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DB-Baureihe 612 (1998)

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DBAG Baureihe 612
Triebwagen der Baureihe 612 in Doppeltraktion als Allgäu-Franken-Express bei Treuchtlingen
Triebwagen der Baureihe 612 in Doppeltraktion als Allgäu-Franken-Express bei Treuchtlingen
Triebwagen der Baureihe 612 in Doppeltraktion als Allgäu-Franken-Express bei Treuchtlingen
Nummerierung: 612 001/501-612 178/678

612 479/979-612 492/992

Anzahl: 192
Hersteller: Adtranz Hennigsdorf
Bombardier Transportation
Baujahr(e): 1998
Achsformel: 2'B'+B'2'
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Kupplung: 51.750 mm
Höhe: 4.124 mm
Breite: 2.852 mm
Dienstmasse: 116 t
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Treibraddurchmesser: 890 mm
Laufraddurchmesser: 890 mm
Antrieb: diesel-hydraulisch
Bremse: KE-R-A-Mg-H (D)
Kupplungstyp: Scharfenbergkupplung
Sitzplätze: 122 (130) 2. Klasse
24 (16) 1. Klasse
Fußbodenhöhe: 1.290 mm

Die Baureihe 612 ist ein Neigetechnik-Nahverkehrstriebwagen der Deutschen Bahn AG. Die Fahrzeuge kommen in ganz Deutschland vor allem als RegionalExpress und InterRegioExpress zum Einsatz. Vom Hersteller Bombardier Transportation werden die Fahrzeuge als „RegioSwinger“ bezeichnet.

Entwicklung

Nach dem problembehafteten Triebwagen BR 611 unternahm die Deutsche Bahn mit der fast komplett neu konstruierten Baureihe 612 den zweiten Versuch, einen zuverlässigen Neigetechnik-Zug aus deutscher Produktion auf die Schienen zu stellen.

Datei:G612er IC bei Schlömener Kurve.jpg
612er im IC-Einsatz zwischen Nürnberg und Dresden auf der Schlömener Kurve bei Neuenmarkt
612er im IC-Einsatz zwischen Nürnberg und Dresden bei Marktschorgast
Datei:BMP 099-ertf.jpg
Zug der Baureihe 612 auf der Allgäubahn (als RB/RE)
612 481-2 als RE nach Hof/Bayreuth in Würzburg Hbf
Datei:612-009-1.jpg
612 009-1 im Neigebetrieb bei Göhren

Ursprünglich war geplant, eine zweite, leicht weiterentwickelte Serie der Baureihe 611 zu beschaffen. Beim Praxiseinsatz dieser Triebwagen hatten sich jedoch konzeptionelle Mängel gezeigt, die nicht reparierbar waren. Der Hersteller ADtranz in Hennigsdorf begann daher bei der BR 612 nahezu von vorn, da man ein Debakel wie bei der Baureihe 611 kein zweites Mal erleben wollte.

Besondere Sorgfalt wurde denjenigen Komponenten gewidmet, von denen bekannt war, dass sie bei der BR 611 für Schwierigkeiten gesorgt hatten. So wurden beispielsweise die Gelenkwellen verstärkt und nach Möglichkeit nicht in der Nähe von Kraftstoff- oder Ölbehältern verlegt.

Insgesamt wurden 192 Doppeleinheiten an die Deutsche Bahn AG ausgeliefert, die aktuell an 10 Standorten im ganzen Bundesgebiet stationiert sind: Kaiserslautern, Dortmund, Leipzig Süd, Erfurt, Hof, Kempten, Halle, Dresden, Nürnberg) und von dort aus im Nahverkehr eingesetzt werden. Ein Triebwagen der zwischen Nürnberg und Weiden an einem Bahnübergang mit einem Militärfahrzeug zusammen gestoßen und zur Hälfte abgebrannt ist, wurde bereits ausgemustert. Die letzten Triebwagen aus dem DB Großauftrag wurden, wegen des Haarrisses an die Kroatische Bahn verkauft [1].

