Justus-Liebig-Universität Gießen
Justus-Liebig-Universität Gießen | |
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Gründung | 1607 |
Ort | Gießen |
Bundesland | Hessen |
Land | Deutschland |
Leitung | Stefan Hormuth |
Studierende | 21.735 (WS 2007/08)[1] |
Mitarbeiter | 2.309 (2006) |
davon Professoren | 288 (2006)335 |
Website | www.uni-giessen.de |





Die Universität in Gießen wurde 1607 von Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt als „Academia Gissena“ gegründet und hieß bis 1945 nach ihrem Gründer Ludwigsuniversität oder auch „Ludoviciana“. Bei der Neugründung nach dem Zweiten Weltkrieg erhielt sie den Namen ihres berühmtesten Wissenschaftlers und heißt seitdem Justus-Liebig-Universität. Die zweitgrößte hessische Hochschule ist die älteste Universität des heutigen Bundeslandes Hessen, die kontinuierlich hessische Landeshochschule war.
Geschichte
Die Gießener Universität verdankt ihre Entstehung dem Zeitalter der Glaubenswirren um die Reformation und Gegenreformation. Landgraf Ludwig V. von Hessen-Darmstadt gründete die lutherische Landesuniversität, da die benachbarte Marburger Universität (gegründet 1527) mit der Teilung des Landes Hessen 1605 calvinistisch geworden war. Die protestantischen Theologen, die die Wende zum Calvinismus nicht vollziehen wollten, wurden entlassen und begaben sich nach Gießen. Noch 1605 gründete Ludwig V. ein „Gymnasium illustre“ mit angeschlossenem „Paedagogium“ als Überbrückung bis zur Erteilung des kaiserlichen Patents am 19. Mai 1607, durch Rudolf II.. Mit dem Wintersemester 1607/1608 begann der Lehrbetrieb der Academia gissena.
Vom 25. Mai 1625 bis zum 5. Mai 1650 zog die Universität wegen der Pest und des 30-jährigen Krieges nach Marburg, zwischendurch 1633 weilte sie für 12 Monate wieder in Gießen.
Von 1787 bis 1833 lehrte hier der Kameralist und Statistiker August Friedrich Wilhelm Crome, der als Rektor und Mitglied einer sogenannten Kriegskommission den Raub der Universitätsbibliothek durch die französischen Besatzer verhindern konnte. Ende des 18. Jahrhunderts litt die Universität unter den Koalitionskriegen. 1792 dienten einige Universitätsgebäude der Munitionsproduktion[2]. 1796 verzeichnete die Lehranstalt nur noch 36 Immatrikulationen, wobei gerade einmal fünf Studenten sich wirklich in Gießen aufhielten. Damit war der Lehrbetrieb der Universität zum Erliegen gekommen[3].
Im 19. Jahrhundert arbeiteten Wissenschaftler wie Wilhelm Conrad Röntgen und Justus von Liebig an der Universität. Vor allem Letzterem ist der Zuwachs an internationaler Bedeutung in dieser Zeit zu verdanken.
Durch die Veränderungen nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und dem Zweiten Weltkrieg wurde die Universität stark verkleinert.
Im Dezember 1944 während der Angriffe auf Gießen wurde ein großer Teil der Universität zerstört. Auch das Hauptgebäude der Universität brannte aus. Der Bereich der Universitätsklinik war besonders schwer betroffen, 42 Treffer gingen in diesem Bereich nieder. Etwa 90 % der Literaturbestände wurde vernichtet. Trotz allem ging der Hochschulbetrieb am 10. Januar 1945 weiter. Der erneute Bombenangriff am 14. März 1945 traf vor allem den Veterinärmedizinischen Bereich. Mit der Besetzung durch US-amerikanische Truppen am 14. März wurde die Universität wieder geschlossen. Am 26. Juni 1945 wurde Karl Bechert Rektor der Universität und trieb den Wiederaufbau der Universität voran. Die Kontakte zur neuen Großhessischen Regierung waren eher schlecht und der amerikanische Universitätsoffizier Hartshorne zeigte wenig Interesse am Erhalt der Universität in Gießen. Ende März 1946 wurden die Fachbereiche Philosophie, Theologie und Rechtswissenschaften geschlossen und die Bestände der Bibliotheken an umliegende Universitäten vergeben. Am 13. April 1946 trat Karl Bechert zurück und Cermark wurde sein Nachfolger. Am 27. Mai 1946 wurde die „Justus-Liebig-Hochschule für Bodenkultur und Veterinärmedizin“ eröffnet. 1957 erhielt die Hochschule den Universitätsstatus zurück.
