Licht (Stockhausen)
Licht, Die sieben Tage der Woche, ist ein Opern-Zyklus von Karlheinz Stockhausen, den er zwischen 1977 und 2003 komponierte. Wie der Untertitel andeutet, trägt jede Oper einen Wochentag als Namen.
Gesamtkunstwerk
Mit dieser Heptalogie überhöht Stockhausen die Idee des Gesamtkunstwerkes, indem er nicht nur wie Richard Wagner (mit dem er nicht verglichen werden will) mehrere Opern in einen mythologischen Zusammenhang stellt und den handelnden Personen eigenes Material zuordnet (bei Wagner Leitmotive, Stockhausen bezeichnet dieses Material als Formeln). Stockhausen ging darin weiter: er versuchte weitgehend alle Bedeutungsebenen miteinander zu verknüpfen und unterwarf jede Gestaltungsebene seinem künstlerischen Willen. Er komponierte nicht nur (selbstverständlich) alle Musik, sondern schrieb sich auch (wie Wagner) seine Libretti selbst, (wobei es ihm anders als diesem an literarischen Fähigkeiten fehlte), "komponierte" die Mimik, Gestik und Bewegungssprache der Protagonisten, legte die Kostüme, die zu verwendenden Symbole und selbst die Farbskala der Lichtregie etc. fest (jedem der Wochentage ist einé bestimmte Farbe zugeordnet). So überwältigend der hochgesteckte Anspruch ist, so ernüchternd sind die (teils diletantischen) gefundenen Lösungen im Einzelfall.
Inhalt
Stockhausen hat sich für sein Schöpfungs- und Welterklärungsmythos eklektisch an einer Fülle von Religionen und Mythologien bedient. (Entscheidende Anregung war ihm hierbei das Urantia-Book.) Im Mittelpunkt stehen die Figuren von Eva, Luzifer und Michael, die in verschiedenen Konfigurationen aufeinandertreffen. Eine knappe Inhaltsangabe wäre hier wünschenswert.
Instrumentation
Im Unterschied zu traditionellen Opern ist das Instrumentarium zum einen sehr reduziert (der Einsatz eines Orchesters gehört zu den Ausnahmen) und andererseits, hauptsächlich durch Elektronik, stark erweitert, wie das Helikopter-Streichquartett zeigt. Freitag kommt z.B. mit drei Gesangsstimmen und drei Instrumentalisten aus, sowei Kinderchor und -orchester, die allerdings nur eine untergeordnete Rolle spielen. Stockhausens "modernes Orchester", das ein normales Orchester ersetzen soll, ist wohl aus der Not geboren: Synthesizer und Oktophonie genannte achtkanalige Elektronik sowie Schlagzeuger sollen das Fehlen eines differenzierten Orchesterapparates ausgleichen.
Die musikalische Substanz des Gesamten ist sehr ungleich. Die mangelnde Homogenität des Gesamtzyklus ist einesteils der langen Entstehungszeit (mehr als 25 Jahre) und andererseits der Entstehungsart geschuldet. Fast jeder Akt, jede Szene ist eine Summe von Einzelstücken, die zu unterschiedlichen Anlässen entstanden und uraufgeführt wurden – aber wohl immer hinsichtlich des Gesamtzusammenhangs konzipiert sind. Letztlich erlebte jedes Teilstück eine Fülle an Uraufführungen (als Einzelstück, als Szene, als Akt, konzertant, szenisch, als Gesamtoper und (dermaleinst wohl auch) als Teil der Gesamtaufführung der Heptalogie). Unübersichtlich ist der Komplex der Opernteilstücke unter anderem dadurch, dass es viele Stücke in mehreren Varianten gibt, teils in unterschiedlichen Instrumentationen, teils in Fassungen für den Konzertgebrauch, teils aber auch in neuen Zusammenstellungen unter neuem Titel. So ist das Stück Quelle des Lebens eine Version der ersten drei Szenen des Ersten Aktes von Montag, während Freitags-Gruß und -Abschied zusammengespielt Weltraum heißt.
