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European Train Control System

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Das European Train Control System (kurz ETCS) ist eine Komponente eines einheitlichen europäischen Eisenbahnverkehrsleitsystems, das unter dem Buchstabenkürzel ERTMS entwickelt wurde. Die zweite technische Komponente dieser digitalen Bahntechnologie ist das Bahn-Mobilfunksystem GSM-R. ETCS soll die Vielzahl der in den europäischen Ländern eingesetzten Zugsicherungssysteme ablösen. Es soll mittelfristig im Hochgeschwindigkeitsverkehr Verwendung finden und langfristig im gesamten europäischen Schienenverkehr umgesetzt werden.

Nach mehrjähriger Erprobung wird ETCS seit 2006 im kommerziellen Betrieb auf den Hochgeschwindigkeitsstrecken Rom–Neapel und Mailand–Turin, sowie seit Frühjahr 2007 bei den schweizerischen Bahnunternehmen SBB und BLS AG, eingesetzt. Weitere Strecken sind europaweit im Aufbau bzw. in Planung. Seit 2001 besteht eine EU-Richtlinie, die die Bahninfrastrukturbetreiber auch zur Ausrüstung konventioneller Strecken mit ETCS verpflichtet.

Geschichte

Um einen sicheren und reibungslosen Zugverkehr zu gewährleisten, sind Zugsicherungssysteme notwendig. Für das Fahren mit hohen Geschwindigkeit (i. A. ab 160 km/h) sind Zugleitsysteme notwendig, also Systeme, die unabhängig von streckenseitigen Lichtsignalen Informationen an den Triebfahrzeugfahrer übermitteln. In Europa haben sich 14 Ausführungen von Zugsicherungs- und leitsystemen entwickelt, die teilweise nebeneinander und länderabhängig eingesetzt werden und untereinander nicht kompatibel sind. Im grenzüberschreitenden Verkehr müssen daher Triebfahrzeuge häufig mit mehreren Zugsicherungssystemen ausgerüstet sein. Andernfalls muss ein Wechsel des Triebfahrzeuges vorgenommen werden, der zeit- und kostenaufwendig ist.

Aus Bestrebungen zur Verkürzung der Grenzaufenthaltszeiten sowie zur Senkung der Kosten durch Schaffung eines europaweiten Marktes für Zugsicherungssysteme entwickelte sich seit Anfang der 1990er das Konzept eines einheitlichen Zugsicherungssystems. Seit 1996 wurde auf Grundlage der EG-Richtlinie[1] zur Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems das Zugsicherungssystem ETCS und das mobilfunkbasierte Kommunikationssystem GSM-R (Global System for Mobile communication - Railways) entwickelt. Der Internationale Eisenbahnverband (UIC, Union internationale des chemins de fer) hatte durch das European Rail Research Institute (ERRI) die ersten Spezifikationen für ETCS erarbeiten lassen. Diese wurden zunächst federführend durch die ERTMS Users Group, eine Interessenvereinigung von inzwischen sechs europäischen Bahnen, anschließend durch UNISIG, einen Zusammenschluss europäischer Bahnsicherungstechnikhersteller, weiterentwickelt. Seit 1999 wurde ETCS bei der italienischen Eisenbahn (RFI), der Deutschen Bahn AG (DB AG), den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und den Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) getestet.

Derzeit (Anfang 2008) sind mit ETCS L1 oder L2 ausgestattete Strecken in Belgien, Deutschland, Italien, Luxemburg, Österreich, den Niederlanden, der Schweiz, Schweden, Spanien und Ungarn in kommerziellem Betrieb.

Ziele

ETCS soll die verschiedenen innerhalb Europas eingesetzten Zugsicherungssysteme und Zugleitsysteme ablösen und so

  • die Investitionskosten bei international verkehrenden Fahrzeugen senken,
  • Zeit bei grenzüberschreitenden Fahrten sparen,
  • die Zulassung von Fahrzeugen für den internationalen Verkehr vereinfachen.

Im Vergleich zu einigen derzeit im Einsatz befindlichen Systemen soll es ferner

  • Kosten für Instandhaltung und Betrieb ortsfester Anlagen (z. B. Signalen) minimieren,
  • Schienenverkehr (noch) sicherer machen,
  • die Streckenkapazität und
  • die Streckengeschwindigkeit steigern.

Ursprünglich mit Focus auf die Interoperabilität der europäischen Hochgeschwindigkeitsstreckennetze entwickelt, ist es 2004 auch als zukünftiges einheitliches Zugsicherungssystem für den konventionellen Verkehr, also hauptsächlich den grenzüberschreitenden Schienengüterverkehr, übernommen worden.

Funktion

ETCS übernimmt mehrere Funktionen. Es überwacht

  • die örtliche Höchstgeschwindigkeit,
  • die Höchstgeschwindigkeit des Zuges,
  • die korrekte Fahrtstrecke des Zuges,
  • die Fahrtrichtung,
  • die Eignung des Zuges für die Strecke und
  • die Einhaltung besonderer Betriebsvorschriften

Diese Informationen werden durch die Bausteine des ETCS verarbeitet: streckenseitig die im Gleis verlegten Eurobalisen oder Euroloops bei ETCS Level 1, sowie bei ETCS Level 2 und 3 die mit dem Stellwerk verbundene ETCS-Streckenzentrale (RBC, Radio Block Centre), fahrzeugseitig die ETCS-Onboard Unit (OBU), die die empfangenen Daten auswertet, dem Triebfahrzeugführer anzeigt und den Zug im Gefahrenfall automatisch vor einem Gefahrenpunkt zum Halten bringt.

