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Schweizerische Volkspartei

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Schweizerische Volkspartei
Gründungsdatum: 23. Dezember 1936 (BGB)

22. September 1971 (SVP)

Präsidium: Ueli Maurer
Generalsekretär: Gregor A. Rutz
Mitglieder im Bundesrat: Samuel Schmid
Christoph Blocher
Mitglieder: ca. 85'000
(Stand: 2007)
Frauenanteil: Im Nationalrat: 12.9 %
Im Ständerat: 0 %
Wähleranteil: 28,9 %
(Stand: NR-Wahlen 2007)
Nationalrat: 62 Sitze
Ständerat: 8 Sitze (17.4 %)
Kantonale Parlamente: 560 Sitze (21.3 %)
(Stand: April 2007)
Parteigliederung: 27 Kantonsparteien
Gruppierungen: Junge SVP
AUNS
Bund der Steuerzahler
Website: www.svp.ch

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) / Union démocratique du centre (UDC) / Unione Democratica del Centro (UDC) / Uniun Democratica dal Center (UDC) ist eine der vier in Konkordanz regierenden Schweizer Bundesratsparteien. Anlässlich der Bundesratswahlen 2007 und des Ausgangs kündigte die SVP jedoch an, trotz zwei SVP-Parteimitgliedern als Bundesräte sich nicht als Bundesratspartei zu fühlen und zukünftig Oppositionspolitik zu betreiben.

Parteipräsident ist seit 1996 der Zürcher Nationalrat Ueli Maurer. Die SVP stellt zur Zeit die beiden Bundesräte Samuel Schmid und Christoph Blocher, wobei letzterer ab 1. Januar 2008 durch Eveline Widmer-Schlumpf ersetzt wird..

Ursprünglich eine zentristische Bauernpartei, wandelte sich die SVP ab den 1980er Jahren unter der inoffiziellen Führung des Zürcher Unternehmers Christoph Blocher[1] allmählich zu einer bürgerlich-liberalkonservativen Volkspartei im wörtlichen Sinne. Sie positioniert sich heute erfolgreich mit einem auffälligen Oppositionskurs zur Regierungsmehrheit und einer klaren, kompromisslosen Rhetorik, mit der sie sich aber öfters mit dem Vorwurf der Vereinfachung, des (Rechts)-Populismus und der Polarisierung konfrontiert sieht.[2]

Nachdem die Partei lange lediglich auf Rang vier der wählerstärksten Parteien gelegen hatte, erhöhte die SVP seit 1991 ihren nationalen Wähleranteil stetig und wurde bei den Parlamentswahlen von (2003) mit 55 von 200 Sitzen im Nationalrat und acht von 46 Sitzen im Ständerat stärkste Partei. Sie konnte in der Folge ihren Anspruch auf einen zweiten Sitz in der siebenköpfigen Schweizer Regierung durch Abwahl einer bisherigen Amtsträgerin aus der CVP durchsetzen. Bei den Nationalratswahlen von 2007 errang die SVP 29 Prozent der Wählerstimmen und kann nun gar 62 Vertreter in die grosse Kammer entsenden.

Geschichte

Das politische Spektrum der Schweiz nach ihrer Konstituierung als moderner Bundesstaat 1848 war geprägt von den beiden Bürgerkriegsparteien des vorangegangenen Sonderbundskriegs: den siegreichen liberalen Kantonen einerseits und den unterlegenen katholisch-konservativen Kantonen andererseits. Die liberale Fraktion (die spätere Freisinnig-Demokratische Partei) stellte die absolute Mehrheit der Vereinigten Bundesversammlung und den gesamten Bundesrat. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde (entgegen den Mehrheitsverhältnissen) im Sinne von mehr Demokratie und Föderalismus erstmals ein katholischer Bundesrat in die Regierung aufgenommen. Die Mehrheitsverhältnisse änderten sich nach 1918 drastisch, als für den Nationalrat das Proporzwahlrecht eingeführt wurde. Davon profitierte sowohl das katholische Lager mit der Wahl eines weiteren Bundesrates (später sogar eines dritten) in die Landesregierung, als auch die sozialdemokratische Fraktion, die ihre Nationalratssitze von 20 auf 41 verdoppeln konnte. Die gemischtere Zusammensetzung der Regierung und des Parlaments verschärfte die Spannungen innerhalb der Freisinnigen. Besonders die Unterschiede zwischen Stadt und Land sowie Konflikte zwischen Bauern und Kleingewerbetreibenden einerseits und den grossen Unternehmern andererseits führten zu Abspaltungen und Parteineugründungen auf kantonaler Ebene.

