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Der Fänger im Roggen

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Der Fänger im Roggen (1951) (Originaltitel „The Catcher in the Rye“) ist ein 1951 erschienener, weltweit erfolgreicher Roman des US-amerikanischen Schriftstellers Jerome D. Salinger (* 1919).

Inhalt

Für den 16-jährigen Holden Caulfield, der schon an drei anderen Schulen gescheitert ist, sind eine Woche vor Weihnachten 1949 auch am Internat Pencey Prep in Agerstown, Pennsylvania, die Tage gezählt. Trotz eindringlicher Ermahnungen ist er in vier von fünf Fächern nicht auf die erforderlichen Leistungen gekommen. Auch jetzt, kurz vor Weihnachten, macht er einen schlimmen Fehler: Als Kapitän des Fechtteams lässt er vor dem Kampf in New York die gesamte Ausrüstung in der U-Bahn liegen. So beobachtet er das Footballspiel gegen den Erzrivalen Saxon Hall nur aus der Ferne und begibt sich zu einem Abschiedsbesuch bei seinem ältlichen, grippekranken Geschichtslehrer Spencer, von dem er sich großväterliche Ermahnungen anhören muss, bis es ihm zu viel wird.

Auf der Stube wird Holden vom nervtötenden Zimmernachbarn Robert Ackley beim Lesen gestört, bevor sein eitler Zimmergenosse Stradlater eintrifft. Der leiht sich Holdens beste Jacke, weil er ein Rendezvous mit dessen Jugendschwarm Jane Gallagher hat, was Holden in höchste Aufregung versetzt. Holden begibt sich nach dem Abendessen kurz mit Ackley zum Flippern ins verschneite Agerstown, bevor er gegen 21 Uhr für Stradlater die Englischhausaufgabe erledigt, die Beschreibung eines Hauses oder Raumes. Da Holden ncihts zu diesme Thema einfällt schreibt über den Baseballhandschuh seines kleinen Bruders Allie, der am 18. Juli 1946 an Leukämie verstorben ist.

Nachdem Stradlater gegen 22:30 Uhr von seinem Rendezvous zurückgekehrt ist, regt er sich über das unbrauchbare Thema des Aufsatzes auf, den Holden daraufhin zerreißt. Als Stradlater durchblicken lässt, es mit Jane im Auto getrieben zu haben, wird Holden dermaßen von Eifersucht gepackt, dass sich eine Schlägerei entspinnt, bei der er sich eine blutige Nase zuzieht.

Zunächst möchte er die Nacht im Bett von Ackleys Zimmergenosse verbringen, doch dann fällt er die Entscheidung, Pencey auf der Stelle zu verlassen. Anstatt seine Eltern in der New Yorker 71. Straße aufzusuchen, will er lieber die Zeit bis Mittwoch abwarten, bis die Nachricht seiner Entlassung dort eingetroffen ist und sich gesetzt hat, und solange in einem billigen Hotel in einem anderen Stadtteil wohnen. In diesem Sinne macht Holden seine Schreibmaschine zu Geld und fährt noch am Samstagabend los.

Im Zug trifft er auf die Mutter von Ernest Morrow, wobei er sich unter falschem Namen einen Spaß daraus macht, den verhassten Mitschüler als beliebt und bewundert zu schildern. In New York eingetroffen, ist Holden unschlüssig, wen er gegen Mitternacht noch anrufen kann; die geliebte 10-jährige Schwester Phoebe dürfte schon längst schlafen. So checkt er im Edmont Hotel ein, einer Absteige für Sonderlinge, und probiert es bei dem Callgirl Faith, das sich aber so spät nicht mehr zu einem Cocktail überreden lässt. Stattdessen gesellt er sich im hoteleigenen Lavender Room zu drei mäßig attraktiven Versicherungsangestellten aus Seattle, mit denen er tanzt. Die Touristinnen stören sich aber an seiner schmutzigen Sprache und interessieren sich ohnehin eher für Filmstars.

