Württemberg-Hohenzollern

Württemberg-Hohenzollern war zwischen den Jahren 1949 und 1952 ein Bundesland der Bundesrepublik Deutschland. Es umfasste den südlichen Teil des ehemaligen Freien Volksstaats Württemberg sowie die ehemals zum Staat Preußen gehörigen sogenannten "Hohenzollernschen Lande", die auch unter der Bezeichnung Regierungsbezirk Sigmaringen bekannt waren. Seine Größe betrug 10.406 km², und es hatte etwa eine Million Einwohner. Hauptstadt war Tübingen; Sitz des Landtags das ehemalige Kloster Bebenhausen bei Tübingen.
Geschichte
Im südwestdeutschen Raum existierten bis zum Ende des Ersten Weltkrieges das Königreich Württemberg und das Großherzogtum Baden sowie die preußische Exklave Hohenzollern. Nach 1918 wurden Baden und Württemberg republikanische Bundesstaaten innerhalb des Deutschen Reiches.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Länder Baden und Württemberg zwischen der amerikanischen Besatzungszone im Norden und der französischen im Süden aufgeteilt. Die Nordgrenze der französischen Besatzungszone auf diesem Gebiet wurde so gewählt, dass die Autobahn Karlsruhe-München (heutige A 8) auf der ganzen Strecke innerhalb der amerikanischen Besatzungszone lag. Grenzen im Detail waren die Grenzen der jeweiligen Landkreise. Innerhalb der französischen Zone wurden die Länder Württemberg-Hohenzollern und Baden gegründet, in der amerikanischen Zone das Land Württemberg-Baden.
Am 16. Oktober 1945 gründete die französische Besatzungsmacht eine als „Staatssekretariat“ bezeichnete provisorische Regierung in Württemberg-Hohenzollern. Die Regierung wurde in sechs Landesdirektionen aufgegliedert, denen je ein Landesdirektor vorstand. Die Landesdirektoren bildeten das Direktorium, das Carlo Schmid (SPD) zum „Präsidenten des Staatssekretraiats“ wählte. Er übernahm zusätzlich das Landesdirektorium für Justiz und das Landesdirektorium für Kultus, Erziehung und Kunst. Weitere Landesdirektoren waren Lothar Roßmann (SPD) für den Bereich Inneres, Paul Binder (CDU) für den Bereich Finanzen, Gustav Kilpper (parteilos) für den Bereich Wirtschaft und Clemens Moser (CDU) für den Bereich Arbeit. Carlo Schmid war gleichzeitig Staatsrat in der Regierung Württemberg-Badens und hatte das Recht, dort an Kabinettsitzungen teilzunehmen. Am 3. November 1945 kam erstmals eine Konferenz der Landräte und Oberbürgermeister in Tübingen zusammen. Dieser Konferenz folgten dann in regelmäßigen Abständen weitere Zusammenkünfte, die sich zum Beratungsorgan für das Staatssekretariat entwickelten.[1] Am 15. September 1946 wurden Wahlen für die Gemeinderäte[2] und am 13. Oktober 1946 für die Kreisversammlungen[3] durchgeführt. Bereits seit 18. März 1946 waren einzelne Parteien auf Landesebene wieder zugelassen. Am 17. November 1946 wurde von den Vertretern der Kreise[4] und der Gemeinden mit mehr als 7.000 Einwohnern[5] die „Beratende Landesversammlung für Württemberg-Hohenzollern und den Kreis Lindau“ gewählt. Die Wahl erfolgte nach dem Verhältniswahlsystem[6] über die Listen der zugelassenen Parteien[7]. Wählbar waren nur Bürgermeister, Mitglieder der Gemeinderäte und Mitglieder der Kreisversammlungen.[8] Die CDU erhielt 42, die SPD 14, die DVP 8 und die KPD 4 Mandate. Die erste Sitzung der neugewählten Landesversammlung fand am 22. November 1946 in Bebenhausen statt. Sie wählte Karl Gengler zu ihrem Präsidenten. Carlo Schmid bildete das Staatssekretariat am 9. Dezember 1946 um. Die neuen Mitglieder seines Kabinetts erhielten den die Bezeichnung „Staatssekretär“. Nach wie vor hatte das Staatssekretriat das Recht, in Abstimmung mit der Militärverwaltung Gesetze zu erlassen. Die Beratende Landesversammlung nahm aber zu Fragen der Gesetzgebung Stellung, wenn sie vom Staatssekretriat damit befasst wurde.[9]. Hauptaufgabe der Beratenden Landesversammlung war die Ausarbeitung einer Landesverfassung[10], die am 22. April 1947 beschlossen und in einer Volksabstimmung am 18. Mai 1947 angenommen wurde. Gleichzeitig mit dieser Volksabstimmung wurde die erste und einzige Landtagswahl durchgeführt[11], bei der die CDU mit 32 von 60 Sitzen zwar die absolute Mehrheit erreichte, aber dennoch gemeinsam mit der SPD (12 Mandate) und der DVP (11 Mandate) eine Koalition bildete. Die KPD entsandte fünf Vertreter in den Landtag.[12] Außerdem waren zunächst drei und später zwei Abgeordnete aus dem Kreis Lindau, die schon der Beratenden Landesversammlung angehört hatten, bis zum Übergang des Kreises Lindau an Bayern im Dezember 1950 im Landtag vertreten. Zum Präsidenten des Landtags wurde Karl Gengler, zum ersten Stellvertreter Fritz Fleck (SPD) und zum zweiten Stellvertreter Karl Kübler (DVP) gewählt.
