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Chemische Bindung

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Chemische Bindung ist die Bezeichnung für den Zusammenhalt der kleinsten Teilchen in chemischen Stoffen.

Die kleinsten Teilchen können Atome, Anionen, Kationen oder Moleküle sein.

Durch Lösen und Knüpfen von chemischen Bindungen in einer chemischen Reaktion entstehen Stoffe mit neuen Eigenschaften.

Übersicht

Starke Bindungen

Die Stoffe zeichnen sich durch hohe Bindungs- oder Gitterenergien aus. Dadurch ergeben sich hohe Festpunkt- und Kochpunkte.

Bindungsart Bindungspartner
Atombindung (Synonyme sind Kovalente Bindung, Elektronenpaarbindung) Nichtmetalle (in Komplexen auch Ionen)
Ionenbindung Nichtmetalle und Metalle
Metallbindung Metalle

Innerhalb des Periodensystems nimmt der Metallcharakter der Atome von links nach rechts ab und von oben nach unten zu. Entsprechend findet man fließende Übergänge zwischen den drei Bindungsarten, an welchen Metalle und Nichtmetalle beteiligt sind.

Beispiele:

Innerhalb der Verbindungen des Chlors mit den Elementen der 3. Periode des Periodensystems nimmt der Ionencharakter der Bindungen immer mehr ab und der kovalente Charakter zu:
Übergänge zwischen Ionen- und Atombindung
Innerhalb der Verbindungen des Natriums mit den Elementen der 3. Periode nimmt der Metallcharakter der Bindungen immer mehr ab und der Ionencharakter immer mehr zu:
Übergänge zwischen Metall- und Atombindung
Innerhalb der Metallgitter oder Moleküle der Elemente der 3. Periode nimmt der Metallcharakter immer mehr ab und der kovalente Charakter zu.
Übergänge zwischen Metall- und Ionenbindung

Schwache Bindungen

Sie bilden sich in der Regel zwischen Molekülen aus und beeinflussen die spezifischen physikalische Eigenschaften wie Koch- und Festpunkt. In Makromolekülen (zum Beispiel Polypeptide) treten sie auch als innermolekulare Bindungen auf. (Bei sehr schwachen Bindungen wird statt des Begriffs Bindung der Begriff Wechselwirkung verwendet.)

Wasserstoffbrückenbindung Moleküle mit N-H, O-H oder Cl-H und Moleküle mit N, O, oder Cl, die jeweils ein nichtbindendes Elektronenpaar aufeisen müssen
Dipol-Ion-Wechselwirkung Ionen und Dipolmoleküle
Dipol-Dipol-Wechselwirkungen Dipolmoleküle
Van-der-Waals-Wechselwirkung Atome oder unpolare Moleküle

Oktettregel und “Wertigkeit” der Elemente

Walter Kossel (1915) und Gilbert Newton Lewis (1916) entwickelten die Oktettregel zur Erklärung der Zahlenverhältnisse der Elemente in chemischen Bindungen:

Die Elementatome sind bestrebt, durch chemische Bindung die im Periodensystem nächst gelegene Edelgas-Konfiguration zu erreichen in dem sie die entsprechende Zahl an Elektronen abgeben oder aufnehmen.

Beispiele:

  • Fluor nimmt ein Elektron auf und erhält als F- die Konfiguration des Neons.
  • Kalzium gibt zwei Elektronen ab und erhält damit die Konfiguration des Argons.

Die Bezeichnung Oktett-Regel leitet sich von den acht Valenzelektronen der Edelgase ab.

Diese Regel gilt allerdings nur in der 1. und 2. Periode der Hauptgruppenelemente ohne Einschränkung. Bei den Hauptgruppenelementen der übrigen Perioden können auch andere Konfigurationen erreicht werden. So hat der Schwefel in der Schwefelsäure 12 Elektronen. Die Nebengruppenelemente erreichen zuweilen andere, relativ stabile Konfigurationen.

