Gummistiefel



Gummistiefel sind waden- bis kniehohe, wasserdichte unisex Stiefel, mit relativ weitem Schaftrohr, die ursprünglich aus Gummi und heutzutage auch aus thermoplastischen Kunststoffen hergestellt werden.
Abgrenzung
Gummischuhwerk allgemein zählt nicht zu den Gummistiefeln. So gehören beispielsweise Reitstiefel aus Gummi und Watstiefel wohl noch unter schuhtechnischen Gesichtspunkten zu den Gummistiefeln, werden aber allgemeinsprachlich als Reit- beziehungsweise Watstiefel und nicht als Gummistiefel bezeichnet. Wathosen und Galoschen (Überschuhe aus Gummi) sind auch schuhtechnisch gesehen keine Gummistiefel mehr.
Material
Hochwertigere Gummistiefel werden auch heute noch aus echten Naturkautschuk bzw. Gummimischungen mit hohen Latexanteilen hergestellt, da manche gummispezifischen Materialeigenschaften nur bedingt von Kunststoffen erreicht werden können. Gummistiefel auf Latexbasis sind zwar (farbabhängig) etwas anfälliger gegenüber hoher UV-Strahlung und bestimmten Chemikalien, verändern aber bei üblichen Temperaturschwankungen nicht die wesentliche Eigenschaft der Flexibilität und Zähigkeit. Insgesamt sind sie erheblich elastischer als Stiefel aus Kunststoffen (fast immer PVC, selten andere, wie bspw. thermoplastisches Polyurethan). Auch bieten hochwertige Gummistiefel Sohlen aus anderem Material und weitere Ausstattungsdetails wie Schnürungen, Ausziehhilfen u. a. m.
Geschichte
Bereits die Urbevölkerung Südamerikas stellte eine primitive Art Gummistiefel her, indem sie Kautschuksaft (Latex) über die nackten Unterschenkel und Füße laufen ließ, wobei dieser langsam antrocknete und anschließend wie ein Stiefel an und ausgezogen werden konnte. Durch Pflanzensäfte wurde damals sogar eine – wenn auch begrenzte – Vernetzung der Latexsubstanz und durch Tränken von Stoffschuhen mit diesem Material sogar eine gewisse Haltbarkeit erreicht.
In Europa fanden wasserfeste Stiefel (und andere Kleidungsstücke) auf Gummibasis zunächst kein großes Interesse. Bei großer Hitze klebten die Stiefel zu sehr und bei Kälte waren sie spröde. Erst als 1840 Charles Goodyear zufällig entdeckte, dass der plastische Kautschuk mit Schwefel und Ruß vermischt und durch Erhitzung vulkanisiert, dauerhaft elastisch und nicht mehr klebend wird, fanden Gummiprodukte und Gummistiefel ihren Absatz.
Produktion von Gummistiefeln
Bei der Produktion der wasserdichten Stiefel gibt es verschiedene Methoden:
Produktion in Handarbeit
Bei der traditionellen Herstellung in Handarbeit wird das zugeschnittene tuchartige Naturkautschukmaterial von Hand auf einen Aluminiumleisten aufgebracht und angedrückt. Danach wird der, aus bis zu 35 Einzelteilen, vorgefertigte Gummistiefel in einem Heißluftofen bei etwa 140°C vulkanisiert. Durch die Fertigung von Hand ist es auch möglich, verschiedene Gummisorten für Sohle, Brandsohle, Absatz, Verstärkungen und Obermaterial zu verwenden, was einen hohen Tragekomfort ermöglicht. Auch ist es dadurch möglich modernste Sportschuhtechnik in den Gummistiefel zu integrieren bzw. modischen und speziellen anatomischen Ansprüchen gerecht zu werden. In Handarbeit hergestellte Gummistiefel sind oft teuer.
Halbautomatische Produktion
Eine andere Methode ist die Herstellung in Pressformen. Dabei wird eine geteilte Form verwendet, welche das noch weiche Gummi auf den Leisten presst und nach dem Vulkanisieren geöffnet wird. Die so gefertigten Gummistiefel erkennt man an der sichtbaren Trennfuge der Form, die wie eine Mittelnaht am fertigen Stiefel sichtbar ist. So gefertigte Gummistiefel sind preiswert und dennoch robust und werden überwiegend als Arbeitsstiefel verwendet.
Vollautomatische Produktion
Gummistiefel auf Plastikbasis werden weitgehend automatisch im Spritzverfahren hergestellt. Dabei sind große Stückzahlen billig zu realisieren. Der thermoplastische Kunststoff wird heiß mit Druck in die teilbare Form eingespritzt. Nach Abkühlung wird der fertige Stiefel aus der geöffneten Form entnommen. Auch diese Gummistiefel haben eine sichtbare Trennfuge.
Anwendung
Gummistiefel sind absolut wasserdicht und haben sich in vielen Bereichen durchgesetzt. Als Regenschutz und Modeartikel werden sie zu Berufs- und Freizeitkleidung getragen. So z. B. in der Forstwirtschaft, im Baugewerbe, bei Kanalisationsarbeiten, in der Fischerei usw. Eben überall dort, wo es auf wasserdichtes und leicht zu reinigendes Schuhwerk ankommt.
Gummistiefel als praktische Fußbekleidung in der nassen Jahreszeit werden, in entsprechend bunt bedruckter Aufmachung auch als modisches Schuhwerk für Damen angeboten. Es gibt Ausführungen mit unterschiedlich hohen Absätzen, in verschiedenen Farben und Stilen, z.B. Westernstiefel.
Auch werden Gummistiefel von einigen Menschen als Fetischschuhwerk angesehen.
Pflege
Gummistiefel sind ausgesprochen pflegeleicht. Grobe Verschmutzungen werden einfach mit Wasser und leichter Kernseifenlauge abgespült. Die Oberfläche wird mit Glyzerin, das man dem Waschwasser beigibt oder unverdünnt einreibt, gepflegt. Glyzerin schützt das Gummi vor Versprödung. Silikonöl frischt die Oberfläche auf und verhindert ebenso das vorzeitige Altern des Gummis. Die meisten Markenhersteller haben spezielle Gummipflegemittel im Angebot. Gelagert werden Gummistiefel gereinigt, trocken und kühl.
Literatur
- Helge Sternke: Alles über Herrenschuhe. Nicolai Verlag, Berlin, 2006, ISBN 3-89479-252-3.