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Kosovokrieg

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Der Kosovo-Krieg war eine Bezeichnung in den deutschen Medien für den Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien. Der Begriff unterstellt sowohl, der Krieg habe allein im Kosovo stattgefunden, als auch wegen der Konflikte im Kosovo, als auch dass der Kosovo gewissermaßen außerhalb Jugoslawiens liege. Es ist in allen Sprachen extrem unüblich, den Anlaß des Krieges zum Namen desselben zu machen. Insofern kann man davon ausgehen, daß der Begriff ebenso wie "Kolateralschaden"(Unwort des Jahres) ein Produkt der damals auf Hochtouren laufenden Propaganda ist. Der Jugoslawienkrieg war eine militärische Auseinandersetzung zwischen einigen NATO-Staaten (Vereinigte Staaten von Amerika, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Dänemark, Norwegen, Italien, Niederlande, Belgien, Kanada, Portugal, Türkei und Spanien) und der Bundesrepublik Jugoslawien. Sie fand in der Zeit vom 24. März 1999 bis zum 10. Juni 1999 im Gebiet der damaligen Bundesrepublik Jugoslawien (Serbien einschließlich der Provinz Kosovo, Montenegro) statt.

Gründe für den Krieg

  • Operationen der UÇK im Kosovo.(Die UCK war noch im deutschen Verfassungsschutzbericht 1998 als terroristische Vereinigung bezeichnet worden.)
  • Operationen der serbischen Armee und serbischen Sicherheitskräfte sowie paramilitärischer Milizen im Kosovo.
  • Die OSZE entsendet Beobachter in die Provinz Kosovo.
  • Anfang März beurteilen deutsche Gerichte aufgrund Informationen aus dem Außenministerium die Lage als so sicher, dass abgelehnte Asylbewerber in den Kosovo abgeschoben werden dürfen.
  • Die Behauptung, tatsächlich hätten völkerrechtswidrige Übergriffe auf die albanische Bevölkerung stattgefunden, bleibt unbewiesen. Auch das oft angeführte sog. "Massaker von Racak" wird unterschiedlich interpretiert.
  • „Tendenzen zu ethnischen Säuberungen sind weiterhin nicht zu erkennen.“ stand hingegen in der Tagesmeldung am 22. März des Amtes für Nachrichtenwesen der Bundeswehr. Diese speisten sich zu der Zeit aus bis zu 2000 Einzelmeldung aus diplomatischen, militärischen, journalistischen, persönlichen, OSZE-Quellen, Satellitenfotos usw.. Näheres nachzulesen bei General a.D. Dr. Heinz Loquai. Dr. Loquai war damals von der Bundeswehr zur OSZE abgeordnet.
  • Friedensgespräche in Rambouillet werden am 19. März 1999 unterbrochen. Während die Delegation der Kosovo-Albaner das ihr vorgelegte Papier – wonach der Kosovo innerhalb von Serbien eine umfassende Autonomie erhält, aber unter serbischer Hoheit bleiben soll, die UCK entwaffnet wird und Nato-Truppen in der Provinz (es gab auch eine Option für eine Belagerung ganz Serbiens) stationiert werden sollen – unterzeichnet, wird dies von der jugoslawischen Delegation verweigert, da diese eine Stationierung ausländischer Truppen sowohl im Kosovo als auch in Serbien selbst ablehnt.
  • Am 22. März 1999 werden die OSZE-Beobachter wegen erwarteter Natoangriffe aus dem Kosovo abgezogen.
  • Am 23. März wird von jugoslawischer Seite ein Teil des Rambouillet-Papiers akzepiert, der Anhang B wird weiterhin abgelehnt. Dieser sieht die Besetzung des Kosovos durch eine Nato-Friedenstruppe vor, ferner die Versorgung dieser Truppe über jugoslawisches Hoheitsgebiet, dies unkontrolliert, außerhalb jug. Souveränität, incl. Manövern auf jug. Staatsgebietl.
  • Teilweise wurde die Auffassung vertreten, der Friedensvertrag baue darauf auf, große Teile Serbien-Montenegros zu besetzen und dem Land einen Friedensvertrag aufzuzwingen, der die Souveränität Serbien-Montenegros vorerst aufgehoben und das Land unter Oberhoheit der Besatzungsmächte gestellt hätte.