Einsatz

Der Einsatz der Züge im schnellen Neigetechnikbetrieb währte allerdings nur bis August 2004. Bei einer der routinemäßig alle 480.000 km durchgeführten Ultraschalluntersuchung der Radsätze entdeckte man Risse. Alle Züge liefen ab dem Zeitpunkt und bis auf weiteres nur noch mit ausgeschalteter Neigetechnik. Die Ultraschalluntersuchungen wurden nun alle 240.000 km durchgeführt. Im Dezember 2004 kam schon der nächste Rückschlag: Bei einem Fahrzeug der BR 611 (Drehgestelle baugleich mit der BR 612) entdeckte man bei einer Ultraschalluntersuchung erneut Risse in einer Radsatzwelle. Fortan mussten die Ultraschalluntersuchungen schon alle 30.000 km statt 240.000 km stattfinden, was die Einsatzmöglichkeiten der Fahrzeuge erheblich beeinträchtigt.

Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2005 verkehren einzelne Züge mit Molybdän-gehärteten Rädern der Baureihe 612 wieder im bogenschnellen Betrieb. Als Bedingung dafür ordnet das Eisenbahn-Bundesamt eine Ultraschalluntersuchung der Räder alle 5000 km an, solange bis alle Radsätze durch neue Typen ersetzt wurden. Die bisher mit Neigetechnik verkehrenden 612 sind alle in Hof, Erfurt und Leipzig stationiert. Zurzeit werden alle Fahrzeuge umgerüstet, diese Fahrzeuge werden mit einem weißen Punkt unter der Frontscheibe gekennzeichnet. Aber bei den meisten Fahrzeugen bleibt die Neigetechnik trotzdem weiterhin ausgeschaltet. Mittlerweile ist die Baureihe 612 für die DB unverzichtbar geworden, da sie in vielen Gegenden ältere Lokomotiven samt Wagenpark abgelöst hatte und nun das Rückgrat im hochwertigen Nahverkehr darstellt.


Liste der bisher wieder mit 612 mit Neigetechnik verkehrenden Linien
IRE Franken-Sachsen-Express Nürnberg - Hof - Dresden
RE (einzelne Leistungen) Regensburg - Hof
RE CLEX Leipzig - Chemnitz
RE (einzelne Leistungen) Leipzig - Hof
RE Göttingen - Erfurt
IRE Ulm - Aalen
RE Würzburg - Bamberg - Hof/Bayreuth
RE Würzburg - Suhl - Erfurt
RE Hof/Bayreuth - Lichtenfels - Saalfeld
RE Nürnberg - Schwandorf/Weiden
RE 17 Hagen - Bestwig - Warburg - Kassel
RE (ab Sommer 08) Hannover - Goslar - Halberstadt - Halle
RE (ab Fahrplanwechsel 13.12.2008) Koblenz Hbf - Limburg (Lahn) Hbf - Giessen

Als kostengünstiger Ersatz des Diesel-ICEs (ICE TD) (Baureihe 605) wurde die Baureihe 612 zwischen Dezember 2003 und August 2004 im InterCity-Verkehr zwischen Nürnberg und Görlitz eingesetzt. Dazu wurden die normalerweise verkehrsroten – Farbe des DB-Nahverkehrs – Züge im ICE-Farbschema lichtgrau mit rotem Streifen umlackiert und so dem Erscheinungsbild der restlichen IC-Flotte angepasst. Außerdem bekamen sie Kopf-Schonbezüge. Diese 16 Triebwagen wurden als Baureihe 612.4 umnummeriert. Zwar wurden mittlerweile alle wieder Verkehrsrot lackiert und die Schonbezüge entfernt, ihre 400er-Betriebsnummer besitzen sie jedoch weiterhin. Die zwölf seit dem 10. Dezember 2006 als Franken-Sachsen-Express eingesetzten Züge sind alles ehemalige „Fernverkehrs-Regioswinger“.

In Kroatien werden die RegioSwinger als HŽ 7123 geführt und seit 2005 als InterCity Nagibni (ICN) auf der Strecke ZagrebSplit eingesetzt.

Fahrgasträume

(Für einen Zug mit der ersten Klasse nach rechts und der zweiten nach links:) Wenn man am einen Ende in den Zug einsteigt, kommt man durch den ersten von vier Einstiegen. Man sieht links ein Zweite-Klasse-Abteil, an dessen Ende sich einer von zwei Führerständen befindet. Geht man Richtung anderes Zugende, gelangt man zum ersten von zwei Großraumabteile zweiter Klasse. Am Ende dieses Großraums befindet sich ein Einstiegsbereich. Der Gang verengt sich im Kurzkuppelende, dann folgt ein Mehrzweckabteil. In diesem hängt manchmal ein Prospektständer an der Zugwand. Danach kommt das zweite Zweite-Klasse-Großraumabteil. Dieses ist ca. 3–4 Meter kürzer als das zuvorgehende, weil die erste Klasse folgt. Dann kommt wieder ein Einstiegsbereich und als Vorletztes ein weiteres Erste-Klasse-Abteil. Darauf folgt der zweite Führerstand, der vom Abteil durch eine Glaswand getrennt ist. Die Abteile sind durch pneumatisch öffnende und schließende Türen getrennt, wobei die erste Bauserie noch Türen besitzt, die manuell geöffnet und geschlossen werden müssen.

