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Darrieus-Rotor

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Darrieus-Rotor

Der Darrieus-Rotor ist eine Windenergieanlagenbauart mit vertikaler Rotationsachse.

Geschichte

  • Der Darrieus-Rotor wurde von dem Franzosen Georges Darrieus erfunden und 1931 in den USA patentiert. Wegen seines Aussehens wird der Rotor scherzhaft auch egg-beater, zu deutsch Schneebesen, genannt. Die Rotorblätter sind am oberen und unteren Ende der Achse befestigt und ragen bogenförmig nach außen. Die Bogenform der Rotorblätter folgt einer Tropikinie, einer der Kettenlinie verwandten Kurve, damit sie unter der Zentrifugalkraft im Betrieb keinem oder wenig Biegemoment ausgesetzt sind.
  • In Kanada wurden in den 1980er Jahren mehrere Darrieus-Wind-Diesel-Inselsysteme im Leistungsbereich von etwa 250 kW erprobt.
  • In Cap-Chat, auch in Kanada, wurde ein mehr als 100 Meter hoher Darrieusrotor mit 4 Megawatt Nennleistung namens Éole aufgestellt.
  • In den Tehachapi-Bergen wurde ein Darrieus-Windpark mit Anlagen des Herstellers Flowman (USA) installiert (Bild in der Literatur von 1986).
  • Im Windpark Heroldstatt wurde eine Anlage von Flender/DORNIER errichtet. Sie hat einen Durchmesser von 15 m, eine Masthöhe von 25 m und eine Leistung von etwa 55 kW bei 11,5 m/s Windgeschwindigkeit. Die mittlere Windgeschwindigkeit des Standortes auf Höhe der Rotormitte liegt bei nur 4,1 m/s. Daher liegt der Jahresertrag nur bei etwa 24.500 kWh.
  • Speziell in England, den USA und Deutschland wurde versucht, den H-Anlagentyp (s.u.) kommerziell verwendbar zu entwickeln. So wurden beispielsweise bis Anfang der 1990er Jahre von dem deutschen Hersteller Heidelberg-Motors Anlagen mit direkt in die Rotorstruktur integriertem getriebelosem Generator wie bei Enercon entwickelt. Von diesem Typ standen vier 1 Megawatt-Anlagen am Kaiser-Wilhelm Koog. Da der Generator ähnlich wie bei der 750 kW Lagerwey-Maschine sehr laut war, mussten diese Rotoren nachts abgeschaltet werden. Dadurch war die Energieausbeute halbiert, weshalb die Anlagen zurückgebaut werden mussten. In so reduziertem Betrieb konnten sie wirtschaftlich nicht mit modernen dreiblättrigen Anlagen mit horizontaler Rotordrehachse konkurrieren. Als es dann gelang, die Generatoren im Betrieb geräuschloser zu entwickeln, hatten bereits Horizontalachsenanlagen den Platz am Kaiser-Wilhelm-Koog übernommen.
  • In der Antarktis versorgt ein H-Darrieus die deutsche Neumayer-Station seit 1991 mit umweltfreundlichem Windstrom und spart somit Dieselkraftstoff und schädliche Emissionen. In der Antarktis sind Stürme mit Windgeschwindigkeiten von über 250 km/h keine Seltenheit.

Wirtschaftlichkeit

Im Vergleich mit Windkraftanlagen mit horizontal liegener Rotationsachse hat der Darrieus-Rotor einen niedrigeren Wirkungsgrad. Das liegt daran, dass seine Flügel auf ihrer Kreisbahn um die Rotationsachse auf einem Teil ihres Umlaufes vom Wind nicht optimal angeströmt werden. Bei idealen Windverhältnissen haben immer die Anlagentypen mit horizontaler Rotationsachse und vertikaler Drehkreisebene ihrer Flügel die größere Energieausbeute. Dieser Aspekt der Wirtschaftlichkeit von Darrieus-Anlagen erscheint in einem anderen Licht, wenn man davon ausgeht, dass 80% der möglichen Standorte mit ausreichend Wind wegen der dort gleichzeitig auftretenden Turbulenzen für horizontalaxiale Rotortypen wegen deren Abhängigkeit von relativ stabiler Anströmung unwirtschaftlich sind. Das trifft in besonderem Maß auch auf die Installation von Anlagen in Bodennähe zu, weil erst in größerer Höhe ungestörte relativ turbulenzfreie Windverhältnisse anzutreffen sind. Allgemein bei turbulenten Windverhältnissen sind alle Rotoren mit vertikaler Drehachse, auch, was den Wirkungsgrad betrifft, meist im Vorteil. Das gilt für alle Turbinen mit vertikaler Rotationsachse, z.B. auch für den Savonius-Rotor insbesondere jedoch für den Darrieusrotor mit seinen unter diesen Typen besten Leistungsbeiwerten.

