Forte Casa Ratti
Das italienische Panzerwerk Forte Casa Ratti (auch Cà Ratti, Casaratti, Ratti oder Barcarola - von den Österreichern Ratzenhaus genannt) ist ein Fort an der Staatsstraße 350 (Folgaria - Arsiero) in der Provinz Belluno in einer Hangstellung oberhalb der Ortschaft Barcarola.
Es gehörte zum III. Sektor Asiago der Sbarramento Agno - Assa.
Aufgabe
Das Fort sollte einen möglichen Durchbruch österreichischer Truppen von der Höhe der Sieben Gemeinden durch das Asticotal nach Süden (Padua/Venedig) verhindern.
Begonnen wurden die Bauarbeiten im Jahre 1906. Die Fertigstellung konnte vom österreichischen Evidenzbureau nicht genau herausgefunden werden. Laut Meldung vom 1. Oktober 1911 war das Werk bis auf einen Maschinengewehrstand und einen Beobachtungspanzer vollendet. Im Mai 1912 wurden die Geschütze über eine Entfernung von 7 km tormentiert (mit überhöhter Ladung eingeschossen.)
Beschreibung
Die Hauptarmierung bestand aus drei 149 mm G Kanonen in Panzerkuppeln System Ispettorato. Zwischen den Geschützbrunnen befanden sich die Munitionshandmagazine, unter diesen die Gefechtsbereitschaftsräume und die Munitionshauptmagazine. Auf jedem Flügel und im linken Kehlpunkt waren je eine Mitrailleuse in Verschwindkuppeln eingebaut. Am rechten Flügel befand sich ein gepanzerter Beobachtungsstand, der möglicherweise die Nutzung mit einem Maschinengewehr gestattet hätte. Der in der Contreescarpe gemauerte Frontgraben war in der Sohle ca. vier Meter breit und ebenso tief; die Breite von der Glaciskante bis zur Kante der Contreescarpe betrug 18,20 Meter. Am linken Ende befindet sich eine Grabenstreiche, die durch eine Poterne mit dem Batterieblock verbunden ist. Der Kehlgraben war ca. 6 Meter Breit und 3 - 4 Meter tief. Im Kehlgraben befand sich ein, an den Batterieblock angelehnter Anbau, mit nur wetterfester Abdeckung.
50 Meter rückwärts parallel der Geschützlinie läuft ein weiterer Kehlgraben, in dessen Mitte sich ein Kehlkoffer mit nach jeder Seite drei Gewehrscharten befindet.
Im rechten Kehlpunkt lag die Kaserne, die mit etwa 120 Mann belegt werden konnte. Die Sturmsicherheit in der rechten Flanke soll durch einen 30 Meter hohen Felsabsturz gegen das Val d'Astico und die Wirkung des Geschützemplacements auf dem Torrre Alta gewährleistet sein.
Die Hauptschussrichtung lag nach Norden.

Stärken und Schwächen
Stärken
Die Stärke des Forts liegt in der außergewöhnlich großen Sturmfreiheit, die durch das Gelände in der rechten Flanke und den vollständig zu bestreichenden Frontgraben gewährleistet wird.
Schwächen
die Schwächen überwogen die Stärken bei weitem, da
- die Hauptarmierung aus wenig leistungsfähigen 149 G - (G steht für "ghisa" - Gusseisen) Kanonen bestand,
- die exponierte Lage die eine erhebliche Überhöhung der eventuellen Belagerungsartillerie zuließ,
- der Kehlgraben ungünstig konstruiert war,
- die zu schwach konstruierte Decke des vorgezogenen untersten Geschosses des Batterieblocks, die gegen Steilfeuer nur aus der Front ausreichenden Schutz bot.
- die bergseitige hohe Stützmauer, die, falls durch Beschuss zum Einsturz gebracht, möglicherweise die Frontgrabenflankierungsanlage und auch einen der beiden bergseitigen Maschinengewehrstände verschüttet hätte. Dadurch wäre die Sturmfreiheit aufgehoben worden.
Bis zur Offensive der österreichisch-ungarischen Truppen im Mai 1916 hatte das Fort keinen Schuss abgefeuert, da es zu weit von der Front entfernt lag. Dann am 17. Mai 1916 begann die k.u.k. 38 cm Batterie B.H.L. 17, inoffiziell Batterie Barbara genannt, mit der Beschießung von Casa Ratti. Die Batterie gehörte zur Fernkampfgruppe Oberst Padiaur und befand sich auf der Cost'alta, ca. 1000 Meter höher und 12,5 km entfernt.
- 17. Mai: Zerstörungsfeuer von 7:30 Uhr bis 11:20 Uhr mit 20 Granaten Verzögerungszünder
- 19. Mai: ab 7:25 Feuer gegen Barcarola zusammen mit Batterie K.H.L./15 Nr. 1 (42 cm)
- 21. Mai: ab 6:45 Uhr bis 7:45 Uhr 3 Granaten Störfeuer gegen Casaratti
- 24. Mai: 4:30 Störfeuer 2 Schuss
- 25. Mai: 16:20 ? Zerstörungsfeuer 6 Schuss
Das Ergebnis der Beschießung war nicht sehr effektiv. Nur ein Treffer auf den Batterieblock (kein Durchschlag), sonst auf das Glacis und im Gelände verstreut.
Besetzung
Am 26. Mai wurde das geräumte und völlig intakte Fort von österreichisch-ungarischen Truppen besetzt und dabei insgesamt 6 (oder auch nur 5 ?) Artilleristen der ehemaligen Werksbesatzung gefangen genommen.
Wer als erster in das Fort eindrang, konnte niemals völlig geklärt werden, für sich beanspruchten dies der damalige Leutnant Mlaker von der 1. Komp. des Sappeurbataillon 14, sowie eine Patrouille des InfRgt 50 unter dem damaligen Kadetten Cisteanu. Letztendlich hat man das Verdienst, so oder so, dem Leutnant Mlaker zugesprochen.
Bis zum Rückzug der k.u.k. Truppen auf die neue Widerstandslinie nach dem Ende der Offensive feuerte das Fort auf die italienischen Stellungen.
Sprengung

Da die Anlage vor der neuen Frontlinie lag, wurde sie am 26. Juni von dem jetztigen Oberleutnant Mlaker gesprengt. Wortlaut der Meldung XX. Korpskommando:
- "Werk Casa Ratti: vollständig mit 8000 kg Pulver und 200 kg Ekrasit in Trümmer gelegt. Panzerkuppeln, Lafetten, MG-Drehtürme und gepanzerter Beobachtungsstand 500 - 600 Schritt weit geschleudert."
Diese Angaben waren allerdings so nicht korrekt. Gesprengt hatte man nur der Batterieblock und die beiden seitlichen Mitrailleusenstände. Zerstörungen wurden dem Fort sicherlich noch bei späterem Artilleriebeschuss und auch bei dem Ausbau der Stahlteile in der Mussolini Ära zugefügt.
Das Werk ist inzwischen stark bewachsen, kann aber in großen Teilen noch begangen werden.
Literatur
- Robert Striffler: Von Fort Maso bis Porta Manazzo: Bau- und Kriegsgeschichte der italienischen Forts und Batterien 1883-1916. Buchdienst Südtirol E. Kienesberger, Nürnberg 2004, ISBN 3923995245
- L'esercito italiano nella grande guerra (1915-1918) Volume I - III / Ministerio della Guerra - Ufficio Storico, Roma 1929-1974