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Nouruz

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Datei:Haft Seen.jpg
Traditioneller Haft-sin-Tisch

Nouruz (persisch نو روز, andere Schreibweise: Nowruz, persische Aussprache: Nourus oder Naurus, Kurdisch: Newroz oder Nûroj, Paschtu: Nau -e- Kal نوى کال, Zazaisch: Newroc, Aserbaidschanisch: Novruz, Usbekisch: Navruz), ist der Name des altiranischen Neujahrs- und Frühlingsfests am 21. oder 20. März.

Etymologie

Wörtlich übersetzt heißt Nouruz „Neuer Tag“ (nou oder now: neu, Ruz: Tag). Die Wörter Ruz, Roç oder Roj in iranischen Sprachen, die für Tag stehen, gehen auf das ur-indoiranische Rauça (sprich: Rautscha) zurück, was wiederum vom ur-indoeuropäischen *Leuk- stammt, woraus auch das Luç in Russisch, Licht in Deutsch, Leukós in Griechisch, Lux in Latein und Luy in Armenisch entstanden sind. In iranischen Sprachen erfolgte eine Lautverschiebung von l -> r und wie in Russisch k -> ç.

Im altiranischen Avestisch benutzte man Raôçah tatsächlich für Licht, neu hieß nava. Die altpersische Form lautete Rauçah. In Alt-Indoarisch war Roçiş (sprich: Rotschisch) in Verwendung.

Geschichte

Bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. markierte in Persien die Sommersonnenwende den Jahreswechsel, der mit großen Erntefesten begangen wurde. Unter den Achämeniden (etwa 770 bis 300 v. Chr.) wurde die Frühlings-Tagundnachtgleiche zum offiziellen Jahresbeginn. Im Iran und in Afghanistan wird dieser Zeitpunkt bis heute von Astronomen auf die Stunde und Minute genau berechnet. An diesem Tag wurde auch die Armensteuer erhoben. Diese Tradition hat sich auch im Islam erhalten, mit dem sich Newroz-Kalender und -Feiern bis nach Ostafrika ausbreiteten.

In Persien war der Tag über die Jahrhunderte der wichtigste weltliche Feiertag, aber auch in manchen Provinzen des Osmanisches Reich galt er als gesetzlicher Feiertag. Er wurde als großes Volksfest begangen, bei denen Reiterspiele stattfanden und sich die Menschen auf Plätzen und in den Straßen versammelten, Feuer anzündeten und sich gegenseitig mit Wasser bespritzten.

Im Iran und bei den Kurden im Irak hat sich bis heute sein Charakter als Übergangsritual erhalten. Zur Vorbereitung auf den neuen Lebensabschnitt zieht man sich neue Kleider an, und als Zeichen für das Winterende werden Feuer angezündet, über die man springt und um die herum vor allem die Jungen tanzen und singen. Bei den Kurden des Irak bereiten die Frauen ein Festessen vor und gemeinsam gehen Verwandte und Freunde in einen Park oder Ausflugsort. Manchmal wird eine Musikkapelle engagiert, meistens ziehen die Musiker von einer Versammlung zur nächsten und spielen je nach Geschmack traditionelle, Liebes- oder politische Lieder.

Mit der Verbreitung nationalistischer Ideen im 20. Jahrhundert erhielt das Fest unter anderen bei den Kurden eine stärkere politische Bedeutung. Sie feiern das Neujahr am 21. März auch als Symbol des in der iranischen Mythologie überlieferten erfolgreichen Widerstands gegen Unterdrückung. Im Zentrum dieser Vorstellung stehen die Legenden um den Tyrannen Zohak (Dahak, Dahaq) und seinen Bezwinger, den Schmied Kawa (Kawe). Eine der bekanntesten Versionen hat der persische Dichter Ferdousī (um 940 bis 1020/26) in seinem Schāhnāme („Königsbuch“) festgehalten.

„In mythischer Zeit habe über das Hochland von Iran der grausame assyrische Tyrann Ḏahak (Zahak) geherrscht, aus dessen Schultern zwei Schlangen wuchsen, die er jeden Tag mit zwei Kinderhirnen fütterte. Der Schmied Kawa hatte bereits 16 Söhne verloren, als er auch seinen letzten Sohn opfern sollte. Zusammen mit dem Prinzen Feridun zog er an der Spitze einer aufgebrachten Menge zum Palast, wo sie Zohak gefangen nahmen, fesselten und Kawa ihn an einen Felsen schmiedete.“

In den kurdischen Versionen ist von dem Prinzen meist keine Rede; gemeinsam mit der Bevölkerung zieht Kawa los und erschlägt Zohak. Aus Freude entfachten die Menschen ein Feuer, das die Nachricht im ganzen Land verbreitete. Dies hat sich der Überlieferung nach im Jahr 612 v. Chr. zugetragen. Historisch korrespondiert dieses Jahr mit dem Sieg der Meder über die Assyrer bei Ninive. In einer ebenfalls gängigen Form wird die Legende zum Ursprungsmythos erweitert.

