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Zeugen Jehovas

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Zeugen Jehovas sind eine im 19. Jahrhundert von Charles Taze Russell in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründete christliche Religionsgemeinschaft. Im Allgemeinen werden Zeugen Jehovas von Kritikern als Sekte bezeichnet. Sie sind jedoch in vielen Ländern als Religion anerkannt.

Den Namen Jehovas Zeugen benutzt die zuvor als "Bibelforscher", "Ernste Bibelforscher" oder "Internationale Bibelforscher" bekannte Religionsgemeinschaft seit 1931. Die Ursprünge leiten sich aus einer Gruppe um Charles Taze Russell und den späteren Leserkreis der von Russell herausgegebenen Zeitschrift "Zion's Watch Tower" (heute: "Der Wachtturm") her.

Russell gründete zur Proklamation seiner stark adventistisch geprägten Lehren einen Verlag (Watch Tower Society) und gab vor allem den "Wachtturm" (englisch: 1879) heraus.

In Deutschland gibt es Zeugen Jehovas offiziell seit 1903, als in Elberfeld ein Zweigbüro eröffnet wurde. Zwischenzeitlich gab es ein Zweigbüro in Magdeburg und Wiesbaden. Heute befindet es sich in Selters im Taunus und Berlin. Der Wachtturm auf Deutsch erscheint seit 1897.

Im Jahr 2002 gab es ca. 6 Millionen aktive Zeugen Jehovas weltweit, davon wurden ca. 165.000 in Deutschland gezählt. Diese Angaben stammen von der offiziellen Webpräsenz der Zeugen Jehovas, aktuelle Zahlen werden jedes Jahr im Dezember im Wachtturm (Ausgabe 1. Januar jeden Jahres) veröffentlicht.

Zentrale Lehrsätze

Angebetet wird nur der allmächtige und ewige Gott, der einen Namen hat: Jehova. Er hat die Welt und das Leben darin erschaffen. Sein Sohn ist Jesus und die einzige direkte Schöpfung. Der Widersacher Gottes, Satan ist ein abgefallener Engel, der aus Stolz und Arroganz wollte, dass die Menschen ihn anbeten. Ihm haben sich später Engel angeschlossen; dadurch wurden sie zu Dämonen. Satan ist der Herrscher der Welt. Daher das Leid und die Ungerechtigkeit auf der Erde. Da er weiß, dass er sterben muss, versucht er so viele Menschen wie möglich mit ins Verderben zu ziehen.

Jesus hat 1914 die Herrschaft im Himmel übernommen. Er warf dabei Satan und seine Dämonen in die Nähe der Erde. Im Gericht Gottes (Harmagedon) wird alles Böse beseitigt. Zeugen Jehovas haben mehrfach gehofft, den Zeitpunkt errechnen zu können. Zuletzt nannten sie 1975. Heute nennen sie keinen Zeitpunkt mehr.

Alle Menschen haben die Möglichkeit, für immer auf der Erde im Paradies zu leben. Die Verstorbenen werden dazu auferstehen. Als Ausnahme gelten 144.000 Menschen, die in den Himmel kommen, um mit Jesus über die Erde zu regieren. Um das erleben zu können, muss jeder Mensch eine bewusste persönliche Entscheidung treffen. Daher führen Zeugen Jehovas ein ausgedehntes Predigt- und Lehrwerk durch und versuchen Menschen überall zu erreichen.


Stark von anderen christlichen Glaubenslehren abweichende Lehren

Menschen besitzen keine unsterbliche Seele. Die Sterblichkeit der Seele wird Texten wie Ezechiel 18, 4 entnommen. Die Toten sind tot, fühlen nichts, wollen nichts und sollen nicht angebetet werden. Es gibt auch kein Leben nach dem Tod, jedoch die Wiederauferstehung und das Leben im Paradies auf der Erde oder, für die "kleine Herde" von 144.000, das Leben als Geistwesen im Himmmel (um König Jesus bei der Regierung zu helfen).

Die Dreieinigkeit gibt es nicht und wird als heidnisch verwurzelte Lehre abgelehnt. Sie begründen das u.a. damit, dass Jesus seinen Vater ausdrücklich größer nennt (Johannes 14, 28) und in den meisten Texten vom Vater und Sohn, nicht jedoch von einer dritten Person, einem heiligen Geist, die Rede ist (Johannes 10, 30).