Noch immer in Gedanken an Jane Gallagher, mit der er einst Golf oder Dame gespielt hat und ins Kino gegangen ist, fährt Holden nach Greenwich. Unterwegs bringt er - wie schon auf dem Weg zum Hotel - den Taxifahrer unbeabsichtigt in Rage, nur weil er seine Lieblingsfrage stellt, wo wohl die Enten aus dem Central Park im Winter bleiben. Im vollbesetzten Nachtclub des Pianisten Ernie begegnet er einer Ex-Freundin seines älteren Bruders D. B., der nach dem Militärdienst im Weltkrieg als Drehbuchautor in Hollywood gelandet ist. Um ihren Fängen zu entgehen, verlässt Holden den Club überstürzt und geht durch die Nacht zum Hotel zurück.

Dort lässt er sich vom Angebot des Liftboys Maurice überrumpeln und bekommt die Prostituierte Sunny aufs Zimmer geschickt. Ihr Anblick deprimiert ihn zu sehr, als dass er mit ihr Sex haben wollte. Stattdessen versucht er, sie unter Verweis auf eine angebliche Operation als Gesprächspartnerin zu gewinnen. Da Sunny davon nichts wissen will, zahlt er ihr die vereinbarten fünf Dollar aus, doch verlangt sie auf einmal das Doppelte. Holden lehnt ab und geht im Morgengrauen endlich zu Bett, als sich Maurice unsanft Zugang zu seinem Zimmer verschafft, während sich Sunny den Restbetrag aus dem Portemonnaie holt. Holden kann sich eine Schimpfkanonade nicht verkneifen, für die er sich von Maurice einen Boxhieb einfängt.

Nach einem Bad legt er sich bis 10 Uhr kurz schlafen, verstaut seinen Koffer in einem Bahnhofsschließfach und kommt beim Frühstück mit zwei Nonnen ins Gespräch, denen er trotz knapper Kasse eine Spende von zehn Dollar aufnötigt. Beim Spaziergang über den übervölkerten Broadway begegnet er einem kleinen Jungen, der ein Lied If a body catch a body coming through the rye singt. In einem Plattenladen kauft er für seine Schwester die Platte Little Shirley Beans, doch sucht er an jener Stelle im Central Park, an der Phoebe sonst sonntags Rollschuh läuft, vergeblich nach ihr.

Nach einem Abstecher zum Museum of Natural History trifft er sich dann um 14 Uhr mit seiner Mitschülerin Sally Hayes zum Theaterbesuch. Eigentlich hält er nicht viel von ihr, doch sieht sie heute so blendend aus, dass er sich in sie verliebt. Seine Zuneigung schwindet bald, weil sie sich in den Theaterpausen mit einem Wichtigtuer unterhält und Holden das Gespräch kaum ertragen kann. Trotzdem geht er mit Sally noch zum Schlittschuhlaufen in die Radio City Music Hall, wo er ihr seinen Weltschmerz klagt. Er entwickelt nun die Idee, mit ihr im Auto nach Vermont durchzubrennen, das Geld zu verprassen und nach einem Job zu suchen. Sally findet die Idee nur verrückt und wird sauer. Da Holden ihr noch einen Vorwurf macht, reagiert sie vollends beleidigt, sodass sie sich in Unfrieden trennen.

Vergeblich versucht er, Jane ans Telefon zu bekommen. Stattdessen trifft er sich nach einem Kinobesuch um 22 Uhr mit Ex-Mitschüler Carl Luce in der Wicker Bar. Mit seinen indiskreten Fragen nach dessen Sexualleben sorgt Holden von vornherein für eine angespannte Gesprächsatmosphäre, so dass Carl schon bald wieder geht. Holden betrinkt sich bis 1 Uhr alleine, bis er den Mut aufbringt, bei Sally anzurufen. Sie bemerkt, dass er betrunken ist, und beendet das Gespräch. Ratlos, wo er die Nacht verbringen soll, steuert er den Parkteich an, um hinter das Geheimnis der Enten zu kommen. Auf einer Bank sitzend, malt er sich in seiner Depression seine eigene Beerdigung aus.