Eurobalise auf deutscher Bahnstrecke
  • Die Eurobalisen sind punktuelle Datenübertragungseinrichtungen im Gleis, die beim Überfahren durch den Zug wie ein Transponder Daten übertragen. Es gibt Balisen, die immer dieselben festen Daten übertragen, und schaltbare Balisen für veränderliche Informationen.
  • Euroloop ist ein kabelbasiertes semikontinuierliches Datenübertragungssystem, das Fahrzeugen im ETCS Level 1 Änderungen des Signalbegriffs übertragen kann. Dafür wird im Signalsichtbereich an Stelle einer schaltbaren Balise ein Kabelleiter in einer Schleife ins Gleisbett gelegt. Im Unterschied zur Eurobalise können die Daten nicht nur beim Überfahren eines Punktes übertragen werden, sondern auf der gesamten Länge der Loop. Dadurch ist es möglich, Fahrzeugen die vor einem virtuellen Signal anhalten mussten, wieder eine Fahrterlaubnis mitzuteilen. Nur bei Nutzung der Euroloop kann im ETCS Level 1 vollständig auf eine Außensignalisierung verzichtet werden. Anstelle des Euroloops kann optional ein Radio-Infill zur semikontinuierlichen Datenübertragung in ETCS Level 1 benutzt werden. Hierzu wird der folgende Signalbegriff in einem begrenzten Abschnitt per GSM-R ans Fahrzeug übermittelt.
Die ETCS-Antenne einer Lokomotive der Baureihe 189
  • Die ETCS-Fahrzeugeinrichtung besteht im Wesentlichen aus ETCS-Rechner (EVC, European Vital Computer), Führerstandsanzeige (DMI, Driver Machine Interface), Wegmesseinrichtung, GSM-R-Übertragungseinrichtung (einschließlich Euroradio), Balisenleser und Bremszugriff.
  • Mit der standardisierten Datenverschlüsselung nach Euroradio können der ETCS-Fahrzeugrechner und die ETCS-Streckenzentrale über GSM-R sicher, d. h. vor Datenverfälschung und Datenverlust geschützt, miteinander kommunizieren.

Um den Ansprüchen verschiedener Strecken, Nutzungsprofile und Eisenbahnverwaltungen gerecht zu werden, wurden unterschiedliche Stufen des ETCS definiert, die ETCS Level 0 bis 3. Die einzelnen Stufen sind abwärtskompatibel, d. h. Triebfahrzeuge mit Level-3-Ausrüstung können auch Strecken befahren, die nach Level 0, 1 oder 2 ausgerüstet sind.

ETCS Level 0

Wird ein Triebfahrzeug mit ETCS-Ausrüstung auf einer Strecke ohne Zugsicherung eingesetzt, so bezeichnet man dieses als Level 0. Die fahrzeugseitige Ausrüstung überwacht den Zug lediglich auf seine Höchstgeschwindigkeit. Der Lokführer fährt nach den herkömmlichen Signalen an der Strecke.

Derzeit muss bei einigen Fahrzeugen auch Level 0 gewählt werden, wenn die Strecke mit einem Zugsicherungssystem ausgerüstet ist, das Fahrzeuggerät dieses konventionellen Systems jedoch nicht mit ETCS verbunden ist, also nicht als STM zur Verfügung steht. In diesem Fall sind bestimmte Einschränkungen und Besonderheiten zu beachten.

ETCS Level STM (Specific Transmission Module)

Um ein Triebfahrzeug mit ETCS-Ausrüstung auch auf einer Strecke mit herkömmlichem nationalen Zugsicherungssystem ("Class B-System" wie z. B. LZB oder ATB) einsetzen zu können, sind sogenannte Specific Transmission Module)s erforderlich. Diese übernehmen den Empfang und einen mehr oder weniger großen Teil der Verarbeitung der von der nationalen Streckenausrüstung übertragenen Informationen. Ist ein solches STM aktiv, befindet sich ETCS im Level STM und hat (nahezu) keine Überwachungsfunktion. Genaugenommen gibt es verschiedene Level STM, nämlich einen für jedes installierte STM. Unter diesen kann der Triebfahrzeugführer gegebenenfalls auswählen.

Da die Entwicklung eines STMs je nach Komplexität sehr teuer und zeitaufwändig ist, existieren derzeit nur für sehr wenige herkömmliche Zugsicherungssysteme echte STMs. Vielmehr ist häufig man bestrebt, bereits vorhandene und zugelassene eigenständige Systeme mit möglichst geringen Änderungen an ein ETCS anzukoppeln und dabei die Vorteile des ETCS (z. B. vom ETCS automatisch ausgelöste und überwachte Umschaltungen bei streckenseitigen Level-Wechseln) bei kleinem Zulassungsaufwand zu nutzen.

