St. Nicolai (Mölln)

Die St.-Nicolai-Kirche in Mölln ist das bedeutendste Bauwerk und Wahrzeichen der Stadt.
Architektur
Die hoch über der mittelalterlichen Stadt auf dem Eichberg liegende, dem Heiligen Nikolaus von Myra geweihte Kirche ist der Backsteinromanik zuzurechnen und wird auf den Anfang des 13. Jahrhunderts datiert, da einerseits der Ort Mölln nach dem Verzeichnis des Ratzeburger Domkapitels noch um 1194 zum Kirchspiel Breitenfelde gehörte, aber andererseits bereits im Ratzeburger Zehntregister von 1230 selbst als Ort mit einer Kirche erwähnt ist.
Die Kirche wurde als spätromanische dreischiffige Pfeilerbasilika erbaut. Vorbild für diesen Kirchenbau dürfte die Basilika Altenkrempe gewesen sein. Der Chorraum war vermutlich um 1217 fertig war, als der Bischof von Ratzeburg hier eine erste Synode abhielt.
In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts erhielt die Kirche bedeutende Umbauten: 1470/71 wurde das Südschiff gotisch erweitert, 1497 östlich an dieses die heutige Taufkapelle und die ursprünglich doppelstöckige Sakristei angebaut. An der Nordseite des Kirchenschiffes wurde eine dem Heiligen Jobst geweihte Kapelle angebaut. 1896 wurde die Kirche grundlegend saniert. Dabei wurden die Jobstkapelle und das Obergeschoss der Sakristei abgerissen, teils wegen Baufälligkeit, teils um den basilikalen Gesamteindruck wiederherzustellen. Das Südschiff erhielt eine neue Bedachung mit drei abgewalmten Satteldächern, und die Ausmalung im Inneren wurde teils rstauriert, teils neu im Stil der Neugotik ausgeführt. Die meisten neugotischen Malereien wurden 1959 wieder entfernt.
Der Turm, der in seiner heutigen Form auf das 1391 zurückgeht, mehrfach renoviert und wegen des instabilen Untergrundes mit einem Stützpfeiler versehen wurde, wird von einem Dachreiter aus barocker Zeit bekrönt.
Ausstattung
Das älteste Stück der reichen Ausstattung ist ein Bruchstück aus gotländischem Kalkstein vom Anfang des 13. Jahrhunderts. Die Reliefs zeigen unter anderem den Traum der Heiligen Drei Könige; der Stein wird unterschiedlich als Fuß eines Taufsteins oder Teil einer Piscina gedeutet.
Die lange Zeit der Lübecker Pfandherrschaft begünstigte den Einfluss dortiger Werkstätten. Das Triumphkreuz wird der Werkstatt des Bernt Notke zugeschrieben und ist aus dem Jahr 1501. Wenig jünger (1506) ist der Hängeleuchter im Südschiff mit einer Darstellung der Verkündigung. Die Bronzetaufe aus dem Jahr 1509 ist eine Lübecker Arbeit von Peter Wulf. Sie zeigt neben dem Möllner das Lübecker Wappen als Zeichen der lübschen Oberhoheit. Die engelartigen Tragefiguren mit Salbgefässen in den Händen sind eng verwandt mit denen der Taufe im Lübecker Dom. Zur Ausstattung der Taufkapelle gehören ein zeitgenössischer Holzdeckel und ein Bronzegitter.
Der Hochaltar (1739) und die Kanzel (1742) sind Arbeiten des Barock und stammen vermutlich aus der Lübecker Werkstatt des Hieronymus Hassenberg. Beim Hochaltar wurde der ursprünglich zentrale Kruzifix im späten 19. Jahrhundert durch eine gemalte Kreuzigungsdarstellung (heute auf der Rückwand angebracht) und 1959 durch eine Darstellung der Rückkehr des Verlorenen Sohns (ursprünglich ein Epitaph) ersetzt. Der Torso des Altarkruzifixes hängt heute in der Sakristei, ebenso ein spätgotisches Kruzifix.
