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Maimonides

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Idealporträt Maimonides’ aus dem 19. Jahrhundert

Moses Maimonides, eigentlich Mosche ben Maimon, genannt RaMbaM (Hebräisch הרמב"ם, Abkürzung für Rabbi Mosche ben Maimon, רבי משה בן מיימון), arabischer Name Abu Imran Musa ibn Maimun ubn Ubad Allah, (* 30. März 1135 in Córdoba, † 13. Dezember 1204 in Fustat [heute Kairo]), war ein jüdischer Philosoph, Arzt und Rechtsgelehrter.

Maimonides gilt als der bedeutendste jüdische Gelehrte des Mittelalters. Sein Hauptwerk Führer der Unschlüssigen, das zur Auflösung des Widerspruchs zwischen Gottes in der Bibel offenbartem Wort und rationaler, philosophischer wie wissenschaftlicher Erkenntnis eine allegorische Lesart der Glaubenslehren vorschlägt, übte wesentlichen Einfluss auf die religionsphilosophischen Debatten in Judentum und Christentum bis ins 18. Jarhundert hinein aus.

Leben und Werk

Maimonides enstammte einer der angesehendsten Familien Córdobas, deren Haus zu den Zentren des dortigen intellektuellen Lebens gehörte. Unterweisung in die jüdische Lehre erhielt er durch seinen Vater, einen Rabbiner. Zudem unterrichteten ihn arabische Lehrer in griechisch-arabischer Philosophie und Naturwissenschaften.

Nach der Invasion der Almohaden (von arabisch al-muwahidûn für ‚Einheitsbekenner‘) 1148, die einen intoleranten Islam vertraten und Berber und jüdische Gemeinden verfolgten, floh seine Familie vermutlich 1159 zuerst ins marokkanische Fès, wo Maimonides seine Ausbildung beendete und zum ersten mal schriftstellerisch tätig wurde. 1165 zog die Familie weiter nach Jerusalem, dann nach Alexandria und schließlich nach Fustat, dem heutigen Kairo, wo Maimonides bis zu seinem Tod lebte.

Die ersten Jahre in Ägypten konnte er ohne Verpflichtungen als Gelehrter verbringen, da sein Bruder David als Juwelenhändler zwischen Indien und den Mittelmeerländern für den Familienunterhalt sorgte. Nachdem sein Bruders bei einem Schiffsunglück den Tod gefunden hatte und dabei nicht nur das gesamte Vermögen der Familie, sondern auch anvertrautes Kapital anderer Händler verloren gegangen war, musste Maimonides, auch um die Schulden zu begleichen, eine Erwerbsarbeit aufnehmen. Um nicht finanziell von einer „Lizenz der rabbinischen Autorität“ abhängig sein zu müssen, wählte er den Beruf des Arztes, in dem er sich einen so großen Ruf erwarb, dass er 1185 Leibarzt des Sekretärs von Sultan Saladin, al-Fadil, wurde, der praktisch ägyptischer Regierungschef war, dann auch Leibarzt des Sultans selbst. Zur gleichen Zeit wurde er Vorsteher (Nagid) der jüdischen Gemeinde von Kairo. Damals schrieb er an seinen provenzalischen Übersetzer Schmuel ibn Tibbon:

„Meine Pflichten beim Sultan sind wirklich ermüdend. Ich muss ihn jeden Tag besuchen, angefangen am frühen Morgen, und wenn er sich unwohl fühlt oder eines seiner Kinder oder ein Mitglied seines Harems krank ist, muss ich für die meiste Zeit des Tages im Palast bleiben. Deshalb gehe ich sehr früh aus und kehre nicht vor dem Nachmittag nach Hause zurück. Dann sterbe ich fast vor Hunger, finde aber ein volles Vorzimmer vor, gefüllt mit Juden wie Nichtjuden, Edelmännern und Bürgerlichen, Freunde und Feinde, eine bunt gemischte Menschheit, die auf meine Rückkehr wartet. Ich steige ab von meinem Reittier, wasche mir die Hände und widme mich meinen Patienten und bitte sie, ein leichtes Mahl mit mir zu teilen, das einzige, das ich innerhalb von 24 Stunden verzehre. Dann untersuche ich sie, schreibe Rezepte und gebe ihnen Anweisungen für die verschiedenen Krankheiten. Die Patienten kommen und gehen bis zum Sonnenuntergang, manchmal gar bis zur späten Nacht. Wenn es Abend wird bin ich so müde, dass es mir kaum noch gelingt, zu sprechen.“

Trotz dieser Belastungen schrieb und redigierte er in diesen Jahren seine wichtigsten, damals vieldiskutierten Werke:

In Sanhedrin Mischna, auf Arabisch geschrieben und später ins Hebräische übersetzt, kommentierte er die Mischna; seine in der Einleitung zusammengefassten 13 Glaubensartikel wurden später ins jüdische Gebetbuch aufgenommen.

1180 erschien Mischne thora (‚Wiederholung des Gesetzes‘), eine Überarbeitung der rabbinischen Rechtsauslegung, die Mischna und Tora streng logisch organisierte. Mischne thora wurde heftig kritisiert, was zum sogenannten Maimonidesstreit führte.

An seinem Hauptwerk Dalalat al-Ha'irin (‚Führer der Unschlüssigen‘), ebenfalls auf Arabisch verfasst und bald ins Hebräische (More nevuchim, ‚Lehrer der Beschämten‘) und Lateinische übersetzt, arbeitete Maimonides von 1176 bis 1190. Darin suchte er die Bibel mit der aristotelischen-neuplatonischen Philosophie zu verbinden. Die Unschlüssigkeit des gläubigen Philosophen beruhe, so Maimonides, auf der Unvereinbarkeit zweier Systeme: einerseits dem des Glaubens mit seiner offenbarten Wahrheit und andererseits dem des aristotelischen Denkens mit rationalen Kriterien, Beobachtung und Verifizierung. Als Lösung schlägt Maimonides eine Vielfältigkeit der Bedeutungen von Gottes Wort vor. Der einfache Gläubige möge es als unmittelbare Wahrheit nehmen, der Philosoph und Wissenschaftler könne es hingegen allegorisch deuten und so auf eine tiefere Wahrheitsebene stoßen, die mit den Prinzipien von Logik und Wissenschaft übereinstimme.

Der Führer der Unschlüssigen fand im 13. Jahrhundert auch Verbreitung in Europa und wurde, trotz anfänglicher Verbotsversuche, zu einer der zentralen Schriften in der religiösen und philosophischen Debatte. Insbesondere Thomas von Aquin setzte sich in seiner Gottes- und Schöpfungslehre mit ihr auseinander. Auch auf Spinoza entfaltete sie ihre Wirkung. Im 18. Jahrhundert griff Moses Mendelssohn noch einmal auf Maimonides Werk zurück, um ein modernes Judentum im Geist der Aufklärung zu begründen.

Daneben schrieb Maimonides mehrere medizinische Abhandlungen.

Er soll in Tiberias bestattet worden sein, das Grab ist heute noch zu besichtigen.

Werke

In deutscher Übersetzung waren oder sind erhältlich:

  • Führer der Unschlüssigen. Übersetzt und kommentiert von A. Weiß, 1972
  • Acht Kapitel. Eine Abhandlung zur jüdischen Ethik und Gotteserkenntnis, 1992, ISBN 3-7873-1081-9
  • Der Brief in den Jemen. Texte zum Messias. Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Sylvia Powels-Niami unter Mitwirkung von Helen Thein. Mit einem Vorwort von Friedrich Niewöhner, Berlin 2002