Es muss hierbei auch gesehen werden, dass eine sichere Versorgung der Friedenstruppe gewährleistet sein musste. Dementsprechend mussten Durchmarschrechte weitgehend garantiert werden, zumal von einer Unzuverlässigkeit der damaligen insbesondere serbischen Führung auszugehen war. Der Begriff "Manöver" im Annex B deutet jedoch auf weit mehr als Durchmarschrechte hin. Ein Blick auf die Karte zeigt zudem, dass das Kosovo weit einfacher über Mazedonien oder Albanien erreichbar gewesen wäre.

  • Deutschland begründet seinen Kriegseinsatz im April durch Joschka Fischer und Rudolf Scharping, indem es die Existenz eines die Menschenrechte verletzenden serbischen Hufeisenplanes behauptet. Häufig wird der Hufeisenplan als Fälschung angesehen, daneben existiert die Auffassung, dass der Hufeisenplan eine auf nachrichtendienstlichen Erkenntnissen beruhende Rekonstruktion eines Geheimdienstes sei.

Kriegsverlauf

Am 24. März 1999 begannen die Bombenangriffe der NATO auf Jugoslawien. Während des Krieges wurden von der NATO mindestens 35.000 Geschosse (etwa zehn Tonnen) mit abgereichertem Uran verschossen. Über 2000 Zivilisten - davon mindestens 700 Kinder - wurden bei den Angriffen getötet, über 6000 verwundet. Bei der Bombardierung einer serbischen Fernsehstation starben Menschen. Diese Aktion wurde von amnesty international als Kriegsverbrechen verurteilt. Die Bombardierung des Chemiekomplexes in Pancevo (circa zehn Kilometer von Belgrad, also mehrere hundert Kilometer entfernt vom vorgeblichen Ort des Geschehens) mit 41 Bomben und sieben Raketen löst eine Umweltkatastrophe aus. Acht Tonnen Quecksilber und mehr als 1000 Tonnen toxischer und krebserregender Chemikalien werden in die Umwelt freigesetzt. Die Übergriffe der serbischen Polizei und Armee gegenüber albanischen Kosovaren nehmen dramatisch zu. Viele Kosovo-Albaner flüchten in benachbarte Länder. Die serbische Führung macht dafür ausschließlich die NATO-Bombardierungen verantwortlich. Am 31. März geraten drei amerikanische Soldaten an der Grenze des Kosovos in Kriegsgefangenschaft. Sie werden auf Vermittlung des amerikanischen Bürgerrechtlers Jesse Jackson am 2. Mai wieder freigelassen. Am 7. April 1999 sperrt Jugoslawien seine Grenzen und verhindert die Ausreise von Flüchtlingen. Am 7. Mai wird die chinesische Botschaft in Belgrad bombardiert, was zu diplomatischen Verwicklungen mit der Volksrepublik China führt. Die USA verliert einen Stealth Bomber bei einem Einsatz über Belgrad, weil ein NATO Offizier zuvor den geheimen Flugplan verraten hatte. Dieser Offizier wurde später verhaftet und verurteilt.http://www.bits.de/zumach/2000/100300.htm Russland und Finnland vermitteln einen Waffenstillstand, bei dem Jugoslawien die militärische Besetzung des Kosovos akzeptiert. Die noch im Kosovo lebenden Serben verlassen darauf mehr oder minder freiwillig aus Angst vor Vergeltungsschlägen und Racheakten der kosovarischen Bevölkerung, den Kosovo.

Anmerkung

Für die deutschen Streitkräfte war es das erste Mal seit der Beendigung der Kampfhandlungen des Zweiten Weltkrieges, dass sie in einen Krieg verwickelt wurden. Deutschland beteiligte sich mit Jagdbombern vom Typ Tornado.Dabei werden Aufklärungseinsätze und SEAD-Einsätze geflogen. Dabei werden auch über 200 Raketen des Typs HARM eingesetzt, um feindliche Radarstellungen zu bekämpfen. Die Deutsche Luftwaffe hatte dabei keine eigenen Verluste zu verzeichnen.


Opferzahlen

Sowohl zu den Opfern auf albanischer als auch auf serbischer Seite gibt es bis heute nur sehr unterschiedliche und teilweise widersprüchliche Angaben:

Opfer auf albanischer Seite

  • Der spanische Gerichtsmediziner Perez Pujol (ICTY-Gerichtsmediziner im Kosovo) schätzt, dass die Zahl der ermordeten Kosovo-Albaner etwa 2.500 Personen beträgt.
  • Das internationale Kriegsverbrechertribunal in Den Haag spricht von einer Zahl von rund 4.000 Todesopfern.