ETCS Level 1

Funktionsweise ETCS Level 1

ETCS Level 1 benutzt hauptsächlich Eurobalisen als Übertragungsmedium. Die wichtigsten von den Balisen übermittelten Informationen sind Streckengradienten, Streckenhöchstgeschwindigkeiten und der Punkt, an dem das Fahrzeug wieder stehen soll. Zusammen mit dem Modus bilden diese die Movement Authority (MA), übersetzt etwa "Berechtigung zur Bewegung". Damit kann die fahrzeugseitige ETCS-Ausrüstung kontinuierlich die Einhaltung der erlaubten Geschwindigkeit (und Richtung) überwachen und rechtzeitig eine Zwangsbremsung auslösen, unabhängig von national definierten Streckengeometrien und Signalabständen.

Um einem am Ende der MA (End of Authority, EoA) - klassischerweise ein Haltzeigendes Signal - zum Stehen gekommenem Fahrzeug eine neue Fahrtberechtigung übertragen zu können, muss jedoch zumindest in einem kleinen Bereich eine kontinuierliche Signalübertragung stattfinden. Hierfür sind hauptsächlich Euroloops vorgesehen. Der Standard sieht alternativ zu Euroloop auch GSM-R (Radio-Infill) vor, aber diese Möglichkeit wird bislang (Stand Ende 2007) nicht genutzt und macht auch nur sehr selten Sinn.

Das verbreitete Missverständnis, in Level 1 benötige man noch streckenseitige Signale, basiert darauf, dass häufig anstelle von Euroloop oder Radio-Infill die oft ohnehin bestehenden Lichtsignale für die Übertragung der neuen Fahrtberechtigung direkt an den Triebfahrzeugführer "missbraucht" werden. Bei Haltzeigendem Signal muss der Triebfahrzeugführer dann schon einige Meter vor Ablauf der alten Fahrtberechtigung anhalten. Die Balisen mit der Fahrtberechtigung für den nächsten Abschnitt werden unmittelbar am Signal installiert - und damit bei korrektem Verhalten erst überfahren, wenn dort bereits eine neue MA vorliegt. Dies ist zwar nicht im Sinne des Standards, allerdings auch weder betrieblich noch bezüglich der Interoperabilität nachteilig. Zudem hat es bei bestehenden Strecken den Vorteil, dass die Umrüstung der Strecke ohne Änderungen am Stellwerk möglich ist, da die Baliseninformation einfach in Abhängigkeit vom Signalbegriff umgeschaltet werden kann.

ETCS Level 2

Funktionsweise ETCS Level 2

Bei Level 2 werden nahezu alle Informationen mittels Euroradio von der Streckenzentrale (Radio Block Center, RBC) zum Fahrzeug übertragen. Zusätzlich besteht nun auch die Möglichkeit, Informationen vom Zug an die Strecke zu übertragen und die Informationen können jederzeit, insbesondere auch im Stillstand ausgetauscht werden. Damit kann die Streckenauslastung und in bestimmten Fällen auch die Sicherheit gegenüber Level 1 etwas erhöht werden.

Bevor vom RBC die für eine MA notwendigen Informationen berechnet werden können, muss dieses wissen, wo genau sich der Zug befindet und in welche Richtung er fährt. Die Ermittlung von Position und Richtung obliegt dabei dem Fahrzeugrechner, dieser übermittelt diese regelmäßig über GSM-R an die Strecke. Zur Bestimmung werden jedoch Referenzpunkte auf der Strecke benötigt. Hierfür werden Eurobalisen benutzt, welche beispielsweise in Ausfahrgleisen von Bahnhöfen sowie in unregelmäßigen Abständen auf freier Strecke angebracht sein müssen. Zwischen diesen Referenzpunkten wird die Position odometrisch mittels Dopplerradar am Triebfahrzeugboden und Radimpulsgebern an den Triebfahrzeugachsen ermittelt.

Die Information über freie Gleisabschnitte wird wie in ETCS Level 1 über die ortsfeste Gleisfreimeldung vom Stellwerk ermittelt und an die Streckenzentrale übergeben: Die Strecke ist – wie bei konventioneller Sicherungstechnik – in Abschnitte („Blöcke“) geteilt, und der Zug darf in den nächsten Abschnitt nur einfahren, wenn dieser nicht von einem anderen Zug belegt, sondern als 'frei' gemeldet ist.

ETCS Level 3

Funktionsweise ETCS Level 3

Bei ETCS Level 3 wird auf eine klassische, ortsfeste Gleisfreimeldung (mit Gleisstromkreisen oder Achszählern) verzichtet. Die Streckenzentrale, in der Stellwerk und RBC integriert sind, kontrolliert hier fließend die Abstände der Züge. Dadurch sind die Züge unabhängig von definierten Blockabschnitten und können so geschwindigkeitsabhängig dichter hintereinander geführt werden (bis hin zum Fahren im absoluten Bremswegabstand). Dieses ermöglicht eine höhere Streckenleistungsfähigkeit. Zudem verspricht die weniger umfangreiche Streckenausrüstung eine kostengünstige Realisierung. Als Konsequenz aus der fehlenden Gleisfreimeldung muss allerdings ein System zur Zugvollständigkeitskontrolle entwickelt werden, da abgetrennte Zugteile sonst unerkannt auf der Strecke verbleiben könnten und eine Gefahr für folgende Züge darstellen würden.