Kritikpunkte sind die unbequemen Sitze in den ehemaligen Fernverkehrs VT 612, der ebenfalls von einigen Reisenden als störend empfundene hohe Geräuschpegel durch den unter dem Fahrgastraum montierten Unterflurantrieb. Darüber hinaus stellt der Einstieg in die Wagen an vielen Haltepunkte ein Problem vor allem für ältere Fahrgäste, aber auch Reisende mit Gepäck, dar, da der Abstand zwischen Bahnsteigkante und Zug zu groß ist und darüberhinaus es keine Niederflurwagen sind. Die Treppenstufen werden häufig als zu steil und somit auch als Unfallrisiko empfunden, da ein „durchrutschen“ zwischen Zug und Bahnsteig möglich ist. Ebenfalls Grund zur Kritik gibt die oft gestörte Klimaautomatik. Es kann vorkommen das in einem Triebzug ein Zugteil zu stark beheizt und der Andere zu stark gekühlt wird.

Konstruktion

Wie bei seinen Vorgängern sind beim 612er beide Wagenteile motorisiert. Verwendet werden dabei Cummins-Motoren des Typs QSK-19 mit je 560 kW, die den Zug auf bis zu 160 km/h beschleunigen können. Die Kraftübertragung erfolgt hydraulisch über Strömungsgetriebe, in dem auch eine hydrodynamische Bremse integriert ist. Angetrieben sind jeweils die Drehgestelle am Kurzkuppelende der Triebwagen (dort wo die beiden Wagenteile miteinander fest verbunden sind). Die Drehgestelle unter den Führerständen sind lediglich Laufdrehgestelle. Der Wagenkasten stützt sich über Luftfedern und eine Wiege auf die Drehgestelle ab und ist elektrisch um maximal 8° zu jeder Seite neigbar. Die Steuerung der Neigetechnik übernimmt das System Neicontrol-E, das über Beschleunigungsmesser an den Radsätzen Beginn und Ende einer Kurve feststellen kann und den Wagenkasten entsprechend neigt. Dies erlaubt gegenüber Fahrzeugen ohne Neigetechnik eine Geschwindigkeitssteigerung um bis zu 30 %, sofern die Strecke für das mit erhöhter Querbeschleunigung verbundene bogenschnelle Fahren ausgebaut ist. Zusätzlich zur hydraulischen Bremse besitzt der Triebwagen Druckluft-Scheibenbremsen und für Schnellbremsungen auch Magnetschienenbremsen an den Laufdrehgestellen.

Über die selbsttätigen Scharfenberg-Kupplungen an den Zugenden lassen sich bis zu vier Triebwageneinheiten miteinander kuppeln und von einem Führerstand aus steuern. Elektrische und Druckluft-Leitungen werden von den Scharfenberg-Kupplungen automatisch mitverbunden. Die Bordrechner der Triebzüge stellen dann automatisch die Zugkonfiguration fest. Der vorauslaufende Triebwagen wird dann zur Steuereinheit. Die anderen nehmen seine Befehle entgegen und führen sie aus. Für die Aufrechterhaltung gewisser Grundfunktionen wie Beleuchtung und Heizung ist jeder Triebwagen selbst verantwortlich. Es kann jedenfalls nicht in größerem Umfang elektrische Energie zwischen den Wageneinheiten ausgetauscht werden. Etwaige Störungs- und Zustandsmeldungen werden nach vorne durchgereicht.

Hinter dem im Vergleich zu früheren Baureihen größer gestalteten Führerstand befindet sich – durch eine Glaswand abgetrennt – bei einem Wagen der Erste-Klasse-Bereich. Anschließend folgt ein Einstiegsraum und der Zweite-Klasse-Großraum. Am Wagenende befindet sich ein Mehrzweckraum zur Unterbringung von sperrigem Gepäck wie Fahrrädern, Kinderwagen oder Skiern. Beide Wagenteile sind fest miteinander kurzgekuppelt. Die Verbindung kann nur in der Werkstatt getrennt werden. Der Wagenübergang ist mit einem Faltenbalg verkleidet. Hieran schließt sich im zweiten Wagenteil eine Toilette und ein weiterer Einstieg sowie Großräume der zweiten Klasse an. Für angenehmes Klima an Bord soll eine kombinierte Luftheizung und Klimaanlage sorgen.

Einsatzstrecken

Nordrhein-Westfalen

Stationiert: Dortmund, Werkstatt: Kassel

  • RE 17 (Sauerland-Express) Hagen - Schwerte - Fröndenberg - Arnsberg - Meschede - Bestwig - Brilon-Wald - Marsberg - Warburg (Westf.) - Hofgeismar - Grebenstein - Kassel Hbf - Kassel-Wilhelmshöhe (Zweistundentakt)

Niedersachsen

  • RE (Harz-Express) Hannover Hbf - Hildesheim - Goslar - Bad Harzburg - Wernigerode - Halberstadt - Halle(Saale) (Zweistundentakt)

Bayern

Stationiert: Hof, Werkstatt: Hof

  • RE Regensburg - Schwandorf - Weiden - Marktredwitz - Hof
  • RE Würzburg - Bamberg - Hof/Bayreuth (Zweistundentakt)
  • RE Hof/Bayreuth - Lichtenfels - Saalfeld (Zweistundentakt)
  • RE Nürnberg - Schwandorf/Weiden
  • IRE Nürnberg - Bayreuth - Hof - Zwickau - Chemnitz - Dresden (Zweistundentakt, auch als "Franken- Sachsen- Express" bekannt)
  • RE Nürnberg - Marktredwitz - Hof - Zwickau - Chemnitz - Dresden (Zweistundentakt)

Stationiert: Kempten, Werkstatt: Kempten

  • RE Nürnberg - Treuchtlingen - Donauwörth - Augsburg Hbf - Buchloe - Kempten - Immenstadt - Lindau
  • RE Lindau - Immenstadt - Kempten - Memmingen - Ulm (Zweistundentakt)
  • RE Oberstdorf - Immenstadt - Kempten - Memmingen - Ulm (Zweistundentakt)


Sachsen

  • RE Dresden - Chemnitz - Zwickau - Plauen - Hof (Zweistundentakt)
  • RE Leipzig - Chemnitz
  • RE Leipzig - Hof
  • RE Dresden - Bischofswerda - Görlitz (Zweistundentakt)
  • RE Dresden - Bischofswerda - Zittau (Zweistundentakt)
  • RE Leipzig - Bad Brambach (2mal täglich)

Thüringen

  • RE Göttingen - Erfurt - Zwickau (Zweistundentakt)
  • RE Würzburg - Suhl - Erfurt (Zweistundentakt)

Rheinland-Pfalz/Saarland

Stationiert: Kaiserslautern, Werkstatt: Kaiserslautern

  • RE Frankfurt(Main) Hbf - Mainz - Bad Kreuznach - Türkismühle - Saarbrücken (Zweistundentakt ab Frankfurt; Stundentakt ab Mainz)
  • RE Karlsruhe - Wörth - Germersheim - Speyer - Worms - Mainz (Zweistundentakt)
  • RE Karlsruhe - Wörth - Winden - Landau - Neustadt(Weinstr.)
  • RE Trier - Bitburg - Gerolstein - Kall - Euskirchen - Köln (einzelne Leistungen am Samstag)
  • RE Koblenz Hbf - Limburg (Lahn) Hbf - Giessen (Zweistundentakt)

Baden-Württemberg

Sationiert: Kempten, Werkstatt: Kepmten

  • IRE Ulm - Aalen (Zweistundentakt)

Hessen

Stationiert: Kaiserslautern, Werkstatt: Kaiserslautern

  • RE 25 (Lahntalbahn) Koblenz Hbf - Limburg (Lahn) Hbf - Gießen (Zweistundentakt)

Literatur

  • Walter Schönheit: Baureihe 612. Im Führerstand. In: LOK MAGAZIN. Nr. 260/Jahrgang 42/2003. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 50-53.
  • Wolfgang Glatte: Kurze Verneigung. Die Baureihe 612. In: LOK MAGAZIN. Nr. 281/Jahrgang 44/2005. GeraNova Zeitschriftenverlag GmbH München, ISSN 0458-1822, S. 35-47.