Jahr | Studierende |
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1980 | 14.366 |
1985 | 17.088 |
1990 | 19.218 |
1995 | 21.298 |
2000 | 19.548 |
2005 | 21.204 |
2006 | 21.900 |
Gegenwart



Die Justus-Liebig-Universität hat seit ihrer Neustrukturierung 1999 elf Fachbereiche:
- Rechtswissenschaft
- Wirtschaftswissenschaften
- Sozial- und Kulturwissenschaften
- Geschichts- und Kulturwissenschaften
- Sprache, Literatur und Kultur
- Psychologie und Sportwissenschaft
- Mathematik und Informatik, Physik Geographie
- Biologie und Chemie
- Agrarwissenschaften, Ökotrophologie und Umweltmanagement
- Veterinärmedizin
- Medizin
Nicht in einen Fachbereich integriert, existieren schwerpunktbildende Zentren, in denen Wissenschaftler verschiedener Fachbereiche zusammen arbeiten. Das Zentrum für Philosophie und Grundlagen der Wissenschaft und das Zentrum für internationale Entwicklungs- und Umweltforschung existieren schon länger. Das Interdisziplinäres Forschungszentrum für Umweltsicherung wurde 1997 eingeweiht, das Zentrum für Medien und Interaktivität besteht seit 2000, das Gießener Graduiertenzentrum Kulturwissenschaften seit 2001. Durch eine hessenweite Schwerpunktbildung wurde 2006 das Gießener Zentrum Östliches Europa gegründet.
Die JLU bietet als Volluniversität über 150 Studiengänge an, die meisten davon werden derzeit modularisiert und auf gestufte Abschlüsse Bachelor/Master umgestellt. Im Wintersemester 2006/2007 studieren 21.449 Studenten an der Universität. Die beliebtesten Studiengänge sind die Betriebswirtschaftslehre, die Ökotrophologie sowie die Lehramtsstudiengänge und die zulassungsbeschränkten Medizinfächer Human- und Veterinärmedizin.
Partnerhochschulen
- Kansas State University in Manhattan/Kansas (USA)
- Universität Łódź in Łódź (Polen)
- University of Wisconsin in Madison/Wisconsin (USA)
- Staatliche Universität Kasan in Kasan/Russland
Mit weiteren Universitäten in unterschiedlichen Ländern bestehen Kooperationen.
Studentische Initiativen


- AIESEC - größte internationale Studentenorganisation
- AKB - Arbeitskreis Börse
- Christen an der Hochschule - Onlineplattform verschiedener stud. Initiativen
- Contact & Cooperation - Studenten in Zusammenarbeit mit Unternehmen
- elsa
- Infotec Gießen - studentische Unternehmensberatung
- MTP - Marketing zwischen Theorie und Praxis e. V.
- AG EH.MED.eV - Bundesweite Studentische Initiative zur Verbesserung der Erste Hilfe Ausbildung
- Ethik AG - Studentische Arbeitsgemeinschaft Ethik in der Medizin]
- SMD - christliche Hochschulgruppe an der JLU

Berühmte Persönlichkeiten (chronologisch)
- Ludwig Jungermann (1572-1653), Professor der Botanik und Medizin sowie Dekan der Medizinischen Fakultät und Rektor der Universität
- Gregor Horstius (1578-1636) Anatom und Mediziner
- Philipp Ludwig Hanneken (1637-1706), Theologe
- Theodorus Vietor - Theologe (Prof. 1625-1639)
- Johann Konrad Dippel (1673-1734), pietistischer Theologe und Alchemist; Vorbild für Frankenstein?
- Johann Georg Liebknecht (1679-1749), Theologe und Mathematiker
- Johann Jacob Dillen (1687-1747), Botaniker
- August Friedrich Wilhelm Crome, (1753-1833), Professor für Kameralistik
- Friedrich Christian Laukhard (1757–1822), Theologe und politischer Schriftsteller
- Friedrich Gottlieb Welcker (1784-1868), Professor für griechische Literatur und Archäologie
- Ludwig Börne (1786-1837), Dichter, studierte in Gießen
- Ferdinand von Ritgen (1787-1867), Professor der Medizin
- Philipp Friedrich Wilhelm Vogt (1787-1861), Professor der Medizin
- Wilhelm Snell (1789-1851), Jurist und radikalliberaler Politiker
- Carl Theodor Welcker (1790-1869), Staatsrechtler
- Friedrich Ludwig Weidig (1791-1837), Protagonist des Vormärz
- Jacob Ludwig Theodor Reh (1801-1868), Präsident der Frankfurter Nationalversammlung
- Justus von Liebig (1803-1873), Professor der Chemie
- Heinrich Buff (1805-1878), Schüler Liebigs und Professor für Physik
- Georg Gottfried Gervinus (1805-1871), Historiker
- Samuel Adler (1809-1891), deutsch-amerikanischer Rabbiner
- Hugo von Ritgen (1811-1889), Inhaber des Lehrstuhls für Architektur und Ingenieurwissenschaften sowie Präsident der Universität im 19. Jahrhundert
- Georg Büchner (1813-1837), Dichter
- Wilhelm Büchner (1816-1892), Liebigschüler und Fabrikant
- Carl Vogt (1817-1895), Professor für Zoologie, Reformator der Universität Genf
- Moritz Carrière (1817-1895), Philosoph und Schriftsteller
- August Wilhelm von Hofmann (1818-1892), Chemiker
- Rudolf von Jhering (1818-1892), Professor des Rechts
- Ludwig Büchner (1824-1899), Arzt und Philosoph
- Wilhelm Liebknecht (1826-1900), deutscher Politiker, Gründungsmitglied der SPD
- Friedrich August Kekulé von Stradonitz (1829-1896)
- Jacob Volhard (1834-1910), Schüler Liebigs und Professor für Chemie, Vater von Franz Volhard
- Alfred Clebsch (1833-1872), Mathematiker
- Moritz Pasch (1843-1930), Mathematiker
- Étienne Laspeyres (1834-1913), Nationalökonom und Statistiker
- Eberhard Schrader (1836-1908), Orientalist
- Oskar Bülow (1837-1907), deutscher Jurist und Rechtswissenschaftler
- Wilhelm Conrad Röntgen (1845-1923), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Otto Behaghel (1854-1936), Germanist
- Julius Geppert (1856-1937), Pharmakologe
- Wilhelm Sievers (1860-1921), Professor der Geographie, Forschungsreisender
- Friedrich Engel (1861-1941), Professor der Mathematik
- Paul Drude (1863-1906), Professor der Physik
- Wilhelm Wien (1864-1928), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Paul Kahle (1875-1964), Orientalist
- Kurt Koffka (1886-1941), Psychologe
- Georg Haas (1886-1971), Erfinder der künstlichen Niere
- Willy Moog (1888-1935), deutscher Philosoph und Pädagoge
- Walther Bothe (1891-1957), Professor der Physik, Nobelpreisträger
- Christian Gerthsen (1894-1956), Professor der Physik
- Wilhelm Hanle (1901-1993), Professor für Physik
- Eduard von Boguslawski (1905-1999), Pflanzenbauwissenschaftler
- Bernhard Grzimek (1909-1987), Tierarzt, Tierfilmer, Autor und Herausgeber von Tierbüchern
- Friedrich Hartmut Dost (1910-1985), Kinderarzt, Begründer der Pharmakokinetik
- Anne-Eva Brauneck (1910-2007), Kriminologin, erste Strafrechtsprofessorin Deutschlands
- Walter Mandler (1922-2005), Optik-Konstrukteur für Leica
- Ernst Habermann (1926-2001), Professor für Pharmakologie, Leiter des Rudolf-Buchheim-Institut für Pharmakologie am Fachbereich Medizin und Präsident der DGPT
- Dietrich von Denffer (*1914), Botaniker, Lehrbuchautor, Dekan der Naturwissenschaftlichen und der Naturwissenschaftlich-Philosophischen Fakultät
- Konstantinos Simitis, Professor für Handels- und Bürgerliches Recht an der JLU, griechischer Ministerpräsident