Die UIC und die schwedische Banverket entwickeln derzeit ein Level-3-System unter dem Namen "ERTMS Regional" für schwach befahrene Strecken.

ETCS-Modi

Neben den ETCS-Levels sind auch ETCS-Modi definiert worden. Die Modi beschreiben die Zustände, in denen sich der EVC befinden kann. Allerdings ist nicht jeder Modus auch in jedem Level erlaubt. UN gibt es beispielsweise nur in Level 0. SN und SE gibt es nur in Level STM. Für die eigentlichen ETCS-Levels 1, 2 und 3 sind die wichtigsten Modi sicher SR, OS, FS, TR und PT.

Überblick ETCS Modi

Abkürzung (voller) Name Verwendung
in Level
Beschreibung
FS Full Supervision 1, 2, 3 Zug wird voll vom ETCS überwacht. Voraussetzung für diesen Modus ist, dass eine MA von der Strecke gegeben wurde. Dies kann bei Beginn der Fahrt frühestens nach der Überfahrt der ersten Eurobalise erfolgen, da der Strecke hierfür u. A. die Position des Fahrzeugs bekannt sein muss.
LS Limited Supervision 1 Zug wird punktförmig vom ETCS überwacht, keine Führerstandsanzeige; entspricht dem Leistungsumfang z. B. der PZB

geplant, dieser Modus ist noch nicht Teil der Spezifikation SRS 2.3.0

OS On Sight 1, 2, 3 Zug wird vom ETCS überwacht, aber der Triebfahzeugführer fährt auf Sicht (in ein besetztes Gleis).
SR Staff Responsible 1, 2, 3 der Triebfahzeugführer ist selbst für die Sicherung des Zuges verantwortlich, allerdings ist in den meisten Ländern hier nur 30 km/h erlaubt, was immer noch vom ETCS überwacht wird. Dieser Modus wird in der Regel bei Fahrtbeginn eingenommen, bevor eine MA von der Strecke gegeben werden konnte.
SH Shunting 0, 1, 2, 3 Modus zum Rangieren; der erlaubte Bereich kann vom ETCS vorgegeben werden; in den meisten Ländern ist hier nur 30 km/h erlaubt.
UN Unfitted 0 Nur eine Höchstgeschwindigkeit wird vom ETCS überwacht. Das ETCS nimmt jedoch Informationen von ggf. installierten Balisen auf und führt somit z. B. Umschaltungen zu anderen Leveln aus.
SL Sleeping 0, STM, 1, 2, 3 das Fahrzeug mit ETCS ist an ein anderes Fahrzeug angekoppelt, das die Führung übernimmt. Das Führungsfahrzeug muss nicht zwangsläufig auch über ETCS verfügen. Das geführte Fahrzeug ist dabei nicht mit einem Triebfahrzeugführer (Tf) besetzt.
SB Stand By 0, STM, 1, 2, 3 Die ETCS-Fahrzeugausrüstung ist nach Einschalten im Modus Stand By. In diesem Modus überwacht ETCS den Stillstand des Fahrzeugs. Der Modus wird verlassen, indem entweder der Tf einen anderen Modus wählt oder das Fahrzeug sich als geführt erkennt und daher selbsttätig in den Modus SL wechselt.
TR Trip 1, 2, 3 Zwangsbremsung ist aktiv, bis der Zug hält und der Fahrer den Trip bestätigt hat.
PT Post Trip 1, 2, 3 Modus, nachdem der Triebfahzeugführer den Trip bestätigt hat; die Bremsen werden gelöst, der Zug hat aber noch keine Fahrtberechtigung; ggf. darf ein Stück zurückgesetzt werden, um wieder vor ein überfahrenes Signal zu kommen.
SF System Failure 0, STM, 1, 2, 3 im ETCS ist ein interner Fehler aufgetreten; eine Notbremse (Zwangs-Schnellbremse) ist aktiv.
IS Isolation 0, STM, 1, 2, 3 das ETCS hat keine Verbindung mehr nach außen; die Notbremsausgabe ist überbrückt.
NP No Power 0, STM, 1, 2, 3 das ETCS ist ausgeschaltet.
NL Non Leading 0, STM, 1, 2, 3 das Fahrzeug mit dem ETCS ist zwar mit einem Tf besetzt, befindet sich jedoch nicht an der Spitze eines Zuges und hat daher keine Überwachungsaufgaben. Dieser Betriebszustand wird beispielsweise in der Schweiz eingesetzt, wo häufig ein Zug von einer unabhängigen (höchstens über die Hauptluftleitung gekuppelten) Lok zusätzlich geschoben wird.
SE STM European STM die Informationen eines streckenseitig installierten herkömmlichen, nationalen Sicherungssystems werden von einem STM gelesen und über eine standardisierte Schnittstelle an den EVC weitergegeben. Der EVC übernimmt die Auswertung dieser Daten und somit die Überwachungsfunktionen (ist vergleichbar mit FS).
SN STM National STM die Informationen eines streckenseitig installierten herkömmlichen, nationalen Sicherungssystems werden von einem STM gelesen und auch von diesem verarbeitet. Das STM übernimmt also selbst die Überwachung und bedient sich höchstens einiger durch das ETCS über eine standardisierte Schnittstelle zur Verfügung gestellten Funktionen, wie z. B. Bremsausgabe, Bedien-/Anzeigegerät (MMI), Geschwindigkeitsmessung oder Datenregistrierung.
RV Reversing 1, 2, 3 Zug darf eine bestimmte Strecke entgegen der ursprünglichen Fahrtrichtung fahren, um z. B. die Strecke bei Störungen oder Gefahr zu räumen; wird bislang nur auf der Ende 2007 in Betrieb gehenden Strecke durch den Lötschbergtunnel in der Schweiz verwendet.