Bauern-, Gewerbe- und Bürgerpartei (BGB)

Bereits vor der Gründung der BGB bestanden kantonale Bauern- Gewerbe oder Bürgerparteien. Insbesondere die 1918 in Bern gegründete Bauernpartei hatte grossen Erfolg und wurde spätestens mit dem Beitritt des Gewerbeflügels und der alten Liberal-konservativen Partei des Kantons Bern zur "staatstragenden" Kraft im Kanton. Obwohl als Oppositionspartei gegründet und kleiner als die Sozialdemokratische Partei wurde die Bernische BGB (eigentlich "Bernische Bauern- und Bürgerpartei") 1929 zur Bundesratspartei. Rudolf Minger, einer der Gründer der Partei, wurde am 12. Dezember 1929 gewählt und stand bis zu seinem Rücktritt 1940 dem Militärdepartement (damals EMD) vor. Als Folge einer Existenzkrise, hervorgerufen durch die sogenannte "Jungbauernbewegung", wurde am 23. Dezember 1936 die BGB als gesamtschweizerische Partei gegründet (Konstituierung: 30. Januar 1937). Sie hatte während der Zeit ihres Bestehens jeweils einen Regierungssitz auf Bundesebene inne, insgesamt 6 Bundesräte stammten aus ihren Reihen. Mit Ausnahme des Bündners Leon Schlumpf (Im Amt: 1979-1987) stammten alle aus der Berner Sektion.

Demokratische Partei

Die demokratische Partei wurde auf schweizerischer Ebene 1942 gegründet. Auch sie war ein Zusammenschluss mehrerer teilweise schon länger bestehender kantonaler Parteien. Wie die BGB stammten auch diese ursprünglich aus dem freisinnigen Lager. Sie vertrat nach ihrem eigenen Anspruch Bauern, Gewerbetreibende und Vertreter freier Berufe. Grossen Zuspruch hatte sie in den Kantonen Graubünden und Glarus, aber auch etwa in der Stadt Winterthur („Ecole de Winterthour“)[3]. Sie hatte während der Zeit ihres selbständigen Bestehens keinen Einsitz in der Landesregierung.

Zusammenschluss zur heutigen SVP

Nachdem etwa im Kanton Zürich die Demokratische Partei bereits in den Siebzigerjahren sich wieder mit der FDP vereinigt hatte, schlossen sich die DP-Kantonalsektionen Glarus und Graubünden am 22. September 1971 (Konstituierung: 18. Dezember 1971) mit der BGB zur Schweizerischen Volkspartei zusammen, einerseits um als Partei zu wachsen, andererseits um der drohenden Zersplitterung der rechtsbürgerlichen Kräfte ausserhalb der FDP und CVP entgegenzuwirken. Erst durch diese Vereinigung der stark bernisch geprägten BGB und der Ostschweizer Demokraten wurde die SVP zu einer Partei der gesamten (Deutsch-)Schweiz.

In den 1970er-Jahren verstand sich die SVP noch als Mittepartei mit sozial-liberalen Elementen.[4] Zeuge dieser ursprünglichen Ausrichtung ist der noch heute verwendete französische Name der Partei, „Union démocratique du centre“, also Demokratische Zentrumsunion.

