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Mont Pelerin Society

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Die Mont Pèlerin Society ist ein 1947 gegründeter Zusammenschluss liberaler Intellektueller, die ihre Ziele mit der Verteidigung von Freiheit und Rechtsstaat sowie der Förderung von Privateigentum und Wettbewerb angibt [1] .

Geschichte

1947 lud Friedrich August von Hayek 36 dem Liberalismus nahe stehende Gelehrte – vor allem Wirtschaftswissenschaftler, aber auch Philosophen, Historiker, Politiker und andere – zu einem Treffen am Mont Pèlerin (nahe Montreux) in der Schweiz ein. Dabei sollte über die Zukunft des Liberalismus nach dem Zweiten Weltkrieg diskutiert werden. Die Teilnehmer sahen es insbesondere als Aufgabe an, weitere „kollektivistische“ Bestrebungen – ihrer Ansicht nach Hauptgrund für die Katastrophe des Zweiten Weltkriegs – zu verhindern und gleichzeitig die Menschen und Staaten für einen neuen Liberalismus zu gewinnen.

Teilnehmer dieser ersten Tagung (1. bis 10. April 1947) waren unter anderem Maurice Allais, Walter Eucken, Milton Friedman, Friedrich August von Hayek, Frank Knight, Fritz Machlup, Ludwig von Mises, Karl Popper, Wilhelm Röpke, George Stigler.

Insgesamt gehörten ihr bislang acht Nobelpreisträger für Wirtschaftswissenschaften an, neben Hayek, Friedman und Stigler noch Maurice Allais, Gary Becker, James M. Buchanan, Ronald Coase und Vernon L. Smith.

Weitere bekannte Mitglieder waren oder sind u.a. Ludwig Erhard, Luigi Einaudi, Antonio Martino, Václav Klaus, George P. Shultz, Gerd Habermann, Otto von Habsburg, Johan Norberg, Roland Baader, Herbert Giersch.

Organisation

Seit 1949 trifft sich die Gesellschaft (üblicherweise) einmal jährlich. Neben den Haupttagungen gibt es regionale und außerordentliche Treffen von Mitgliedern. Die Mitgliederzahl liegt heute bei über 500. Die Mont Pèlerin Society hat im Gegensatz zu anderen Denkfabriken keine festen Angestellten, Publikationen liegen nicht vor. Derzeitiger Präsident des Exekutiv-Komitees ist Greg Lindsay.

Ziele

Betrachtet man die Netzwerkformation näher, so fällt auf, dass für die zentrale Figur des Neoliberalismus Hayek nicht die Beeinflussung der Tagespolitik, sondern die kontinuierliche Beeinflussung der Wissenschaft und der öffentlichen Meinung im Vordergrund stand. Angesichts der Tatsache, dass die MPS in der Schweiz gegründet wurde, vermag es kaum zu überraschen, dass sich auch in der Schweiz ein Subnetzwerk erkennen lässt, dem neoliberal orientierte Advocacy Tanks, Wissenschaftler und Printmedien angehören. Seit der Regierungszeit Reagan und Thatcher, Pinochet und in jüngster Zeit des MPS-Mitglieds Vaclav Klaus in Tschechien wird auch der enge Kontakt zu politischen Entscheidungsträgern genutzt.

Zu beachten ist überdies, dass viele der Publikationen neoliberaler Akteure sich nicht auf Werke neoliberaler Klassiker rekurrieren. Die wirtschaftlichen Exponenten des Neoliberalismus im deutschsprachigen Raum haben also von Beginn an begriffen, dass sich neoliberale Postulate in der Sphäre des „rheinischen Kapitalismus“ vergleichsweise schlecht auf dem politischen Ideenmarkt verkaufen lassen, wenn man sie durch sozialdarwinistische Ungleichheitsapologien, Ablehnungen der Forderung nach Chancengleichheit, Demokratiekritik sowie Attacken auf die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft rechtfertigt. Das neoliberale Programm in Europa für die kommenden Jahre zielt deshalb auf den Umbau der Institutionen: Neuordnung der industriellen Beziehungen, d.h. vor allem Abschaffung der betrieblichen Mitbestimmung und Marginalisierung der Gewerkschaften, forcierte Liberalisierung des nationalen Kapitalmarktes, Straffung der politischen Entscheidungsstruktur und den Bildungsbereich nach dem Wettbewerbsprinzip zu organisieren.

Kritik

Die Sunday Times bezeichnet die Mont Pèlerin Society als „The most influential, but little-known think tank of the second half of the 20th century“.
Der marxistische Sozialforscher Bernhard Walpen sieht in der Mont Pèlerin Society ein "hegemoniales Projekt". Das weitgesteckte Ziel der MPS bestünde nach Hayek darin, zur Durchsetzung des Liberalismus als dominantes Prinzip sozialer Organisation beizutragen. Hierzu sei es nötig eine "konsequente Weltanschauung" (Hayek) des Liberalismus zu entwickeln.[2]

Literatur

  • Ronald M. Hartwell: A History of the Mont Pelerin Society. Liberty Fund Inc, 1995, ISBN 0865971366
  • Marcus B. Klöckner: Machteliten und Elitenzirkel. Eine soziologische Auseinandersetzung", VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken 2007 ISBN 978-3-8364-1332-9
  • Dieter Plehwe: Internationale Vorbilder und transnationale Organisation deutscher Neoliberaler, in: Ulrich Müller/Sven Giegold/Malte Arhelger (Hrsg.) Gesteuerte Demokratie?, Hamburg 2004
  • Bernhard Walpen, Dieter Plehwe: ›Wahrheitsgetreue Berichte über Chile‹: Die Mont Pèlerin Society und die Diktatur Pinochet, in: 1999. Zeitschrift für Sozialgeschichte des 20. und 21. Jahrhunderts, 16. Jhg., Nr. 2, 2001, S. 42-70
  • Bernhard Walpen: Die offenen Feinde und ihre Gesellschaft. Eine hegemonietheoretische Studie zur Mont Pèlerin Society. VSA-Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3899650972
  • Thomas Eberle, Triumph und Elend des Neoliberalismus (Zürich 2005),

Quellen

  1. Mont Pelerin Society: Statement of Aims, April 10, 1947
  2. Bernhard Walpen: Die offenen Feinde und ihre Gesellschaft. Eine hegemoniekritische Studie zur Mont Pèlerin Society, S.112f. zit. n. Klöckner 2007, S.71