National Values

Nationale Ausprägungen von ETCS sind durch National Values (NV) möglich. Diese geben z. B. die Obergrenzen der Geschwindigkeiten für Fahrten in den Modi SF oder OS bzw. die tolerierten Zeiten für Funkunterbrechungen an. Beim Grenzwechsel werden die jeweils gültigen NVs in den ETCS-Rechner geladen.

Class B-Systeme

Bestimmte nationale Zugbeeinflussungsssysteme dürfen neben ETCS auch in Zukunft weiter bestehen. Dies dient dem Bestandsschutz der Bahn-Infrastruktur-Betreiber, die in diese Systeme in der Vergangenheit hohe Geldbeträge investiert haben. Zu den Class B-Systemen zählen:

Versionen der Spezifikation

Die ersten Anwendungen von ETCS basieren auf der ETCS Spezifikation Version 2.2.2 der UNISIG (definiert in SUBSET-026).

Mit der Entscheidung 2007/153/EG[2] hat die Europäische Kommission am 6. März 2007 die Version 2.3.0 der Spezifikation bindend in die Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) des Teilsystems Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung (ZZS) aufgenommen.

Derzeit (Juni 2007) werden Anträge zur Änderung und Erweiterung der Spezifikation (Change Requests) diskutiert. Problematisch sind die divergierenden Anforderungen europäischer Bahnen auf Grund unterschiedlicher betrieblicher Notwendigkeiten. Fernziel ist die Version 3.0.0.

Vorteile

  • Die Interoperabilität im Schienenverkehr erhöht sich. Dadurch soll in Zukunft die Mehrfach-Ausrüstung von verschiedenen Zugsicherungssystemen in nur einer Lok vermieden werden, was wiederum Kosten sparen soll. Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings ein durchgängiges ETCS-Streckennetz in Europa, was derzeit (Sommer 2007) noch nicht gegeben ist.
  • Die Abwärtskompatibilität zu älteren nationalen Zugsicherungssystemen ("Class B-Systeme") ist durch Level 0 und Level STM möglich (optional).
  • Die Skalierbarkeit ist durch die Level 1, 2 und 3 gegeben. Dadurch kann ETCS den Ansprüchen verschiedener Strecken, Nutzungsprofile und Eisenbahnverwaltungen gerecht werden.

Nachteile

  • Während der Einführungsphase müssen Alt- und Neusysteme parallel installiert sein. Je nach dem Vorgehen bei der Einführung wird auf Fahrzeugen oder auf der Strecke doppelt ausgerüstet. Dieses führt zu höheren Kosten.
  • Es ist absehbar, dass die für Level 2 erforderlichen Funkkanalkapazitäten von GSM-R im Bereich von Rangierbahnhöfen und von Eisenbahn-Knotenpunkten nicht ausreichen. Im Fall von Knoten müsste das weniger leistungsfähige ETCS Level 1 installiert oder das Funksystem mit GPRS aufgerüstet werden. Dieses wird voraussichtlich erst in der SRS 3.0.0 Niederschlag finden.
  • Für Bahn-Infrastrukturbetreiber, die bereits über leistungsfähige Zugleit- und -sicherungssysteme verfügen (DB Netz: LZB CIR-ELKE, RFF: TVM), ist der Gewinn an Leistungsfähigkeit durch ETCS trotz hoher Einführungskosten gering.
  • Wegen der unterschiedlichen Betriebsverfahren bei den Bahnen sind die Anforderungen an ETCS z. T. recht unterschiedlich. Auf Grund der hohen Kosten bei der Nachentwicklung für Anpassungen besteht die Gefahr, dass die Bahnen nur die Entwicklungen finanzieren, die ihrem eigenen Betriebsverfahren helfen. Dadurch würden ETCS-Varianten entstehen, die letztendlich nicht vollkompatibel sind.

ETCS-Einführungen

1999 wurde das von der UIC spezifizierte ETCS auf der Strecke WienBudapest erfolgreich getestet, schon davor waren modifizierte nationale Vorläufer im Einsatz. Folgende Teststrecken wurden eingerichtet:

  • 2000: FS Firenze Campo di Marte–Arezzo (ETCS Level 1, inzwischen wieder zurückgebaut)
  • 2000: SNCF Marles-en-BrieTournan (ETCS Level 1)
  • 2001: BDZ SofiaBurgas (ETCS Level 1)
  • 2001: ÖBB WienNickelsdorf (ETCS Level 1)
  • 2002: SBB ZofingenSempach (ETCS Level 2; erste kommerzielle Anwendung für L2, inzwischen wieder abgebrochen)
  • 2004: SBB Neubaustrecke Mattstetten–Rothrist und der Ausbaustrecke Solothurn–Wanzwil. Die für Dezember 2004 geplante Inbetriebnahme von ETCS Level 2 im Regelbetrieb ist gescheitert. Am 2. Juli 2006 wurde ein nächtlicher Vorlaufbetrieb gestartet. Züge ab 21:30 Uhr verkehren dabei mit bis zu 160 km/h mit ETCS. Am 18. März 2007 wurde die Strecke komplett auf ETCS Level 2 umgeschaltet. Seither verkehren erstmals überhaupt mit ETCS 240 Züge täglich mit minimalen Abständen von 2 Minuten im gemischten Verkehr (Güter- und Reisezüge). Per Fahrplanwechsel im Dezember 2007 wird die Geschwindigkeit von 160 km/h auf 200 km/h angehoben. Laut Angaben der SBB handelt es sich dabei um den ersten Einsatz von ETCS Level 2 im normalen Betrieb.[3]
  • 2005:
    • DB Halle (Saale)/LeipzigJüterbogBerlin (ETCS Level 2); IC 2519/2518 als erste Regelzüge im Netz der Deutschen Bahn unter ETCS am 5. Dezember 2005
    • RFI Neubaustrecke Rom-Neapel, die Strecke ist nur mit ETCS Level 2 ausgestattet und wird mit bis zu 300 km/h befahren
  • 2006:
    • RENFE Madrid–Lleida (ETCS Level 1; erste kommerzielle Anwendung für 250 km/h)
    • RFI Neubaustrecke Mailand-Turin (Abschnitt Novara-Turin)
  • 2007:

Auch in Frankreich, Spanien, den Niederlanden, Großbritannien, Luxemburg und Ungarn wird der Betrieb auf Teststrecken vorbereitet. Insgesamt sind in Europa bei 23 Projekten rund 3000 Streckenkilometer und etwa 800 Fahrzeuge mit ETCS ausgerüstet (Stand: August 2006).

Italien verwendet ETCS Level 2 auf allen neuen Hochgeschwindigkeitsstrecken (in Betrieb sind 2007 die Abschnitte Rom–Neapel und Novara–Turin). Die Ausrüstung einiger wichtiger Bestandstrecken, allen voran die Alpenübergänge, ist bereits geplant. Außerdem werden bis Ende 2007 alle Haupt- und Ergänzungsstrecken mit der punktförmigen Zugbeeinflussung SCMT (die auf ETCS Level 1 aufbaut) ausgestattet sein.

Das Schweizerische Normalspurnetz soll flächendeckend auf ETCS umgerüstet werden, sobald Level 1 Limited Supervision verfügbar ist. Gemäß einer Absichtserklärung der beteiligten Bahngesellschaften von 2006 soll ETCS bis 2012 auf dem Korridor RotterdamGenua zum Einsatz kommen.[3]

ETCS Level 2 und ERMTS sollen in Volksrepublik China auf der fast 1000 km langen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Wuhan und Guangzhou zum Einsatz kommen. Der Mitte 2007 vergebene Auftrag zur Streckenausrüstung hat ein Volumen von 66 Millionen Euro (für Installation, Lieferung, Prüfung und Inbetriebnahme) und umfasst neben der Streckenausrüstung auch die Ausrüstung von 60 Hochgeschwindigkeitszügen. Das System soll im Januar 2010 in Betrieb genommen werden.[4]

Nach Schätzungen der DB AG wird eine europaweite Einführung von ETCS zwischen 15 und 20 Jahre dauern. Man rechnet mit Kosten von rund 500 Millionen Euro allein in Deutschland, europaweit mit etwa acht Milliarden Euro.

ETCS bei der Deutschen Bahn

Die Bundesrepublik subventioniert nur noch Zugsicherungstechnik auf Neubaustrecken, wenn ETCS zum Einsatz kommt. Die erste hiervon betroffene Strecke war Halle (Saale)/LeipzigJüterbogBerlin. An dieser Strecke wurde ETCS Level 2 so lange erprobt, bis es die Zulassungsvoraussetzungen des Eisenbahn-Bundesamtes erfüllte. Um einen Parallelbetrieb mit dem bisherigen deutschen Zugsicherungsystem LZB zu ermöglichen, wurde eine neue Schnittstelle namens SZS/Sahara zwischen Stellwerk (CIR-ELKE-Funktionalität) und den Zugsicherungsystemen LZB und ETCS Level 2 eingeführt. Bis 26. Mai 2006 verkehrte das IC-Zugpaar 2418/2419 probeweise fahrplanmäßig zwischen Leipzig und Berlin mit ETCS, bei bis zu 200 km/h[5]. Am 17. Juni 2006 wurde, erstmals in Europa, der fahrplanmäßige Betrieb unter ETCS mit 200 km/h aufgenommen. Die Zugpaare IC 2418/2419 bzw. IC 2416/2417 sowie der EN 228/229 verkehrten ETCS-geführt.[6]

Die im Mai 2006 fertiggestellte Neubaustrecke Nürnberg−München wurde zunächst nur mit LZB ausgerüstet und soll bis zum Fahrplanwechsel 2009 entsprechend nachgerüstet werden.[7] Ebenfalls ausgeschrieben ist die ETCS-Ausrüstung der Strecke Saarbrücken−Frankfurt (POS). Bei dieser Strecke kommt erstmalig nur ETCS zum Einsatz − ohne LZB.[8] Die erste deutsche Strecke mit ETCS Level 1 wird ab Juni 2008 die Strecke von Aachen Hbf zur belgischen Grenze sein.[9] ETCS Level 1 hat jedoch bisher noch keine Zulassung des Eisenbahn-Bundesamtes.

