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Beleidigte Leberwurst

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Die beleidigte Leberwurst oder gekränkte Leberwurst spielen ist eine sprichwörtliche Redensart, mit der auf lustig-spottende Weise ein Mensch bezeichnet wird, der beleidigt ist oder schmollt. Meist wird diesem Menschen dabei unterstellt, dass er keinen Grund für seine Gekränktheit habe.

Die Redensart ist seit dem späten 19. Jahrhundert in Gebrauch.[1]

Hintergrund der Redensart

Hintergrund dieser Redensart ist die Vorstellung der Medizin des Altertums und des Mittelalters, dass die Leber[2] Sitz der Lebenssäfte und des Temperaments sei. Insbesondere der Zorn wurde hier verortet. Diese Vorstellung hielt sich in der deutschen Sprache noch bis in das 17. und 18. Jahrhundert[3], wie literarische Zeugnisse beweisen. So dichtete Paul Fleming (1609–1640) in seinem „Früelings-Hochzeitgedichte“:

Vergebens ist uns nicht die Leber einverleibet. / Sie, sie ist unser Gott, der uns zum Lieben treibet, / Wer gar nicht lieben kann, der wisse, daß anstatt / Der Leber er faul Holz und einen Bovist hat.[4]

Deutlicher noch drückt es Christoph Martin Wieland (1733–1813) in seinem „Hexameron von Rosenhain“ aus:

Diese Nachrichten waren mehr, als nötig war, die Leidenschaft, die sich in seinem Herzen oder (wie die Alten meinten) in seiner Leber zu bilden anfangen wollte, im Keim zu ersticken.[5]

Den gleichen Hintergrund hat auch die Redensart „Etwas frei oder frisch von der Leber weg sagen“, die das offene, rückhaltlose und freimütige Sprechen meint. Deutliche Nähe zur „Beleidigten Leberwurst“ weist die Redensart jemandem sei „Eine Laus über die Leber gelaufen“ auf: Hier ist es ein nichtiger Anlass – die kleine Laus – die zu Verärgerung und Zorn führt. Möglicherweise ist in diesem Zusammenhang auch die seit dem Jahr 1920 nachweisbare Bezeichnung einer sich geziert gebenden oder prüden Dame als „Feine Leberwurst“ zu sehen.[1]

Die „Wurst“ wurde dem Sprichwort wohl erst angehängt, als die Vorstellung um die Leber als Sitz der Gefühle verloren gegangen war. So erfand man für die bereits bestehende Redensart von der „Beleidigten Leberwurst“ nachträglich eine ätiologische Erzählung, die für Obersachsen bezeugt ist[3] und die Entstehung der Wendung beschreibt: Ein Metzger habe Würste gekocht und alle anderen Würste, die nicht so lang kochen müssen wie zum Beispiel die Blutwurst, vor der Leberwurst aus dem Kessel genommen. Weil sie allein im Kessel bleiben musste, war die Leberwurst beleidigt und platzte schließlich vor Wut.

Quellen

  1. a b Heinz Küpper: Wörterbuch der deutschen Umgangssprache, 1. Auflage, 6. Nachdruck. Stuttgart, München, Düsseldorf, Leipzig: Klett, 1997, Seite 489f.; Lemma Leberwurst.
  2. Neben der Galle: Wendung: „Ihm läuft die Galle über“.
  3. a b Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 5 Bände, Freiburg i. Br. 1991, Band 3, Seite 944f.; Lemma: Leber.
  4. Zitiert nach Röhrich a. a. O; der vollständige Text des Gedichtes auch hier.
  5. Christoph Martin Wieland, Das Hexameron von Rosenhain, Kapitel Die Liebe ohne Leidenschaft (zitiert nach Projekt Gutenberg-DE).