Die "Hölle" verstehen sie nicht als Ort der Qual als Strafe für Sünden, sondern als Zustand der Nichtexistenz (hebr. scheol, gr. hades). Rechtlich unterscheiden sie zwischen "Hades", aus dem eine Auferstehung möglich ist, und "Gehenna", aus dem es keine Auferstehung gibt, weil sich der Betreffende einer "Sünde gegen den heiligen Geist" schuldig gemacht hat. Der Tod alleine ist die Strafe für Sünder; er tilgt die Schuld. (Römer 6, 7 und 23). Daher gibt es eine Auferstehung der "Gerechten" und "Ungerechten".

Zeugen Jehovas sagen, dass Jesus in seiner vormenschlichen Gestalt der im Propheten Daniel erwähnte Erzengel Michael ist. Sie betonen, dass Jesus an einem Pfahl und nicht am Kreuz starb.

Zeugen Jehovas lehnen jede Art von Ökumene strikt ab.

Aufbau der Religionsgemeinschaft

Die Zeugen Jehovas sind eine weltweit tätige Religionsgemeinschaft mit der Hauptverwaltung in New York, Brooklyn. Von dort aus wird die Verbindung zu über 90 Zweigen in der ganzen Welt aufrechterhalten. In vielen dieser Zweige wird in den jeweiligen Sprachen religiöse Literatur gedruckt, übersetzt und verschickt. Es erscheinen nicht nur die Zeitschriften Wachtturm (monatliche Auflage über 25 Mio. in über 130 Sprachen) und Erwachet (monatliche Auflage über 18 Mio. in über 80 Sprachen), sondern auch Bibeln, Bücher, Broschüren und Traktate. Die wichtigste Aufgabe der Zweige ist die Organisation der Predigttätigkeit, an der sich ein Großteil der Mitglieder beteiligen. Die dazu nötige Einteilung des Gebietes, die Klärung rechtlicher Fragen und die Schaffung von Zusammenkunftsstätten sind einige weitere Aufgaben der Zweige. Die Organisationen sind ohne kommerziellen Gewinn ausgelegt. Den Zweigen steht ein Zweigkomitee vor.

Die religiöse Organisation wird durch die Leitende Körperschaft vertreten, deren ca. ein Dutzende Mitglieder aus verschiedenen Ländern stammen können. Ihre Mitteilungen werden an die Zweigkomitees gesandt und von dort an die einzelnen örtlichen Versammlungen, wie die Gemeinden der Zeugen Jehovas genannt werden, weiter geleitet. Erklärungen der Bibel werden in Veröffentlichungen gedruckt und sind allen zugänglich.

Zeugen Jehovas glauben, dass die wirkliche Leitung Jesus Christus als „Herr der Versammlung“ inne hat und diese Leitung durch den heiligen Geist ausübt. Daher ist ihnen wichtig, alle ihre Entscheidungen und Überlegungen mit der Bibel zu begründen. Alle Mitglieder werden seit vielen Jahren daran erinnert, persönlich die Bibel zu lesen, also nicht nur die Veröffentlichungen der Wachtturmgesellschaft.

Die Gemeinden werden Versammlungen genannt, die sich zu Zusammenkünften treffen. Weltweit gibt es etwa 90.000 Versammlungen in über 230 Ländern und Inselgebieten. Ihre Kirchengebäude nennen sie Königreichssäle. Sie erbauen sie selbst und bezahlen sie mit den Spendengeldern der Mitglieder. Das Eigentum am jeweiligen Saal liegt allerdings dann nicht bei der örtlichen Gemeinde, sondern der Religionsgemeinschaft. Um regionale Unterschiede auszugleichen und dem erheblichen Bedarf an Neubauen und Instandhaltungsarbeiten gewachsen zu sein, haben sie ein nationales und internationales Bauprogramm aufgelegt. In diesem Bauprogramm arbeiten ebenfalls nur Freiwillige aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Zwischenzeitlich musste es häufiger zweckentfremdet werden, um Wiederaufbauarbeit in Katastrophengebieten leisten zu können (in Deutschland geschah das z.B. bei den Hochwasserkatastrophen der letzten Jahre).

Den Versammlungen stehen "Älteste" vor, die gemeinsam als "Ältestenschaft" tätig sind. Sie haben organisatorische Aufgaben, lehren, besuchen die Mitglieder durch "Hirtenbesuche", und beteiligen sich wie die meisten anderen auch an der Predigttätigkeit, durch die die Gemeinschaft in der Öffentlichkeit besonders wahrgenommen wird.

