Techno
Techno ist der Name einer Stilrichtung der Musik, wird vielerorts als Sammelbegriff für verschiedene, miteinander verwandte Stilrichtungen verwendet und bezeichnet auch eine Bewegung der Jugendkultur, die vor allem in den 90er-Jahren von Bedeutung war.
Techno als Stilrichtung
Beschreibung
Der Musikstil Techno wird vor allem durch den 4/4-Takt und die Betonung jedes Viertels durch eine elektronische Bassdrum charakterisiert. Typische ergänzende Elemente sind Hi-Hats auf Achtel und Sechzehntel und Snare Drums oder Handclaps auf jeden zweiten Viertel. Der Harmonielehre folgende Akkorde sind von untergeordneter Bedeutung, stattdessen wird mit einzelnen Klängen und deren Zusammenwirken experimentiert. Die Klangfarben gehören meist in den industriellen und metallischen Bereich. Die Kompositionen sind oft sehr monoton und progressiv aufgebaut.
Entstehung
Von Stockhausen und Sala zu Kraftwerk
Karlheinz Stockhausen und Oskar Sala gelten als die frühen Pioniere der Elektronischen Musik. Ihre Ideen und Werke verbanden Klassische Komposition mit Technologie. Ende der 60er und Anfang 70er waren sie Inspiration für die zeitgenössische Musik der Formation Kraftwerk aus Düsseldorf. Kraftwerk war stets auf der Suche nach der perfekten (positiven) Symbiose zwischen Mensch und Maschine und legten mit ihrem vierten Album "Autobahn" (1974) den Grundstein für den Musikstil Elektropop. Als besonders Einflussreich auf die spätere musikalische Entwicklung gelten ihre Alben "Mensch-Maschine" (1978) und "Computerwelt" (1981).
Yello und Afrika Bambaata
Während bei Kraftwerk zu Beginn der 80er-Jahre eine längere kreative Pause folgte, machte die Schweizer Formation Yello auf sich aufmerksam. Yello spezialisierte sich auf die Komposition vieler einzelner Geräusche und Klänge zu aussergewöhnlichen Rhythmen. Viele ihrer Veröffentlichungen wurden zu Clubhits und prägten spätere Techno-Produzenten wie zum Beispiel Oliver Lieb ("Sie sind für mich genauso wichtig wie Kraftwerk").
Parallel zu den ersten Erfolgen von Yello, veröffentlichte Afrika Bambaata den Track "Planet Rock", in dem er die Melodie des Kraftwerk-Songs "Trans-Europe Express" verarbeitete. "Planet Rock" gilt heute als Klassiker des frühen Hip Hop und Grundstein von Electro bzw. Electro Funk.
House
In den 80er-Jahren entstand im Warehouse in Chicago der House, als Weiterentwicklung des 70er-Jahre Disco-Sounds. Die typische Single enthielt schon damals eine Version mit ausgedehnter Rhythmus-Passage (meist mit "Club Mix" betitelt). Der Warehouse-DJ Frankie Knuckles erkannte schnell die hypnothische und euphorisierende Wirkung dieser monotonen Zwischenstücke und begann damit, nur noch diese Teile der verschiedenen Schallplatten zu vermischen und den Rest der Songs wegzulassen. Die Club-Musik wurde rhythmischer, aber auch eintöniger.
Techno
Die neue Liebe zur Monotonie verbreitete sich schnell und wurde in Detroit von den Produzenten Juan Atkins, Derrick May und Kevin Saunderson aufgegriffen. Zusammen mit Richard Davies veröffentlichte Juan Atkins 1984 unter dem Namen Cybotron die Schallplatte "Techno City". Man erzählt, dass Atkins auf die Frage eines Musikjournalisten, wie man denn diesen Stil nennt, geantwortet habe: "Call it techno."
In Europa wurde der Begriff "Techno" zum ersten mal im Jahre 1982 von Andreas Tomalla (alias Talla 2XLC) verwendet. Der Frankfurter Musikliebhaber arbeitete Anfang der 80er in einem Plattenladen unter dem Frankfurter Hauptbahnhof. Dort sortierte er alle elektronischen Schallplatten unter einem von ihm gewählten Begriff ein: "Techno". Im Dezember 1984 gründete er den "Technoclub" in der Frankfurter City und gründete später das Label Suck me Plasma, das vor allem durch seine Trance-Hymnen bekannt geworden ist.