Erklärungsmodelle

Donor-Akzeptor-Prinzip

Entsprechend der Oktettregel kommt eine chemischen Bindung formal dadurch zustande, dass Nichtmetallatome als Bindungspartner Elektronen aufnehmen und Metalle Elektronen abgeben:

Sie wird zwischen Metall- und Nichtmetallatom dadurch ausgebildet, dass das Metallatom seine Valenzelektronen vollständig an das Nichtmetallatom abgibt. Dadurch entsteht aus dem Metallatom ein Kation und aus dem Nichtmetallatom ein Anion. Auf Grund der elektrostatischen Anziehung zwischen diesen Ionen entsteht ein Ionengitter.

Beispiel: Formale Bindungsbildung von Kalziumchlorid

Metallbindung

Da alle Bindungspartner Metalle sind, geben auch alle Atome Valenzelektronen ab. Die dadurch entstandenen Metallkationen werden durch die jetzt frei beweglichen Elektronen zusammengehalten, es entsteht ein Metallgitter.

Beispiel: Formale Bindungsbildung von Natrium als Metallgitter

Atombindung (Kovalenzbindung)

Da alle Bindungspartner Nichtmetalle sind, nehmen auch alle Atome Valenzelektronen auf. Dadurch entstehen Moleküle oder Atomgitter, die durch bindende Elektronenpaare zusammengehalten werden.

a) Bindende Elektronenpaare aus einsamen Valenzelektronen

Beispiel: formale Bindungsbildung bei Chlorwasserstoff

Ein Nichtmetallatom kann so viele bindende Elektronenpaare ausbilden, wie es einsame Valenzelektronen hat. Dabei sind auch Doppelbindungen und Dreifachbindungen möglich.

Beispiele:

Sauerstoff Kohlenstoffdioxid Stickstoff
Datei:Sauerstoff.jpg
Datei:Stickstoff.jpg
b) Bindende Elektronenpaare aus nichtbindenden Valenzelektronenpaaren

Diese Art der Ausbildung kovalenter Bindungen tritt bei den Wasserstoffbrückenbindungen und bei der koordinativen Bindung in Komplexverbindungen auf.

Beispiele:

Wasserstoffbrückenbindungen im Wasser Bildung der koordinativen Bindung im Ammonium-Kation Bildung der koordinativen Bindung im Diammin-Silber-I-Komplex
Datei:Ammonium.jpg
Datei:AgNH3.jpg

schwache Wechselwirkungen

Bei Dipol-Dipol-, Dipol-Ion- und Van-der-Waals-Wechselwirkungen kann kein vollständiger Elektronenübergang oder Ausbildung von bindenden Elektronenpaaren formuliert werden. Hier findet nur eine Verschiebung von negativer Ladung innerhalb eines Moleküls statt, wodurch elektrische Dipole entstehen, die andere Dipole oder Ionen anziehen können (siehe polare Atombindung).

Beispiele:

  • Dipol-Dipol-Wechselwirkungen zwischen den Molekülen in flüssigem Schwefelwasserstoff;
  • Dipol-Ion-Wechselwirkung beim Lösen von Salzen in Wasser, wobei die Wasser-Dipolmoleküle eine Hydrathülle um die Ionen bilden;
  • Van-der-Waals-Wechselwirkung zwischen unpolaren Oktan-Molekülen.

In Proteinen können alle Arten der schwachen Wechselwirkung sowie Ionen- und Atombindungen auch innerhalb eines einzigen Polypeptid-Moleküls auftreten.

Elektrostatische Anziehung

Alle chemischen Bindungen und Wechselwirkungen lassen sich auf elektrostatische Anziehung zwischen entgegengesetzten Ladungen zurückführen. Übersicht:

Bindungstyp positiv geladen negativ geladen
Ionenbindung Kationen Anionen
Metallbindung Kationen (auch „Atomrümpfe“ genannt) frei bewegliche Elektronen zwischen den Kationen ( auch als „Elektronengas“ bezeichnet)
Atombindung Atomkerne Elektronenhülle
Wasserstoffbrückenbindung durch Bindung an O, N oder F positiv polarisiertes Wasserstoffatom O, N oder F mit mindestens einem nichtbindenden Elektronenpaar
Dipol-Dipol-Wechselwirkung positiv polarisiertes Atom eines Moleküls negativ polarisiertes Atom eines Moleküls
Dipol-Dipol-Wechselwirkung Kation negativ polarisiertes Atom eines Moleküls
Dipol-Ion-Wechselwirkung positiv polarisiertes Atom eines Moleküls Anion
Van-der-Waals-Wechselwirkung positiv polarisiertes Atom eines Moleküls negativ polarisiertes Atom eines Moleküls