Die Zusammenkünfte tragen weniger einen gottesdienstlichen Charakter als vielmehr einen Lehr- und Indokrinationscharakter, bei dem alle nach Möglichkeit ihre eigene Bibel und die jeweils gemeinsam zu besprechende Literatur verwenden sollen. Auf die Zusammenkünfte sollen sich alle vorbereiten. Zu Beginn und zum Abschluss der Zusammenkünfte werden gemeinsam Lieder gesungen und Gebete gesprochen.

Es finden wöchentlich fünf Zusammenkünfte statt, von denen jeweils zwei zeitlich zusammen gelegt wurden. Es gibt das "Versammlungsbuchstudium", welches in kleinen Gruppen zu ca. 10 Personen häufig in Privatwohnungen stattfindet, die "Theokratische Predigtdienstschule", in der sich alle einschreiben lassen können, um selbst kurze Redeaufgaben zu ihrer eigenen Schulung zu erfüllen. Dazu erhält jeder ein Schulungsbuch, in dem erklärt wird, wie man eine Rede aufbaut, wie man den Zuhörer einbezieht und wie man die Bibel gebraucht. Die "Dienstzusammenkunft" dient der Unterstützung für den Predigtdienst. Der "Öffentliche Vortrag" wird von einem Ältesten gehalten, der ein von der Zentrale vorgegebenes Thema ausführlich bespricht, das mit dem Glauben, der Familie, menschlichen Eigenschaften oder dem Königreich Gottes zu tun hat. Die fünfte Zusammenkunft ist das "Wachtturm-Studium", bei dem ein Artikel der Zeitschrift in Frage und Antwort gemeinsam mit der Zuhörerschaft - auch Kindern und Nicht-Zeugen-Jehovas - besprochen wird.

Zeugen Jehovas in der Gesellschaft

Zeugen Jehovas betrachten ihre Religion als eine Lebensweise. Daher haben ihre Vorstellungen immer auch Auswirkungen auf ihr Leben.

Z.B. versuchen Zeugen Jehovas, ihr Verständnis der Bibel auf die Art der Unterordnung unter die Macht des Staates anzuwenden, indem sie sich nicht an politischen Umwälzungen beteiligen, sondern die staatlichen Gesetze halten. Da sie Gott als höchste Autorität erkennen, kann es sein, dass Konflikte zwischen staatlichen Forderungen und den Forderungen ihres Gottes entstehen. So sind sie vor allem dafür bekannt geworden, sich nicht am Militärdienst zu beteiligen. Das ist insbesondere seit dem 2. Weltkrieg weltweit ihre Haltung, die ihnen sehr viel Sympathie und gleichzeitig Kritik eingebracht hat.

Wegen ihrer konsequenten Weigerung, Partei für eine politische Seite zu ergreifen, sind sie in Deutschland während der Zeit des Nationalsozialismus (Tausende kamen in Konzentrationslager und Haftanstalten) und auch in der DDR-Zeit zum Teil heftig verfolgt worden. Seit einigen Jahren beschäftigen sich Historiker und auch Zeugen Jehovas selbst mit dieser Zeit und ihren Auswirkungen auf die Glieder der Gemeinschaft und ihr Umfeld.

In der Vergangenheit betrachteten sie den Zivildienst als eine unpassende Einschränkung ihrer religiösen Freiheit und eine Form der politischen Beteiligung. Inzwischen sehen sie darin eine soziale Tätigkeit, die den gleichen Stellenwert hat wie die Zeit, die sie durch ihre Arbeit für das Erwirtschaften der Steuern aufwenden müssen.

Im täglichen Leben bedeutet die Anwendung ihres Verständnisses der Bibel, dass sie sich an vielen traditionellen Praktiken und Feierlichkeiten nicht beteiligen. Sie lehnen es daher ab, sich an den Bräuchen um Karneval, Ostern, Helloween, Weihnachten und Neujahr zu beteiligen. Sie feiern auch keine Geburtstage, da sie darin u.a. eine Verehrung von Menschen sowie eine Verbindung zur Astrologie erkennen, die sich auf das Geburtsdatum stützt, und die Zeugen Jehovas strikt ablehnen. Um Nachteile für die Entwicklung ihrer Kinder zu vermeiden, suchen viele Zeugen Jehovas nach gesellschaftlichem Ausgleich zu anderen Zeiten und Gelegenheiten.