- Horst-Eberhard Richter, Psychoanalytiker
- Dieter Beckmann, erster Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Psychologie
- Wangari Muta Maathai, Nobelpreisträgerin
- Gottfried Münzenberg, Physiker, Entdecker neuer Elemente
- Fritz Lampert, Mediziner (Professor für Pädiatrie), Gründer der Tour der Hoffnung
- Wolfgang Sander, Erziehungswissenschaftler
- Hans-Gotthard Lasch, Professor für Innere Medizin
- Brun-Otto Bryde, Juraprofessor, Richter am Bundesverfassungsgericht
- Helmut Ridder, Verfassungsrechtler, Juraprofessor
- Brigitte Zypries, Bundesjustizministerin
- Frank Walter Steinmeier, Bundesaußenminister
- Albrecht Beutelspacher, Mathematikprofessor, Gründer des Mathematikums
- Rudolf Hoppe, Chemieprofessor (synthetisierte 1962 als erster die erste binäre Edelgasverbindung XeF2)
- Heiner Goebbels, Komponist und Theaterregisseur, Professor am Institut für Angewandte Theaterwissenschaft
- Claus Leggewie, Politikprofessor
- Wolf Oschlies, Professor für Osteuropakunde
- René Pollesch, Dramatiker und Regisseur
- Rimini Protokoll, Künstlerkollektiv
- Tim Staffel, Autor
- siehe auch: Liste der Hochschullehrer Gießen
Ehrendoktorwürden
- Der französische Revolutionsgeneral Jean-Baptiste Bernadotte erhielt am 17. Dezember 1798 die Ehrendoktorwürde der Philosophie[5]. 1818 bestieg er als Karl XIV. Johann den schwedischen Thron.
- Der Entomologe Heinrich Friese wurde 1907 Ehrendoktor.
- Kaspar Elm erhielt 1997 die Ehrendoktorwürde.
Siehe auch
Weblinks
Linkkatalog zum Thema Justus-Liebig-Universität Gießen bei curlie.org (ehemals DMOZ)
- Universität im Überblick (Porträt, Geschichte, Wappen)
- Werke zur Universitätsgeschichte (Digitalisate/E-Texte)
Literatur
- Eva-Maria Felschow, Carsten Lind: Ein hochnutz, nötig und christlich Werck. Die Anfänge der Universität Gießen vor 400 Jahren. Justus-Liebig-Universität, Gießen 2007, ISBN 978-3-87707-697-2
- Horst Carl, Eva-Maria Felschow, Jürgen Reulecke, Volker Roelcke, Corina Sargk (Hrsg.): Panorama. 400 Jahre Universität Gießen. Societätsverlag, Frankfurt 2007, ISBN 978-3-7973-1038-5
- Ludwig Brake, Heinrich Brinkmann (Herausgeber): 800 Jahre Gießener Geschichte, 1197-1997. Gießener Anzeiger, Gießen 1997, ISBN 3922300553
- Peter Moraw: Kleine Geschichte der Universität Gießen. Ferber'sche Universitätsbuchhandlung, Gießen 1990, ISBN 3-927835-00-5
- Hessisches Hauptstaatsarchiv (Hrsg.): Hessische Universitäten und Studenten im Wandel der Zeit. 1527–1986. Hessisches Hauptstaatsarchiv, Wiesbaden 1986
- Norbert Werner (Hrsg.): 375 Jahre Universität Gießen 1607 – 1982. Geschichte und Gegenwart. Verlag der Ferber'schen Universitätsbuchhandlun, Gießen 1982, ISBN 3-922730-22-1
- Hans Georg Gundel, Peter Moraw, Volker Press (Hrsg.): Gießener Gelehrte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. 2 Bände, N. G. Elwert Verlag, Marburg 1982, ISBN ISBN 3-7708-0724-3 und 3-7708-0723-5
- Hans Georg Gundel: Rektorenliste der Universität Gießen 1605/07 -1971. Gießen 1979
- Ludwigs-Universität, Justus-Liebig-Hochschule: 1607 - 1957; Festschrift zur 350-Jahrfeier. Schmitz, Gießen 1957
- Die Universität Gießen von 1607 - 1907 : Beiträge zu ihrer Geschichte ; Festschrift zur dritten Jahrhundertfeier. Töpelmann, Gießen 1907
Fußnoten
- ↑ Rekordzahlen bei den ersten Fachsemestern. Justus-Liebig-Universität Gießen, 30. November 2007, abgerufen am 4. Dezember 2007.
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 106
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 105
- ↑ Der Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen (Hrsg.): Bericht des Präsidiums, 02.Februar 2005
- ↑ 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 107 und Bernadotte als Gießener Ehrendoktor