Gliederung
In der folgenden Auflistung der Einzelteile von Licht sind nach den Gattungsangaben die einzelnen Teile (Akte bzw. Szenen) angegeben, danach die Einzelstücke, die – teils unter anderm Namen – der Oper entnommen wurden. Die Angaben sind dem Stockhausen-Werkverzeichnis[1] entnommen. Die Auflistung der Wochentage nach der Deutschen Industrie Norm entspricht weder dem Entstehungsprozess, noch der Stockhausenschen Gesamt-Dramaturgie, die noch nicht vollständig nachvollzogen ist.
- Licht (1977-2003)
Die sieben Tage der Woche
- Montag (1984-88)
Oper in drei Akten, einem Gruß und einem Abschied
für 21 musikalische Darsteller (14 Solo-Stimmen, 6 Solo-Instrumente, 1 Akteur), Chor (Tonband oder live), 21 Schauspieler-Frauen (nur in szenischer Aufführung), Kinderchor, Mädchenchor, Modernes Orchester (3 Synthesizer-Spieler, 1 Schlagzeuger, Tonband), Dirigent, Klangregisseur
- Montags-Gruß
- - Einzelstücke:
- Xi
- I. Akt. Evas Erstgeburt
- 1. Sz. In Hoffnung
- 2. Sz. Heinzelmännchen
- 3. Sz. Geburts-Arien
- 4. Sz. Knaben-Geschrei
- 5. Sz. Luzifers Zorn
- 6. Sz. Das große Geweine
- - Einzelstücke:
- Geburts-Fest
- Quelle des Lebens
- Kinderspiel
- Trauer mit Humor
- Flautina
- II. Akt. Evas Zweitgeburt
- 1. Sz. Mädchenprozession
- 2. Sz. Befruchtung mit Klavierstück - Wiedergeburt
- 3. Sz. Evas Lied
- - Einzelstücke:
- Geburtstags-Formel (Klavierstück XIV)
- Die 7 Lieder der Tage
- Wochenkreis
- III. Akt. Evas Zauber
- 1. Sz. Botschaft
- 2. Sz. Der Kinderfänger
- 3. Sz. Entführung
- - Einzelstücke:
- Ave
- Evas Spiegel
- Susani
- Susanis Echo
- Entführung
- Quitt
- Ypsilon
- Montags-Abschied
- Dienstag (1977/1987-91)
Oper in einem Gruß und zwei Akten mit Abschied
für 17 musikalische Darsteller (3 Solo-Stimmen, 10 Solo-Instrumentalisten, 4 Tänzer-Mimen), Schauspieler, Mimen, Chor, Modernes Orchester und Tonbänder
- Dienstags-Gruß
- Willkommen mit Friedens-Gruß
- - Einzelstücke:
- Sukat
- Willkommen mit Friedens-Gruß
- I. Akt. Jahreslauf
- Piccolo
- Vorstellung. Michael, Luzifer.
- 4 Versuchungen, 4 Anfeuerungen. 4 Tutti- Intermezzi.
- - Einzelstücke:
- Prozession
- II. Akt. Invasion – Explosion - Dienstags-Abschied
- - Einzelstücke:
- Signale zur Invasion
- Pietà
- Synthi-Fou (Klavierstück XV)
- Mittwoch (1995-97)
Oper in einem Gruß, vier Szenen und Abschied
für 9 musikalische Darsteller (Flöte, Bassetthorn, Trompete, Posaune, Streichquartett, Bass mit Kurzwellen-Empfänger), Chor mit singendem Dirigenten, Orchester (szenisch: 13 Instrumentalisten), einen Synthesizer-Spieler, 2 Tänzer-Mimen, Elektronische Musik (Tonbänder), Klangregisseur
- Mittwochs-Gruß
- 1. Sz. Welt-Parlament
- Licht-Ruf
- 2. Sz. Orchester-Finalisten
- 11 Solo-Stücke für jedes der geläufigen Orchesterinstrumente und Elektronik
- 3. Sz. Helikopter-Streichquartett
- 4. Sz. Michaelion
- - Einzelstücke:
- Thinki
- Bassetsu
- Menschen, hört
- Rotary
- Klavierstück XVIII (Mittwoch-Formel)
- 1. Sz. Welt-Parlament
- Mittwochs-Abschied
- Donnerstag (1978-80)
Oper in drei Akten, einem Gruß und einem Abschied
für 14 musikalische Darsteller (3 Solo-Stimmen, 8 Solo-Instrumentalisten, 3 Solo-Tänzer), Chor, Orchester und Tonbänder
- Donnerstags-Gruß
- I. Michaels Jugend
- 1. Sz. Kindheit
- 2. Sz. Mondeva
- 3. Sz. Examen
- - Einzelstücke:
- Unsichtbare Chöre
- Tanze Luzeva!