Untereinander pflegen Zeugen Jehovas verschiedene private Kontakte. Als wichtig betrachten sie die Besuche ihrer Ältesten. Sie sollen den Glauben durch Gespräche anhand von biblischen Beispielen und Bibeltexten anregen.

Predigtwerk

Besonders fallen Zeugen Jehovas durch ihr Predigtwerk auf. Jeder Zeugen Jehovas, der dazu gesundheitlich in der Lage ist, ist aufgerufen, mit anderen Menschen über seinen Glauben zu sprechen. Daher sprechen sie Menschen überall – an Haustüren oder auf öffentlichen Plätzen – mit Themen aus der Bibel an, und hinterlassen nach Möglichkeit ein paar Zeitschriften, eine Broschüre, ein Traktat oder bei besonderem Interesse ein Buch oder eine Bibel. Diese Ausgaben werden von ihnen kostenfrei übergeben. Ob jemand eine Spende gibt, überlassen sie dem einzelnen. Wichtig ist ihnen die Reaktion der Menschen, denen sie einen Heimbibelkurs (meist Heimbibelstudium genannt) anbieten. Dazu verwenden sie ein Buch oder eine Broschüre und immer eine Bibel, von denen jeder Teilnehmer ein Exemplar erhält.

Diese Methode hat sich als erfolgreich erwiesen. Die jährliche Zunahme der Zeugen Jehovas beträgt ca. 300.000. Gemäß einer Studie, die Zeugen Jehovas vor einigen Jahren in Deutschland durchgeführt haben, hatte jedes neue Mitglied vor der Taufe etwa drei Jahre auf diese Weise Zeugen Jehovas und biblische Lehren kennen gelernt.

Vor der Taufe werden öffentlich zwei Fragen gestellt, die jeder Taufanwärter mit "Ja" beantworten muss, will er getauft werden:

  1. Hast du auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi deine Sünden bereut und dich Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?
  2. Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist? (Quelle: Der Wachtturm, 1. Juni 1985, Seite 30)

Auch ihre Kinder müssen erst solch ein Studium mitgemacht haben, um sich dann selbst für oder gegen die Taufe zu entscheiden. Eine Babytaufe gibt es bei ihnen nicht.

Moralische Werte

Zeugen Jehovas legen sehr großen Wert auf sittliche Maßstäbe, die sie der Bibel entnehmen. Dadurch ist im Laufe der Jahre ein starker Kontrast zu den allgemein geltenden Verhaltensnormen entstanden. Geschlechtsverkehr vor und außerhalb der Ehe ist Tabu. Sex in der Ehe, nicht nur zum Zweck der Vermehrung, ist erlaubt. Ehebruch und Homosexualität (1. Korinther 6, 9) werden von ihnen abgelehnt. Heiraten sollen sie nur andere Zeugen Jehovas, um Konflikten in der Beziehung vorzubeugen.

Scheidung ist nur aus dem Grund der Untreue erlaubt. Trennung auch bei Grausamkeiten.

Blutgebrauch

Seit Jahrzehnten vertreten Zeugen Jehovas die klare Ablehnung von jeder Art des Blutgebrauchs, auch von Bluttransfusionen. Sie stützen sich dabei auf die Anweisung der ersten Christen in der Apostelgeschichte 15, 29, sich von Blut zu enthalten. Durch die ständig fortschreitende medizinische Entwicklung hat es viele Fragen gegeben. Im Wesentlichen jedoch lehnen sie die Verwendung von Blutbestandteilen (von Albuminen, Globulinen u.ä. abgesehen), Blutplasma und auch die Eigenblutspende ab. Um den Mitgliedern Unterstützung beim Finden von Ärzten zu bieten, die blutlose Alternativen anbieten, haben sie weltweit ein Netzwerk von Freiwilligen aufgebaut, die den Kontakt zu Ärzten, Krankenhäusern und Pflegepersonal aufbauen und rund um die Uhr erreichbar sind. Dadurch hat sich das medizinische Risiko relativiert.