Wirkungsweise

Das Drehmoment entsteht durch aerodynamischen Auftrieb. Die Blätter haben ein symmetrisches Profil. Die Profilsehne liegt in der Umlaufbahn und die nicht nachführbaren starr angeordneten Blätter haben relativ dazu den Anstellwinkel null. In den Drehkreissektoren, in welchen die Blätter während ihrer Umlaufbahn einen deutlich größeren Anstellwinkel als null - in diesem Fall jedoch zur Strömung ausgerichtet und nicht auf die Umlaufbahn bezogen - einnehmen, entsteht Auftrieb, der dann in Rotationskraft umgewandelt wird. Dessen Vektor weist eine Komponente in Drehrichtung auf, die größer als der Widerstand ist. In den Sektoren, in denen Wind und entsprechende Teilabschnitte der Umlaufbahn ungefähr parallel liegen, entsteht kein Auftrieb, sondern je nach Blattprofil in unterschiedlicher Weise Vortrieb bzw. Widerstand auf der zur Strömung gegenläufigen Seite. Der durch die jeweilige Position der einzelnen Blätter im Umlaufkreis bestimmte Anstellwinkel zur Strömung bestimmt hierbei den variablen Wirkungsgrad derselben im zeitlichen Ablauf der Rotation. Die Blätter werden im Umlauf entsprechend ihrer jeweiligen Position im Drehkreis unterschiedlich starken Belastungen ausgesetzt,was in der Konstruktionsauslegung berücksichtigt werden muss. Im Rotorumkreis von 270º ist die Strömungsenergie dynamisch nutzbar.

Bei Rotorstillstand entsteht bei Anwendung klassischer Blattprofile kein nennenswertes Drehmoment. Daher können Darrieus-Rotoren nur mit durchströmten Profilen selbstständig anlaufen.

Ein- und zweiblättrige Rotoren erreichen während des Umlaufs je nach Auslegung des Blattprofils eine oder zwei Stellungen, an denen das Drehmoment geringfügig gegen die Drehrichtung wirkt. Der Rotor braucht genügend Drehimpuls, um diese Bereiche zu überwinden und läuft deshalb mit klassischen Flügeln besonders schlecht an. Erst der dreiblättrige Rotor weist immer ein positives Drehmoment auf.

H-Darrieus-Rotor

Eine Bauform des Darrieus-Rotors ist der H-Darrieus-Rotor, der ihm im aerodynamischen Prinzip gleicht, aber gerade anstatt bogenförmige Blätter hat. Es wurden auch Anlagen dieses Typs mit verstellbaren Flächen zur Leistungsregelung erprobt, aber die verstellbaren Flächen bewirken kaum Wirkungsgradzuwachs da sie so ausgestellt vom Fahrtwind stärker abgebremst werden als das zusätzlich dabei in wenigen Teilbereichen gewonnene höhere Drehmoment an Mehrleistung einfahren kann. Die aerodynamischen Flächen beim H-Darrieus müssen stabiler sein als bei gebogener Ausführung, damit sie sich nicht durch die Fliehkraft verbiegen. Vorteile des Darrieus-Konverters als Vertikalachsenturbine sind, dass er nicht in die Windrichtung gedreht werden muss und dass der Generator am Boden untergebracht werden kann. Als Rotorblätter können bei nicht allzu großen Anlagen Strangpressprofile verwendet werden, die sich als endlos bzw. als Meterware fertigen lassen.