Am 8. Juli 1947 wurde Lorenz Bock (CDU) zu dem als „Staatspräsidenten“ bezeichneten Regierungschef gewählt. Neben ihm gehörten seinem Kabinett sechs weitere Minister an. Lorenz Bock starb am 4. August 1948, sein Nachfolger wurde am 13. August 1948 Gebhard Müller (CDU), der bis zur Gründung des Südweststaates am 25. April 1952 das Land regierte.
Bei ihrer Gründung am 23. Mai 1949 wurde Württemberg-Hohenzollern Teil der Bundesrepublik Deutschland. Das Grundgesetz enthält über den Artikel 29 GG den Auftrag zur Neugliederung von Bundesländern, „um zu gewährleisten, dass die Länder nach Größe und Leistungsfähigkeit die ihnen obliegenden Aufgaben wirksam erfüllen können“. (Art. 29 Abs. 1). Um eine Regelung durch den Bund zu vermeiden, führten die Länder Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern am 24. September 1950 eine Probeabstimmung und am 16. Dezember 1951 eine Volksabstimmung zur Vereinigung durch. In beiden Abstimmungen votierten die Wähler in Württemberg-Hohenzollern mehrheitlich für eine Länderfusion.
Diesen beiden Abstimmungen über die Gründung eines Südweststaates 1950/51 waren heftige Auseinandersetzungen vorausgegangen, die zum Teil in starke Polemik ausarteten, und an denen die Regierungschefs der drei betroffenen Länder führend beteiligt waren. Für den Zusammenschluss kämpften vor allem der Ministerpräsident Württemberg-Badens Reinhold Maier und der Staatspräsident von Württemberg-Hohenzollerns Gebhard Müller. Das Lager der Zusammenschluss-Gegner, die für die Wiederherstellung der alten Länder Baden und Württemberg waren, führte der damalige Freiburger Staatspräsident Leo Wohleb an.
Die Gegner bekämpften auch das Abstimmungsverfahren vom 16. Dezember 1951, das vorsah, dass bei einer Mehrheit für den Zusammenschluss in drei von vier Bezirken der Südweststaat gegründet würde. Als die Abstimmung genau dieses Ergebnis hatte, wurde das neue Bundesland, das später den Namen Baden-Württemberg erhielt, daraufhin am 25. April 1952 aus der Taufe gehoben. Das Land Württemberg-Hohenzollern wurde wie die beiden anderen Länder aufgelöst. Die Südweststaat-Gegner zogen jedoch vor das neu gegründete Bundesverfassungsgericht, das ihnen nach langwierigem Verfahren eine neue Volksabstimmung zusprach. Als diese 1970 schließlich durchgeführt wurde, bestätigte eine große Mehrheit der Bevölkerung das neue Bundesland.
Innerhalb des vereinigten Bundeslandes bildete das Gebiet des früheren Landes Württemberg-Hohenzollern den neuen Regierungsbezirk Südwürttemberg-Hohenzollern, der nach der Verwaltungsreform von 1973 in den Regierungsbezirk Tübingen überführt wurde.
Quellen und Anmerkungen
- ↑ Theodor Eschenburg: Aus den Anfängen des Landes Württemberg-Hohenzollern. In: Festgabe für Carlo Schmid zum 65. Geburtstag. Tübingen 1962, Seite 62
- ↑ Grundlage war die Verordnung Nr. 53 des französischen Oberkommandos in Deutschlandüber die Gemeindewahlen in Württemberg, Hohenzollern und im Landkreis Lindau
- ↑ Grundlage war die Verordnung Nr. 61 des französischen Oberkommandos in Deutschland über die Wahlen zu den Kreisversammlungen in Württemberg
- ↑ Artikel 3 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Artikel 4 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Artikel 2 und 9 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Artikel 6 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Artikel 8 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Artikel 27 der Verordnung Nr. 66 des französischen Oberbefehlshabers in Deutschland über die Bildung einer Beratenden Versammlung für Württemberg
- ↑ Verfassung für Württemberg-Hohenzollern
- ↑ [http://www.verfassungen.de/de/rlp/rlp47-2.htm Verordnung Nr. 87 des französischen Oberkommandos in Deutschland betreffend Volksabstimmung über die Verfassung und Wahl der Mitglieder des Landtags in den einzelnen Ländern]
- ↑ Ergebnis siehe auch auf Ergebnisse der Landtagswahlen in der Bundesrepublik Deutschland#Landtag in Württemberg-Hohenzollern und auf http://home.arcor.de/gozer/wahlen/whz.html
Literatur
- Landtag von Baden-Württemberg (Hrsg.): MdL, die Abgeordneten der Landtage in Baden-Württemberg 1946-1978. Stuttgart 1978, ISBN 3-12-911930-2, Seite 35-44