Lehrsätze mit starken gesellschaftlichen Auswirkungen

  • Eine gegenseitige Überwachung ist ausdrücklich erwünscht und wird als Hilfe gewertet. Die starke Binnenkontrolle wird intern als Zeichen gottgewollter gegenseitiger Hilfe und Sorge um die geistigen "Brüder" und "Schwestern" begründet
  • es werden aus religiösen Gründen weder Weihnachten, Neujahr, Ostern noch Geburtstage gefeiert
  • die Zeugen Jehovas glauben, dass sie die einzige Religionsgemeinschaft sind, die vor Gott Bestand hat und seinen Ansprüchen genügen kann. Die Mitgliedschaft reicht jedoch nicht um einen Platz im Himmel oder Paradies zu erlangen!
  • den Zeugen Jehovas ist es untersagt mit Ausgestoßenen Kontakt zu pflegen (Meidung), und im allgemeinen werden alle Menschen, die nicht den Zeugen Jehovas angehören, als "die Weltmenschen" bezeichnet. Es wird bei freundschaftlichen, engen Kontakten empfohlen, immer den Gedanken aus der Bibel im Auge zu behalten: "Schlechte Gesellschaft verdirbt nützliche Gewohnheiten."
  • die Zeugen Jehovas sollen keinen Geschlechtsverkehr vor der Ehe haben, dürfen aber in der Ehe so genannte normale Sexpraktiken ausüben (und zwar soviel sie wollen) - hier hat sich die Lehrmeinung immer einmal geändert: Oral- und Analverkehr gelten zurzeit eher als verpönt - Homosexualität gilt als eine der schlimmsten Sünden.
  • Heiraten sollte man nur andere Zeugen Jehovas (um Konflikten in der Beziehung vorzubeugen)
  • Scheidung ist nur aus dem Grund der Untreue erlaubt. Trennung auch bei Grausamkeiten.
  • die Zeugen Jehovas befinden sich im Zustand des 'Ausharrens', und die meisten Zeugen Jehovas glauben fest, dass sie ohne zu Sterben das Paradies noch erleben werden. Aktuelle politische Situationen und Umweltkatastrophen bieten den Anlass, auf das baldige Ende dieser Weltordnung zu hoffen.
  • Zeugen Jehovas glauben, dass Gott den Menschen derzeit die Möglichkeit gibt, sich für ihn (also indirekt für die Zeugen Jehovas) zu entscheiden. Als Belohnung winkt das Leben im Paradies hier auf Erden. Die Alternative ist der Tod (ewig und ohne Qualen)
  • die absolute Verweigerung des Wehrdienstes - dieses wird neuerdings (zumindest in der BRD) als Gewissensentscheidung behandelt, also Zivil- und Ersatzdienst sind möglich, wobei der Dienst an der Waffe immer noch konsequent abgelehnt wird. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten in Deutschland war dies ein großes Problem. Zeugen Jehovas landeten in großer Zahl in den Konzentrationslagern.
  • die absolute Ablehnung von Bluttransfusionen (Konflikt mit der Medizin). Die Einnahme von Blutbestandteile enthaltenden Medikamenten wurde sehr lange verboten, ist nun in manchen Fällen erlaubt. Selber Blut zu spenden ist verboten und Sünde (die zur Zeit geltende Lehre - wechselt alle paar Jahre - kann bei http://www.jehovas-zeugen.de im Bereich Medizin nachgelesen werden).
  • In der Vergangenheit waren die Zeugen Jehovas außerstaatliches Mitglied der UNO, was - nachdem dieses in breiter Öffentlichkeit bekannt wurde - mit dem Austritt der Zeugen Jehovas endete
  • Frauen spielen bei den Zeugen Jehovas eine untergeordnete Rolle: Sie können nicht das Amt des 'Ältesten' innehaben und es wird ihnen nicht erlaubt auf Versammlungen zu den Menschen zu reden (auch das stimmt und ist wichtig zu wissen)
  • es gibt das Konzept der "theokratischen Kriegslist", das bedeutet, dass ein Zeuge Jehovas lügen darf (auch vor dem 'weltlichen' Gericht), wenn er dadurch einen Glauben bzw. Gott verteidigt (dies bezieht sich z.B. auf die Stelle, in der König David einen Schwachsinnigen spielt, um seine Gegner zu täuschen) [Anmerkung: wieso wird das immer gelöscht .. ist doch wichtig zu wissen! Das steht natürlich nicht auf der Webseite der Zeugen Jehovas.]
  • ein Fehlverhalten führt bei Bekanntwerden zum freundlichen Besuch von meistens zwei "Ältesten". Diese erklären die Problematik anhand der Bibel und weiterer Literatur der Zeugen Jehovas. Zeigt der Betroffene keine echte Reue, wird er vor der Gemeinde in der Versammlung ermahnt. Hilft auch dieses nicht, wird er ausgeschlossen
  • Ausgeschlossene können, nachdem sie die nötige Reue gezeigt haben, wieder aufgenommen werden. Dies gilt auch für Kapitalverbrechen wie z.B. Kindesmissbrauch (jedoch nur unter der strengen Auflage, dass die betreffende Person nie wieder mit einem Minderjährigem in einem Raum alleine bleiben darf; auch darf diese Person nie wieder ein Dienstamt besetzen), denn "Gott ist Liebe und verzeiht jedem der bereut". Menschen dürfen andere Menschen nicht richten, denn nur Gott kann in das Herz der Menschen schauen und wird den Menschen richten