Weiterentwicklung

  • Als eine Weiterentwicklung des Darrieusrotors durch Andre Gerard Schelleken, Serge Gilbert, Karl Keding und Carl-Magnus R. von Canstein gilt eine Anlage in Galdar, Las Palmas, Gran Canaria, die als Prototyp mit 2,40 m Rotordurchmesser als Einflügler mit entsprechendem Kontergewicht selbst mit zugeschaltetem kurzgeschlossenem Permanentmagnet-Ringgenerator, welcher dann relativ stark abbremst, schon bei 3 m/s frei ohne Anfahrhilfe anläuft. Dies wird durch ein neuartiges Blattprofil bewerkstelligt, welches nicht nur umströmt wird, sondern auch durchströmt ist. Bei dieser Neuentwicklung ist also das Drehmoment auch bei Rotorstillstand selbst mit nur einem Flügel für einen freien Anlauf stark genug. Auch der Wirkungsgrad ist höher als mit klassischen Blattprofilen. Dieses Profil ist wie das klassische Profil symmetrisch und die Profilsehne liegt identisch auf der Kreislinie der Umlaufbahn. Da es aber offen ist und in einfachster Weise aus einem halbrund gewölbten Vorflügel besteht, mit dahinter einmündendem schmalem laminar gestaltetem Blatt, hat es in größeren Anstellwinkelbereichen zur Strömung Vortrieb und Auftrieb gleichermaßen. Für die Vermeidung von Flügelrandverlusten sowohl als auch für die konstruktive Verbindung der Blatt - Teile untereinander werden Spanten eingesetzt. Das Bauprinzip ist lizenzfrei verfügbar, das Patent DP 41 20 908 wurde zum beliebigen Gebrauch öffentlich freigestellt.
  • Ein Versuch im Jahr 1996 in Agaete, Las Palmas zeigte, dass der Darrieus-Rotor prinzipiell auch auf einer dem äußeren Drehkreis entsprechenden - oder wahlweise auch von diesem mit größerem oder kleineren Diameter abweichender - Kreisbahn gelagert werden kann. Obwohl dieses Experiment mit nur zwei von den voranstehend als durchströmt beschriebenen Flügeln bestückt war, die auf Rädern am Boden ohne zentrale Drehachse liefen, kam eine gleichmäßige Rotation mit freiem Anlauf unter Lastabgabe bei etwa 4 m/s. Windgeschwindigkeit zustande. Ein bei diesem Modell direkt an die Laufräder gekoppelter Dynamo erreichte durch die relativ hohe Drehzahl der Laufräder auf der Kreisbahnlagerung seine Nennleistung bereits bei dieser Windgeschwindigkeit von 4 m/s Versuche mit größeren Rotordiametern als 1,5 m wurden nicht gemacht. Patente zur Kreisbahnlagerung von Windenergieanlagen wurden schon 1912 und später in den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts auf dem Kaiserlichen Patentamt und dem Reichspatentamt in Berlin angemeldet. Theoretisch ist durch eine Kreisbahnlagerung der Bau von kilometergroßen Kreisbahnen möglich, auf denen die Flügel auf Rädern gelagert am Boden rollend den Betrieb einer Giga - Anlage ermöglichen können. Die gleiche Möglichkeit gilt auch für andere Rotortypen mit vertikaler Drehachse, z.B. für einen Rotor mit Segeln, idealerweise Lugger, Lateiner oder Djunkensegel wegen derer Eigenschaft sich ohne komplizierte Regelung von selbst in die günstigste Position zum Wind zu drehen. Ein sehr altes Beispiel hierfür ist die, wie man annimmt, seit 3000 Jahren bis in die Neuzeit zum Wasserschöpfen auf den Reisfeldern benutzte chinesische Windmühle. [1]

Quellhinweis

Siehe auch

HorizontalwindmühleSavonius-RotorWKA

Literatur

  • Erich Hau: Windkraftanlagen. 3. Auflage. Springer-Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-540-42827-5
  • Ion Paraschivoiu: Wind Turbine Design with Emphasis on Darrieus Concept, Polytechnic International Press, Montreal, Kanada, 2002, ISBN 2-553-00931-3
  • Robert Gasch (Hrsg.): Windkraftanlagen (nur bis zur dritten Auflage), Teubner-Verlag, Stuttgart 1996, ISBN 3-519-26334-3