Erläuterungen zu der Übersicht:

  • Gitterverbände bilden sich nur im festen Zustand aus. Im flüssigen Zustand bricht das Gitter zusammen, die Teilchen sind leichter gegeneinander verschiebbar, der Bindungscharakter bleibt aber erhalten.
  • Durch die Ionenbindung entsteht ein Ionengitter. Beispiel Kochsalz NaCl mit Natrium-Kationen Na+ und Chlorid-Anionen Cl-.
  • Durch die Metallbindung entsteht ein Metallgitter. Beispiel: Kupfer Cu, Messing (eine Kupfer-Zink-Legierung); Quecksilber ist bei Zimmertemperatur flüssig, leitet aber auch in diesem Zustand den elektrischen Strom.
Die Entstehung der elektrostatischen Anziehung in der Atombindung lässt sich mit Hilfe des Atommodells von Ernest Rutherford veranschaulichen: Bei weit voneinander entfernten Atomen überwiegt die Anziehungskraft zwischen den Kernen und den Elektronenhüllen des jeweils anderen Bindungspartners. In sehr großer Nähe überwiegen die Abstoßungskräfte zwischen den Hüllen und Kernen. Abstoßung und Anziehung sind bei einem bestimmten Abstand der Bindungspartner voneinander im Gleichgewicht. Dieser Abstand ist kleiner als die Summe der Radien der beiden Atome. Das bedeutet, dass sich die Elektronenhüllen gegenseitig teilweise durchdringen müssen. Diese erhöhte negative Ladungsdichte zwischen den beiden Atomkernen zieht diese jeweils an. (Beispiel: der Atomradius des Iodatoms beträgt 2,15 · 10-10 m, der Abstand der Beiden Atom-Mittelpunkte im Jodmolekül I2 beträgt nur 2,66 · 10-10 m.
Jodmolekül, Radien und Abstände maßstabsgetreu
Durch die Atombindung entstehen entweder Moleküle (Beispiel: Kohlenstoffdioxid CO2), Komplexe oder Atomgitter (Beispiel: Siliziumdioxid SiO2)
  • Wasserstoffbrückenbindungen sind in der Regel zwischenmolekulare Bindungen. In Eis liegt unterhalb 0 °C ein Molekülgitter vor, ebenso in Zucker (Saccharose) bei Zimmertemperatur (Kristallzucker).
  • Dipol-Dipol-Wechselwirkungen treten zwischen polaren Molekülen auf, die nicht die Bedingungen für eine Wasserstoffbrückenbindung erfüllen. Beispiel: Ether: H3C-O-CH3
  • Ion-Dipol-Wechselwirkungen treten unter anderem beim Auflösen von Salzen in Wasser auf. Dabei umgeben die Wasserdipole die Ionen als Hydrathülle und verhindern dadurch, dass sich Kationen und Anionen wieder zu einem Gitterverband zusammenfügen.
  • Van-der-Waals-Wechselwirkung entsteht zwischen unpolaren Molekülen, die sich bei Annäherung gegenseitig polarisieren, es entstehen induzierte Dipole (im Gegensatz zu den permanenten Dipol-Molekülen wie Wasser und Schwefelwasserstoff). Beispiel: Atomverbände in flüssigen Edelgasen, Molekülgitter des Iods bei Zimmertemperatur, π-Komplex bei der Bromierung des Ethens.