Lehren mit naturwissenschaftlicher Relevanz

Die Evolutionstheorie wird abgelehnt: die Schöpfung des Menschen habe ca. 4000 v. Chr. stattgefunden. Die Schöpfungstage im Genesis werden als Schöpfungszeiträume aufgefasst, die jeweils "Tausende von Jahren" umfassten. Es werden Jahreszahlen angegeben, in denen die Sintflut und andere biblischen Ereignisse stattfanden. Zugrunde gelegt wird eine Chronologie, die aus den Geschlechts- und Königsregistern der Bibel selbst abgeleitet ist. Die Ereignisse werden als Realitäten verstanden und gelehrt.

Aussagen zur Bibel

  • Nach Ansicht der Zeugen Jehovas ist die Bibel von Menschen geschrieben worden, die von Gott inspiriert wurden. Sie ist nur im Gesamtzusammenhang zu verstehen.
  • Jede Textstelle in der Bibel wird als gleichwertig zu jeder anderen Stelle gesehen, unabhängig vom Autor und Zeitpunkt der Niederschrift.
  • Alles was in der Bibel stehe ist nützlich und wichtig (1. Timotheus 3, 16f). Manches aus dem Alten Testament wird im Neuen Testament widerrufen oder richtig gestellt (insbesondere gesetzliche Regelungen: mosaisches Gesetz inklusive der 10 Gebote ohne Gültigkeit für Christen, obwohl wertvoll in den Grundsätzen).
  • Die Zeugen Jehovas praktizieren eine sehr wörtliche Bibelauslegung beruhend auf einer eigenen Übersetzung, die einige Stellen ihrer spezifischen Dogmatik anpasst; s. Arianismus). Die Bibelauslegung wird durch die Leitung vorgegeben.
  • Je nachdem was besser passt werden Bibelstellen entweder wörtlich ausgelegt oder symbolisch interpretiert. Teilweise werden in einem Bibelvers Teile eines Satzes wörtlich und andere symbolisch interpretiert. Beispiel sind auch die 144.000. Ihre in der Offenbarung 7 benannte Herkunft aus den 12 Stämmen Israel wird symbolisch gewertet (da die Stammesnamen nicht den wirklichen 12 Stämmen voll entsprechen), die Zahl aber als buchstäbliche, tatsächliche Anzahl.


