Günter Schabowski
Günter Schabowski (* 4. Januar 1929 in Anklam, Vorpommern) war SED-Funktionär in der DDR.
Leben
Schabowski studierte Journalismus in Leipzig und arbeitete danach als Redakteur der Gewerkschafts-Zeitung Tribüne. Seit 1952 war er Mitglied der SED. Er besuchte die Parteihochschule in Moskau. Im Jahre 1978 wurde Schabowski Chefredakteur des SED-Zentralorgans Neues Deutschland, 1981 wurde er Mitglied des Zentralkomitees der SED und 1985 Erster Sekretär der Bezirksleitung der SED in Berlin und Mitglied des Politbüros des ZK der SED. Im Zusammenhang mit der privilegierten Versorgung der Politbürosiedlung in Wandlitz wurde geäußert, dass Schabowski und seine Familie besonders eifrige Nutzer dieser Vergünstigungen waren.
Am Abend des 9. Novembers 1989 verlas Schabowski auf einer Pressekonferenz, die live im DDR-Fernsehen übertragen wurde, eine Nachricht über eine neue Reiseregelung:
- Privatreisen nach dem Ausland können ohne Vorliegen von Voraussetzungen (Reiseanlässe und Verwandtschaftsverhältnisse) beantragt werden. Die Genehmigungen werden kurzfristig erteilt. [...] Ständige Ausreisen können über alle Grenzübergangsstellen der DDR zur BRD erfolgen.
Auf die Frage des italienischen Journalisten Riccardo Ehrmann, ab wann die neue Regelung gelte, antwortete Schabowski: "Das tritt nach meiner Kenntnis... ist das sofort, unverzüglich"
Diese Sätze bzw. eher die Interpretation westlicher Medien führten noch am selben Abend zur Maueröffnung, da sie Tausende Berliner veranlassten, zu den Grenzübergangsstellen zu ziehen und massiv deren Öffnung zu verlangen. Dies gilt auch für die innerdeutsche Grenze zur Bundesrepublik.
Nach der Wende wurde Schabowski im Januar 1990 aus der SED-PDS ausgeschlossen. Von 1992 bis 1999 arbeitete er als Redakteur bei einem Anzeigenblatt in Bebra.
Er ist einer der ganz wenigen ehemaligen SED-Führer, der sich öffentlich zu seiner Mitverantwortung an den negativen Zügen der DDR bekennt und an der Aufarbeitung mitwirkt. Heute betreibt er Wahlkampf für die CDU und wird von manchen dafür als 'Wendehals' kritisiert.
Zitat
- „Am meisten bedrückt mich, dass ich ein verantwortlicher Vertreter eines Systems war, unter dem Menschen gelitten haben, dass Repressionen gegen einzelne Menschen gerichtet waren, die wegen ihrer oppositionellen Haltung verfolgt wurden. Ihre Einstellung war die richtige. Meine Einstellung war die falsche. Wir waren nicht demokratiefähig, sondern haben versucht, mangels besserer Argumente uns der anderen Meinung mittels direkter Gewalt zu entledigen.“
- Ostalgie ist nicht mein Ding. Manchem erscheint die DDR in rückblickender Verklärung als ein Hort sozialer Sicherheit. Tatsächlich ist die DDR nicht zuletzt daran zugrunde gegangen, dass sie infolge wirtschaftlicher Ineffizienz ihre sozialen Verheißungen nicht finanzieren konnte. in Mitteldeutsche Zeitung 6. November 2004
Veröffentlichungen
- Der Absturz; (Rowohlt), Berlin, 1991
- Das Politbüro. Ende eines Mythos. Eine Befragung; hg. von Frank Sieren und Ludwig Koehne, (Rowohlt, =rororo Aktuell 12888), Reinbek 1991