Acid House
Bevor Techno zur Massenbewegung wurde, sorgte Ende der 80er erst noch ein neuer Musikstil für Aufsehen: Acid House, begleitet vom Smiley-Symbol. Mit dieser Ära wurde auch das Rauschmittel Ecstasy populär und sorgte vor allem in den europäischen Medien für eine Hysterie. Die Reaktionen waren strenge Polizeikontrollen und unzählige Razzien. Die Warenhäuser nahmen aus Angst vor Image-Schäden sämtliche Smiley-Artikel aus dem Sortiment und große Radiostationen weigerten sich, Acid House-Produktionen zu spielen, auch wenn diese in den Top Ten waren. Die Folge dieses Boykotts war das schnelle Verschwinden der Acid House-Szene.
Weiterentwicklung
Nach dem schnellen Untergang der Acid House-Ära kam zu Beginn der 90er-Jahre Techno und verbreitete sich so schnell, dass das selbe Schicksal wie bei Acid House schon nach kurzer Zeit nicht mehr denkbar war. Veröffentlichungen wie "Das Boot" von U 96 (1991), "James Brown is dead" von L.A. Style und "Don’t you want me" von Felix (1992) waren erste Charterfolge von Produktionen, die sich an Techno orientierten. Auf die Massen ausgerichtete Kreuzungen zwischen Techno, House und Pop entstanden und wurden unter dem Begriff Dance verbreitet. Bekannte Vertreter waren 2Unlimited und Culture Beat.
In der Techno-Szene entdeckte man in dieser Zeit den TB-303 wieder, den kleinen Synthesizer, der für den charakteristischen Klang von Acid House verantwortlich gewesen war. Der Acid Techno entstand. Parallel dazu begannen Produzenten und Komponisten wie Harald Blüchel, die neuen Techno-Strukturen mit harmonischen Akkorden und Melodien zu verbinden: der Trance entstand und wurde zu einer Abspaltung der Techno-Kultur. In Amsterdam und Rotterdam entwickelte sich währenddessen mit Gabber und Hardcore das genaue Gegenteil und die vollständige Entfernung von allem, was mit Harmonielehre zu tun hat.
1994 schafften es erste Trance-Produktionen in die Charts und es wurden vermehrt Pop-Songs veröffentlicht, deren Geschwindigkeit und Rhythmus sich an Techno orientierte (z.B. Dune und Blümchen). Selbst in der Volksmusik wurden immer häufiger harte elektronische Bassschläge auf die Viertel verwendet.
Erzeugung
Da Techno mit Hilfe von elektronischen Geräten erzeugt wird ist es nicht nötig, dass der Komponist ein klassiches Instrument (wie z.B. Klavier) beherrscht. Vor allem die Verwendung von Computern, Sequenzer zur Steuerung von Tasteninstrumenten hat Techno den Ruf von "Billigmusik" eingebracht. Vielerorts wurden Ausdrücke wie "Plastikmüll" oder "Elektroschrott" verwendet. Trotzdem gibt es viele Musiker, die sich der Techno-Produktion über künstlerische Aspkete und intelektuelle Betrachtungsweisen genähert haben. Herkömmliche Song-Strukturen wurden über Bord geworfen und durch neue Ideen ersetzt. Eine wichtige Rolle hierbei spielten unter anderem die Plattenlabel R & S, Mille Plateaux und Warp mit Produzenten wie Cristian Vogel, Wolfgang Voigt und Richard D. James.
Bei der Produktion ist der Drumcomputer von essentieller Bedeutung. Geräte mit möglichst elektronisch klingender Perkussion werden üblicherweise bevorzugt. Kultstatus haben der TR-808 und der TR-909 von Roland erreicht, deren Produktion aber bereits vor dem eigentlichen Techno-Hype eingestellt worden war und einen dementsprechend hohen Wiederverkaufswert hatten.
Bei den Synthesizern sind vor allem analoge Geräte beliebt, weil diese nicht so "rein" und "sauber" klingen wie die digitalen Varianten und eine sehr große Bandbreite an Klangvariationen und –modulationen per Drehregler (sogenannte "Knobs") ermöglichen. Beliebte Geräte sind bzw. waren z.B. TB-303 und Juno 106. Um die Modulationsmöglichkeiten mit den Vorzügen der digitalen Gerät zu verbinden, wurden sogenannte "Virtuell analoge" Geräte entwickelt. Bekanntes Beispiel ist der Clavia Nord Lead. Durch die Techno-Bewegung wurden einige Synthesizer-Firmen sogar dazu bewogen, wieder Modularsysteme (wie z.B, der A-100 von Doepfer) in ihr Programm aufzunehmen, die eigentlich schon nur noch historische Bedeutung hatten.