Räumliche Ausrichtung

Die Atombindung in Atomgittern, Molekülen oder Komplexen sowie die Wasserstoffbrückenbindung weisen in definierte Raumrichtungen, die in der räumlichen Struktur der Atomorbitale begründet sind. Bei Teilchen, die mehr als zwei Bindungspartner aufweisen, lassen sich damit spezifische Bindungswinkel nachweisen. Aus der Kenntnis der Anzahl der bindenden und nichtbindenden Elektronenpaare lassen sich diese Bindungswinkel mit Hilfe des (didaktischen) Elektronenwolkenmodells ermitteln:

Eine Elektronenwolke kann einzelne Elektronen (bei Radikalen), nichtbindende Elektronenpaare, Einfach-, Zweifach oder Dreifachbindungen enthalten. Die Bindungswinkel ergeben sich aus der Anordnung dieser Kugelwolken mit möglichst großem Abstand voneinander:

Beispiel Blausäure HCN Kohlensäure H2CO3 Ammoniak NH3
Anzahl der Kugelwolken 2 3 4
Bindungswinkel 180° 120° 109°(Tetraederwinkel)
Abbildung
Datei:HCN.jpg
Datei:H2CO3.jpg

Die Bindungswinkel sind idealisierte Werte. In realen Molekülen können starke Abweichungen auftreten: Beispiele:

• Der tatsächliche Bindungswinkel im Wassermolekül beträgt nicht 109° sondern 104° auf Grund der abstoßenden Wirkung der nichtbindenden Elektronenpaare auf die bindenden. Siehe dazu chemische Struktur. • Liegt in einem Molekül Delokalisation der π-Elektronen vor, entspricht der Bindungswinkel nicht den Werten, die sich aus den mesomeren Grenzstrukturen ermitteln lassen. So ist der CNC-Bindungswinkel der Peptidbindung nicht 109°, wie er sich aus Grenzstruktur 1 ergeben würde, sondern 122°, wie er sich eher aus Grenzstruktur 2 ergibt. Der CCN-Bindungswinkel beträgt 116°.
Datei:PeptidBindung.jpg

In Metall- und Ionengittern hängt die räumliche Struktur von der Größe der Bindungspartner ab, die sich auf einer gedachten Kugeloberfläche anordnen. (siehe dazu Kugelpackung, Kristallstruktur).

Permanente oder induzierte Dipolmoleküle richten sich zueinander so aus, dass ihre entgegengesetzt geladenen Molekülteile zueinander weisen und die Teile mit gleicher Partialladung einen möglichst großen Abstand voneinander haben.

Bindungslänge

Dies ist der Abstand der Mittelpunkte der Atome oder Ionen bei chemischen Bindungen.

Bei kristallinen Festkörpern mit Ionen- oder Metallgitter lassen sich die Abstände der Gitterbausteine durch Röntgen- oder Elektronenbeugung ermitteln. Da in Kristallgittern unterschiedliche Abstände der Netzebenen gemessen werden können, wird in Tabellen in der Regel der kleinste Abstand als Bindungslänge angegeben.

Im Kalziumfluorid beträgt der Abstand zwischen den Kalziumkationen Ca2+ und den Fluorid-Anionen F- 235 pm. In Metallgittern beträgt der Abstand je nach Atomgröße zwischen 200 pm und 500 pm.

Die Atomabstände in Molekülen und Komplexen mit kovalenter Bindung können durch Analyse der Rotationsspektren ermittelt werden. Hier hängt die Bindungslänge zunächst von der Größe der gebundenen Atom ab: Je größer ihr Radius, desto größer ist ihr Abstand. Beispiel: Vergleich der Halogen-Wasserstoff-Verbindungen

H-F H-Cl H-Br H-I
92 pm 128 pm 141 pm 160 pm

Bei Bindungen zwischen gleichartigen Atomen lässt sich erkennen, dass ihr Abstand auch von der Zahl der bindenden Elektronenpaare abhängt: Je mehr bindende Elektronenpaare vorhanden sind, desto größer ist ihre Anziehung auf die Atomkerne, desto kürzer ist der Bindungsabstand.

C-C C=C C=C
154 pm 134 pm 120 pm
N-N N=N N=N
146 pm 125 pm 110 pm

Eine Delokalisation wirkt sich bei Mehrfachbindungen verlängernd auf den Atomabstand aus, da dadurch die negative Ladung zwischen den Bindungspartnern verringert wird. Einfachbindungen werden durch Delokalisation verkürzt.