Aufstieg zur stärksten politischen Kraft

Die Partei wies in der Folge ein kleines, aber stetiges Wachstum auf. Ihr Wähleranteil im Nationalrat verharrte in den 1980er-Jahren allerdings bei 10 bis 12% der Wählerstimmen. Dies änderte sich in den frühen 1990er Jahren. Die wichtigsten Gründe dafür sind u.a. das zunehmende Verschwinden von traditionellen Parteibindungen (was vor allem FDP und CVP zu spüren bekamen) und ein Erstarken der nationalkonservativen Kräfte innerhalb der Partei, insbesondere in der Zürcher Sektion. Erstes Anzeichen einer Erstarkung war die erfolgreich geführte Kampagne gegen den UNO-Beitritt 1986, aus welcher die AUNS hervorging. 1992 wandte sich die SVP als einzige Regierungspartei gegen den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). In einer Volksabstimmung mit Rekordbeteiligung stellte sich eine knappe Mehrheit der Schweizer Bevölkerung hinter diese Position, was für die Partei und ihren Wortführer, den damaligen Zürcher Kantonalpräsidenten Christoph Blocher, einen enormen Prestigesieg bedeutete. Auch in anderen Sachfragen (z.B. Neat-Debatte, Asylrecht, Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Straftätern) gelang es der SVP zunehmend, Wähler anzusprechen.[5] Die Partei wurde dadurch auch für bisherige Wähler der FDP und für konservative CVP-Wähler interessant, die sich durch ihre Partei nicht mehr vertreten fühlten. Auch wechselten viele Wähler (und vereinzelt auch Mandatsträger) rechter Oppositionsparteien (Schweizer Demokraten, Freiheits-Partei der Schweiz) zur SVP. Dadurch wurden diese Kleinparteien nahezu bedeutungslos.[6] Die SVP erzielte bei den Nationalratswahlen 1999 einen Sieg und konnte ihre Sitzanzahl im Nationalrat von 29 auf 44 erhöhen.

Das bisher erfolgreichste Wahlergebnis auf nationaler Ebene erzielte die SVP 2007. Mit 62 Nationalräten stellt sie nun nahezu die grösste Vertretung einer Partei in der grossen Kammer seit Einführung des Proporzsystems - lediglich die FDP erreichte 1919 noch einen Sitz mehr. Der gegenüber den Nationalratswahlen von 2003, aus denen die SVP erstmals als stärkste Partei hervorgegangen war, nochmals gestiegene Wähleranteil ist auf Gewinne in der gesamten deutsch- und französischsprachigen Schweiz zurückzuführen. Dies ist insofern bemerkenswert, als die Partei in den lateinischsprachigen Landesteilen lange nur eine marginale Rolle gespielt hatte. (2003 gelang ihr erstmals ein Durchbruch auch in der Romandie, während sie sich im Tessin bisher nicht gegen die Konkurrenz der Lega dei Ticinesi durchzusetzen vermochte.)

Herber Rückschlag bei den Bundesratswahlen

Im Vorfeld der Bundesratswahlen 2007 kündigte die SVP an, dass, sollte das Parlament nicht die beiden bisherigen Bundesräte Christoph Blocher und Samuel Schmid wählen, sie in die Opposition gehen würde. Währenddem das Parlament Samuel Schmid diskussionslos wiederwählte, wurde an Stelle des polarisierenden Christoph Blochers Eveline Widmer-Schlumpf, die als deutlich liberaler gilt, in den Bundesrat gewählt. Die SVP schloss daraufhin ihre beiden Bundesräte aus der Fraktion aus und erklärte, von nun an als Oppositionspartei zu politisieren. Die SVP-Bundesräte bleiben jedoch Parteimitglied.

Politische Einordnung

Politische Positionen

Die SVP vertritt in ihrem Programm vor allem nationalkonservative und insbesondere im Wirtschaftsbereich radikal-liberale bzw. (wohlfahrts-)staatskritische Positionen. Sie bekämpfte und bekämpft alle zur Debatte stehenden Projekte der Einbindung in intergouvernementale und vor allem supranationale Strukturen (UNO, EWR, EU, Abkommen von Schengen und Dublin, Annäherung an die Nato) und tritt stattdessen für eine strikte Auslegung der geltenden Neutralität des Landes ein, und zwar unter Beibehaltung der starken Rolle der Schweizer Armee in ihrer traditionellen Form, d. h. einer nur innerhalb der Landesgrenzen tätigen Milizarmee.

In der Ausländerpolitik setzt die Partei sich für deutliche Verschärfungen des Asylrechts und die Eindämmung der Zuwanderung ein. Zahlreiche SVP-Exponenten engagieren sich für ein Verbot des Baus von Minaretten.

Ein weiteres Kernanliegen ist ihr Eintreten für eine starke Berücksichtigung von direkt-demokratischen Volksentscheiden. Nach der Meinung der SVP gerieten diese zunehmend in einen Konflikt mit der Schweizer Justiz und dem geltenden Völkerrecht. Direktdemokratisch legitimiertes „Volksrecht“ gehe dabei aber Gerichtsentscheiden und auch dem – gemäss SVP lediglich so genannten, da nicht demokratisch legitimierten – Völkerrecht vor. Der Rechtsstaat wird, da sich die Gerichte zusehends über den Volkswillen hinwegsetzen würden, von der SVP zuweilen als Richterstaat abqualifiziert. So fordert die SVP etwa das Festhalten an Urnenabstimmungen über die Einbürgerungen von Ausländern, auch nachdem diese bisher in vielen Gemeinden geübte Praxis vom Bundesgericht - wegen der fehlenden Begründungsmöglichkeit solcher Entscheide - als verfassungswidrig beurteilt worden war. Eine entsprechende kantonale Volksinitiative der SVP ist knapp zustande gekommen, aber für ungültig erklärt worden[7]. Inzwischen wurde jedoch eine eidgenössische Initiative mit dem Titel „Für demokratische Einbürgerungen“ eingereicht, welche mit 100'083 gültigen Unterschriften das notwendige Quorum ganz knapp erreicht hat. Darin verlangt die SVP auch eine endgültige Einbürgerung, d.h. wird eine Einbürgerung nicht gutgeheissen, so kann keine neue eingereicht und die Ablehnung auch nicht angefochten werden; dies, obwohl menschenrechtliche Bedenken gegen eine solche Bestimmung laut wurden[8]. Auch sollte nach dem Willen der SVP die Rassismusstrafnorm und die Rassismuskommission im Interesse der Meinungsäusserungsfreiheit abgeschafft werden.

In Wirtschaftsfragen vertritt die SVP dezidiert wirtschaftsliberale und anti-etatistische Positionen. So fordert sie einen harten Sparkurs, Senkungen der Staatsausgaben "auf das Wesentliche" sowie Steuersenkungen. Zurückhaltung zeigt sie einzig in der Landwirtschaftspolitik, um eine wichtige Wählergruppe, die Landwirte, nicht vor den Kopf zu stossen. So stellt sie das System der Direktzahlungen nicht in Frage und spricht sich gegen drastische Kürzungen bei den Landwirtschaftssubventionen aus.

In der Verkehrspolitik votiert die SVP für den Ausbau des Schweizer Autobahnnetzes und gegen die Bevorzugung des öffentlichen Verkehrs gegenüber dem Individualverkehr. Grossprojekte wie Bahn 2000 oder die Neat trägt sie im Prinzip mit, kritisiert jedoch die ihres Erachtens zu wenig sorgfältige Überwachung der Kostenentwicklung. In der Energie- und Umweltpolitik lehnt die SVP Lenkungsabgaben auf die Umwelt belastende Energieträger kategorisch ab.

In der Gesellschafts- und Sozialpolitik betont die SVP die traditionelle Rolle der Frau als Hausfrau und Mutter und wendet sich damit gegen einen bezahlten Mutterschaftsurlaub und staatliche Kinderkrippen. Sie verzichtet denn auch auf parteiinterne Massnahmen zur Frauenförderung, weshalb ihre Fraktion im eidgenössischen Parlament den tiefsten Frauenanteil aller Bundesratsparteien aufweist. Weiter spricht sich die SVP für eine repressive Drogenpolitik, jedoch gegen Massnahmen zur Einschränkung des Alkohol- und Tabakkonsums aus.

In der allgemeinen politischen Ausrichtung (v.a. Gesellschaftspolitik) und im politischen Stil gab es vor allem in den 1990er-Jahren zwei sehr unterschiedliche Strömungen:

  • Der Berner Flügel, dessen Vertreter vorwiegend aus den traditionellen SVP-Hochburgen Kantonen Bern und Graubünden stammen (z.B. Samuel Schmid und Eveline Widmer-Schlumpf), vertrat bürgerlich-konservative Inhalte, gab sich aber als kooperativer Regierungspartner auf Kantons- und Gemeindeebene. Der Schwerpunkt der politischen Arbeit lag in der Interessenvertretung von Bauern, Klein- und Mittelbetrieben. Er befürwortete eine moderate Öffnung der Schweiz gegen aussen. Zu den bekanntesten Vertretern dieser Richtung gehörte neben Bundesrat Schmid unter anderem Alt-Bundesrat Adolf Ogi, der von den Führern der SVP wegen seiner von der Parteilinie abweichenden Meinungen regelmässig desavouiert und kritisiert wurde.
  • Der Zürcher Flügel verstand die SVP als oppositionelle Protestpartei - auch dort, wo sie in der Kantons-, Gemeinde- und (zeitweilig) Bundesexekutive (durch Christoph Blocher) vertreten war. Die Zürcher SVP-Vertreter versuchten, das oben erwähnte Parteiprogramm ohne Kompromisse durchzusetzen.