Eine politische und nationalistische Bedeutung kommt dem Nouruz-Fest ebenfalls im Iran zu, wo seitens der Bevölkerung ein konstanter Widerstand gegen Versuche des islamischen Klerus geleistet wurde, die Bedeutung dieses auf die vorislamische iranische Geschichte zurückgehenden Festes zu relativieren, dessen Rituale, so z. B. das "Mittwochsfeuer" "Tschahar Shanbe Suri", zu verbieten oder diese beispielsweise durch den Besuch der Friedhöfe am ersten Nouruz-Tag mit Trauerzeremonien zu koppeln.

In der Türkei und in Syrien waren die Newroz-Feiern jahrzehntelang verboten. In der Türkei wurden Anfang der neunziger Jahre Hunderte von Menschen getötet, als die Armee in kurdischen Städten in die feiernde Menge schoss. Seit 1994 gilt Newroz offiziell als ein alttürkisches Fest, das 1995 erstmals landesweit offiziell gefeiert wurde, allerdings ohne Beteiligung der kurdischen Opposition.

Im Bahai-Kalender ist Nouruz (Naw Ruz) einer von neun Feiertagen, der den Beginn des neuen Jahres und das Ende der neunzehntägigen Fastenzeit der Bahai markiert.

Jedes Land hat seine spezifische Schreibweise und Aussprache des Begriffs 'Nouruz'.

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Dasrtellung von Tschahar Shanb-e Suri („Mittwochsfeuer“) in Tschehel sotun, Isfahan aus der Safawiden-Epoche.

Bräuche, Zeremonien, Vorfeierlichkeiten und Verbreitung

Nouruz findet am Frühlingsanfang, am 21. März statt (Nawe Cal نوى کال oder Sperli – „Neujahr“ oder „Frühling“ in der Sprache Paschto, Sâle Nou سال نو – „neues Jahr“ in Persisch). Wichtigster Bestandteil des Neujahrsfestes ist die Zubereitung des Haft Sin („Sieben S“, dessen Bestandteile unbedingt mit den Anfangsbuchstaben des persischen „S“ beginnen müssen), und des aus sieben Früchten bestehenden Neujahrsgetränks Haft Mewa. Es werden sieben Speisen, die möglichst mit dem Buchstaben „S“ beginnen sollten und die sieben Tugenden des Zoroastrismus symbolisieren, zubereitet und zusammen mit Samano oder Samanak (Keimlinge aus sieben Getreidesorten), einem Spiegel, Fisch im Wasser, Kerze und einem heiligen Buch (dem Koran bei Moslems, der Bibel bei Christen, der Avesta bzw. einem Bild Zarathustras bei Zoroastriern) auf einem Tisch gedeckt.

Am Vorabend des letzten Mittwochs wird das Tschahar Schanb-e Suri („Mittwochsfeuer“) angezündet. Dieser Brauch gehört zu den wichtigsten Ritualen des Neujahrfestes. Siehe auch Feuer von Sada.

Die Begehung dieses Festes lässt sich zurückverfolgen bis zu den zoroastrischen Vorfahren der heutigen iranischen Völker. Nouruz ist offizieller Feiertag im Iran, in Afghanistan, in Kasachstan, in Kirgisistan, in Tadschikistan, in Aserbaidschan, in Usbekistan (2 Tage), in Turkmenistan, in der Türkei, teilweise bzw. inoffiziell in Pakistan, in Indien bei den Parsen als Jamschidi-Fest (siehe auch Holi). Gefeiert wird Nouruz auch im südosteuropäischen Raum (Balkan) wie in Bosnien-Herzegowina, Albanien, Mazedonien, Griechenland, Bulgarien, Rumänien, Moldawien, also bei den verbliebenen osmanisch-türkischen Bevölkerungsgruppen. Nouruz genießt eine sehr hohe Bedeutung bei allen kurdischen sowie belutschischen Stämmen und anderen hier nicht genannten iranischen Völkern.

Vor der Kalenderkorrektur durch den Astronomen Omar Chayyām 1070 wurde das Frühlingsfest zwischen Ende Februar und Ende März etwa 40 Tage lang gefeiert. Heute wird das Fest in der nordafghanischen Stadt Mazar i Sharif der Provinz Balch (ehem. Baktra) vierzig Tage lang unter dem Titel Melâe Gole Sorx („Tulpenfest“) gefeiert.

Nouruz wird im indo-iranischen Kulturkreis stets nach dem Sonnenjahr am 21. März bzw. am 20. März in Schaltjahren begangen, also am Ende des Tierkreiszeichens Fische und zu Beginn des Widder. Nouruz fällt damit mit dem Frühlingsäquinoktium zusammen. Es gehört neben dem Herbstfest Mehragan bzw. Mizan zu den ältesten traditionellen Festen der zentralasiatischen Region und des indischen Subkontinents.

Das islamische Neujahr ist nicht deckungsgleich mit dem Nouruzfest; es liegt nicht auf einem festen Datum des Sonnenkalenders, da es sich nach dem islamischen Mondkalender mit nur 355 Tagen berechnet. Es wird stets im 12. islamischen Mondmonat nach der großen Pilgerfahrt Hadsch (Id al-Adha, „Korbanfest“ bzw. „Opferfest“) als Ende des islamischen Mondjahres gefeiert. Es verschiebt sich jedes Jahr rückwärts um 10 bzw. 11 Tage innerhalb des Sonnenjahres, so dass 23 Mondjahre 22 Sonnenjahren entsprechen.

Siehe auch

Commons: Nouruz – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien