Liste der Opern Vivaldis
Allgemeines
Antonio Vivaldi selbst behauptet in einem Brief, 94 Opern geschrieben zu haben. 49 konnten bisher als seine Werke identifiziert werden. In autographen Partituren sind 22 Werke überliefert, davon 16 vollständig in Vivaldis eigener Handschrift. Die meisten davon werden heute in der Nationalbibliothek Turin aufbewahrt, wo sich insgesamt etwa 450 Notenmanuskripte mit Vivaldi-Werken beinahe aller musikalischen Gattungen befinden.
Stilistisch handelt es sich bei Vivaldis Opern um barocke Nummernopern italienischer Art, d. h. mit weitgehend klarer Trennung von Rezitativ und Dacapo-Arie. Zeitgenossen sahen in Vivaldis Werken zu Beginn einen lombardisch-venezianischen Stil, der sich dem neapolitanischen Stil eines Johann Adolf Hasse später annäherte. Die Werke unterscheiden sich deutlich von der etwa zeitgleichen Oper französischen (Jean-Baptiste Lully, Jean-Philippe Rameau) und – subtiler – auch des deutschen Typs (Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann). Die Rezitative, denen Vivaldi besondere Aufmerksamkeit schenkte, unterscheiden sich in Secco-Reziatativ (nur von Cembalo und Bass begleitet) und Accompagnato-Rezitativ (mit Streichern), wobei die Accompagnato-Rezitative sich gelegentlich auch zu kleinen Szenen weiten können. Fast immer gibt es auch Duette und Chöre, selten Terzette oder Quartette.
Die Instrumentation reicht bei Vivaldis Opern von einfacher Streicherbesetzung mit Basso Continuo bis zu umfangreich mit Bläsern (Flöten, Oboen, Fagotte, Trompeten, Hörner, Posaunen) und Pauken angereicherten Ensembles. Das Continuo wird heute nach historischen Vorbildern meist reich besetzt mit Cello, Cembalo, Lauten, Barockgitarren, Theorben, Harfen usw., gegebenenfalls auch mit Violone (Kontrabass) oder Fagott. In einer Oper Vivaldis findet sich auch ein Hackbrett. Oft wird die Solovioline eingesetzt (Vivaldi selbst war Geiger und leitete die Aufführungen von seinem Instrument aus.)
Die Stoffe, die Vivaldi vertonte, stammen fast alle aus der antiken Geschichte und Mythologie. Sie wurden aber durch die Librettisten in der Regel auf die eigene Zeit bezogen. Geographisch reicht das Spektrum der Themen von Amerika (Motezuma) über den Orient (La verità in cimento) bis China (Teuzzone). Einige Opern entstanden in Zusammenarbeit mit anderen Komponisten als Pasticci.
Mehrere italienische Barockensembles haben in den letzten Jahren damit begonnen, v. a. die Werke, die in Turin aufbewahrt werden, neu zu edieren und einzustudieren („Vivaldi edition“ bei den Labels naïve und opus 111) und haben die Opern auch im Rahmen internationaler Musikfestivals aufgeführt (z.B. in Beaune, Frankreich).
Liste
Jahr | Titel der Oper | Librettist | Bemerkung |
---|---|---|---|
1713 | Ottone in Villa | Domenico Lalli | Aufbewahrt in Turin |
1714 | Orlando finto pazzo | Grazio Braccioli | Erste Oper Vivaldis für das Teatro S. Angelico in Venedig. Autograph ohne Sinfonia (Ouvertüre), aufbewahrt in Turin. |
1715 | Nerone fatto cesare | M. Noris | verloren |
1716 | L’incoronazione di Dario | Adriano Morselli | |
1716 | Arsilda, regina die Ponto | Domenico Lalli | Aufbewahrt in Turin. |
1717 | L’inconorazione di Dario | Adriano Morselli | Aufbewahrt in Turin. |
1717 | Tieteberga | Antonio Maria Lucchini | verloren |
1718 | Scanderbeg | Antonio Salvi | verloren |
1719 | Tito Manlio | Matteo Noris | Nach eigenen Angaben in der Partitur hat Vivaldi dieses Werk in fünf Tagen im Januar des Jahres komponiert. Es sollte eine Oper für die Hochzeit des Landgrafen Philipp von Hessen-Darmstadt, Fürst von Mantua, werden, die dieser beim Weihnachtsbankett verkündet hatte. Doch die Hochzeit platzte. Ein anderes Werk wurde gegeben, so dass „Tito Manlio“ erst zum Karneval uraufgeführt werden konnte. Das Werk zeichnet sich – dem eigentlichen Anlass entsprechend als prunkvolles Theater-Event geplant - durch eine besonders reiche Orchesterbesetzung aus. Aufbewahrt in Turin. |
1719 | Teuzzone | Apostolo Zeno | spielt in China, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1720 | La verità in cimento | Giovanni Palazzi, Domenico Lalli | spielt im Orient, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1720 | La Candace o siano li veri amici | Francesco Silvani, Domenico Lalli | verloren |
1721 | La Silvia | Bissarri | verloren |
1721 | Filippo, re di Macedonia | Domenico Lalli | nur 3.Akt von Vivaldi |
1723 | Ercole sul Termodonte | Giacomo Francesco Bussani | |
1724 | Il Giustino | Nicolò Beregan, Pietro Pariati | Uraufgeführt in Rom, Partitur aufbewahrt in Turin |
1724 | Il Tigrane | ? | Pasticcio für Rom, aufbewahrt in Turin |
1725 | L’inganno trionfante in amore | Noris, Ruggieri | verloren |
1726 | Farnace | Antonio Maria Lucchini | Neue Fassung 1738/39, erhalten blieben die ersten beiden Akte; aufbewahrt in Turin. |
1726 | La fede tradita e vendicata | Silvani | verloren |
1726 | Gunegunda | Piovene | verloren |
1726 | Dorilla in Tempe | Antonio Maria Lucchini | Pasticcio für Venedig, Fassung 1734 aufbewahrt in Turin. |
1727 | Orlando furioso | Grazio Braccioli | Die Handlung spielt auf der Zauberinsel Alcinas und bezieht ihren Stoff aus dem Sagenkreis um Ritter Roland (Rolandslied, 11. Jh.), der von seiner Geliebten zurückgewiesen wird und daraufhin den Verstand verliert (Der rasende Roland). Der Stoff wurde auf der Basis des Versepos Orlando furioso von Ludovico Ariostos (1516) mehrfach vertont, neben Vivaldi auch von Steffani, Händel, Piccinni und Joseph Haydn. Partitur aufbewahrt in Turin. |
1727 | Ipermestra | Antonio Salvi | verloren |
1727 | Siroe, re di Persia | Pietro Metastasio | verloren |
1728 | Rosilena ed Oronta | Palazzi | verloren |
1729 | L’Atenaide | Apostolo Zeno | Aufbewahrt in Turin. |
1730 | Agrippo | Domenico Lalli | verloren |
1731 | Alvilda, regina de’ Goti | Apostolo Zeno | verloren |
1731 | Il Farnace | ? | Uraufgeführt in Pavia, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1732 | La fida ninfa | Scipione Maffei | Uraufgeführt in Verona, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1732 | Semiramide | Antonio Silvani | verloren |
1733 | Motezuma | Girolamo Alvise Giusti | Der zweite Akt liegt vollständig vor, die beiden anderen Akte sind nur teilweise überliefert. Aufbewahrt in Berlin. |
1734 | L'Olimpiade | Pietro Metastasio | Die Handlung spielt in Olympia am Tag der Spiele. Von 22 Arien übernahm Vivaldi acht aus anderen Werken. Partitur aufbewahrt in Turin. |
1735 | L’Adelaide | Antonio Salvi | verloren |
1735 | Aristide | Carlo Goldoni | verloren |
1735 | Griselda | Apostolo Zeno, Carlo Goldoni | Partitur aufbewahrt in Turin. |
1735 | Tamerlano | Agostino Piovene | |
1735 | Bajazet | Piovane | Pasticcio für Venedig. Partitur aufbewahrt in Turin. |
1736 | Ginevra, principessa di Scozia | Salvi | verloren |
1737 | Il Catone in Utica | Pietro Metastasio | Uraufgeführt in Verona, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1738 | L’oracolo in Messina | Apostolo Zeno | verloren |
1738 | Rosmira fedele | Stampiglia | Pasticcio für Venedig, Partitur aufbewahrt in Turin. |
1738 | Armida al campo d’Egitto | Giovanni Palazzi | 2. Akt verloren, Rest aufbewahrt in Turin. |
1739 | Feraspe | Silvani? | verloren |