Mit den zunehmenden Erfolgen des Zürcher Flügels (massiv gestiegene Wähleranteile in allen Kantonen, auch in den französischsprachigen) hat sich dessen Haltung in den letzten Jahren allerdings selbst im Kanton Bern von den Inhalten her durchgesetzt; bloss im Kanton Graubünden, in dem das Parlament nach dem Mehrheitswahlrecht gewählt wird, verfolgt die Partei weiterhin einen Zentrumskurs.

Stil und Wählerschaft

SVP Bundesrat Christoph Blocher

Unter Christoph Blochers Einfluss hat sich die SVP zunächst im Kanton Zürich, und nach und nach auch gesamtschweizerisch von einer tradierten, stark föderalistisch strukturierten, ländlich-protestantischen Handwerker- und Bauernpartei zu einer schlagkräftigen, professionell geleiteten und einheitlich auftretenden rechtsbürgerlichen Protestbewegung gewandelt, die praktisch in der ganzen Schweiz und in allen sozialen Schichten Anhänger findet („Catch-All-Partei“[9]). In den letzten Jahren verfolgte sie in verschiedenen Sachfragen einen pointierten Oppositionskurs, den sie auch nach der Wahl des damaligen Nationalrates Blocher in den Bundesrat in ihrer grossen Mehrheit nicht aufgab. Damit bekleidet sie – ähnlich wie die Sozialdemokraten, aber noch akzentuierter als diese – eine Doppelrolle als Regierungs- und Oppositionspartei. Diese Rolle hat sich für die SVP als besonders erfolgreich herausgestellt.

Die SVP fällt in ihrer Öffentlichkeitsarbeit vor allem durch provokative, in einem plakativ-vereinfachenden Stil gestaltete Werbekampagnen auf und zieht damit regelmässig den Vorwurf des Populismus auf sich. Dabei wurden die politischen Gegner etwa als Linke und Nette, heimatmüde oder Weichsinnige tituliert. Erstere Formel geht auf 1993 zurück, als die SVP nach einem Aufsehen erregenden Mordfall per Inserat verkündete, das habe man "den Linken und Netten zu verdanken: mehr Kriminalität, mehr Drogen, mehr Angst"[10]. Dem Täter in jenem Mordfall war trotz ungünstiger psychiatrischer Prognosen und Warnungen des Staatsanwaltes von der sozialdemokratisch geführten Justizdirektion des späteren Bundesrates Moritz Leuenberger Hafturlaub gewährt worden.[11] Ein weiteres Reizwort war der Ausdruck Classe politique, mit dem die SVP den anderen Parteien mangelnde Bürgernähe vorwarf. 1998 folgte das so genannte Messerstecher-Inserat im Zusammenhang mit einer Kreditvorlage für ein Behandlungsprogramm für Sexual- und Gewaltstraftäter (Luxus für Sexual-Verbrecher?)[12] 2003 wurde der von Blocher ins Spiel gebrachte Begriff Scheininvalide zum Unwort des Jahres gekürt. Im gleichen Jahr warf FDP-Mitglied Georg Kreis, Präsident der Rassismuskommission der SVP aufgrund einer Kampagne zur Asylpolitik vor, sich „in der Grauzone zwischen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit“ zu bewegen. Auch stellte die SVP die Verträge von Schengen und Dublin als Trojanisches Pferd dar, das den Zweck habe, den Beitritt zur EU herbeizuführen[13] und die Junge SVP des Kantons Wallis verwendete im Abstimmungskampf gegen eine Vorlage zur Liberalisierung der Einbürgerung das in eine schweizerische Identitätskarte montierte Bild Osama bin Ladens. Im Rahmen des Wahlkampfes zu den Schweizer Parlamentswahlen 2007 lanciert die SVP die so genannte „Ausschaffungsinitiative“ und warb dafür mit einer bildlichen Darstellung eines schwarzen Schafs, welche auch im Ausland Aufmerksamkeit erweckte und der Landesregierung eine Anfrage vom UN-Sonderberichterstatter für Rassismus Doudou Diène eintrug.[14][15] In den Wochen vor den Parlamentswahlen verschärften sich die Proteste linker und linksautonomer Gruppen gegen die SVP und deren Ausschaffungsinitiative. Am 18. September protestierten 1500 Menschen weitgehend friedlich gegen einen Auftritt Blochers bei der Lausanner Comptoir Suisse.[16] Zu Ausschreitungen kam es am 6. Oktober 2007 in Bern, als Autonome versuchten, einen Umzug von etwa 5000 SVP-Anhängern aufzuhalten. Bei Strassenschlachten wurden 18 Polizisten und drei Demonstranten verletzt.[17] . Die Ausschreitungen sorgten weltweit für Aufmerksamkeit und erschienen sogar auf der Titelseite der New York Times, welche hauptsächlich über den Rassismus in der Schweiz berichtete.[18].

Wegen ihrer zahlreichen mediengerecht gestalteten Stellungnahmen zu aktuellen Ereignissen und ihrer dominant wirkenden Kampagnen wird der SVP nachgesagt, einen auffälligen „Dauerwahlkampf“ zu führen, der sich entsprechend auszahle. In einer Wahlumfrage im Vorfeld der Parlamentswahlen 2007 wurde ermittelt, dass 47% der Befragten den Wahlkampf der SVP als den sichtbarsten empfanden, während die entsprechenden Werte für die anderen Parteien allesamt unter 10% lagen[19].

Programmatischer Vergleich mit rechtskonservativen Parteien im Ausland

Mit ausländischen Parteien pflegt die SVP keine formellen Verbindungen. Wenn es zu Kontakten kommt, dann höchstens auf individueller Ebene. Der SVP ideologisch nahestehend sind die wirtschaftsliberalen Republikaner der USA, von denen sie die „Reagonomics“ sowie zahlreiche „Law-and-order“-Forderungen übernommen hat, sowie die Britischen Konservativen, mit denen die SVP nicht nur Postulate zur Deregulierung und Steuersenkung, sondern v.a. auch eine tiefe Skepsis gegenüber der EU verbindet. Mit Forza Italia teilt die SVP ihre scharfe antikommunistische bzw. -sozialistische Rhetorik. Kritiker sehen aufgrund der ausgeprägt fremdenfeindlichen und islamkritischen Haltung auch Ähnlichkeiten mit der Freiheitlichen Partei Österreichs, dem französischen Front National oder dem belgischen Vlaams Belang.[20] Auch der Vorwurf des Populismus wird in ähnlicher Weise gegen mehrere der genannten Parteien erhoben. Vor allem die FPÖ kopiert in jüngster Zeit immer wieder Kampagnen und Kernforderungen der SVP, zum Teil mit ausdrücklicher Bezugnahme auf deren Initiativen.[21][22] Das grafische Motiv des SVP-Plakates mit dem schwarzen Schaf wurde von der hessischen NPD für eine Kampagne mit anderem Inhalt übernommen.[23] Anders als solche teilweise rechtsextreme Parteien strebt die SVP jedoch weder eine autoritäre Herrschaft an, noch will sie Wahlen oder gar die Meinungsfreiheit einschränken.

Obgleich die SVP in internationalen Medien meist als „rechtskonservative“ Partei bezeichnet wird, sind Parallelen mit Mitte-Rechts-Parteien wie der ÖVP oder der CSU irreführend – vertreten doch diese strukturkonservativen Parteien die EU- und staatskritischen Tendenzen der SVP nicht in dieser Zuspitzung.

Parteinahe Organisationen

  • Junge SVP (JSVP), die Jugendorganisation der Partei

Daneben existieren einige von der Partei formell unabhängige Organisationen. Diese konzentrieren sich auf gewisse Teile des Parteiprogramms, um diese in der Öffentlichkeit besonders pointiert zu vertreten. Allerdings liegen die Schlüsselpositionen ausschliesslich in den Händen prominenter SVP-Mitglieder:

Literatur

  • Oliver Geden 2006: Diskursstrategien im Rechtspopulismus. Freiheitliche Partei Österreichs und Schweizerische Volkspartei zwischen Opposition und Regierungsbeteiligung, Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
  • Hanspeter Kriesi et al. 2005, Der Aufstieg der SVP. Acht Kantone im Vergleich, Zürich: NZZ-Verlag
  • Oliver Geden 2005, Identitätsdiskurs und politische Macht. Die rechtspopulistische Mobilisierung von Ethnozentrismus im Spannungsfeld von Oppositionspolitik und Regierung am Beispiel von FPÖ und SVP, in: Susanne Frölich-Steffen/Lars Rensmann (Hg.): Populisten an der Macht. Populistische Regierungsparteien in West- und Osteuropa. Wien: Braumüller-Verlag, 69-83
  • Anthony J. McGann/Herbert Kitschelt 2005: The Radical Right in the Alps. Evolution of Support for the Swiss SVP and Austrian FPÖ, in: Party Politics 2/2005: 147-171
  • Oscar Mazzoleni: Nationalisme et populisme en Suisse. La radicalisation de la ‘nouvelle’ UDC. Lausanne 2003
  • Hans-Georg Betz 2001: Exclusionary Populism in Austria, Italy, and Switzerland, in: International Journal 56: 393-420
  • Claude Longchamp 2000, Die nationalkonservative Revolte in der Gestalt der SVP. Eine Analyse der Nationalratswahlen 1999 in der Schweiz, in: Fritz Plasser/Peter A. Ulram/Franz Sommer (Hg.): Das österreichische Wahlverhalten. Wien: WUV, 393-423
  • Ludger Helms 1997, Right-Wing Populist Parties in Austria and Switzerland: A Comparative Analysis of Electoral Support and Conditions of Success, in: West European Politics 2/1997: 37-52
  • Hans Hartmann/Franz Horvath 1995, Zivilgesellschaft von rechts. Die unheimliche Erfolgsstory der Zürcher SVP, Zürich: Realutopia-Verlag

Einzelnachweise

  1. Siehe Luzerner Zeitung 30. September 1995, S. 19: "Ohne Blocher läuft fast gar nichts..."; Hanspeter Kriesi et. al.:Der Aufstieg der SVP, 2005, S.270: "Die Einbindung Christoph Blochers, der zentralen Symbolfigur der Partei..."
  2. siehe NZZ am Sonntag vom 9.9.2007
  3. Bächtiger Heinz: Ecole de Winterthour. In: Glossar Winterthur
  4. Kriesi et al., 2005, S.64
  5. Leuenberger Petra et al. (2001) NEAT: Angespannte Problemlage. GFS Bern
  6. Kriesi et al., 2005, S. 66
  7. BGE 129 I 232, 2003
  8. Siehe: NZZ, 2. Februar 2007, S.13
  9. Kriesi et al., 2005
  10. Swissinfo 21.05.2007 Kontroverse um politische Kultur
  11. siehe NZZ: Keine PUK im Mordfall Zollikerberg, 25. November 1997, S. 57.) sowie [1]
  12. Swissinfo 21.05.2007 Kontroverse um politische Kultur (mit Abbildung Messerstecher-Inserat
  13. http://www.svp.ch/index.html?page_id=1700&l=2
  14. Switzerland: Europe's heart of darkness?, The Independent, 7. Sept. 2007.
  15. Spiegel Online: Schwarze Schafe, braunes Gedankengut
  16. NZZ: Proteste und ein netter Christoph Blocher, vom 18. September 2007.
  17. ARD-Tagesschau: Straßenschlachten in Bern, vom 6. Oktober 2007.
  18. http://www.nytimes.com/2007/10/08/world/europe/08swiss.html?_r=2&pagewanted=2&oref=slogin
  19. http://www.gfsbern.ch/pub/Wahlbarometer_07_Welle_06.pdf gfs.bern: Wahlbarometer 07 Welle 06, S. 17
  20. siehe Süddeutsche Zeitung von 17.9.2007
  21. siehe Süddeutsche Zeitung von 2.8.2007
  22. siehe Der Standard vom 30.8.2007
  23. SF: Deutsche Neonazis klonen SVP-Schäfli


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