- Bijou
- Klavierstück XII (Examen)
- II. Michaels Reise um die Erde
- Eingang und Formel
- Halt
- Kreuzigung
- Mission und Himmelfahrt
- Michaels-Ruf
- III. Michaels Heimkehr
- 1.Sz. Festival
- 2. Sz. Vision
- - Einzelstücke:
- Drachenkampf
- Knabengeburt
- Argument
- Donnerstags-Abschied
- Freitag (1991-94)
Oper in einem Gruß, zwei Akten und Abschied
für 5 musikalische Darsteller (Sopran, Bariton, Baß, Flöte, Bassetthorn), Kinder-Orchester, Kinder -Chor, 12 Choristen, einen Synthesizer-Spieler, 12 Paare von Tänzer-Mimen, Elektronische Musik mit Tonszenen, Klangregisseur
- Freitags-Gruß
- - Einzelstücke:
- Weltraum
- I. Akt. Paare
- 1. Sz. Klavierstück XVI
- 2. Sz. Two Couples
- II. Akt. Freitag-Versuchung
- - Einzelstücke:
- Antrag
- Kinder-Orchester
- Kinder-Chor
- Kinder-Tutti
- Zustimmung
- Fall
- Kinder-Krieg
- Komet (Klavierstück XVII)
- Reue
- Elufa
- Freia
- Chor-Spirale
- Freitags–Abschied
- Samstag (1981-83)
Oper in einem Gruß und vier Szenen
für 13 musikalische Darsteller (1 Solo-Stimme, 10 Solo-Instrumentalisten, 2 Solo-Tänzer), Harmonie-Orchester Orchester, Ballett oder Mimen, Männerchor und Orgel
- Samstags-Gruß
- 1. Sz. Luzifers Traum
- Klavierstück XIII
- Traum-Formel
- 2. Sz. Kathinkas Gesang als Luzifers Requiem
- 3. Sz. Luzifers Tanz
- Linker Augenbrauentanz
- Rechter Augenbrauentanz
- Linker Augentanz
- Rechter Augentanz
- Linker Backentanz
- Rechter Backentanz
- Nasenflügeltanz
- Oberlippentanz
- Zungenspitzentanz
- Kinntanz
- 4. Sz. Luzifers Abschied
- 1. Sz. Luzifers Traum
- Sonntag (1998-2003)
Oper in fünf Szenen und einem Abschied
für 10 Vokalsolisten, Knabenstimme, vier Instrumental-Solisten, zwei Chöre und zwei Orchester, Elektronische Musik, Klangregisseur
- 1 Sz. Lichter-Wasser (Sonntags-Gruß)
- 2 Sz. Engel-Prozessionen
- 3 Sz. Licht-Bilder
- 4 Sz. Düfte-Zeichen
- - Einzelstücke:
- Cuchulainn
- Kyphi
- Mastix
- Rosa Mystica
- Tate Yunanaka
- Ud
- Weihrauch
- Knaben-Duft
- 5 Sz. Hoch-Zeiten
- Sonntags-Abschied
- - Einzelstücke:
- Strahlen
Einzelnachweise
Literatur
- Christoph von Blumröder/ Imke Misch u. a. (Hg.): "Internationales Stockhausen-Symposion 1998 (=Signale aus Köln Nr. 4)", Saarbrücken 1999
- dies.: "Internationales Stockhausen-Symposion 2000: Licht (=Signale aus Köln Nr. 10)", Münster 2004
- Michelle Kiec: "The Licht-Superformula", Baltimore, Maryland 2004
- Peter Schnur, "Die Idee des Gesamtkunstwerks bei Karlheinz Stockhausen, dargestellt am Zyklus LICHT", GRIN Verlag 2007
- Markus Wirtz, "Licht. Die szenische Musik von Karlheinz Stockhausen. Eine Einführung", Saarbrücken 2000