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Julius Moses (Politiker)

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Datei:Moses3.jpg
Julius Moses. Quelle: Privatarchiv Prof. Kurt Nemitz. Hintergrund nachbearbeitet

Dr. med. Julius Moses, Mitglied des Reichstages (2. Juli 1868 in Posen - 24. September 1942 in KZ Theresienstadt), jüdischer Sozialdemokrat, naturheilkundlicher Arzt und Politiker, Symbolfigur linker Medizin- und Ärztekritik der Weimarer Republik

Geboren als Sohn eines jüdischen Handwerkers und in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen. Vier seiner acht Geschwister starben jung. Nach dem Abitur 1888 Studium der Medizin in Greifswald, wo er 1892 promovierte.

1893 Eröffnung einer Privatpraxis in Berlin-Nord.

1895 hielt er seine erste politische Rede bei der Märzfeier des Deutsch-Freisinnigen Arbeitervereines und forderte dort ein Denkmal für die Gefallenen von 1848.

1896 Heirat Geburt von drei Kindern

1902 Beginn seiner „Jüdische Epoche.“

1902 bis 1910 Herausgabe des wöchentlich in Berlin erscheinenden Generalanzeigers für die gesamten Interessen des Judentums mit einer Auflagenstärke von 25000

1910 Herausgabe des Hausarztes, dem Organ des Verbandes der Hausarztvereine in Berlin.

1933 Verbleib in Berlin, obwohl er als Jude und Sozialdemokrat doppelt gefährdet war.

1942 Deportation nach Theresienstadt. Dort erlag er am 24. September den Belastungen des Lebens im Konzentrationslager.

Politischer Werdegang

1912 Eintritt in die Sozialdemokratische Partei. Einsatz zur Verbreitung von sexualhygienischen Kenntnissen und Verhütungsmaßnahmen ein. Mit seinem propagierten „Gebärstreik“ machte er sich in konservativen Kreisen äußerst unbeliebt wegen demographischer Ziele der Militaristen, die sich eine militärische Überlegenheit Deutschlands durch hohe Geburtenziffern wünschten.

1913 Teilnahme an der Gründung des „Sozialdemokratischen Ärzte-Vereins“.

1920 bis 1932 Mitglied des Reichstages. Er gehörte zuerst dem Vorstand der USPD [Unabhängige sozialdemokratische Partei] an.

Seit 1922 im Parteivorstand der SPD.

1924 bis 1933 Herausgabe des Kassenarztes. Hier Engagement für eine „Reform der gesamten Gesundheitspflege im radikalsozialen Sinn“ (Nadav). Forderung besserer soziale Bedingungen für die Arbeiterklasse. Er wehrte sich gegen den §218, gegen Frauenarbeit während der Schwangerschaft und gegen die herrschende Wohnungsnot.

1928 Publikation zahlreicher Artikel in sozialdemokratischen Zeitschriften über bekanntgewordene Menschenversuche.

1930 Maßgebliche Beteiligung an der Entwicklung von Richtlinien für neuartige Heilbehandlung und für die Vornahme wissenschaftlicher Versuche am Menschen.

Frühzeitiger Warner vor den Plänen Adolf Hitlers und dessen Anschauungen über die ärztlichen Aufgaben.

Literatur

  • Reuland, Andreas Jens: Menschenversuche in der Weimarer Republik. Books on demand GmbH, Norderstedt, 2004, ISBN 3833418230
  • Nadav, Daniel: Julius Moses (1868-1942) und die Politik der Sozialhygiene in Deutschland. Gerlingen: Bleicher, (1985).
  • Nemitz, Kurt: Julius Moses und die Gebärstreik-Debatte 1913, in: Jahrbuch des Instituts für Deutsche Geschichte, herausgegeben und eingeleitet von Walter Grab, Bd. 2, 1973, Tel Aviv 1973, S. 321-335.
  • Nemitz, Kurt: Die Bemühungen zur Schaffung eines Reichsgesundheitsministeriums in der ersten Phase der Weimarer Republik 1918-1922. Med. hist. J. 16 (1981), S. 424-445.
  • Nemitz, Kurt: Das geistige Erbe sinnvoll wahren. Zur Erinnerung an den Arzt und Parlamentarier Dr. Julius Moses. Sonderdruck aus Medizin und Judentum. Vorträge auf der Gedächtnisveranstaltung in Dresden aus Anlaß des Novemberpogroms 1938. Eigenverlag des Vereins für regionale Geschichte und Politik Dresden e.V. Sonderheft der Historischen Blätter. Dresden (1994).
  • Mayer-Ahuja, Nicole: Massenerwerbslosigkeit, Sozialpolitik und die gesundheitlichen Folgen. Die Ärztebefragung des Reichstagsabgeordneten Dr. Julius Moses aus dem Krisenjahr 1931 (Neuere Medizin- und Wissenschaftsgeschichte Bd. 10), Pfaffenweiler (Centaurus) 1999.
  • Fricke, Dieter: Jüdisches Leben in Berlin und Tel Aviv 1933 bis 1939 : der Briefwechsel des ehemaligen Reichstagsabgeordneten Dr. Julius MosesHamburg : von Bockel, 1997