supercomputers entsprach. In einer F-22 befinden sich zwei dieser Rechner, mit Platz für einen Dritten. Die Module sind reprogrammierbar, d. h. wenn z. B. ein Modul für die Radiofunktionen ausfällt, wird ein anderes die Radioprogramme laden und die Funktion automatisch übernehmen. Die Avionik beinhaltet auch ein AN/APG-77 AESA-Radar.
Am 25. Februar 2007 berichtete CNN über Probleme mit Navigations- und Kommunikationscomputer beim Überfliegen der Datumsgrenze. Es handelte sich dabei um ein Problem mit einer Zeile im Programmiercode, die den Bordrechner in eine Endlosschleife brahcte, um die eigene Position zu bestimmen. Im März 2007 wurde der Fehler behoben.
CPU-Umrüstung
Durch die lange Entwicklungszeit des Flugzeugs wurde die F-22 vom technischen Fortschritt in der Mikroprozessortechnik überholt: Ende der 1980er Jahre hatte der für die Bordcomputer zuständige Hersteller Hughes bei BiiN, einem Joint Venture von Intel und Siemens, Prozessoren des damals noch in der Entwicklung befindlichen Typs 960MX lizenziert. Nach dem Ausstieg von Siemens aus dem BiiN-Projekt kam die 960MX zu Intel. Bis Mitte der 1990er Jahre wurden abgespeckte Varianten der CPU auch an nicht-militärische Kunden als Mikrocontroller vermarktet. Nachdem die Produktion der "zivilen" i960-Varianten auslief, kam Intel in die Situation, auf unbestimmte Zeit speziell für das auf der Stelle tretende F-22-Projekt eine völlig veraltete Produktionslinie vorhalten zu müssen. 2003 teilte Intel der Air Force mit, dass man nicht mehr bereit sei, diese immensen Kosten weiterhin zu tragen, und die Produktion der i960MX endgültig im Januar 2004 einstellen werde. Die Air Force reagierte mit einem aus heutiger Sicht unsinnigen Hamsterkauf und nahm zum Schluss noch einmal 820 Stück ab. Die Stückzahl hätte lediglich ausgereicht, um 155 F-22 mit CPUs zu bestücken – also viel zu wenig. Erst danach fiel die Entscheidung, die teuer eingekauften i960MX und die dafür entwickelte Software der F-22 zu entsorgen und mit einer komplett neuen Hardwareplattform auf Basis von PowerPC-Prozessoren neu zu beginnen. Diese Prozessoren eignen sich durch ihre AltiVec-Vektoreinheit besonders zur digitalen Signalverarbeitung. Die Umstellungskosten werden auf 300 Millionen Dollar geschätzt.
Kritik
Hauptkritikpunkt des F-22 ist sein hoher Kaufpreis, der das Dreifache des Kaufpreises eines Eurofighters beträgt. Entsprechend sinkt die durch das Budget beschaffbare Stückzahl, wodurch Kritiker einen sinnvollen Einsatz als Luftüberlegenheitsjäger nicht mehr für möglich erachten.
Stealthtechnologie, Supercruise und Schubvektorsteuerung sollen die F-22 Raptor zum leistungsfähigsten Luftüberlegenheitsjäger machen, dennoch weist die Raptor Defizite auf: Als Nachteil wird zum Beispiel die geringe interne Waffenlast betrachtet, welche sich aus den Stealth-Anforderungen ergab. Um diese zu erhöhen, kann die Raptor auch extern Waffen mitführen, allerdings mit negativen Auswirkungen auf die Kampftauglichkeit, da die Aerodynamik schlechter wird und vor allem die Tarnung weitgehend verloren geht. Auch Probleme mit der Avionik haben dazu geführt, dass sich die Auslieferung verzögert und Bestellungen des US-Militärs gekürzt oder ganz zurückgenommen wurden.
Weiterhin kritisieren Militärexperten, dass das Lastenheft aus der Zeit des Kalten Krieges stammt, und seit dem Ende desselben und dem Zerfall des Ostblocks kein Bedarf mehr für einen derartigen Jäger bestünde. In Zeiten der asymmetrischen Kriegführung brächte auch ein noch so moderner Luftüberlegenheitsjäger keinen taktischen oder strategischen Nutzen.
Modell FB-22 (Jagdbomber)
Seit 2002 ist auch eine Bombervariante, die FB-22, im Gespräch, um ab 2015 die technologische Lücke zwischen der heutigen Bomberflotte (B-1, B-2 und B-52) und dem noch nicht näher bestimmten Bomber der nächsten Generation bis 2030 zu schließen. Hierfür erhielte die FB-22 unter Anderem vergrößerte Deltatragflächen, verbesserte Tarneigenschaften, größere Reichweite, und einen zweiten Platz im Cockpit. Die maximale Waffenzuladung soll auf 13.600 kg gesteigert werden, wobei 4.500 kg extern angebracht sind.
Technische Daten
Kenngröße | Daten |
---|---|
Typ: | Luftüberlegenheitsjäger |
Länge: | 18,87 m |
Flügelspannweite: | 13,56 m |
Höhe: | 5,03 m |
Leermasse: | 14.365 kg |
nor. Abflugmasse: | 27.216 kg |
max. Waffenlast: | 4.600 kg |
g-Limits: | -3/+9.3 g |
Marschgeschwindigkeit: | Mach 1,58 (ohne Nachbrenner) |
Höchstgeschwindigkeit: | 2335km/h Mach 2,2 (mit Nachbrenner) |
Dienstgipfelhöhe: | 16.700 m (max. Flughöhe: 19.811 m) |
Einsatzradius: | 1.480 km (mit internem Treibstoff) |
Flugreichweite: | über 3.000 km (ohne Zusatztanks) |
Besatzung: | 1 Pilot, bzw. Pilot + WSO in der Jagdbombervariante |
Bewaffnung: | Sechs radargelenkte AIM-120C, oder zwei 454 kg JDAM GBU-32-Bomben/acht 130 kg SDB GBU-39-Bomben anstelle von vier der AIM-120C im Hauptschacht. Je eine Luft-Luft-Rakete vom Typ AIM-9X Sidewinder in den Seitenschächten. Eine Revolverkanone vom Typ M61A2 20 mm MK. Vier Unterflügelstationen für Waffen oder Treibstoff; unter jeden Flügel passen 2.270 kg (5.000 Pfund); typischerweise sind es zwei 2.271-Liter-Tanks und je zwei AIM-120 AMRAAM. |
Triebwerk: | zwei Turbofans P&W F119-100 mit je 155,69 kN |
Stückpreis: | 152 bis 345 Mio. US-Dollar (je nach Berechnungsgrundlage) |
Vergleichbare Typen
Vereinigte Staaten: Lockheed Martin F-35, General Dynamics F-16
Frankreich: Dassault Rafale
Schweden: Saab JAS-39 Gripen
Deutschland,
Vereinigtes Königreich,
Spanien,
Italien: Eurofighter Typhoon
Volksrepublik China: Chengdu J-10
Weblinks
- Boeing.com — F-22 Raptor
- Eine Informationsseite zur F-22
- Kritik an der F-22 (Col. E.E. Riccioni)
- Lockheed Martin-Boeing Team Infos zur F-22 (englisch)
Quellen