Beispiele:

  • Der Kohlenstoff-Stickstoff-Abstand in der Peptidbindung (siehe Abbildung oben) liegt mit 133 pm zwischen einer C-N-Einfachbindung mit 147 nm und einer C=N-Doppelbindung mit 130 nm. Durch Vergleich der gemessenen Bindungslängen mit den auf Grund der mesomeren Grenzstrukturen theoretisch erwarteten Bindungslängen lässt sich der Grad der Delokalisation abschätzen.
  • Im Graphit beträgt der C-C-Abstand innerhalb einer Schicht des Schichtengitters 142 pm und liegt damit zwischen einer Einfach- und einer Doppelbindung. (Zwischen den Schichten beträgt der Abstand 335 pm. Dies deutet auf eine schwache Wechselwirkung hin.)

Wasserstoffbrückenbindungen weisen je nach Polarisierungsgrad Abstände zwischen 120 pm und 300 pm auf.

Bindungsstärke und Bindungsenergie

Eine Bindung ist um so stärker, je mehr Energie bei ihrer Bildung frei wird. Umgekehrt gilt auch: Je stärker ein Bindung ist, um so mehr Energie muss aufgewandt werden, um sie zu lösen und um so weniger reaktiv ist die Verbindung oder das Element.

Als Bindungsenergie wird bei Ionenverbindungen die Gitterenthalpie angegeben, das ist die Enthalpie, die aufgewandt werden muss, um einen festen Kristall in die Gasphase zu überführen, in der die Ionen frei beweglich sind.

Die Gitterenthalpie hängt einerseits von der Größe der beteiligten Ionen ab: Je größer die Ionen, desto kleiner ist die Gitterenergie, da die Anziehungskräfte mit zunehmender Entfernung der positiven Kerne von der negativen Elektronenhülle des Bindungspartners abnehmen.

Beispiele: Gitterenthalpie der Fluoride der Alkalimetalle bei 25 °C in kJ pro mol:

Name Formel Ionenradius der einwertigen Alkalimetall-Kationen X+ in pm Gitterenthalpie
Lithiumfluorid LiF 74 1039
Natriumfluorid NaF 102 920
Kaliumfluorid KF 138 816
Rubidiumfluorid RbF 149 780
Cäsiumfluorid CsF 170 749


Andererseits hängt die Gitterenergie von der elektrischen Ladung der beteiligten Ionen ab: Je größer die Ladungen, desto größer sind die Anziehungskräfte und um so größer ist die Gitterenergie.

Beispiele: Gitterenthalpie bei 25 °C in kJ pro mol (in den Beispielen ändert sich der Ionenradius nur wenig):

Name Formel Kationen Anionen Gitterenthalpie
Natriumchlorid NaCl Na+ Cl- 920
Magnesiumchlorid MgCl2 Mg2+ Cl- 2502
Natriumsulfid NaS2 Na+ S2-  
Magnesiumsulfid MgS Mg2+ S2- 3360


Die höchste Gitterenthalpie weist Aluminiumoxid Al2O3 (Al3+ und O2-) mit 15157 kJ/mol auf.

Für die Anziehungskraft K zwischen zwei entgegengesetzt geladenen Ionen mit der Ladungsmenge e1 und e2 im Abstand r gilt die mathematische Beziehung

Als Maß für die Bindungsstärke bei der Metallbindung kann die Schmelztemperatur verwendet werden: Je höher die Schmelztemperatur, desto stärker sind die Bindungskräfte. diese hängen wieder sowohl vom Abstand der Metallkationen als auch von der Zahl der abgegebenen Elektronen ab: Je mehr Valenzelektronen abgeben werden und je kleiner der Gitterabstand, um so größer sind die Bindungskräfte und damit die Schmelztemperaturen.

