Werner von Rheinbaben
Werner Karl Ferdinand Freiherr von Rheinbaben (* 19. November 1878 in Schmiedeberg im Riesengebierge, † 14. Januar 1975 in Losone, Ascona) war ein deutscher Politiker (DVP), Diplomat und Publizist.
Leben und Arbeit
Nach dem Gymnasialbesuch in breslau, Lübeck und Berlin trat von Rheinbaben 1895 als Kadett in die kaiserliche Marine ein. 1898 wurde er Seeoffizier und nahm in den folgenden Jahren unter anderem 1900/1901 an der Expedition gegen den Boxer-Aufstand teil und war 1903-05 als Begleiter des Kaisersohns Adalbert wiederholt in der engeren Umgebung Wilhelms II. 1905-07 besuchte er die Marineakademie, war 1908 bis 1910 Adjudant des Admirals Alfred von Tirpitz, 1912/13 Marineattaché in Rom. 1913 trat er als Korvettenkapitän in den diplomatischen Dienst über, wo er an den Vertretungen in Paris, Brüssel, Oslo, Bukarest und Kristiania und seit 1917 im Auswärtigen Amt tätig war.
In den frühen 1920er Jahren wechselte er in die Politik. Neben seiner Tätigkeit als Parlamentarier für die Deutsche Volkspartei - er saß von Juni 1920 bis September 1930 über vier Wahlperioden für den Wahlkreis Breslau im Reichtstag - erreichte von Rheinbaben dabei auch verschiedene höhere politische Ämter, darunter das Amt des Staatssekretärs in der Reichskanzlei ("Chef der Reichskanzlei") in der Regierung Stresemann (1923). Nach dem Eintritt des Deutschen Reiches in den Völkerbund 1926, bis zu seinem Austritt einige Monate nach der nationalsozialistischen Machtergreifung 1933 - den er vergeblich zu verhindern versuchte - vertrat von Rheinbaben das Reich als dessen Vertreter in der Völkerbundsversammlung in Genf.
Seit den späten 1920er Jahren fungierte von Rheinbaben - vor allem in den Jahren 1929 bis 1933 - als Berater und inoffizieller Emissär von Kurt von Schleicher, der in jenen kritischen Jahren als Leiter der politischen Abteilung im Reichswehrministerium (de facto Staatssekretär), Reichswehrminister und Reichskanzler maßgebliche Schlüsselpositionen inne hatte, und mit dem er auch privat eng befreundet war. Als Verbindungsmann von Schleichers unterhielt er insbesondere enge Beziehungen zum französischen Botschafter Francois-Poncet und unternahm er regelmäßig Reisen nach Frankreich, um seine guten Kontakte in der Pariser Gesellschaft zugunsten einer Beschleunigung der Revision der Bestimmungen des Versailler Vertrages zu nutzen.
In den frühen 1930ern wirkte von Rheinbaben als Gefolgsmann von Schleicher einer nationalsozialistischen Machtergreifung entgegen. Dementsprechend wurde er einige Monate nach der nationalsozialistischen Machtergreifung vom Januar am 18. Juli 1933 aufgrund §6 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April zum 1. November in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Danach arbeitete er in leitenden Positionen bei der Vereinigten Krankenversicherung und der EOS-Lebensversicherung.
Nachdem er am 1. Mai 1937 in die NSDAP eintrat, tat von Rheinbaben sich in den späteren 1930er und frühen 1940er Jahren vor allem durch eine Reihe publizistische Arbeiten hervor, die zumeist beim Junker Verlag erschienen und die den Zweiten Weltkrieg als "Großdeutschen Befreiungskrieg" rechtfertigten.
Nach dem Krieg legte von Rheinbaben weitere publizistische Werke über die politisch-historischen Ereignisse der jüngeren Vergangenheit vor und meldete sich gelegentlich in Zeitungen- und Zeitschriftenartikeln zu Wort. Sein Nachlaß lagert im Bundesarchiv in Koblenz.
Werke
- Von Versailles zur Freiheit: Weg und Ziel der deutschen Außenpolitik, Hamburg 1927.
- Die zweite Nachkriegsepoche. Vom Dawesplan zum Haager Abkommen, Berlin 1930.
- Genfer Abrüstungskonferenz - und was nun?: Der deutsche Kampf um Abrüstg und Gleichberechtigung, Berlin 1932.
- Der englische Abrüstungsplan im deutschen Urteil, 1933.
- Europa, Kräfte und Wirkungen. Um ein neues Europa, Berlin 1939.
- Englands Krieg um ein neues Europa: Tatsachen und Probleme, 1939.
- Unruhiges Europa: Eine politische Umschau. Tatsachen und Probleme, Berlin 1939.
- Die Entstehung des Krieges 1939, Berlin 1940.
- Der Grossdeutsche Befreiungskrieg. Vorgeschichte, Verlauf, Siegeszuversicht, Berlin 1942.
- Kurzgefasste politische Geschichte des Krieges, 1939-42, Berlin 1942.
- Viermal Deutschland. Aus dem Erleben eines Seemanns, Diplomaten, Politikers 1895-1954, Berlin 1954.
- Auf dem Monte Verità: Erinnerungen und Gedanken über Menschen, Zürich 1954. (mit Eduard Freiherr von der Heydt)
- Verpasste Chancen im Kaiserreich, München 1962.
- Erlebte Zeitgeschichte, Hannover 1964.
- Deutschland und England 1912 und 1925, in: Donald Cameron Watt (Hrsg.): Historische Voraussetzungen des gegenwärtigen britischen Deutschlandbildes, Bonn 1965. (Bundeszentrale für Politische Bildung)
- Kaiser, Kanzler, Präsidenten. "Wie ich sie erlebte" 1895/1934, Mainz 1969.
Siehe auch
- Rheinbaben - schlesisches Adelsgeschlecht