Im Bereich der Deutschen Bahn sollen bis 2021 alle Schnellfahrabschnitte, mit einer Gesamtlänge von etwa 4000 km, mit ETCS Level 2 ausgerüstet werden. Zusätzlich sind „Lückenschlüsse“ vorgesehen, um einen durchgängigen Verkehr für ausschließlich mit ETCS ausgerüstete Züge zu ermöglichen. ETCS Level 2 soll nur auf Schnellfahrabschnitten eingesetzt werden.[10]

Mitte 2007 war die ETCS-Ausrüstung von Strecken in der Gesamtlänge von rund 7000 km sowie die Ausrüstung von rund 3100 Fahrzeugen beauftragt.[11]

ETCS in der Schweiz

Die Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) und die BLS AG setzen auf den Neubaustrecken ETCS Level 2 ein. Auf der Neubaustrecke Mattstetten–Rothrist und im Lötschberg-Basistunnel wird ETCS Level 2 bereits im Regelbetrieb eingesetzt. Später sollen der Gotthard- und der Ceneri-Basistunnel folgen. [12] Insgesamt wurden über 500 Fahrzeuge mit ETCS ausgerüstet.

Für das restliche Netz gibt es eine mehrstufige Migrationsstrategie zu Level 1 LS.

  • Zunächst wurden sämtliche Fahrzeuge ohne ETCS mit einem Rucksack genannten System (ETM = Eurobalise Transmission Module) ausgestattet. Dieses besteht nur aus einem Empfänger für Eurobalisen, über den jedoch keine ETCS-Daten übertragen werden, sondern die Signalbegriffe der bisherigen Schweizer Zugsicherungsysteme Integra-Signum und ZUB 121. Für diese Daten werden die für nationale Anwendungen reservierten Bits der Eurobalisen verwendet (Paket 44).
  • Nun können Signum- und ZUB-Magnete sowie Schlaufen durch Eurobalisen und Euroloops ersetzt werden. Diese übertragen lediglich P44. Dieses System nennt sich EuroSignum bzw. EuroZUB. Deshalb müssen weiterhin sämtliche Triebfahrzeuge mit ETM bzw. ZUB 262ct ausgerüstet werden.
  • Sobald der ETCS-Level-1-Modus Limited Supervision eingeführt wird, werden in den Balisen und Loops zusätzlich zu den nationalen EuroSignum und EuroZUB-Signalbefehlen die entsprechenden ETCS-Bits übertragen. Sobald dieser Schritt vollzogen ist, können reine ETCS-Fahrzeuge das gesamte Netz der SBB befahren. Erst von diesem Zeitpunkt an kann bei neuen mit ETCS ausgerüsteten Triebfahrzeugen auf ETM bzw. ZUB 262ct verzichtet werden.

Zwischen 2002 und 2007 wurden 610 Millionen Franken in die Beschaffung und Erprobung des Systems investiert. Für die Ausrüstung des Normalnetzes mit ETCS Level 1 Limited Supervision sind weitere 300 Millionen Franken vorgesehen.[3] Aufgrund der bisher noch nicht erfolgten Aufnahme von Level 1 LS in die ETCS-Spezifikation, wird sich diese Investition verzögern. Dies ist vor allem für ausländische Eisenbahnunternehmen ein gewichtiger Nachteil bei der Fahrt durch die Schweiz.

Am 16.10.2007 ereignete sich auf der neuen Lötschberg-Basisstrecke nahe Frutigen ein mit ETCS zusammenhängender Unfall, der glücklicherweise nur Sachschaden zur Folge hatte. Ursache für die Entgleisung war ein Softwarefehler in der ETCS-Streckenzentrale (RBC). Während des Übergangs von der konventionellen Schweizer Zugsicherung zu ETCS wurde ein genau in diesem Moment eingegebener Haltebefehl von der Streckenzentrale nicht ans Triebfahrzeug übermittelt. Das Ereignis hat in der Fachwelt große Besorgnis über die Betriebssicherheit des äußerst komplexen ETCS-Systems hervorgerufen[13].

Kritik

Die hohen Kosten und der nur unzureichende "Mehrwert" von ETCS haben schon wiederholt Kritik ausgelöst. Mit Milliardenaufwendungen werden nun in diversen Ländern einzelne Strecken ausgerüstet, deren Systeme bisher untereinander nicht oder nur teilweise kompatibel sind. Sodann zeigt sich, dass die Spezifikationen von ETCS Lücken aufweisen, z.B. an der Schnittstelle zum Stellwerk.

Es gibt Stimmen, vor allem in Frankreich und Deutschland, die es vorgezogen hätten, TVM und LZB als europäische Standards festzulegen, nachdem diese Systeme erprobt und sicher seien. Dieser Vorschlag lässt ausser Acht, dass diese beiden Systeme auf die jeweiligen nationalen Betriebsvorschriften abgestimmt sind. Sie in einem anderen Land einzuführen, erfordert dort einen ebenso grossen Aufwand wie die Einführung von ETCS. Gerade der Unfall am Lötschberg hat gezeigt, dass der kritische Punkt der Übergang zwischen den Systemen ist. Auch wenn der Lötschberg mit LZB ausgerüstet worden wäre, gäbe es einen solchen Übergang zur bisherigen Schweizer Zugsicherung, die neu programmiert werden müsste - und bei der ein Programmierer einen entsprechenden Fehler hätte machen können.