Name Formel des Metallkations Gitterabstand in pm Festpunkt in °C
Natrium Na+ 430 98
Kalium K+ 530 63
Kalzium Ca2+ 550 851


Die Bindungsenthalpie der Atombindung ist durch die Enthalpieänderung bei der Dissoziation von Molekülen in ihre Atome in der Gasphase definiert. Sie hängt, wie die Bindungslänge (siehe oben), sowohl von der Größe der gebundenen Atome als auch von der Zahl der bindenden Elektronenpaare ab: Je größer der Radius der Bindungspartner, desto größer ist ihr Abstand und desto kleiner ist die Bindungsenergie. Bei Bindungen zwischen gleichartigen Atomen lässt sich erkennen, dass ihr Abstand auch von der Zahl der bindenden Elektronenpaare abhängt:

Name Formel Bindung Bindungslänge in pm Bindungsenthalpie in kJ pro mol
Chlor Cl2 Cl-Cl 199 242
Brom Br2 Br-Br 228 193
Ethan H6C2 C-C 154 348
Ethen H4C2 C=C 134 614
Ethin H2C2 C≡C 120 839


Für delokalisierte Atombindungen gilt entsprechend, dass sie energieärmer als eine Mehrfachbindung, aber energiereicher als eine Einfachbindung sind. So beträgt die Bindungsenthalpie im Benzol 147 kJ/mol.

Die intermolekularen Wechselwirkungen haben nur noch 10 % der Bindungsstärke der starken Bindungen. Dennoch haben sie einen starken Einfluss auf Fest- und Kochpunkte der Stoffe:

Bei der Wasserstoffbrückenbindung beträgt die Bindungsenthalpie bei starker Polarisierung der Bindungspartner mindestens 40 kJ/mol, bei schwacher Polarisierung höchstens 20 kJ/mol. Sie ist verantwortlich dafür, dass der Siedpunkt von Wasser bei 100 °C liegt, während der Siedepunkt von Schwefelwasserstoff –83 °C beträgt (siehe Siedepunktanomalie)

Die Stärke der Ion-Dipol-Wechselwirkung ergibt sich aus der Formel

e1: Ionenladung
µ1: Dipolmoment

Die Stärke der Dipol-Dipol-Wechselwirkung ergibt sich aus der Formel

µ1,2: Dipolmomente

Die Bindungsehthalpie der Van-derWaals-Wechselwirkung liegt bei einer Größenordnung von 1 kJ/mol. Ihre Betrag hängt vom Dipolmoment der Teilchen ab. Da es sich aber hier um induzierte Dipole handelt, spielt auch die Polarisierbarkeit der zunächst unpolaren Atome eine Rolle: Große „weiche“ Atome lassen sich leichter polarisieren als kleine „harte“. Dies lässt sich an den Siedepunkten der Edelgase ablesen, die mit zunehmender Größe zunehmend stärkere Van-der-Waals-Wechselwirkungen ausbilden und damit zunehmend mehr Energie benötigen, um diese Anziehungskräfte zu überwinden und in die Gasphase überzutreten.

Name Formel Atomradius in pm Siedepunkt in °C
Helium He 122 -269
Neon Ne 160 -246
Argon Ar 191 -186
Krypton Kr 198 -152
Xenon Xe 216 -108
Radon Rn   -62


Die Siedepunkte unpolarer Moleküle hängen allerdings auch von der Oberfläche ab, mit der sie zu benachbarten Molekülen Van-der-Waals-Wechselwirkungen ausüben können. So beträgt der Siedepunkt des linearen, unverzweigten n-Pentans 36,1 °C, während das isomere 2,2-Dimethyl-propan mit der selben molaren Masse einen Siedepunkt von 9,5 °C hat, da es nahezu kugelförmig ist und damit eine geringere „Berührungsfläche“ zu Nachbarmolekülen hat.

Bei geringen Bindungsenergien, die hauptsächlich durch elektrische Anziehungskräfte zustande kommen, spricht man von Physisorption. Zu der Physisorption gehört z.B. die Van-der-Waals-Bindung oder die Wasserstoffbrückenbindung.

Bei größeren Bindungsenergien spricht man von Chemisorption, bei der die beteiligten Elektronen-Orbitale überlappen und so zu einer Bindung führen. Zur Chemisorption gehört die kovalente Atombindung und die Komplexbindung.

Von Physisorption spricht man bei Bindungsenergien im meV-Bereich, von Chemisorption im eV-Bereich und größer. Eine genaue Grenze zwischen beiden ist oftmals nicht möglich.