Eduard Weniaminowitsch Limonow
Eduard Weniaminowitsch Limonow (russisch Эдуард Вениаминович Лимонов, eigentlich Eduard Weniaminowitsch Sawenko, russ. Эдуард Вениаминович Савенко; * 22. Februar 1943 in Dserschinsk, Oblast Nischni Nowgorod) ist ein russischer Autor und Politiker. Er ist eine der umstrittensten, widersprüchlichsten und schillerndsten Personen des heutigen Russlands.
Leben
Aufgewachsen ist Eduard Limonow in der ukrainischen Stadt Charkow. Mitte der 1960er Jahre übersiedelte er nach Moskau, wo er sich zunächst als Hosenschneider durchs Leben schlug. Dann machte er Bekanntschaft mit dem literarischen Untergrund und sorgte bald selber als Avantgarde-Lyriker und Dissident für Aufsehen. 1974 wurde er aus der Sowjetunion ausgewiesen. In den folgenden Jahren lebte er in den USA. Aber auch dort bewahrte er sich die Rolle des vehementen Protestlers gegen Machtstrukturen. Er wurde zum Dissidenten innerhalb der Dissidentenszene. Er warf den USA vor, ein ähnliches System wie in der Sowjetunion zu besitzen; nur sei das US-amerikanische wesentlich weiter entwickelt und hätte eine weiter entwickelte Propaganda. Echter Dissens sei auch in den USA unerwünscht.
Limonow hatte große Probleme, seine politischen Ansichten in den USA publizieren zu können. Für seinen autobiografischen Roman It’s me, Eddie von 1976 (Titel der deutschen Ausgabe: Fuck Off, Amerika) fand er erst 1979 in Frankreich einen Verlag. Dieses Buch machte Limonow dann aber international zum Kultautor. Ab 1982 lebte er in Frankreich. Hier veröffentlichte er einige herausragende Bücher, namentlich die Memoiren eines russischen Punks (die epische Erzählung des Wochenendes eines russischen Teenagers im poststalinistischen Charkow). Sein Stil war kalt und brutal. Er nahm die französische literarische Szene im Sturm für sich ein. Das Cosmopolitan-Magazin zählte ihn 1987 zu den 40 wichtigsten Intellektuellen Frankreichs; im selben Jahr erhielt er ebenfalls die französische Staatsbürgerschaft. Auch in Frankreich schrieb er in politischen Magazinen: Er begann auf der radikalen Linken, wechselte dann aber zur radikalen Rechten.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion kehrte Limonow nach Russland zurück – Michail Gorbatschow gab ihm 1991 die russische Staatsbürgerschaft zurück. It’s me, Eddie hatte sich bis dahin 1,5 Millionen Mal verkauft. Mit seinen Tätigkeiten sucht Limonow nach wie vor den Skandal, die Provokation. Er unterstützte die Putschisten gegen Boris Jelzin, kämpfte auf der Seite der Serben im Jugoslawienkrieg und auf der Seite der Abchasen gegen die Georgier, er saß als designierter Innenminister im Schattenkabinett des Nationalisten Wladimir Schirinowski und gründete schließlich (1994) die Nationalbolschewistische Partei Russlands (NBP). Diese gab sich antiamerikanisch, antikapitalistisch und propagierte russische Großmachtsphantasien. 2005 wurde sie als verfassungsfeindlich eingestuft und verboten. Das Gleiche gilt für die Hauspostille der Nationalbolschewisten, das vehement regierungskritische Magazin Limonka. Das Moskauer Büro für Menschenrechte rief 2006 die Rechtsschutzorgane dazu auf, Äußerungen Limonows auf den Tatbestand einer Anstiftung zum Fremdenhass zu überprüfen.[1]
Im April 2001 wurde Limonow in der russischen Republik Altai, wohin er sich mit einigen Parteigängern zurückgezogen hatte, verhaftet. Die nächsten zwei Jahre saß er im Lefortowo-Gefängnis des FSB bei Moskau in Untersuchungshaft. Im April 2003 schließlich wurde Limonow wegen versuchter Bildung eines bewaffneten Haufens, der Planung terroristischer Anschläge und des illegalen Waffenbesitzes zu vier Jahren Gefängnis verurteilt.[2]
Werk
Limonow wurde von Daniil Charms und Wladimir Majakowski beeinflusst. Aus der westlichen Literatur hat ihn vor allem die Avantgarde der 1960er- und 1970er-Jahre bewegt. Nach eigenen Angaben waren Texte von Lou Reed die ersten, die er übersetzt hat. Seine Begeisterung für die Skinheadkultur stammt wahrscheinlich von den Sex Pistols und von The Clash.
Einige Werke schrieb Limonow in Untersuchungshaft und im Gefängnis, darunter Das Buch des Wassers. Für diesen Roman erhielt Limonow 2002 den Andrei-Bely-Preis.[3]
Literatur
- Tagebuch eines Versagers (Дневник Неудачника). 1983
- Fuck off, Amerika. Heyne Verlag. 1984. ISBN 3453020197
- Selbstbildnis des Banditen als junger Mann. P. Selinka Vlg., Ravensburg. 1988. ISBN 3926532092
- Der kleine Dreckskerl. P. Selinka Vlg., Ravensburg. 1989. ISBN 3926532203
- Das Buch des Wassers. 2002?
- Ein anderes Russland – Skizzierung der Zukunft. 2003.
Weblinks
Quellen
- ↑ Menschenrechtler in Russland wollen Limonow wegen Anstiftung zum Fremdenhass belangen, auf russland.ru vom 8. Juni 2006.
- ↑ Eduard Limonow zu vier Jahren Gefängnis verurteilt, auf respectabel.de.
- ↑ Der Schöne und das Biest, taz vom 19. Februar 2003.
Personendaten | |
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NAME | Limonow, Eduard Weniaminowitsch |
ALTERNATIVNAMEN | Sawenko, Eduard Weniaminowitsch [bürgerl. Name] |
KURZBESCHREIBUNG | Russischer Autor und Politiker |
GEBURTSDATUM | 22. Februar 1943 |