Opfer auf serbischer Seite

  • Die NATO und das ICTY beziffern die Opferzahlen auf rund 500 serbische Soldaten.
  • Die serbische Regierung gibt die Zahl der Todesopfer unter ihrer Zivilbevölkerung mit rund 5.000 Personen an.
  • Die Hilfsorganisation Human Rights Watch schätzte in einem Bericht vom 7. Februar 2000, dass während des Krieges rund 500 Zivilpersonen bei 90 Zwischenfällen getötet wurden.

Rechtliche Beurteilung des Krieges gegen Jugoslawien

Nach den Regelungen der Charta der Vereinten Nationen ist ausschließlich der Sicherheitsrat befugt, militärische Zwangsmaßnahmen gegen einen Staat zu verhängen. Es lag allerdings für den NATO-Einsatz kein Beschluss der Vereinten Nationen vor. Dies lag insbesondere darin begründet, dass Russland und China einer militärischen Intervention nicht zustimmten.

Für die Bundesrepublik Deutschland wird von manchen ein Verstoß gegen den "2+4 Vertrag" behaupte. So lautet der Vertragstext : "Nach der Verfassung des vereinten Deutschland sind Handlungen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Führung eines Angriffskrieges vorzubereiten, verfassungswidrig und strafbar. Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik erklären, daß das vereinte Deutschland keine seiner Waffen jemals einsetzen wird, es sei denn in Übereinstimmung mit seiner Verfassung und der Charta der Vereinten Nationen."

Demgegenüber sehen Befürworter der Luftoperationen der NATO (euphemistische Bezeichnung für "Krieg") den Tatbestand der Vorbereitung eines Angriffskrieges nicht erfüllt und gehen ferner davon aus, dass auch der 2+4 Vertrag nicht verletzt wurde. Die NATO-Aktion sei sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich zulässig. Das ergebe sich aus einem notstandsähnlichen Recht zur humanitären Intervention, das es gestatte, zur Abwendung einer humanitären Katastrophe nach Ausschöpfung aller anderen Mittel militärische Gewalt anzuwenden. Dieses "Nothilferecht" steht damit im direkten Gegensatz zur Ausschließlichkeit der SR-Entscheidungen über Krieg und Frieden - seine Herleitung ist ungeklärt. Der militärische Einsatz der NATO finde zur Schaffung des Friedens und zur Abwendung einer humanitären Katastrophe statt, Eben diese wurde damals von UNO-Sicherheitsrat, von OSZE, von deutschen Gerichten, vom Amt für Nachrichtenwesen bestritten - es gab keine "humanitäre Katastrohe". Nachdem alle politischen Bemühungen für eine Friedensregelung zwischen den Konfliktparteien erfolglos geblieben seien, beruhe das Recht zum Krieg auf dem Beschluss des NATO-Rats vom 8. Oktober 1998 über begrenzte und in Phasen durchzuführende Luftoperationen zur Abwendung einer humanitären Katastrophe im Kosovo. Der deutsche Bundestag hat der Beteiligung von Streitkräften der Bundeswehr am 16. Oktober 1998 zugestimmt, im Unwissen über den Annex B des rambouillet-vertrages, im Unwissen über die Erkenntnisse des Amts für Nachrichtenwesen usw.. Der damals noch amtierende Justizminister, also das fachlich zuständige Kabinettsmitglied, Prof. Dr. Schnidt-Jorzig, beteiligte sich nicht an der Abstimmung. Er hatte seinen Protest gegen die seiner Auffassung nach völkerrechtswidrige Kabinettsvorlage zu den Kabinettsakten gegeben.

Am 29. April 1999 reichte die damalige Bundesrepublik Jugoslawien beim internationalen Gerichtshof (IGH) in Den Haag Klage gegen zehn NATO-Mitgliedsstaaten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada, die Niederlande, Portugal, Spanien und die USA) ein. Nicht beklagt werden dagegen die NATO-Staaten Dänemark, Griechenland, Island, Luxemburg, Norwegen, Polen, Tschechien, Türkei und Ungarn. Die Anklagepunkte der zehn Einzelverfahren beziehen sich in erster Linie auf Verstöße gegen völkerrechtliche Grundsätze wie das Gewaltverbot, Völkermord, das Interventionsverbot sowie die Missachtung des Souveränitätsprinzips. Das Verfahren wurde ohne Entscheidung in der Sache wegen Nichtzuständigkeit des Gerichtes eingestellt, da Jugoslawien während des Krieges kein Mitglied der UN war.

Literatur