Ab Mitte der 90er-Jahre fand eine zunehmende Verlagerung auf den Computer statt. Während er zu Beginn noch als reiner Sequenzer zur Steuerung der anderen Geräte über MIDI verwendet worden war, brachte die zunehmende Leistungsfähigkeit der PCs die Möglichkeiten des Harddisc Recordings. Sampler wurden durch Computer ersetzt. Software-Firmen begannen mit der Entwicklung und dem Verkauf von Programmen, die schon Tausende von fertigen Bestandteilen (Rhythmuspassagen, Melodiesequenzen etc.) beinhalteten, die über eine einfache Bildschirm-Darstellung miteinander kombiniert werden konnten. Dieses Puzzle-Prinzip führte im Internet zu einer hohen Flut hat Amateurproduktionen auf bescheidenem Niveau. Der nächste Entwicklungsschritt folgte mit virtuellen Synthesizern, mit denen sich per PC ein echter Hardware-Synthesizer simulieren lässt. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Reaktor-Software.
Techno als Sammelbegriff
Oft wird mit Techno die Gesamtheit aller Musikstile gemeint, die auf den 4/4-Rhythmus basieren und durch Bassdrums betonte Viertel aufweisen und aus der Techno- oder House-Bewegung heraus entstanden sind. Andernorts kommt dem Begriff House diese Bedeutung zu.
Dazu gehören: Acid Techno, Tech House, Trance, Goa, Gabber, Hardstyle etc.
Techno als Kultur
Nach dem Personenkult in der Rock-Szene gab es viele Musiker, die sich von diesem Star-Gehabe entfernen wollten. Die gesamte Aufmerksamkeit sollte der Musik gelten, und nicht dem Musikproduzenten. Viele Künstler verwendeten für unterschiedliche Veröffentlichungen auch unterschiedliche Namen und verhinderten so, dass sie als Personen bedeutend wurden.
Stattdessen wurde der Disc-Jockey zum Held der tanzenden Menge. Auffallende Persönlichkeiten wie Sven Väth standen schnell im Mittelpunkt. Trotz der eigentlichen Absicht und den Bemühungen der Urväter, entstand schnell eine Szene mit einem Personenkult, der den früheren Rock-Stars in nichts nachstand.
Wichtige Vertreter
Deutschland
- Der dritte Raum
- Alter Ego (Musik)
- Johannes Heil
- DJ Hell
- Monika Kruse
- Heiko Laux
- Chris Liebing
- Dr. Motte
- Talla 2XLC
- Sven Väth
- Wolfgang Voigt
- Westbam
International
- Adam Beyer
- Carl Cox
- Colin Dale
- Cristian Vogel
- Dave Clarke
- Derrick May
- Gayle San
- Jeff Mills
- Juan Atkins
- Ken Ishii
- Kevin Saunderson aka E-Dancer
- Miss Djax
- Richie Hawtin
- Speedy J
- Takyo Ishino
Bekannte Clubs
- Hacienda (Manchester)
- Technoclub (Frankfurt am Main)
- Dorian Gray (Frankfurt am Main)
- Omen (Frankfurt am Main)
- Stammheim - Kassel
- Tresor (Berlin)
- U60311 (Frankfurt am Main)
- Ultraschall (München)
- Rohstofflager (Zürich)
- Warehouse (Köln)
Literatur
- Anz, Philipp / Walder, Patrick (Hrsg.): Techno. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch 1999. ISBN 3-499-60817-0
- Sicko, Dan: Techno Rebels. The Renegades of Electronic Funk. New York: Billboard Books 1999. ISBN 0-8230-8428-0
Siehe auch
Weblinks
Allgemein
- www.techno.de
- www.technoguide.de
- Stilübersicht
- Discogs (Datenbank)
- World Wide Techno
- www.planettechno.de Techno Community und Portal
Magazine
Clubs und Veranstaltungen
- www.technoclub.tc
- www.ravesite.de Die Seite zu Technoparaden in ganz Europa