Schließlich steuert er das Apartment seiner Eltern an, schleicht sich in die Wohnung und weckt Phoebe auf, von der er erfährt, dass Vater und Mutter noch nicht von ihrer Party zurückgekehrt sind. Da Holden sich erst für Mittwoch angesagt hat, durchschaut die Kleine bald, dass ihr Bruder schon wieder von der Schule geflogen ist. Beleidigt macht sie ihm Vorwürfe, wobei sie auch deutlich fragt, ob es eigentlich irgendetwas gäbe, was er wirklich möge. Nach einigem Denken fällt ihm nur das ein: Er stellt sich vor, dass Kinder in einem Roggenfeld, das auf einer Klippe liegt, Fangen spielen. Diese Kinder möchte er davor bewahren, in den Abgrund am Ende des Feldes zu stürzen. Holden und Phoebe tanzen und unterhalten sich noch, bis Holden sich vor den heimkehrenden Eltern im Kleiderschrank verstecken muss. Er leiht sich von seiner Schwester Geld und verschwindet dann von seinen Eltern unbemerkt aus der Wohnung.

Bei seinem ehemaligen Englischlehrer Antolini, der gerade seine letzten Partygäste verabschiedet hat, findet er noch zu vorgerückter Stunde freundliche Aufnahme. Antolini erkundigt sich sofort nach den Gründen für den abermaligen Schulverweis. Er warnt Holden. Der solle aufpassen, damit er nicht immer weiter auf die schiefe Bahn gerate. Zugleich preist Antolini die Vorzüge einer akademischen Ausbildung, zu der es, wie er meint, keine Alternative gibt. Geplagt durch Kopfschmerzen und zunehmende Müdigkeit fühlt sich Holden von dem Gespräch überfordert. Er darf auf der Gästecouch schlafen. Nach einer gewissen Zeit wacht er plötzlich auf, weil Antolini ihm über den Kopf streichelt. Das versetzt Holden in so große Panik, dass er die Wohnung am Sutton Place unter einem Vorwand fluchtartig verlässt.

Den Rest der Nacht verbringt er im Wartesaal der Grand Central Station, bis er gegen 9 Uhr auf der vorweihnachtlichen Fifth Avenue ein Café zum Frühstück ansteuert – deprimiert, übermüdet und kopfschmerzgeplagt. Beim Überqueren der Straßen bekommt er sogar Panikattacken. In dieser Situation fällt er die Entscheidung, nie mehr nach Hause oder auf eine Schule zu gehen. Lieber wolle er in Richtung Westen trampen, um sich dort als Tankwart durchzuschlagen – vorgeblich taubstumm, damit er keine dummen Gespräche mehr führen müsse.

Um sich von Phoebe zu verabschieden, lässt er ihr über das Schulsekretariat eine Nachricht zukommen, mit der er sie für 12:15 Uhr zum Treffpunkt am Museum zitiert. Zu Holdens Entsetzen kreuzt sie mit einem gepackten Koffer auf, weil sie unbedingt mitkommen will. Da er das unnachgiebig ablehnt, fängt sie an zu weinen und straft ihn mit Schweigen, auch wenn sie ihm auf seinem Weg durch den Zoo folgt. An ihrem Lieblingskarussell beruhigt sich Phoebe dann endlich, zumal Holden seine Auswanderungspläne widerruft und nun doch noch am Montag nach Hause zurückkehrt. Er wird sogar ab September einen neuen Anlauf an einer neuen Schule wagen.

Stil und Editionsgeschichte

Holden erzählt seine Erlebnisse selbst; Salinger benutzt konsequent eine mit Slang durchsetzte Jugendsprache. Das Buch wurde in einigen angelsächsischen Ländern zunächst verboten, es enthielt in der Originalausgabe 255 mal den Begriff „goddam“ und 44 „fuck“s.

Der Titel des Buches bezieht sich auf eine (allerdings falsch zitierte) Zeile aus Robert Burns' Gedicht „Comin' Thro' the Rye“: „When/If a body meet a body coming through the rye“ („Wenn ein Körper einen andern trifft, der durch den Roggen gelaufen kommt“). Im Buch wird das „meet“ (treffen) zu „catch“ (fangen). Das Liebesgedicht, das eher frivolen Charakter besitzt, wird von Holden falsch interpretiert. Er leitet daraus die Vorstellung von spielenden Kindern in einem Roggenfeld ab, die er vor dem Absturz an einer Klippe bewahren muss, wobei der Absturz das Erwachsenwerden symbolisiert. Als zentrales Motiv des Buches wird hier die Rettung der Kinder vor dem Verlust der Unschuld dargestellt.

Die Figur Holden Caulfield repräsentiert die inneren Kämpfe von Heranwachsenden und ihre Konflikte mit der Welt der Erwachsenen.

Die ursprüngliche erste deutsche Übersetzung wird häufig Heinrich Böll zugeschrieben. Dies ist jedoch nur zum Teil korrekt, da bald nach Erscheinen des Buches in den USA (1951) das Buch von der Schweizerin Irene Muehlon übersetzt wurde und unter dem Titel Der Mann im Roggen erschien. Allerdings wurde dies nicht auf Basis der amerikanischen Originalversion durchgeführt, sondern auf einer bereits überarbeiteten englischen Variante. Zudem wurde die jugendliche Sprache nicht in der Form übernommen und ganze Textpassagen vollständig gestrichen. Erst 1962 wurde diese deutsche Übersetzung von Heinrich Böll „durchgesehen“, nachdem die Rechte von einem deutschen Verlag gekauft wurden. Dieser nutzte als Vorlage seiner Arbeit die Penguin-Ausgabe. In dieser hatten die Lektoren des britischen Verlages bereits mehr als 800 Schnitte am Text vorgenommen. Im Jahre 2003 wurde das Buch von Eike Schönfeld neu übersetzt, um eine etwas zeitgemäßere Version des Klassikers auf den Markt zu bringen.

Erfolgsgeschichte

"The Catcher in the Rye" erschien erstmals am 16. Juli 1951, 1953 kam die Taschenbuchausgabe bei "Signet" heraus und verkaufte sich innerhalb von 10 Jahren dreieinhalb Millionen mal. Die Weltauflage betrug zur gleichen Zeit mehr als 10 Millionen. Heute hat sich der "Fänger" als Long-Seller mit jährlich einer Viertelmillion Exemplaren etabliert.

Rezeption

Mark David Chapman, der Mörder John Lennons, trug das Buch am Tag der Tat bei sich und gab an, sich mit Holden Caulfield zu identifizieren. Dies wurde auch im Film Fletchers Visionen aufgegriffen. Auch der berüchtigte Gewaltverbrecher Charles Manson erwähnte einmal, sich als der „Fänger im Roggen“ zu sehen. Ebenso befand sich das Buch im Besitz von John Hinckley, Jr., der das Attentat auf Ronald Reagan im Jahr 1981 verübte. Auch Theodore Kaczynski, bekannt als Una-Bomber, hatte in seiner Hütte ein Exemplar.

Siegfried Lenz nahm in seinem Roman Die Klangprobe mehrere Motive aus dem Fänger im Roggen auf. In dem Lied We Didn’t Start the Fire von Billy Joel erfährt das Buch eine zeitgeschichtliche Erwähnung innerhalb einer epochalen Aufzählung. In Ulrich Plenzdorfs Roman Die neuen Leiden des jungen W. wird das Buch (zusammen mit Robinson Crusoe von Daniel Defoe) vom Protagonisten Edgar Wibeau als einziges lesenswertes Buch bezeichnet. In mehreren Episoden der Anime-Serie Ghost in the Shell: Stand Alone Complex erfährt der Zuschauer, dass der Cyber-Terrorist und Hacker „Der Lachende Mann“ mehrmals Salinger-Parallelen verwendet. In seinem Logo etwa findet sich ein Zitat aus Der Fänger im Roggen, und es wird erwähnt, dass „Der Lachende Mann“ eine Kurzgeschichte von Salinger sei.

Buchausgaben

Deutsche Erstausgabe:

  • Der Mann im Roggen. Roman. Deutsch von Irene Muehlon, Diana Verlag, Zürich 1954

Neubearbeitung von Heinrich Böll:

  • Der Fänger im Roggen, Kiepenheuer & Witsch, Köln 1962
    • als Taschenbuch: Rowohlt (rororo 851), Reinbek 1966

Aktuell erhältliche, neu übersetzte Ausgabe:

Literatur

  • Matthias Bode: Erläuterungen zu Jerome David Salinger, Der Fänger im Roggen (The catcher in the rye). (2. Auflage.) Königs Erläuterungen und Materialien, Band 328. Bange, Hollfeld 2005, 88 S., ISBN 3-8044-1743-4