Kritisiert wird weiter, ETCS biete den Bahnen kaum einen Mehrwert, aber ganz erhebliche Mehrkosten, die sich wirtschaftlich nicht rechnen würden. Dies hat seinen Grund einerseits darin, dass für die Eisenbahn-Verkehrsunternehmen erst dann ein Mehrwert entsteht, wenn die Triebfahrzeuge anstatt mit vielen nationalen Systemen nur noch mit ETCS ausgerüstet werden müssen. Dies würde eigentlich nach einer Verkürzung der Übergangsphase rufen. Die Bemühungen dazu, z.B. durch die Spezifikation eines Level 1 LS, werden aber bisher kaum unterstützt. Und hier liegt der andere Grund, der sich vor allem bei den Infrastrukturbetreiberinnen zeigt. Zwar sind die ETCS-Komponenten, insbesondere die Eurobalise, kostengünstig in Anschaffung und Unterhalt. Aber erst wenn diese Komponenten dank Level 1 LS mit den bestehenden Stellwerken zusammen eingesetzt werden können, ergeben sich vernünftige ökonomische Dimensionen.

Der Lötschberg-Unfall gibt den kritischen Stimmen vordergründig Auftrieb. Länder, die ihre Neubaustrecken mit ETCS Level 2 ausgerüstet haben, werden aber keinesfalls zu älteren Systemen zurückkehren. Und wie bereits dargelegt, würde dies auch die - offenbar unfallverursachenden - Schnittstellen nicht beseitigen.

Allerdings wird auch kein Land in der Lage sein, innerhalb weniger Jahre alle bestehenden Strecken von der bisherigen nationalen Zugsicherung auf ETCS Level 1 oder 2 aufzurüsten. Hingegen wäre eine Umstellung auf Level 1 Limited Supervision denkbar und finanzierbar, wie die Migrationsstrategie der Schweiz (siehe oben) zeigt. Dafür müsste mehr Gewicht auf die Weiterentwicklung der Spezifikationen gelegt werden.

Literatur

  • Uwe Miethe: Erprobung bei Tempo 200. Neues europäisches Leit- und Sicherungssystem ETCS. In: LOK MAGAZIN. GeraNova, München 42.2003,264, S.14. ISSN 0458-1822
  • Karl-Heinz Suwe: Internationale IRSE-Convention 2005 in Straßburg, Signal + Draht, Heft 11/2005 bei eurailpress.com/sd
Commons: European Train Control System – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Konsolidierte Richtlinie 96/48/EG zur Interoperabilität des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems
  2. Entscheidung der Kommission vom 6. März 2007 zur Änderung von Anhang A der Entscheidung 2006/679/EG über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Zugsteuerung, Zugsicherung und Signalgebung des transeuropäischen Hochgeschwindigkeitsbahnsystems und zur Änderung von Anhang A der Entscheidung 2006/860/EG über die technische Spezifikation für die Interoperabilität des Teilsystems Zugsteuerung/Zugsicherung und Signalgebung des konventionellen transeuropäischen Eisenbahnsystems. Amtsblatt der Europäischen Union vom 7.3.2007 L67/13
  3. a b c Gesamtkosten von 910 Millionen Franken in Tages-Anzeiger Online vom 26. April 2007
  4. Meldung ETCS Level 2 für China. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 56, Nr. 9, 2007, S. 574.
  5. Wolfgang Feldwisch, Holger Schülke: Die Inbetriebnahme der Großprojekte der Bahn zur Fußballweltmeisterschaft 2006. In: Eisenbahntechnische Rundschau (55) 2006, Heft 5, S. 296
  6. Deutsche Bahn AG, DB Systemtechnik: Tätigkeitsbericht 2006 (PDF, 1,6 MB), S. 42
  7. ETCS für Nürnberg–München Meldung auf eurailpress.de vom 27. Dezember 2006
  8. Meldung ETCS für ICE-Strecken in Signal + Draht, Ausgabe 1+2/2007, Seite 45
  9. Migrationsplanung ETCS und technischer Netzzugang. Deutsche Bahn, 13. November 2007, abgerufen am 23. November 2007.
  10. DB Netz AG, Dr. Reiner Behnsch: GSM-R und ETCS. Überblick, Stand und Schnittstellen. Vortrag auf der 52. Eisenbahntechnischen Fachtagung des VDEI. Magdeburg, 6. September 2007
  11. Ralf Kaminsky, Siemens Transportation Systems: ETCS auf den Verkehrskorridoren in Europa: Herausforderungen an die Signalindustrie und Stand der Einführung (Präsentation). Magdeburg, 6. September 2007
  12. http://mct.sbb.ch/mct/070426_etcs-6_praesentation.pdf
  13. "ETCS-Unfall auf der Lötschberg-Basislinie" in SER/ERI/EÖ 12/2007 S. 584 ff.