Zur Struktur der Zeugen Jehovas

  • der Glaube wird im Sprachgebrauch der Zeugen Jehovas "die Wahrheit" genannt. Wer stark gläubig ist, befindet sich "in der Wahrheit"
  • die Publikationen mit den deutschen Namen "Der Wachtturm" (engl. Watchtower) und "Erwachet!" (engl. Awake), die auf Straßen und an Haustüren angeboten werden und weltweit gleichzeitig mit dem gleichen Inhalt in über 130, bzw. über 80 Sprachen erscheinen.
  • auch die Themen vieler Zusammenkünfte sind weltweit einheitlich vorgegeben. Die Zeugen Jehovas können freiwillig bei Zusammenkünften Aufgaben zu erfüllen. Diese bestehen hauptsächlich darin, etwas auf der Bühne als Ansprache oder als Gespräch vorzutragen. Frauen tun dies nur in Gesprächsform. An der gemeinsamen Besprechung eines Artikels des Wachtturms können sich alle Anwesenden - auch Kinder und Nicht-Zeugen-Jehovas - beteiligen.
  • die Grundsätze des Glaubens werden im "Der Wachtturm" oder "Erwachet" auf der Basis der Bibel erklärt. Der Inhalt wird vom "treuen und verständigen Sklaven" (dieser bedient sich der gesetzeskonformen Organisation - in der Regel des 'Vereins', besetzt aber seit einiger Zeit keine damit verbundene Funktion) aus der Bibel erforscht.
  • Bereits Jesus nannte sich den "treuen und verständigen Sklaven" und sagte, dass er die irdische Leitung mit Hilfe des Heiligen Geistes Gottes übernehmen wird. Als dieser sieht sich die Organisation der Zeugen Jehovas
  • die Grundsätze werden geändert, wenn "neues Licht" bzw. eine neue Erkenntnis in der Bibel gefunden wurde.
  • Jedes Jahr finden auf der ganzen Welt Kongresse der Zeugen Jehovas statt. Dort ist auch die Möglichkeit gegeben, sich taufen zu lassen
  • Es finden zweimal die Woche jeweils zwei Stunden lange Zusammenkünfte("Gottesdienste") im Königreichssaal statt. Dabei wird unter anderem in der "Theokratischen Predigtdienstschule" nach Lehrbuch gelernt, wie Menschen am besten die Botschaft Gottes vermittelt werden kann. Weiterhin wird eine aktuelle Ausgabe der Zeitschrift "Der Wachtturm" studiert.
  • Es finden wöchentliche Treffen zum Versammlungsbuchstudium im kleinen Kreise statt. Dort werden - durch Männer im Amt des Ältesten geleitet - Zeugen Jehovas eigene Publikationen gelesen. Um das Gelernte zu prüfen und zu vertiefen, werden Fragen dazu gestellt.
  • Die engagierte Missionstätigkeit (im Sprachgebrauch der Zeugen Jehovas "Predigtdienst") an Wohnungstüren (meist zu zweit) und auf öffentlichen Plätzen
  • Die Zeugen Jehovas sehen den Predigtdienst als einen wichtigen Bestandteil ihrer Glaubensausübung. Über den Predigtdienst sowie die dabei abgegebenen Bücher und Zeitschriften wird Buch geführt. Nicht daran teilnehmende Mitglieder werden zur Teilnahme aufgefordert z. B. bei unterstützenden Besuchen durch die Ältesten
  • Die Zeugen Jehovas werden angehalten, dem Staat und dessen Gesetzen zu folgen (frei nach Jesus: Zahlt Cäsars Dinge Cäsar zurück, Gottes Dinge aber Gott)
  • Sie bieten kostenlose Bibelkurse anhand von Publikationen, die von ihnen auch verbreitet werden. Dabei werden die Interessierten, in der Regel einmal wöchentlich, durch Mitglieder der Zeugen Jehovas zu Hause besucht.
  • Es werden keine Gebühren von den Mitgliedern erhoben. Freudiges, freiwilliges anonymes Spenden ist jedoch gerne gesehen
  • es wird die Erwachsenentaufe praktiziert (siehe unten)
  • die Zeugen Jehovas bauen ihre "Königreichssäle" in eigener Arbeitsleistung und aus Geldern, die die Glaubensgemeinde gespendet hat
  • die Zeugen Jehovas sind wirtschaftlich gesehen eine riesige Verlagskette mit eigenen Druckereien (in Deutschland befindet sich der Komplex in Selters/Taunus). Die Zeugen Jehovas sehen in dieser gesetzlichen Organisation ein Mittel, ihre Publikationen preisgünstig zu drucken und sich gesetzeskonform zu organisieren. Die dazu eingetragenen Rechtsorgane sind gemeinnützig und unterliegen daher der strengen Aufsicht durch die Finanzbehörden.
  • die Literatur wird heutzutage kostenlos verteilt (vor ein paar Jahrzehnten noch gegen Unkostenbeitrag)

Weitere Besonderheiten (unsortiert)

  • in Bezug auf den Weltuntergang wurde schon sehr oft über Jahreszahlen spekuliert. Heute bezeichnen die Zeugen Jehovas diese Spekulationen als "Fehler, die evtl. von Satan verschuldet wurden". Es wird zur Zeit kein spezielles Jahr angegeben. Vielmehr wird angenommen, dass es jederzeit sein kann.
  • Die besondere Bedeutung des Jahres 1914: Christus hat im Himmel die Herrschaft übernommen und dabei wurde Satan auf die Erde geworfen. Dabei wird, nach der Meinung von Kritikern, eine fragwürdige Rechnungsweise verwendet, weil die Zeugen Jehovas die Zerstörung Jerusalems mit 607 v. Chr. angeben. Historiker sehen eher 587 v. Chr. oder 588 v. Chr. als korrekte Jahreszahlen (siehe dazu insbesondere das Buch von C. O. Jonsson).

