Transaustralische Telegrafenleitung
Die Transaustralische Telegrafenleitung (Australian Overland Telegraph Line) war eine 3.200 km lange Telegrafenlinie, die seit 1872 Port Augusta in Südaustralien mit Darwin an der australischen Nordküste verband und von hier mit Unterseekabeln erstmals die telegrafische Verbindung nach Indonesien und Europa ermöglichte.
Planung
Bis zu dem Zeitpunkt, als die Leitung in Betrieb ging, konnten Nachrichten zwischen den australischen Kolonien und dem britischen Mutterland – zumindest streckenweise – nur mit Schiffspost übermittelt werden. Nachrichten waren also wochen- wenn nicht gar monatelang unterwegs. Dies schuf einen immensen Bedarf an beschleunigter Kommunikation, die technisch mit dem Telegrafen auch verfügbar gewesen wäre. Was fehlte, war die entsprechende Leitung.
Ab 1855 wurden verschiedene Routen für eine Verbindung mit Europa diskutiert:
- von Albany in Westaustralien nach Ceylon;
- von Darwin nach Java und von hier entweder
- nach Burketown im Nordwesten von Queensland oder
- durch die inneraustralische Wüste nach Adelaide in Südaustralien.
Der Streit zwischen den australischen Kolonien über den Verlauf der Leitung war hart. Die Regierung von Victoria erwartete von der Telegrafenleitung, sollte sie in Adelaide – und damit letztendlich in der eigenen Hauptstadt, Melbourne – enden, einen wirtschaftlichen Impuls und förderte deshalb das Unternehmen. Zunächst finanzierte sie die Burke-und-Wills-Expedition von 1860, geleitet von Robert O'Hara Burke und William John Wills, um herauszufinden, welche Route technisch möglich war. Die Expedition erkundete das Terrain, indem sie das Innere Australiens von Menindee bis zum Golf von Carpentaria durchquerten. Auf dem Rückweg aber kamen die Expeditionsleiter und andere Teilnehmer durch Erschöpfung ums Leben. Daraufhin lobte die Regierung £ 2000 für denjenigen aus, der eine gangbare Route zwischen Südaustralien und Darwin ausfindig machte.
John McDouall Stuart beabsichtigte ebenfalls, den Kontinent von den Flinders Ranges aus zu queren, was ihm im sechsten Versuch 1862 gelang. Dabei hatte er das Projekt einer transkontinentalen Telegrafenleitung durchaus im Blick, so dass er Notizen über die besten Möglichkeiten, sie über Flussläufe zu führen, Wasserreservoirs und Möglichkeiten Telegrafenstangen zu gewinnen, fertigte. Am 24. Juli 1862 erreichte er die australische Nordküste in Chambers Bay, die er nach seinem Auftraggeber und Sponsor benannte.
Mit diesen Kenntnissen ausgestattet, genehmigte das Parlament von Südaustralien 1865 den Bau einer Telegrafenleitung von Adelaide in das 300 km nördlich gelegene Port Augusta. Da dieser Schritt den Verlauf einer künftigen Kontinentalquerung praktisch vorgab, löste das bei den Vertretern einer Linienführung über Queensland heftigen Protest aus.
Der endgültige Beschluss zum Bau der Leitung fiel, als sich die südaustralische Regierung bereit erklärte, die 3200 km lange Trasse zwischen Port Augusta und Darwin zu finanzieren, während die British-Australian Telegraph Company im Gegenzug das Unterseekabel zwischen Java und Australien verlegte.
Bau
Die Projektleitung wurde dem Direktor der südaustralischen Telegrafenverwaltung, Charles Todd, übertragen. Er teilte die Route in drei Abschnitte. Der nördliche (Darwin nach Tennant Creek) und der südliche (Port Augusta nach Alberga Creek in Südaustralien) wurden an private Unternehmer vergeben, den mittleren errichtete er mit seiner Verwaltung selbst. Der Bau erforderte 36.000 hölzerne Telegrafenstangen, Isolatoren, Batterien, Draht und andere Ausrüstung, die überwiegend in England bestellt wurde.
Todd stellte für den mittleren Abschnitt ein Team aus Vermessern, Zimmerleuten, Arbeitern und Köchen unter John Ross zusammen, die Adelaide zu Pferd und mit Ochsengespannen, die Proviant für viele Wochen geladen hatten, verließen.
Der Bau des nördlichen Abschnitts machte bis November 1870 gute Fortschritte, als die Regenzeit einsetzte und die Arbeit blockierte. Auch die Lebensumstände der Arbeiter verschlechterten sich durch den Regen, Stechmücken und schlechtes Essen so, dass sie am 7. März 1871 in Streik traten. Wochen später gab daraufhin der Unternehmer für den Nordabschnitt auf, sodass die Telegrafenverwaltung über das von ihr zu bewältigende Pensum hinaus weitere 700 km der Leitung übernehmen musste. Die dafür erforderliche Verstärkung benötigte allein sechs Monate, um Darwin überhaupt zu erreichen. Der hier leitende Ingenieur entschied sich, die Leitung verstärkt von Norden her betriebsfähig zu erstellen, sodass die verbleibende Lücke bei der Übermittlung von Nachrichten zum südlichen Abschnitt bis zur endgültigen Fertigstellung der Telegrafenleitung hilfsweise von einer Reiterstafette geschlossen werden konnte. Diese Situation nutzte die Regierung von Queensland, um für einen Baustopp und erneut eine Linienführung über ihr Territorium zu plädieren – vergeblich.
Das Unterseekabel von Java erreichte vorzeitig – vereinbart war der 31. Dezember – am 18. November 1871 Darwin und wurde am folgenden Tag an die Telegrafenleitung angeschlossen. Ende 1871 fehlten noch 300 km der Transkontinentalleitung. Eine Nachricht, die versuchsweise am 22. Mai 1872 über die noch unvollendete Leitung gesandt wurde, benötigte neun Tage von Darwin nach Adelaide.
Fertigstellung
Mit knapp neunmonatiger Verspätung wurden die beiden Leitungsenden am 22. August 1872 bei Frew's Ponds verbunden und Todd konnte die erste Nachricht über die fertiggestellte Leitung senden:
- WE HAVE THIS DAY, WITHIN TWO YEARS, COMPLETED A LINE OF COMMUNICATIONS TWO THOUSAND MILES LONG THROUGH THE VERY CENTRE OF AUSTRALIA, UNTIL A FEW YEARS AGO A TERRA INCOGNITA BELIEVED TO BE A DESERT +++
- (Wir haben heute, nach zwei Jahren, eine 2.000 Meilen lange Nachrichtenleitung mitten durch das Innere Australiens fertiggestellt, das bis vor wenigen Jahren noch eine terra incognita war, von der man annahm, es sei eine Wüste +++)
Die Telegrafenleitung war von Anfang an ein großer Erfolg, nicht nur für die Kommunikation zwischen dem Mutterland und den Kolonien, sondern auch, um das Gebiet entlang der Leitung zu erschließen. Dabei war die ursprüngliche Leitung tatsächlich nur ein einziger Draht, über den die Nachrichten verschickt werden konnten.
Während der Bauarbeiten wurde an verschiedenen Stellen Gold entdeckt, zum Beispiel in Pine Creek und bei der Relaisstation MacDonnell Ranges. Die Relaisstationen waren zudem hervorragende Ausgangspunkte für die Expeditionen weiterer Forscher, wie Ernest Giles, W. C. Gosse, und Peter Egerton-Warburton, die von dort aus nach Westen vordrangen.
Zwischen 1875 und 1877 wurde eine Zweigleitung durch die Nullarbor-Wüste verlegt, die dann auch Westaustralien an die Interkontinentalleitung anschloss.
Betrieb
Der Unterhalt der Leitung war von Anfang an ein großes Problem und schwierig. Witterungsbedingte Schäden, aber auch absichtliche Beschädigungen (die Aborigines entdeckten sehr bald, dass sich aus den Isolatoren hervorragende „Flintsteinmesser“ schlagen ließen und auch der Draht vielseitig einsetzbar war) kamen immer wieder vor. Termiten stellten ein Problem für die Holzmaste der Leitung dar, ebenso die extreme Isolation vieler Relaisstationen. So griffen am 22. September 1874 Aborigines die Station Barrow Creek an und töteten zwei Telegrafisten. Der dort stationierte Polizist unternahm später einen Vergeltungsangriff. Diese Unvereinbarkeit von moderner Technik und der Lebensweise der Aborigines führte zu teils brutalen Übergriffen auf sie und ihre weitere Verdrängung in noch abgelegenere Lebensräume.
Weitere Entwicklung
Die Telegrafenleitung war eine der großen Ingenieurleistungen des 19. Jahrhunderts. Ihr folgte später weitere, parallele Infrastruktur, zunächst 1940 der Stuart Highway und 2004 die Eisenbahnstrecke Adelaide–Darwin.
Die Bedeutung der Telegrafenleitung ist heute längst durch drahtlose Kommunikation ersetzt. Ein Museum in der historischen Telegrafenstation von Alice Springs bewahrt museal die Situation am Ende des 19. Jahrhunderts.
Quellen
Artikel der englischsprachigen Wikipedia: Australian Overland Telegraph Line.