Der mächtige bronzene siebenarmige Leuchter von 1436 stammt vermutlich aus dem in der Reformation untergegangenen Birgittenkloster Marienwohlde. Nach einer Inschrift auf dem Fuß wurde er 1669 durch das Amt der Stecknitzfahrer renoviert.
Im 19. Jahrhundert wurde eine Anzahl Apostelfiguren aus einem gotischen Flügelaltar, vermutlich dem ehemaligen Hochaltar, verkauft. Über die Sammlung des Kunstgewerbemuseums in Berlin kamen die Möllner Apostel als Leihgabe in das St.-Annen-Museum in Lübeck. In Mölln sind Abgüsse in der Sakristei zu sehen. Lediglich die Figur des Apostel Jakobus des Älteren blieb in St. Nicolai zurück.
Die Kirche verfügt über eine Reihe von Kastengestühlen aus nachreformatorischer Zeit, z. B. den Stecknitzfahrerstuhl von 1576.
Orgel
Seit 1413 ist eine Orgel in der Kirche belegt. Hinter dem spätbarocken Orgelprospekt von 1771 verbergen sich Pfeifen verschiedenster Baumeister. Dazu gehören Jacob Scherer, der die Orgel 1555-1558 um sieben Stimmen erweiterte, und Friedrich Stellwagen, der 1639/42 ein neues Brustwerk sowie ein drittes Manual einbaute. Die Orgel ist heute sanierungsbedürftig, eine Restaurierung wird angestrebt.
Ein herausragender Organist und Kantor der Nicolaikirche war der Komponist Johann Christoph Schmügel (1766-98).
Kirchenbibliothek
Zur Ausstattung der Kirche gehörte eine Kirchenbibliothek mit heute noch 28 Inkunabeln und wertvollen Drucken der Reformationszeit, insgesamt siebzig Bände. Die Bibliothek war bis 1896 auf dem Obergeschoss der Sakristei aufgestellt und wird seit 2005 vom Möllner Stadtarchiv verwahrt.
Grabplatten

In der Kirche sowie außen finden sich etliche Grabplatten, unter anderem für eine Linie der Reichsgrafen von Rantzau.
Die häufig als Grabstein bezeichnete Platte aus Gotländer Kalkstein mit dem Abbild Till Eulenspiegels an der Westseite des Turms nahe dem Eingang ist jedoch keine Grabplatte für den angeblich 1350 in Mölln an den Folgen der Pest gestorbenen Narren, sondern eine Erinnerungsplatte, die zwischen 1530 und 1550 entstanden sein dürfte.
Möllner Notkonfirmation
Ein in der jüngeren Kirchengeschichte denkwürdiges Beispiel für Zivilcourage ist die Möllner Notkonfirmation von 1937. Der Bischof der Lübecker Landeskirche Erwin Balzer hatte mehreren Lübecker Pastoren der Bekennenden Kirche im Januar 1937 die weitere Amtsausführung untersagt. Deren Konfirmanden wurden sodann am Sonntag vor Palmarum 1937 in der Notkonfirmation in St. Nicolai in Mölln, also außerhalb des Einflussbereichs der Lübeckischen Landeskirche im Schleswig-Holsteinischen Kreis Herzogtum Lauenburg, konfirmiert. Für die zu diesem Gottesdienst aus Lübeck anreisenden etwa 1000 Personen wurden Sonderzüge der Lübeck-Büchener Eisenbahn eingesetzt.
Literatur
- Klaus May und Christian Lopau: St. Nicolai Mölln. 4., neu bearbeitete Auflage. Regensburg: Schnell und Steiner 2006 (Kunstführer; Nr. 1937) ISBN 978-3-7954-5657-3
- Holger Roggelin und Joachim Stüben: Orate pro patre Seghebando! Zu Herkunft und Bedeutung der Möllner Wiegendrucke. In: Lauenburgische Heimat, Neue Folge, H.144 (September 1996), S.40-59.