Anmerkung: Die Lehre der Zeugen Jehovas ist sehr komplex, in anderen Teilen werden mit einer phantasievollen Interpretation verschiedene Sonderlehren hinzugefügt (Bsp. das Zweiklassen-Christentum mit den 144.000 Heiligen im Himmel und der Rest auf der Erde).

Da die Lehre der Zeugen Jehovas detailreich ist und genau gelernt werden muss, bieten die Zeugen Jehovas das Heimbibelstudium an (das dauert in der Regel mindestens 1 Jahr!). Die hohe Zahl an Kritikern den Zeugen Jehovas gegenüber zeigt jedoch auch, dass viele Menschen in den Zeugen Jehovas eine Gefahr sehen. Dies steht direkt im Zusammenhang mit der Lehre der Zeugen Jehovas, die eine Diskussion innerhalb der Zeugen Jehovas unmöglich machen (die Organe sind - wie hier ja schon erwähnt wurde - die Zeitschriften "Der Wachtturm" und "Erwachet!") und Einflüsse von außen mit religiöser Begründung verbieten.

Erwachsenentaufe

Die Erwachsenentaufe ist zentraler Bestandteil für die Aufnahme bei den Zeugen Jehovas. Um zur Taufe zugelassen zu werden, müssen Fragen zum theokratischen Wissen beantwortet werden. Wobei auch Kinder unter 14 Jahren zu dieser "Erwachsenentaufe" zugelassen werden.

Kurz vor der Taufe werden dann öffentlich zwei Fragen gestellt:

  1. Hast du auf der Grundlage des Opfers Jesu Christi deine Sünden bereut und dich Jehova hingegeben, um seinen Willen zu tun?
  2. Bist du dir darüber im klaren, dass du dich durch deine Hingabe und Taufe als ein Zeuge Jehovas zu erkennen gibst, der mit der vom Geist geleiteten Organisation Gottes verbunden ist?

(Quelle: Der Wachtturm 1. Juni 1985 Seite 30)

Diese Fragen sind mit "Ja" zu beantworten, um die Hingabe der Taufanwärter Gott gegenüber offiziell zu machen.

Disclaimer

Eine genaue und offizielle Stellungnahme der Zeugen Jehovas ist auf ihrer Webseite http://www.jehovas-zeugen.de unter "F & A" zum Thema "Fragen zur Glaubensgemeinschaft" zu finden. Unter anderem zu den Fragen: Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts, Glaubensbekenntnis und ob Zeugen Jehovas demokratiefeindlich sind.


Siehe auch: Zeugen Jehovas:Kritik


Literatur

Raymond Franz Der Gewissenskonflikt. Menschen gehorchen oder Gott treu bleiben? Ein Zeuge Jehovas berichtet. - Claudius Verlag, München, 3. Aufl. 1996, ISBN 3-532-62074-X (Bericht eines ehemaligen Führungsmitglieds)

Carl Olof Jonsson Die Zeiten der Nationen näher betrachtet - Oros Verlag Altenberge, ISBN 3-89375-048-7 (Interessant: Der Autor wurde wegen des Buches ausgeschlossen - der Inhalt ist heute Teil der Lehre) - Nur auf Englisch existiert eine erweiterte Neuausgabe von 1998, ISBN 0-914675-06-0

Jerry R. Bergman: Jehovas Zeugen und das Problem der seelischen Gesundheit. Münchener Texte und Analysen zur religiösen Situation. München 1994. ISBN 3-583-50207-8. Standardwerk.

Gerd Borchers-Schreiber Mein Leben als Zeuge Jehovas - Bericht eines Aussteigers - Gütersloher Taschenbuch 1142, 1999, ISBN 3-579-01142-1

Eva Maria Kaiser / Ulrich Rausch Die Zeugen Jehovas - Ein Sektenreport - Pattloch Verlag, Augsburg, 1996, ISBN 3-629-00687-6 (Teile daraus werden vom Obersten Bundesgericht in der Ablehnung des Ansuchens zur Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts zitiert)

siehe auch: Weitere Literatur und Videos zu den Zeugen Jehovas

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